Freigebigkeit - wie übt Ihr sie?

  • hedin:

    Geben ganz ohne Eigennutz vermittelt ein unbeschreiblich angenehmes Gefühl.


    hedin


    dann ist es ja nicht ohne Eigennutz :D


    .


  • Egal. :P Ganz ohne Eigennutz muss ja gar nicht sein, denn sonst wird es zu spitzfindig.


    Yoni: Freigebigkeit bezieht sich ja nicht ausschließlich auf Materielles. (Ah, wie User Hotei auch erwähnt hat.)
    Man kann auch Schutz gewähren oder etwas erklären/lehren. Man kann auch Geduld geben oder Motivation. Oder gute Wünsche. (Bitte gib Bescheid, wie es Deiner Tochter ergeht.)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Zitat

    Egal. :P Ganz ohne Eigennutz muss ja gar nicht sein, denn sonst wird es zu spitzfindig.


    Das ist spitzfindig. :D


    Wenn das erkannt ist, dass wir ungetrennt sind, dann gibt es ohnehin keine uneigennützige Handlung mehr. Der Begriff ist dann redundant.


    Nimm das mal beim Wort:
    Du gibst nur noch, wenn es Dir Spaß macht. Was ist dann?



    Ich denke, das ganze mit dem Üben hinkt per se.
    Wenn ich das üben will, dann opfere ich Weihrauchstäbchen oder fülle Wasserschalen. Das ist sicher eine gute Übung, weil eine Einstimmung eintrainiert wird. Vielleicht erhält man auch eine Erkenntnis, z.B. über Zusammenhänge.
    Alles andere ist Praxis. Da ist es mal spontan, mal überlegt, mal mit Eigennutz, mal ergebnsiorientiert, mal nicht … die ganze Bandbreite ist da, alles was ich oben beobachtet und geschildert habe.


    Ich spende nicht zum Zwecke der Übung. All diese Dinge würde ich nie aus diesem Grunde machen. Das halte ich für verlogen schon in der Grundausrichtung und ich würde mich mächtig schämen. Da – um beim Spenden zu bleiben – spende ich schon lieber um mich selbst danach zu loben, aus aus ehrlichem Eigennutz. Das ist ehrlicher als mir vorzumachen, dass ich spende, weil ich eine so gute Übende bin, und sogar jetzt übe. Damit würde ich meinen Eigennutz verschleiern, es geht nämlich gar nicht um den Anderen, der ist nur Mittel zum Zweck, was sein darf. Nur möchte ich das ehrlich handhaben. Wie soll sich denn irgendwas in mir auflösen, wenn ich eine Selbstlüge durch eine andere ersetze?
    Ich bin eine miserable Praktizierende. So ist es eben.


    Das Üben scheint mir zwecklos zu sein. Achtsamkeit ist mir wichtiger. Dadurch merke ich, wo es bei mir knirscht.


    Kinder fordert man ja gerne mal auf, was von ihren Spielsachen an "arme Kinder" zu geben. Ich glaube nicht, dass das was bringt.
    Was mich sehr positiv beeinflusst hat, war die Selbstverständlichkeit, mit der meine Eltern gegeben haben. Z.B. haben sie nie gesagt: "Das ist mein Essen, mein Joghurt, mein Kuchen, mein Teller … mach Dir selber was! " oder ähnliches. Essen war immer Gemeinschaftseigentum, sogar das auf dem eigenen Teller. Ich bin in einer unendlich reichen Familie aufgewachsen.


    Daher meine ich: Augen aufmachen und sehen, wie sehr man beschenkt wird. Und wenn in den Überlegungen nur noch die Luft zum Atmen als Geschenk bleibt und der heutige Lebenstag, dann ist das schon der Wahnsinn! Wer sich beschenkt fühlt, der schenkt, denn er ist unendlich reich. Er kann gar nicht anders. Denn das ist ein natürliches Fließen des Lebens. Das Füllhorn läuft von alleine über.
    Ich bin nur dann geizig, knauserig, voller Erwartungen, berechnend, wenn ich irgendwo ein Defizit empfinde. Da beginne ich dann auch mit dem Investieren und Handeln, der Kapitalisierung meines Gebens. Dann will ich was haben, zumindest ein gutes Gefühl oder Selbstbestätigung.


