Kulturelle Aneignung

  • Ich habe mich auf die Aussage von Geshe Pema Samten bezogen, dass die Diskussion über Nonnenordination und die Gleichberechtigung in Tibet, die von außen kommt, in der Sache nicht viel nützt.

    Nun habe ich - wie ich ja schon gesagt habe - selbst keinen blassen Schimmer von der gesellschaftlichen Situation in Tibet und lediglich diese Aussage assoziert mit der kolonialen Mentalität, um die es in der Diskussion ging. Wahrscheinlich ist meine nicht-wissende Einmischung in diese Diskussion nicht weniger Zeugnis einer kolonialen Mentalität.

    Mabli, ich sehe deine Selbstkritik, aber ich kann deiner Herangehensweise nicht folgen. Frauen und ihre Körper werden seit jeher von Männern kolonisiert, und zwar in einem Maße, das es mit sich bringt, dass ein Ausdruck wie "kulturelle Aneignung" viel zu wenig ist.

    Geshe Pema Samten, beschreibt einen gesellschaftlichen Wandel in Tibet, der bedeutet, dass Frauen endlich mehr Chancen auf Bildung erhalten. Man muss sich aber nur das Zitat anschauen, um darüber hinaus daraus zu lesen: Die Mädchen und Frauen, die von ihren Familien "zur Schule geschickt" werden und später gute Jobs bekommen, sind nicht die, die später Nonnen werden. Ihre Aufgabe ist es, das ökonomische Überleben der Familie zu sichern. Vor allem aber: "Die Jungen dagegen rauchen oder frönen dem Glücksspiel." Ja hallo? Wieso können sie sich das denn leisten? Doch nur, weil die patriarchale Gesellschaft sie lässt. Für die Frauen, die nun nicht nur die Kinder bekommen, sondern auch noch für den Lebensunterhalt der Familie sorgen, bedeutet das, dass ihnen die gesamte Arbeit aufgebürdet wird und dass viele von ihne einen Junkie zu Hause haben, der das sauer verdiente Geld mit vollen Händen ausgibt, wenn nicht Schlimmeres. Zum Nonne-Werden haben die keine Zeit. All das klingt für mich nicht nach Gleichberechtigung und auch nicht danach, als gäbe es in den verbliebenen Klöstern, in denen die Nonne eben nicht wie die viel stärker anerkannten Mönche, von Spenden leben können, sondern traditionell arbeiten müssen und nicht zuletzt angesichts der Nonnen folternden und vergewaltigenden chinesischen Besatzer viel Raum, sich großartig über die Nonnenordination Gedanken zu machen. Kein Wunder, dass da von innen nicht viel kommt.


    Die ganze Diskussion hier findet im luftleeren Raum statt, weil einer "kulturelle Aneignung" gesagt hat, aber niemand sich so richtig mit den Zitaten und Lebensverhältnissen befassen will, über die hier geredet wird.


    Zum Thema Frauenleben lasse ich mal einen Link da - Ein Interview mit Familie Brauen, Tibeterinnen aus 3 Generationen. Für mich klingt es gar nicht danach, als seien sie nicht daran interessiert, dass geschlechtsspezifische Benachteiligungen beseitigt werden:

    Oder lest mal, was Ani Chöying Drolma, die früher mit ihrer Mutter massiv unter Misshandlungen durch den Vater gelitten hat, zur Rolle der Mädchen und der Nonnen zu sagen hat: https://www.fr.de/panorama/nep…ying-drolma-91196261.html

  • Mabli, ich sehe deine Selbstkritik, aber ich kann deiner Herangehensweise nicht folgen. Frauen und ihre Körper werden seit jeher von Männern kolonisiert, und zwar in einem Maße, das es mit sich bringt, dass ein Ausdruck wie "kulturelle Aneignung" viel zu wenig ist.

    Ich wollte mit meinem Einwurf sicher nicht leugnen, dass es in Tibet und anderswo Geschlechterungerechtigkeit gibt. Das Zitat von Geshe Pema Samten kann vielleicht so ausgelegt werden, dass er die Unfreiheit der Nonnen in Tibet in der Frage der Ordination zurückweist, d.h. er sagt, sie könnten sich in Taiwan ordinieren lassen. Zugleich führt er an, dass Mädchen oft bessere Bildung erhielten. Das Phänomen gibt es bei uns übrigens auch. War vor einiger Zeit das katholische Arbeitermädchen vom Land das Sorgenkind, sind heute eher Jungen mit Migrationshintergrund in urbanen Gegenden die Bildungsverlierer.

    Ich würde auch das Thema Geschlechtergerechtigkeit und kulturelle Aneignung nicht gleichsetzen. Ich bin nicht ganz sicher, ob du mir diese Ansicht mit dem letzten Satz zuschreibst. Aber das sind für mich zwei verschiedene Fragen.


    Ich wollte mit meinem Einwurf lediglich darauf hinweisen, dass neben den patriarchalen Strukturen in Tibet auch noch andere Abhängigkeits- und Unterdrückungsverhältnisse bestehen, durch welche die Frauen in Tibet "doppelt im Schatten" stehen. So gibt es eine internationale wirtschaftliche Arbeitsteilung und eine Kolonialherrschhaft durch China. Der Westen wiederum neigt dazu durch Projektionen von eigenen Sehnsüchten Tibet zu romantisieren und zu verklären. Aus der Abgrenzung des Westens von Tibet als einer hierarchisch und feudal geprägten Gesellschaft folgt dann die Frage wie eine Modernisierung möglich erscheint.


