Ich denke oft darüber nach wie man einen guten Umgang mit den eigenen Gefühlen finden kann. Als "Kopfmensch" fällt es mir persönlich eher schwer einen Zugang zu meinen eigenen Gefühlen zu finden. In der buddhistischen Lehre geht es nach meinem Verständnis auch um eine Überwindung von Anhaftung und starken Gefühlen wie Wut, Hass, Neid, Eifersucht, Verachtung oder Misstrauen. Das wird einerseits durch eine Beruhigung des Geistes und andererseits auch durch Einsicht in die Vergänglichkeit und Selbstlosigkeit aller Phänomene angestrebt.
Ich bin da manchmal zwiegespalten, wenn es darum geht diese Gefühle "beiseite zu schieben" oder einfach durch positive Gefühle wie Mitgefühl und liebende Güte zu ersetzen, weil ich mich frage, ob das überhaupt funktionieren kann. Gerade wenn man keinen guten Zugang zu seinen Gefühlen hat und gefühlsmäßig eher eine "Leere" oder Abwehr vorherrscht, kommt mir dieser Schritt zur Überwindung der starken Gefühle vor wie der zweite Schritt vor dem ersten. Und die Leere und das nicht mit sich selbst in Kontakt sein wird mit einem Idealzustand von Gleichmut verwechselt.
Tsoknyi Rinpoche spricht in Bezug auf schwierige Gefühle auch von "beautiful monsters", mit denen wir uns anfreunden können. Sie sind für ihn eine verhärtete und erstarrte Form oder Gewohnheit, die zu einer verzerrten (neurotischen?) Wahrnehmung der relativen Wahrheit führt. Eine offenes und nicht-urteilendes Gewahrsein dieser schönen Ungeheuer kann laut Tsoknyi Rinpoche dazu führen, dass diese sich von innen öffnen und transformieren.
Dieses Spannungsfeld einer Einübung in eine Praxis und Haltung der liebevollen Güte ohne schwierige Gefühle beiseite zu schieben. Und eine Anerkennung von schwierigen Gefühlen in einem selbst ohne eine liebevolle und gütige Haltung aufzugeben. Das ist für mich die größte Schwierigkeit und Aufgabe glaube ich.