    Ich rede ausschließlich über meine Erfahrung. Viellicht erleben sich andere Menschen anders.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Losang Lamo:

    Yoni: Freigebigkeit bezieht sich ja nicht ausschließlich auf Materielles. (Ah, wie User Hotei auch erwähnt hat.)
    Man kann auch Schutz gewähren oder etwas erklären/lehren. Man kann auch Geduld geben oder Motivation. Oder gute Wünsche. (Bitte gib Bescheid, wie es Deiner Tochter ergeht.)



    Bei mir ist gerade das Thema: Verantwortung abgeben.


    Meine Tochter ist sehr aufgebracht und denkt ich will ihr "böses".
    Die ganze Sache ist sehr kompliziert. Polizei hängt mittlerweile mit drin, Jugendamt, Familienhilfe, Therapeut, bald das Gericht .....
    Es geht uns beiden nicht gut und die Angelegenheit ist derart verfahren, dass ... ich alles tue, was in meiner Macht steht um sie vor Schaden, den ich und andere aber sie nicht sieht oder sehen will, zu bewahren, aber dort an Grenzen stoße und nun ... naja, .... abGEBEN/loslassen muss.


    ist nen bisschen am Topic vorbei, und dann doch wieder nicht. Verzeihung, bitte!

    Einmal nur noch möcht ich wandern, in der großen Wanderschaft,
    Einsam, ohne einen andern, bis verhaucht die letzte Kraft.
    Sterbend möcht den Blick ich lenken auf das Schneeland himmelhoch,
    Sterbend noch des Lehrers denken und der Lehre, die nie trog.

  • Ohhh …
    Ich weiß nicht, was und warum, aber es klingt gar nicht gut, liebe Yoni.
    Alles Gute für Euch beide!


    Liebe Grüße
    Doris




    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • @ Yoni.
    Hm, wenn man ganz unbedingt im Thema bleiben wollte, könnte man sagen, Verantwortung abgeben kann wenigstens auch eine Form der Großzügigkeit sein, den anderen was zuzutrauen. Aber, bäh, ich kenn sowas, man stirbt tausend Tode.
    Möge es ganz anders und viel besser kommen als Du befürchtest. _()_

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • @ Doris, sorry für die kurze Antwort vorhin, ich war etwas perplex, weil ich kein Wort verstanden habe von dem, was Du schriebst (15.5., 13:20 Uhr)
    Aus buddhistischem Kontext heraus erscheint es mir völlig absurd, nicht zu üben. Auch Achtsamkeit wird geübt.


    Aber dann erinnerte ich mich, dass Du immer schreibst, Du seist "kein Buddhist :D ".
    Ach soooo, dann geht es um eine andere Zielsetzung.
    Ein Christ, vermute ich, hat zum Ziel ein guter Mensch zu sein. Dann ist Freigebigkeit in einem ganz anderen Zusammenhang zu sehen, denn ein guter Mensch zu sein "übt" man nicht, sondern das ist man... Oder so, gell?


    Ich meinte Freigebigkeit als eines der Paramitas. Im Palikanon sind es 10, bei den Tibetern im Lamrim sind es 6, und sie werden auch die "Schulungen der Bodhisattvas" genannt.
    Sprich: wenn der tibetische Buddhi sich das Ziel setzt: "Bodhisattva werden" und sich fragt: "Was kann ich dafür tun?" - dann fängt er an sich zu schulen in Freigebigkeit, Ethik, Geduld, Tatkraft, Konzentration (Shamata) und Weisheit (Vipassana).


    Du hast insofern Recht, dieses sind alles auch Dinge des Alltags, die zum Leben hier und da dazugehören. Aus christlicher Sicht also sind es vielleicht Selbstverständlichkeiten. Aus buddhistischer Sicht sind es Übungen.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Losang, verwendest du üben nicht auch im Sinne von ausüben?

  • Tashili:

    Losang, verwendest du üben nicht auch im Sinne von ausüben?


    Das war Ji'un Ken. http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=2&t=13302#p260546
    Obwohl ich nix dagegen hab.
    Ich verwende "üben" im Sinne von "praktizieren" - das beinhaltet für mich ganz wichtig, dass man nicht perfekt sein muss, dass man sich aber in gewisser Weise bemüht, auch wenn's Spaß macht und leicht fällt und gute Gefühle gibt. Wohlfühlen verpöne ich nicht.
    Ich verwende "üben" jedenfalls in keinem Kontext, für den man sich schämen müsste, wie Doris für mich wunderlicherweise anmerkte. Das verstehe ich gar nicht. Aber wahrscheinlich war damit sowas wie "so tun als ob aber in Wirklichkeit nicht sein" gemeint. (?)
    In solch einer Bedeutung sehe ich das Üben jedenfalls nicht.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Kein Problem …


    Ich mein das ganz anders :D
    Alles was ich schreibe, beruht nicht auf einer religiösen Schrift, sondern entspringt nur der Beobachtung. Die tibetische Lehre dazu, jedenfalls der Schule, der ich angehöre, ist mir vertraut.