    Ich möchte auch daran erinnern, dass Rechte für Frauen auch in unserer Gesellschaft noch eine recht junge Errungenschaft sind. Meine Vermutung ist, dass solche Entwicklungen ihre Zeit brauchen und nicht von außen aufoktroyiert werden können.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Mabli. Bitte. Glaubst du, dass eine tibetische Nonne aus Tibet einfach zur Ordination nach Taiwan reisen kann? Aus einem annektierten Land, dessen Besatzer die Reisefreiheit massiv einschränken, die Tibeter schon ins Gefängnis werfen, wenn diese ein Bild des Dalai Lama besitzen und dessen Einwohner anderswo auf der Welt als "Staatenlose" gelten?


    Wenn du Sudhanas Beitrag gelesen hast weißt du, dass die Initiative bzgl. der Ordination von Nonnen durch den Dalai Lama unterstützt wird und dass es hauptsächlich Frauen aus Bhutan waren, die zu der Konferenz angereist sind. Und jetzt halt mal einen Moment inne: Bhutanesische Buddhistinnen sind keine Westlerinnen. Sie sind auch keine Tibeterinnen, aber sie sind mehrheitlich Nachfahren tibetischer Immigranten, die Vajrayana aus der eigenen Tradition heraus praktizieren. Bhutanesinnen sind vergleichsweise frei in ihren eigenen Entscheidungen, denn die Ausübung der buddhistischen Religion wird in Bhutan nicht unterdrückt. Und tadaaaa - das Interesse ist da! Merkste was?


    Nein, ich wollte nicht ausdrücken, dass du Geschlechterungleichheit und kulturelle Aneignung gleichsetzt. Ich möchte ausdrücken, dass der Begriff "kuturelle Aneignung" hier und anderswo ganz leichtfertig vorgeschoben wird, um Diskussionen über Frauenrechte zu unterdrücken, ohne dass den Beteiligten nur näherungsweise aufgeht, in welchem Außmaß sich Männer traditionell nicht nur die Kultur von Frauen, sondern deren Körper ökonomische Rechte usw. aneignen. Nutze bitte nicht ein random in den Raum gestelltes Schlagwort wie "kulturelle Aneignung", um die Behauptung aufzustellen, man dürfe nicht über die Rechte tibetischer Nonnen reden. Tibetische Männer, Mönche, chinesische Ursopatoren tun ohnehin alles, um sie unsichtbar zu machen.


    Dem zweiten Absatz deines Beitrags kann ich nicht folgen. Ich war diejenige, die auf die chinesische Besatzung und ihre Folgen hingewiesen hat. Ich bin der Ansicht, dass du es bisher vollkommen versäumt hast, einen Bezug zwischen der Situation der buddhistischen Nonnen in der "Autonomen Region Tibet" und ihrer Unterdrückung durch die Chinesen herzustellen. Darüber hinaus ist mir nicht klar, welche Vorstellung du davon hast, inwieweit Diskussionen, die im Westen über die emanzipatorischen Rechte der Nonnen in Tibet geführt werden, überhaupt bei diesen ankommen. Ich persönlich gehe davon aus, dass sie so gut wie gar nichts davon mitbekommen. Weil sie Nonnen sind und anders als wir nicht ständig an den Medien kleben. Weil es Zugang zu diesen Medien vermutlich nur sehr eingeschränkt gibt. Vor allem aber, weil die Chinesen kaum etwas durchlassen, was im Westen geschieht. Und weil sie ganz andere, drängendere Probleme haben.


    Ja, die rechtliche Gleichstellung der Frauen ist auch in unserer Gesellschaft historisch betrachtet ein recht junges Phänomen. Das schmälert seinen Wert aber nicht. Ich gehöre zu einer der ersten Generationen von Frauen, die in seinen Genuss kommen. Sag bitte keiner Frau, sie möge doch noch warten, bis ihr elementare Rechte zustehen.


    Kannst du bitte mal ausführen, wie es genau aussieht, dass tibetischen Frauen Gleichberechtigung "aufoktroyiert" wird und wer ein Problem damit hat?

    Derlei Unsinn wird immer aus den Reihen der Privilegierten geäußert.

    Das ganz große Problem besteht darin, dass Entrechtete ignoriert und ausgebeutet werden, nicht dass ihnen Rechte "aufoktroyiert" werden. Lies dir durch mal durch, wofür Ani Chöying Drolma kämpft. Diese Frau lebt zwar nicht in Tibet, ist aber eine tibetisch-buddhistische Nonne, die in Nepal unter tibetischen Exilanten aufgewachsen ist und in einem tibetisch-buddhistischen Kloster lebt. Sie hat in mehrfacher Hinsicht eine Stimme, eine sehr bekannte sogar. Und obwohl sie eine der bekannten Repräsentantinnen des tibetischen Buddhismus ist, habe ich den Eindruck, dass gerade ihr Einsatz für Frauenrechte und gegen männliche Gewalt und Ausbeutung zugunsten des Wohlfühlfaktors, den sie mit ihrem Gesang zu verbreiten vermag, nur allzu gerne überhört wird. Ani Chöying Drolma kommt nicht von außen und sie kolonisiert nicht. Sie wendet sich von innen heraus gegen die Kolonisierung der Frauen durch Männer.


    Übrigens führt der Geshe Pema Samten nicht bloß an, dass "Mädchen oft bessere Bildung erhielten". Hier geht es nicht um einen passiven Faktor. Was er beschreibt ist vor allem die Tatsache, dass Mädchen in der Schule viel mehr leisten als Jungen, daher bessere Noten erzielen und folglich bessere Jobs bekommen.

  • Mabli. Bitte. Glaubst du, dass eine tibetische Nonne aus Tibet einfach zur Ordination nach Taiwan reisen kann? Aus einem annektierten Land, dessen Besatzer die Reisefreiheit massiv einschränken, die Tibeter schon ins Gefängnis werfen, wenn diese ein Bild des Dalai Lama besitzen und dessen Einwohner anderswo auf der Welt als "Staatenlose" gelten?

    Wie schon gesagt, kann ich hier nichts fundiertes zu dem Thema sagen. ich kann nur die Aussage von Pema Samten wiederholen, der selbst für zwei Nonnenklöster verantwortlich ist. Ich sehe momentan keinen Grund, warum er sich das ausdenken sollte.

    Ich kann ja nur für die Klöster sprechen, für die ich mich verantwortlich fühle – unter anderem zwei Nonnenklöster. Diese Nonnen sind in ihren Entscheidungen recht autonom, und niemand würde sie hindern, die Ordination bei zum Beispiel chinesischen Nonnen zu nehmen. Aber sie tun es nicht, und ich glaube, sie müssen dieses Bedürfnis erst noch entwickeln.


    Nutze bitte nicht ein random in den Raum gestelltes Schlagwort wie "kulturelle Aneignung", um die Behauptung aufzustellen, man dürfe nicht über die Rechte tibetischer Nonnen reden.

    Das habe ich nirgendwo getan, weder habe ich das Schlagwort "kulturelle Aneignung" benutzt, noch behauptet man dürfe nicht über die Rechte tibetischer Nonnen reden.

    Darüber hinaus ist mir nicht klar, welche Vorstellung du davon hast, inwieweit Diskussionen, die im Westen über die emanzipatorischen Rechte der Nonnen in Tibet geführt werden, überhaupt bei diesen ankommen. Ich persönlich gehe davon aus, dass sie so gut wie gar nichts davon mitbekommen.

    Es ging mir hier generell um eine bevormundende Haltung vom globalen Norden gegenüber Ländern des globalen Südens nach dem Motto: Wir wissen schon, was das beste für Euch ist. Das westlich-europäische Lebensmodell wird damit auch als stillschweigende Standardnorm gesetzt.

    Kannst du bitte mal ausführen, wie es genau aussieht, dass tibetischen Frauen Gleichberechtigung "aufoktroyiert" wird und wer ein Problem damit hat?

    Derlei Unsinn wird immer aus den Reihen der Privilegierten geäußert.

    Das ganz große Problem besteht darin, dass Entrechtete ignoriert und ausgebeutet werden, nicht dass ihnen Rechte "aufoktroyiert" werden.

    Ich möchte an einem anderen Beispiel versuchen das zu verdeutlichen, was ich damit meine. Koloniale Bestrebungen werden nicht selten als Befreiung von Unterdrückung legitimiert, obwohl mit Sicherheit auch andere Interessen eine Rolle spielen. So hat China den Einmarsch in Tibet auch als Befreiung von Feudalherrschaft und Sklavenhaltung im alten Tibet legitimiert. Die Tibeter hatten sie aber nicht um diese Befreiung gebeten.


    Wenn es stimmt, was Pema Samten sagt, und bei den Nonnen in seinen Klöstern das Bedürfnis nach einer Ordination (noch) nicht besteht, dann wäre es auch aufgezwungen, ihnen zu sagen, sie müssten sich ordinieren, um freier zu sein. Eventuell müsste dann erstmal ein Bewusstsein für die Möglichkeiten, die damit einhergehen könnten, entstehen oder die Hindernisse, die dem Im Weg stehen, beseitigt werden.

    Es besteht meiner Meinung nach zumindest auch eine Möglichkeit, die man untersuchen sollte, ob hier aus dem Westen nicht auch Vorstellungen vom eigenen Lebensmodell auf das so "andere" Tibet projiziert werden.

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    Einmal editiert, zuletzt von Mabli ()

  • Werde doch mal konkret und bleib bei dem Text, von dem du schreibst, du wiederholtest ihn. Wer sagt den Nonnen in Pema Samtens Klöstern, "sie müssten sich ordinieren, um freier zu sein"? Das steht dort nicht. Dem Geshe ist lediglich die Frage gestellt worden, ob er sich für die Nonnen-Ordination engagiert.


    Es genügt eine kurze Suche im Netz, um aussagekräftige Artikel darüber zu finden, was beim Thema Nonnen-Ordination so im Gange ist, s. z.B. hier, ich zitiere:

    "Es war wichtig, dass beim ersten Glaubenstreffen mit dem 17. Karampa auch Tibeterinnen selbst um die Vollordination gebeten haben, nicht nur Noviznonnen aus dem Westen. Ungeduldig ließen sich viele von dort nach der chinesischen oder koreanischen Tradition bereits voll ordinieren. Nun müssen sie damit leben, von vielen tibetischen Mönchen nicht als ebenbürtig angesehen zu werden. Für die Tibeterinnen käme solch eine Ordination nach einer fremden Tradition kaum in Frage, denn das könnte nicht nur zu einer Spaltung der Geistlichkeit führen, sondern solche Nonnen gälten als Fremdkörper in der Gesellschaft. Daher scheint die Lage ausweglos."

    Und, Zitat, ausgerechnet vom 17. Karmapa: "Über Frauenrechte und Frauenwürde gibt es bekanntlich unterschiedliche Ansichten in verschiedenen Gesellschaften. Ich dagegen denke aber, es geht nicht um Mann oder Frau, sondern um die Rechte von Menschen, die gleichermaßen Glück und Leid empfinden. Als Buddhisten müssen wir uns deshalb meiner Meinung nach um die Freiheit und die Rechte der Frauen kümmern.“

    Tibetischer Buddhismus - Umstrittene Ordination von Nonnen
    Bisher können Frauen im tibetischen Buddhismus nur Novizinnen aber keine ordinierten Nonnen werden. Seit vielen Jahren setzt sich der Dalai Lama für die…
    www.deutschlandfunk.de


    Männer haben übrigens die Unterdrückung der Hälfte der Menschheit zu allen Zeiten die Behauptung, Frauen wollten selbst gar nicht mehr Rechte. In dem Punkt sind sie nicht anders als die Chinesen bei der Annexion von Tibet.