    Es geht nicht um "guter Mensch" oder nicht. Das wäre sowieso eine Bewertung, die eher zu "sei ein gutes Kind" passt.


    Ich zweifle in der Tat daran, ob so, wie "Übung" gerne verstanden wird, eine wirkliche Veränderung eintritt. Ungefähr so: "Wenn ich nur oft genug Geld spende, dann werde ich ein freigiebiger Mensch." Ich bin nicht davon überzeugt, dass das hinhaut. Es ist sicher besser als nichts ... Ich sag ja von mir, dass es oft knarzt und ich Dinge, die ich für richtig halte, manchmal mit großem Zähneknirschen mache. Aber solche künstlichen Dinge bewähren sich nicht, in kritischen und ungewohnten Situationen.


    Ich erfahre, dass ich mich nicht umpolen kann. Aber ich kann das freilegen, was da ist. Dann fließt es auf ganz natürliche Weise ohne jede Anstrengung. Es ist einfach eine Sache der Perspektive. In dem Moment, in dem ich selbst mich als reich erlebe, gebe ich einfach. Da ist kein Zutun von außen notwendig, kein Anderswerden. Im Gegenteil, es fällt das Übergestülpte weg. Ich tu nix dazu, ich lass was weg, verzichte. Das geht nur mit Achtsamkeit. Wenn ich diesen inneren und äußeren Reichtum erkannt habe, dann bleibt das auch in kritischen Situationen stabil. Ich muss also nicht ein guter Mensch werden, sondern die Gutheit der Welt erkennen.
    Grrrr … Ich weiß nicht, wie ich es erklären kann!


    Der Sinn der Opferrituale besteht für mich nicht darin, Großzügigkeit zu erlernen, sondern die Achtsamkeit zu trainieren. Ich vermute, dass diese Rituale aus den uralten Volksreligionen übernommen wurden und als nützlich für die Mediation erachtet wurden. Deshalb kann alles in das Mediationsritual miteinbezogen werden. Mit Hilfe der Achtsamkeit kann ich mich kennenlernen, in allen möglichen Situation, und mir meiner wirklichen Motive bewusst werden. Das erweitert meinen Handlungsspielraum enorm: Dann kann ich zähneknirschend gegen meinen "befleckten" Impuls handeln, weil es mir heilsamer erscheint, und gleichzeitig werden natürliche Impulse ohne Ego freigesetzt.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Zitat

    Ich verwende "üben" jedenfalls in keinem Kontext, für den man sich schämen müsste, wie Doris für mich wunderlicherweise anmerkte. Das verstehe ich gar nicht. Aber wahrscheinlich war damit sowas wie "so tun als ob aber in Wirklichkeit nicht sein" gemeint. (?)


    Hat sich gerade überschnitten …
    Doch, ich tue oft schon anders als mir eigentlich ist. Weil ich entschieden habe, dass es besser so ist.
    Ich möchte nur nicht Menschen dazu missbrauchen, indem ich sie als Übungsobjekt verwende. Also, dass ich mir vornehme, ich spende jetzt einem Bettler, damit ich Freigebigkeit übe. Das hat nichts mit Freigiebigkeit zu tun, das ist Missbrauch. Es ist anders, wenn ich mir überlege, dass ein Bettler dieses nötig hat und ich es trotz meiner Zweifel oder meines Geizes mache. Obwohl das dann nicht mit Freude verbunden ist, nullo Belohnung für mich mit sich bringt, und sich mein Charakter wohl nicht verändern wird, ist es Freigebigkeit. Natürlich wäre ich gerne immer spontan und frei von Ego freigiebig ...
    Drück ich mich verständlich aus?