    Einmal editiert, zuletzt von Yoshikind ()

  • Yoshikind und Mabli - ich kann Euer beider Argumentation nachvollziehen, so dass sich mir der Verdacht aufdrängt, Ihr redet aneinander vorbei. Möglicherweise auch noch offtopic; die Verbindung zum Thema des Threads ist für mich nicht recht nachvollziehbar.


    Ich kann Mabli verstehen, da ich seine/ihre Skepsis hinsichtlich "westlicher Werte" teile. Nicht gegen alle, versteht sich. Eher gegen die Mischung, die dann offensiv propagiert wird. Da wird - wenn solche 'wertebasierte Außenpolitik' guten Willens aber allzu unreflektiert betrieben wird, offensichtlich nicht die Dialektik des Liberalismus verstanden. Da gibt es eine Sonnenseite und eine Kehrseite. Ob man aktives Eintreten für diese Werte nun befürwortet oder nicht - da geht es nicht um kulturelle Aneignung, sondern um kulturelle Dominanz.


    Ich finde, man sollte bei Werten - egal ob westlichen oder östlichen - differenzieren. Für jemanden, der dem buddhadharma folgt, bedeutet dies, die Heilsamkeit solcher Werte zu prüfen. Und ich bin von daher auch der Auffassung, dass es sinnvoll ist, sich für ökonomische und soziale Gleichberechtigung der Geschlechter einzusetzen. Auch und gerade im vierfachen Sangha, wenn schon ein Viertel davon gerade noch in der Dharmaguptaka - Linie erhalten ist.


    Bei der Geschlechterdiskriminierung wie bei der leider noch nicht ganz überwundenen Sklaverei handelt es sich im wahrsten Sinn des Wortes um eine menschliche Kulturschande und nicht um schützenswertes Kulturgut, da bin ich ganz bei Yoshikind . Und ich kann mir vorstellen, dass auch Mabli das so sieht. Übergriffig im Sinne einer Aneignung ist eine Einflussnahme auf Kulturen mit solchen Defekten wie Unterdrückung und Ausbeutung von Menschen mit niedrigem sozialen Status auch nicht. Es ist Einflussnahme (oder doch der Versuch dazu) zur Heilung eines kulturellen Defekts. Wobei - wie bei jedem therapeutischen Eingriff - richtiges Augenmaß dabei nicht vernachlässigt werden sollte.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Ich kann die ganze Aufregung um die "kulturelle Aneignung" nicht verstehen, und sie scheint mir eher ein neueres Phänomen zu sein? Ich meine, kulturellen Austausch hat es schon immer gegeben, nachgewiesernmassen bereits in der Antike, und viele Kulturen haben Bräuche anderer übernommen, ob also Mode oder Dauerhaft.


    Warum sollte denn überhaupt eine Kultur in ihrem vererbten Zustand im Stillstand verharren müssen oder sich nur aus sich selbst entwickeln dürfen? Denn das sind ausser einem Austausch mit anderen Kulturen die einzigen Möglichkeiten der Entwicklung. Und ich denke, dass der Zustand der Kulturen auf unserem Planeten unbedingt Weiterentwicklung braucht, da er derzeit noch zu viel Leid führt in vielerlei Hinsichten.


    Und wenn die Kulturen dann voneinander getrennt sind, wie sollen sie da zusammenwachsen, und sich nicht immer weiter entfernen? Wozu die Trennung, ist denn da die Vorstellung, dass es nicht mehr eine Menschheit geben soll, sondern einige, die sich alle in unterschiedliche Richtungen entwickeln, bis sich die Menschen gar nicht mehr ähneln, oder auf völlig ungleicher Stufe stehen sollen?


    Ich glaube, die Nationalsozialisten haben gerne mit solchen Vorstellungen gespielt, von der rigiden Trennung von Kulturen und davon, Menschen "ihre" Kultur ohne Kompromisse aufzuzwingen. Ich selbst halte das für Gefährlich, denn die Auftrennung fördert schliesslich auch die Unterscheidungen und damit Konflikte, und Ungleichheiten zwischen den Menschen haben schon immer zu Ungerechtigkeiten geführt. Ich würde mir eher eine Welt wünschen, in der alle die gleichen Chancen und Möglichkeiten, die gleichen Rechte und die gleiche Menschenwürde zugesprochen bekommen.


    Ich denke, Kulturen, in denen eine bunte Mischung aus vielen Einflüssen entsteht, haben das grösste Potential dazu eine Synergie aus der Summe der verfügbaren Elemente zu bilden, wo sich innerhalb der Gesellschaft kleine Gruppen mit Zugriff auf sich ergänzende Eigenschaften bilden können. Und die Vermischung fördert schliesslich auch die Entwicklung von einem gerechten Umgang miteinander und anderen auf Augenhöhe und damit potentiell mehr Gerechtigkeit und Toleranz auch Menschen anderer Gesellschaften gegenüber. Das ist, wenn einzelne Gruppen innerhalb der Gesellschaft nicht benachteiligt sind, denn sonst bilden sich schnell wieder Konflikte, die dann nicht zwischen, sondern innerhalb der Gesellschaften entstehen.


    Ich meine, ich kann schon verstehen, wenn manche Menschen unangenehme Gefühle dazu haben, dass andere Menschen Elemente ihrer eigenen Kulturen aufgreifen und versuchen mit ihnen Leben auszudrücken. Denn durch Nichtkenntnis bestimmter Zusammenhänge, macht man schnell mal Fehler, und erinnert im Ausdruck andere Menschen an unschöne Dinge, wo sie etwas in ihrer Kultur deswegen nicht so ausdrücken würden. Das kann schon verletzend sein. Aber da muss man doch nur die Menschen sensibilisieren, damit sie sich vorher damit beschäftigen, was die Dinge die sie aufnehmen in den Kulturen bedeuten, damit sie wenigstens keine argen Fehler machen, die direkt Gefühle verletzen können. Und wenn jemand es nicht merkt, mein Gott, dann weist man ihn eben darauf hin und führt ein klärendes Gespräch zu dem Thema, warum die Äusserungen im Ausdruck als Anstössig empfunden werden. Dies halte ich insbesondere für wichtig in den Ländern, aus denen die Kulturen kommen, da dort der empfundene Wert dieser Regeln am grössten ist.


    Aber Ausdrucksäusserungen, die gar nicht provokativ oder verletzend gedacht sind, so stark als Verletzung zu empfinden, finde ich merkwürdig. Der Mensch, der Elemente aufnimmt, tut dies ja meist mit der Ansicht, sich mit etwas schönem zu umgeben, was ihm und anderen Freude machen soll, und ausdrücken soll, was ihm wichtig ist. Ich würde mir wünschen, dass die Menschen ihre verletzen Gefühle mal etwas zurücknehmen sollten und mehr das in's Auge fassen und umarmen sollten, um im Ausdruck vielleicht doch mehr die Gemeinsamkeiten im Gedachten und Gefühlten zu sehen, und nicht immerzu Konflikt, Kränkung, Widerstreit.


    Und mal ehrlich, oft habe ich das Gefühl, dass das empfundene Problem, was da zur Kränkung führt, nicht wirklich aus einem verständlichen Verstoss gegen die Sittlichkeit stammt, sondern aus einer Haltung der Intoleranz und vor allem aus der eigenen empfundenen Abneigung gegen den Ausdruck anderer.


    Ob zum Beispiel einer Dreadlocks tragen will oder nicht sollte finde ich anderen egal sein, es ist eine Frisur die in vielen Kulturen und Epochen vorkam, und nicht nur in einer einzelnen einen spirituellen oder weltanschaulichen Hintergrund hatte oder hat. Diese Frisuren haben finde ich nicht wirklich den Character, dass eine "Aneignung" ihrer deswegen für irgendjemanden einen Verstoss gegen die Sittlichkeit bedeuten sollte. Ich denke nicht, dass man Menschen davor schützen muss, sie ansehen zu müssen.


    Und auch Argumente wie, dass sie für manche Kulturen die aus Afrika stammen ein Symbol für Widerstand gegen Unterdrückung durch "Weisse" sein sollen (sind sie auch, aber eben nicht nur), und es deswegen respektlos wäre, wenn ein "weisser" sie trägt, finde ich durchaus ähnlich intolerant und kleingeistig wie die eigentliche Unterdrückung. Ist es nicht viel mehr so, dass jemand, der das trägt, genau seine Sympathie mit Freiheitsbewegungen zum Ausdruck bringt, und das auch noch in den Kulturen wo das Problem herstammt, so dass sie damit die Sache genau dort zum Ausdruck bringen wo sie gehört werden sollte? Ich meine, durch das Vermischen entstehen doch Gemeinsamkeiten, wie sollen die denn dann die Menschen auseinanderbringen?


    Ich würde mir wünschen, die Menschen würden weniger mit ihrer Kritik an allem, was nicht ihr eigen ist denken, und mehr mit dem Herzen, was anderes mit einschliessen und umarmen kann. Sonst diktieren die uns am Ende wirklich noch, welche Frisuren, welche Mode, welchen Schmuck und welche Tänze wir nutzen dürfen, und welche nicht. Und ich denke mit Grauen daran, wie dann solche Ächtungen durchgesetzt werden sollen, und zu wie viel Kummer und Feindschaft das zwischen den Menschen führt. Das ist ja bereits und immer noch in manchen Ländern so, und ich denke mit Grauen daran, was solche Regeln teilweise mit den Menschen anrichten können.


    Denn da führt das denke ich letztendlich doch hin, wenn man andere ausschliessen will in ihrem Selbstausdruck. Und das sollte man auch im kleinen nicht vergessen, wenn man Anstoss am friedvollen Ausdruck eines Mitmenschen findet, und denkt, es wäre richtig diesen Anstoss nicht in sich selbst, sondern durch Kontrolle und Übergriffe gegen diesen anderen aufzulösen.

    Einmal editiert, zuletzt von Bhavanga ()

  • Ich würde mir wünschen, die Menschen würden weniger mit ihrer Kritik an allem, was nicht ihr eigen ist denken, und mehr mit dem Herzen, was anderes mit einschliessen und umarmen kann.

    Und doch entspricht es mMn oft genau dieser Haltung herzloser Kritik, Meinung, die nicht geteilt werden, zu kritisieren. Und mit dem Herzen denken ist dann vielleicht erstmal zu hören, was die andere Person sagen will, weil auch sie meist eine wertvolle Teilperspektive zum Thema hat.


    Ich finde es auch in gewissem Sinne Übergriffen zu beurteilen, was wer auf dem Kopf trägt. Gleichzeitig sehe ich sehr viele Diskriminierungsstrukturen, die unsere Gesellschaft in Sprache und üblichen oder tolerierten Verhalten durchziehen, dass ich zB das Thema Dreadlocks, zwar für eine Stellvertreterdiskussion, aber eines darunter liegenden wichtigen Themas halte.

    2 Mal editiert, zuletzt von Gurkenhut ()

  • Kulturelle Aneignung sehe ich nicht im Annehmen von Ideen, die andere Kulturen haben, das ist sogar in einer globalisierten Welt sehr wichtig.