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Praktizieren heißt für mich ebenso wie üben: trainieren / üben, zugleich mit tun / ausüben.
    Aber ich hab Doris posting nochmal gelesen und verstehe jetzt, warum du so irritiert bist.
    Ich denke, das Ziel ist klar, der Weg ist unterschiedlich - mal wieder. So wie ich es gelernt habe, ist es schon mal gut zu geben und freundlich zu sein, auch wenn die Motivation nicht 1000% uneigennützig ist. Insofern sind wir immer übende, die immer weiter kommen (hoffentlich). Mit Kapitalisierung, Doris, hat das nichts zu tun. Scheinheiligkeit ist natürlich hier nicht gemeint, sondern aufrichtiges bemühen!
    Ich bin leider nicht frei von empfundenen Defiziten. Mein Elternhaus war nach außen auch sehr abgeschottet. 'Wir geben nichts, mir hilft auch keiner' sagte meine Mutter immer an der Tür, wenn jemand sammeln wollte. Dennoch erlebe ich mich mal als reich, mal nicht so. Das mit dem Füllhorn kann ich schon gut verstehen, aber die meisten Menschen sind eben ne lange Lebenszeit nicht frei von Mangel!
    Daher habe ich mich über diesen Fred gefreut, auch wenn er natürlich nicht einfach ist. Keiner will als Angeber da stehen. Aber mir hilft es schon hier zu lesen, was Dana für andere bedeutet.
    Zeit schenken zum Beispiel (mache ich auch öfter, habe ich jetzt erst wahrgenommen) oder anderen die Freiheit schenken, großen Mist machen zu dürfen (musste ich beruflich schon oft. Privat finde ich das in meiner Beziehung sehr schwer!)...

  • Doris:

    Zitat

    Kinder fordert man ja gerne mal auf, was von ihren Spielsachen an "arme Kinder" zu geben. Ich glaube nicht, dass das was bringt.
    Was mich sehr positiv beeinflusst hat, war die Selbstverständlichkeit, mit der meine Eltern gegeben haben. Z.B. haben sie nie gesagt: "Das ist mein Essen, mein Joghurt, mein Kuchen, mein Teller … mach Dir selber was! " oder ähnliches. Essen war immer Gemeinschaftseigentum, sogar das auf dem eigenen Teller. Ich bin in einer unendlich reichen Familie aufgewachsen.


    Merkwürdig.
    Hab mal gelesen,das die Sioux ? ihre Kinder aufforderten, ab einem bestimmten Alter, ihr gerade wichtigstes und liebstes wegzugeben. Das stärkte das Gemeinschaftsgefühl. Dann habe ich mal eine Geschichte gelesen von einem Tuareg, der einen Mann in sein Zelt aufnimmt, der dann von Soldaten da mit Gewalt rausgeholt wird und der Tuareg verlässt zum ersten mal die Wüste , seinen Stamm, geht in die Großstadt um diesen Mann ausfindig zu machen und in seinen Schutz zurückzuholen, weil er einen Gast, ganz egal ob er ihn kennt oder nicht mit seinem Leben beschützen muss, was er nicht konnte, weil die Soldaten mit modernen Waffen kamen. Er bereute zuerst seine Familie beschützt zu haben und macht sich auf den Weg um seine Ehre wiederherzustellen. ich musste mir öfters was zu essen machen, meine Eltern waren Proletrarier,Gott sei Dank, trotzdem wäre ich nie auf die Idee gekommen, was im Kühlschrank steht gehört nicht auch mir.Vielmehr habe ich mir überlegt, ob ich nicht gleich was für die anderen mit machen sollte oder ich habe die Finger von den letzten Wurstscheiben gelassen-für meine Eltern. Ich sag mal so, es ist unnötig viel nachzudenken. Besser gar nicht. Wer intuitiv nicht weiß wo welche Hilfe gerade nötig ist und ob man das jetzt leisten kann oder nicht, sollte öfters mal den Herzgeist freischaufeln.

  • Tashili:

    Das mit dem Füllhorn kann ich schon gut verstehen, aber die meisten Menschen sind eben ne lange Lebenszeit nicht frei von Mangel!


    Mir geht es nicht um Reichtum im Sinne von materiellem Besitz, sondern um das Sich-beschenkt-fühlen. Das kann auch ein bettelarmer Mensch. Nehmen wir doch den Heiligen Franziskus oder den Buddha, unbescheiden in der Oberliga angefangen. Christus speiste mit etwas Brot und Fisch eine Menge von ein paar Tausend.


    Es gibt eine Geschichte, in der ein armer Junge, der absolut nichts hatte, dem Buddha ein Geschenk machen wollte. Er hob eine handvoll Staub vom Boden, und mit diesem beschenkte er den Buddha.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Yoni:

    Bei mir ist gerade das Thema: Verantwortung abgeben.
    Meine Tochter ist sehr aufgebracht und denkt ich will ihr "böses". (...)
    und nun ... naja, .... abGEBEN/loslassen muss.
    ist nen bisschen am Topic vorbei, und dann doch wieder nicht. Verzeihung, bitte!