    Ich werde sauer, wenn sich jemand ein Kulturgut anderer aneignet, um dieser Kultur zu erniedrigen und herabzusetzen, diese zu beleidigen.


    Das mag als offensichtliche Satire, Verfremdung durchgehen in einem separaten, klar gezeigten Rahmen, aber nicht in der offenen Gemeinschaft. Gegen Rassismus muss ich angehen und hab es auch immer getan.


    Es war gestern beim Zug in GE Erle sehr schön und freudig, wie sich Menschen verkleiden und glücklich sind mal jemand ganz anderes zu sein und festzustellen, das man auch in Verkleidung angenommen wird als das zu dem man verkleidet ist.


    Kulturelle Aneignung als Vorwurf zu verbreiten, ist eine Förderung von Rassismus und dazu soll es ja wohl dienen. Denn wozu führt das denn? Zur Trennung und Zerteilung von Gruppen von unterschiedlichsten Menschen. Liberalistisches Gedankengut ist immer zerstörerisch für die Menschheit.


    Kulturelle Aneignung ist ein boshafter Versuch, Menschen einzuteilen. Gendern hat den gleichen Zweck, denn keine Frau wird sich wirklich mehr respektiert sehen, weil sie einen Text nicht mehr flüssig lesen kann und im Verstehen gehindert wird.


    Ich empfinde das als Respektlos, wenn wir/ich nicht mehr entscheiden kann, ob wir/ich eine Frau oder einen Mann oder sonst einen Menschen vor mir habe. Wenn da ein Buddhist sein muss, entmenschliche ist den Menschen zum Buddhisten. Ich muss den Buddhisten sehen, weil ich ihn sonst zu einem allgemeinen Menschen, ohne besondere Identität, mache. Ich muss mit seiner Verkleidung kommunizieren.


    Das ist einfach nur abartig. Kulturelle Aneignung und Gendern fördern Rassismus, Gruppenkampf und das soll er auch. Denn was politisch Handelnde überhaupt nicht ertragen können, wenn sie vor Menschen stehen, die sie nicht handhaben können. Eine Menschheit ist nicht gewollt. Damit macht man keine Geschäfte, wenn es Menschen gibt. Kohle macht man nur mit vereinzelten Gruppen, die man gegeneinander ausspielen kann.


    Sieht man auch sehr deutlich im Buddhaland, hier sind kaum Buddhisten, hier sind Interessengruppen, die ihre Identität abgrenzen wollen. Die Lehre des einen Buddha ist da überhaupt nicht förderlich.


    Jede Gruppe hat ihren Meister und der ist inspiriert vom einen Buddha, aber der Zeitgeist macht es eben möglich das kaum ein Buddhist sich noch um die Aussagen des einen Buddha kümmern kann, geschweige sie in Konfrontation zu bringen zu der Auffassung des Meisters seiner Gruppe.


    Auch wenn mein Beitrag keinerlei positiver Wirkung auf Menschen hat, bin ich mir jetzt sicher, was mich immer aus Gruppen drängt. Ich bin ein Buddhistisch interessierter Mensch, der sogar sein Leben an Buddha ausrichtet, aber wenn man von mir verlangt ein Buddhist zu sein, empfinde ich das als Mensch beleidigend, herabsetzend, entmenschlichend. In meiner Würde als nur Mensch sein verletzt.


    Ich lebe also ohne Gruppenzugehörigkeit und das wissen die Gruppen, in denen ich verkehre und das mögen sie, dass da jemand ist, der in den Mitgliedern der Gruppe zuerst die Menschen erkennt und erst dann das wichtig nimmt, zu was sie verkleidet sind.


    Buddhaland sollte eine Nation von Buddhisten werden und die Kleinstaaterei in geschlossenen Bereichen ausleben, da können sie ungestört Rassismus und Abgrenzung betreiben und den Inspirationen ihrer Meister folgen.

  • Ein zentraler Begriff ist ja der der "Identität". Eine Identität wird ja häufig dadurch gestützt, dass man sie von etwas anderen abgrenzt. Das Christentum wird "erzählt", indem man es vom Judentum angrenzt. Die Aufklärung wird "erzählt" indem man sich von Despotentum abgrenzt und man betont den Status als der Zivilisierte" ist, indem.man sich von "dem Wilden" abgrenzt. Man

    weist dem anderen eine "fremde" Identität zu um die eigene zu definieren.


    Wobei so ein "Othering" eben auch mit positiven Zuschreibungen arbeiten kann "der Edle Wilde", "der mystische Asiate" , "der schlaue Jude" . Und um diesem Othering entgegenzuwirken - also damit man nicht zum Abziehbild und Gegenstück der Identität des anderen wird, möchte man den Leuten ihre "Identität" zurückgeben.


    Und das Problem dabei ist, dass man damit im Raster der Identitätspolitik bleibt.


    Und das Bedürfnis nach Identität ist ja sehr häufig recht stumpf und dumm.

  • Und das Bedürfnis nach Identität ist ja sehr häufig recht stumpf und dumm.

    Hast du wirklich darüber nachgedacht, was du geschrieben hast?

    Vielleicht hast du einen anderen Begriff von Identität als ich? Für mich ist Identität eben nicht das was man ist, sondern die Label die man dranheftet. Also eben nicht sowas wie eine schwule Lebensweise oder eine bayrische Lebensweise sondern sozusagen die Buttons. "Ich bin ein X". Und weil diese die Realität so immens verkürzen sind sie eben nur schablonenhaft und reduzierend. Dies meine ich mit "stumpf und dumm".


    Aber vielleicht bin ich da auch ungerecht. Weil eben Menschen solche Labels und Buttons, dass sie unbedingt "Mann" oder "Frau" oder "Schwabe" sein wollen so unglaublich viel bedeutet und sie mit ihrem Herz dranhängen - mit ihren ganzen Träumen und Sehnsüchten. Da bin ich sicher nicht so arg einfühlsam.


    Vom Buddhismus aus gedacht sind Identitäten doch ephemer. In der nächsten Wiedergeburt biste halt Eichhörnchen oder ne Diva oder sonst was.


    Sorry, wenn ich wen beleidigt habe.

  • Und jetzt - zur Entspannung - etwas "Musik"..... ;)

    Wer fühlt sich dadurch "bedroht"? Die "Jodelbranche" aus Bayern vielleicht? Oder freut man sich über die Wertschätzung der eigenen Tradition (Das wäre ja auch eine Option...)?


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    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Ohne Identität, ob nun als Ich bin das und das oder als Label ist doch wohl notwendig in menschlichen Gemeinschaften.

    Es sollte das Bewusstsein gefördert werden zu erkennen, dass es eben alles Label sind. Dann kann ich immer das sein, was gebraucht wird, ohne daran zu kleben, was an mir klebt.

  • Und jetzt - zur Entspannung - etwas "Musik"..... ;)

    Wer fühlt sich dadurch "bedroht"? Die "Jodelbranche" aus Bayern vielleicht? Oder freut man sich über die Wertschätzung der eigenen Tradition (Das wäre ja auch eine Option...)?


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    Kreisch. :grinsen: Aber wieso ist das eigentlich so lustig?

  • Ich war übrigens gerade ziemlich gerührt von einem Instagram-Beitrag.

    Kennt ihr die Bücher von Maria von Blumencron, die sich um die Flucht tibetischer Kinder über den Himalya drehen, v.a. "Kein Pfad führt zurück?" Die Autorin hat sechs dieser Kinder als Patenkinder angenommen und ihren Lebensweg bis in die Folgejahre hinein beschrieben. Eines dieser Kinder, Dolkar, lebt nach der lebensgefährlichen Flucht, einer Schulzeit in Dharamsala und einem Studium in Delhi inzwischen in Köln, hat eine Ausbildung zur Krankenpflegerin gemacht und arbeitet in einem Krankenhaus. Alle porträtierten (Ex-) Kinder setzen sich für ein freies Tibet ein, haben den Dalai Lama getroffen und sind, auch wenn Religion keine große Rolle für sie spielt, mutmaßlich Buddhisten. Dolkar postet heute in ihrer Story ein Bild aus dem Innenraum des Kölner Dom. Man sieht einen Mann, asiatischer Phänotyp, von hinten, allein in einer Kirchenbank sitzen. Durch die Domfenster fällt Tageslicht. Dazu schreibt sie nur "Peace". Draußen, weiß man, tobt der Karneval.

    So geht's auch.

  • Aber wieso ist das eigentlich so lustig?

    Übersprung bei kognitiver Dissonanz. Die Komik liegt im Auge des Betrachters.

    Ich glaube, das genügt als Erklärung nicht. Die spontan empfundene Witzigkeit hat auch etwas damit zu tun, dass es ein lustiges Liedchen ist und wahrscheinlich damit, dass der ethnische Kontext einer ist, den wir auch in Deutschland gerne mal belächeln. Würde derselbe Japaner gekonnt eine Wagner-Arie vortragen, fände ich das gar nicht komisch.

  • Bei der Geschlechterdiskriminierung wie bei der leider noch nicht ganz überwundenen Sklaverei handelt es sich im wahrsten Sinn des Wortes um eine menschliche Kulturschande und nicht um schützenswertes Kulturgut, da bin ich ganz bei Yoshikind . Und ich kann mir vorstellen, dass auch Mabli das so sieht.

    Auf jeden Fall verurteile ich Geschlechterdiskrimierung und Sklaverei. Ich weiß tatsächlich wenig über Tibets Geschichte und Gesellschaft und beginne gerade erst mich damit zu beschäftigen.


    Yoshikind Ich wollte mit meinem Einwurf ein Engagement für mehr Gerechtigkeit nicht schlecht reden. Es tut mir leid, falls ich das wider bessere Absichten doch getan haben sollte.


    Sudhana Danke für die vermittelnden Worte!

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Aber wieso ist das eigentlich so lustig?

    Übersprung bei kognitiver Dissonanz. Die Komik liegt im Auge des Betrachters.

    Ich glaube, das genügt als Erklärung nicht. Die spontan empfundene Witzigkeit hat auch etwas damit zu tun, dass es ein lustiges Liedchen ist und wahrscheinlich damit, dass der ethnische Kontext einer ist, den wir auch in Deutschland gerne mal belächeln. Würde derselbe Japaner gekonnt eine Wagner-Arie vortragen, fände ich das gar nicht komisch.

    Seltsam. Habe gar nicht geschnallt, daß der Sänger ein Japaner ist; mich hatte schon irritiert, daß das offenbar kein Original war (Berge im Hintergrund als Film, oder wie im Zoom als virtueller Hintergrund). Ich wurde außerdem stutzig, daß das Jodeln nach meinem Gefühl mit den Mundbewegungen nicht richtig zusammen ging (abgesehen von der irgendwie irrealen Klamottage), und von daher packte mich dann der Gähnreflex... Diese Tiroler Jodelmelodieen habe ich andererseits im Ohr, und finde die da unten auch sehr passend, irgendwie witzig, und sogar schön... Aber dieses Video - bin überrascht, daß das jemand überhaupt lustig finden kann... :-; - - - wie auch immer: nicht so mein Ding

  • Sorry, wenn ich auf dem Punkt 'Komik liegt im Auge des Betrachters' etwas herumreite. Ich halte es für einen wichtigen Punkt, weil da nicht nur Komik liegen kann - es gibt auch unangenehmere Projektionen, als jemanden als Witz zu empfinden.