    Es ist überhaupt nicht am Topic vorbei.


    Anderen solche Freiheit geben ist eines der schönsten Geschenke, die man überhaupt machen kann, finde ich. Ich habe viel mit Jugendlichen zu tun, und regelmäßig sind welche dabei, die voll gegen die Wand rennen. Schon das ist grauenhaft. Ich kann mir nicht vorstellen, wie es mit eigenen ist.


    Ich habe für euch zwei heute abend eine Kerze angezündet. Einatmen, ausatmen (nicht die Kerze ;))


  • Danke, Doris, vielleicht hatte das nicht jeder verstanden _()_

  • Hi Losang Lamo!

    Losang Lamo:
    Bailong:

    Ist das Freigiebigkeit? Ich weiß es nicht.


    Das kommt auf die Motivation drauf an. Tut Ihr es in erster Linie für die anderen, dann ist es Freigebigkeit. :)
    (Würde ich meinen.)


    Das ist nicht leicht zu beantworten.
    Zunächst mal: ich benutze "üben" auch eher im Sinne von "ausüben", also nicht so, wie man Tonleitern am Klavier übt, um irgendwann mal was "richtiges" spielen zu können.
    Ich glaube nicht, dass es völlig uneigennütziges Geben gibt. Ob ich nun eher das "gute Gefühl" oder vielleicht (insgeheim oder offen) die Anerkennung durch die Gesellschaft anstrebe, mein schlechtes Gewissen beruhigen möchte oder einfach für eine "bessere" Gesellschaft - in der ich dann ja hinterher selbst auch lebe - gebe, irgendwo ist immer ein Nutzen auch für mich selbst dabei. (Wer sich aus psychologischer Sicht dafür interessiert google "arousal cost reward model" oder "Kosten - Belohnungsmodell" und klicke sich durch die Links, z.B. die > Empathie-Altruismus-Hypothese).
    Diese Diskussion ist aber irgendwo akademisch.


    Vordergründig gebe ich natürlich für andere, aber: für mich gibt es als Beweggründe, die ich an mir selbst diagnostizieren kann:
    - Beruhigung des "schlechten Gewissens". Wir haben im Leben eine Menge Glück gehabt. Wir sind oft gestolpert, manchmal gefallen, aber irgendwie immer auf die Füße. Es fühlt sich schlicht falsch an, jetzt nichts zurückzugeben.
    - Verbesserung der "sangha": Not lindern, aber auch Vorbild sein: würden alle, die so viel haben wie ich, so viel geben wie ich, hätte die Welt ein paar Sorgen weniger (-> Seht her, wie toll ich bin. Sorry, ist halt so. ;) )
    - Wertschätzung des Eigenen. Indem ich Teile meines Vermögens (bzw. der zur Erlangung weiteren Vermögens nötigen Arbeitsleistung) herschenke, werte ich meine vorhandenen Werte höher, kann mich an meinem Besitz mehr freuen. Klingt komisch, ich kann's nicht erklären. Vielleicht so: ich merke selbst, dass ich es mir leisten kann, etwas zu verschenken. Also ist mein Einkommen, mein Vermögen, offenbar entsprechend sicher.


    Das alles ist einerseits so verinnerlichte Selbstverständlichkeit geworden, dass ich tatsächlich Schwierigkeiten habe, das zu beschreiben.
    Andererseits ist es auch ein Tanz auf dünnem Eis:

    Bailong:

    Aber auch ganz klar: würde unser gemeinsames Jahreseinkommen unter die Grenze sinken, mit der man einen 6-Personenhaushalt in Bonn angemessen unterhalten kann, wären die Ehrenämter weg und Arbeit für entsprechende Gegenleistung angesagt.


    Daran will ich noch arbeiten: ich klammere mich letztlich auch immernoch an meinen Geldsack und wenn ich die Kinder von der Musikschule abmelden müsste, würde meine Bereitschaft, zu geben, deutlich absinken. Das mag verständlich sein, es ging uns wirklich nicht immer so gut wie heute. Es gab auch lange Jahre, in denen wir von der Hand in den Mund gelebt haben und oft am 25. eines Monats nicht wussten, ob wir am nächsten ersten die Miete noch zahlen können. Das schult.