    Nun ja - ohne nun ein großer Freund dieser Art traditioneller Musik zu sein (wobei ich durchaus ein Ohr für ihre Reize habe, allerdings in weniger kommerzialisierter Form) so muss ich doch sagen, dass ich es nicht sonderlich komisch finde, wenn jemand, der seit längerer Zeit als 'Zugereister' in Reit im Winkl wohnt, ein Faible für die lokale Musiktradition hat und diese selbst ausübt. Auf einem technischen Level, für das das Publikum dieser Art Musik Wertschätzung hat, so dass er sogar Geld damit verdienen kann. Sein Stammpublikum nimmt ihn nach meiner Einschätzung nicht als Komiker wahr. Als Exot aufgrund seiner japanischen Herkunft (sein kommerzielles 'Alleinstellungsmerkmal') - das ja. Aber nicht als Clown. Zumindest nicht über das Level an Clownhaftigkeit hinaus, das die Unterhaltungsbranche von jedem Performer erfordert. Klappern gehört zum Handwerk ...


    Ich persönlich finde das nicht komischer als etwa dieses Beispiel (Du hast es herausgefordert):
    https://www.youtube.com/watch?v=xWRAvcYJX38

    Der 'Tristan' war übrigens meine erste Opernaufführung 'live' ... Das, was die Dame und das New Japan Philharmonic Orchestra in dem Video machen, ist jetzt vielleicht nicht gerade Bayreuth-Niveau (das sind viele europäische Inszenierungen auch nicht), aber respektabel ist das allemal. Übrigens ist auch in europäischen Spitzenorchestern heute der Anblick von Musikern und (vor allem) Musikerinnen ostasiatischer Herkunft keine Seltenheit und schon gar keine Sensation mehr. Das ist kulturelle Aneignung und ich finde das großartig. Muss ich ja wohl auch, da ich mir umgekehrt auch so ein paar ostasiatische Sachen kulturell angeeignet habe. Ist nur fair ...

    OM MONEY PAYME HUNG

  • so muss ich doch sagen, dass ich es nicht sonderlich komisch finde, wenn jemand, der seit längerer Zeit als 'Zugereister' in Reit im Winkl wohnt, ein Faible für die lokale Musiktradition hat und diese selbst ausübt. Auf einem technischen Level, für das das Publikum dieser Art Musik Wertschätzung hat, so dass er sogar Geld damit verdienen kann. Sein Stammpublikum nimmt ihn nach meiner Einschätzung nicht als Komiker wahr. Als Exot aufgrund seiner japanischen Herkunft (sein kommerzielles 'Alleinstellungsmerkmal') - das ja. Aber nicht als Clown. Zumindest nicht über das Level an Clownhaftigkeit hinaus, das die Unterhaltungsbranche von jedem Performer erfordert. Klappern gehört zum Handwerk ...

    Ich nehme den Mann auch nicht als Clown war, aber ich musste beim ersten Anschauen des Videos spontan herzlich lachen, und aufgrund der vorangegangenen Diskussion habe ich mich dann gefragt, wieso eigentlich. Bereits wegen des Textes, der sich auf youtube unter dem Video findet, gehe ich allerdings davon aus, dass nicht nur ich die Performance lustig finde: "Takeo Ischi ist der beste, der berühmteste, der beliebteste und zeitgleich komischste Jodler unseres Planeten. Sein faszinierendes Talent und sein einzigartiges Können reißt Millionen von Menschen weltweit zu ekstatischen Beifallsstürmen hin. Er macht das Jodeln modern wie nie zuvor."

    Natürlich ist er nicht nur und nicht vorwiegend lustig, aber er ist es eben auch. Oder vielmehr wirkt er offenbar auf viele Menschen so.


    Ich denke mal, hier kommen alle Aspekte zusammen, die benannt wurden, auch die Dinge, die Helgo aufgeführt. Das Ganze wirkt sehr überzeichnet, schon weil

    Dolomiti-Fototapete, Video-Acting, und Studio-Profigesang offensichtlich getrennt voneinander aufgenommen wurden. Der Protagonist ist ein älterer Japaner in Lederhosen, der einen sehr platten Schlagertext, gespickt mit uralpenländischen Begrifflichkeiten wie "Sennerin" zum Besten gibt. Sein gesangliches Können steht in keinem Verhältnis zum textlichen Schwachsinn. Dazu der Umstand, dass diese Jodel- und Schuhplattlergeschichten, wenn sie nicht tatsächlich aus sich heraus schon eher heiter sind, zumindest auf Durchschnittspreißn so wirken dürften - ganz anders als eben klassische Musik. Für mich ist es völlig egal, wer eine Arie zum Vortrage bringt, die meisten von ihnen, wenn nicht alle, wirken auf mich ernst und schwer. Dagegen reizen mich schon die ersten Takte von "Einen Jodler hör ich gern" zum Lachen, bevor der Gesang einsetzt.

    Vielleicht hätte ich aber den Jodelkünstler aber weniger lustig gefunden, wenn er als Asiate in dem Genre ebensowenig selten gewesen wäre wie OpernsänderINNEN sind, die aus aller Herren Länder kommen, selten sind.


    Ist das jetzt "kulturelle Aneignung" durch Herrn Ischi? Oder ist es im Gegenteil kulturschauvinistisch zu lachen, wenn man ihm zusieht und -hört? Hängt die Antwort darauf vielleicht davon ab, wer von seiner sozialen und ethnischen Herkunft her privilegiert ist - der Sänger oder der Betrachter?