    Klar gebe ich die Hemden, die mir zu klein geworden sind. Ich gebe auch von 10 passenden Hemden fünf ab. Aber gebe ich mein letztes? Nein.
    So lange das so ist, habe ich keinen Anlass, mich als wirklich freigiebig zu bezeichnen.


    Yoni
    Ohne zu wissen, was bei Euch genau los ist: auch, wenn es im ersten Moment hart ist, Jugendamt & Co. im Haus zu haben, ist das oft auch ein guter Neuanfang. Wir hängen alle immer in irgendwelchen Rollen. Mutter sagt was -> Tochter versteht was ganz anderes, "Typisch Mutter!" Und umgekehrt genauso.
    Das Aufbrechen dieser festgefahrenen Denkmuster hilft oft, einen neuen Zugang zum anderen zu kriegen.
    Das - und die dafür erforderliche Kraft und Geduld - wünsche ich Euch.


    LG
    Bailong

  • Zorița Câmpeanu:
    hedin:

    Geben ganz ohne Eigennutz vermittelt ein unbeschreiblich angenehmes Gefühl.
    hedin


    dann ist es ja nicht ohne Eigennutz :D


    Wenn das "unbeschreibliche" angenehme Gefühl als Belohnung für Geben erwartet wird, dann ist dieses Geben nicht ohne Eigennutz und wäre dann auch nicht von dem "unbeschreiblichen" Gefühl begleitet.


    Deshalb nochmal zum besseren Verständnis mit Ergänzung:

    Geben ganz ohne Eigennutz spontan und ohne Reflexion vermittelt ein unbeschreibliches angenehmes Gefühl.


    Man muss das nicht glauben, man muss es erleben; dann weiss man`s.


    hedin

  • Zitat

    Geben ganz ohne Eigennutz spontan und ohne Reflexion vermittelt ein unbeschreibliches angenehmes Gefühl.


    Und wann kommt das Gefühl denn bei Dir?


    Ich mach es noch einmal an einem Beispiel fest, dann kannst Du ja sagen, an welcher Stelle Du das Gefühl erfährst:


    Du gehst auf einer Straße.
    Du hast einen wichtigen Termin, den Du einhalten musst.
    Plötzlich kommt ein Auto von der Fahrbahn ab und reisst den Passanten vor Dir mit.
    Es ist ein Mann im mittleren Alter. Er wird durch die Luft geschleudert und kommt zehn Meter weiter auf dem Boden auf.
    Du läufst hin zu dem Mann.
    Du bückst Dich.
    Du schaust, was mit dem Mann los ist.
    Du greifst in die Tasche und holst Dein Handy raus.
    Du wählst den Notruf.
    Du verständigst den Notarzt.
    Dann wendest Du Dich dem Mann zu.
    Der Mann blutet aus dem Mund und atmet oberflächlich und schnell.
    Irgendwie liegt er komisch da.
    Du versuchst Deine rudimentären Kenntnisse über Erste Hilfe anzuwenden.
    Du denkst, dass Du nun den Termin verpassen wirst.
    Dann fällt Dir ein, dass der Autofahrer mit seinem Auto gegen eine Hauswand geprallt ist.
    Du willst sehen, was mit ihm ist.
    Du siehst das Auto, es ist stark zertrümmert.
    Der Mann ist nicht aus dem Auto gestiegen.
    Immer noch kein weiterer Passant auf der Straße, der auch helfen könnte.
    Du weißt nicht, ob Du den Mann auf der Boden kurz verlassen sollst, um nach dem Fahrer zu sehen.
    usw.


    Du handelst ständig uneigennützig. Wo nun hast Du dieses unbeschreibliche Gefühl?


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Doris, Schocksituationen sind ein Sonderfall, man kann bestenfalls auch ohne Schock spontan sein.


    Schock führt zu automatischem handeln, teils irrationalem Verhalten und depersonalisation. Mitunter führt er zu Traumafolgestörungen. Auf jeden Fall braucht er eine Weile, um verarbeitet zu werden, inkl. Wiedererleben von Fragmenten der Situation (Bilder, Geräusche, Gerüche, Gedanken ... = flashbacks).


    Letztlich kannst du dir nicht mal aussuchen, ob du hilfst, in schockstarre verharrst oder schreiend wegrennst.


    Hat das tatsächlich ganz fundamental mit Dana zu tun?

  • Zitat

    Hat das tatsächlich ganz fundamental mit Dana zu tun?


    Sicher, ist das Dana. Er hätte auch weitergehen können, wie so viele Menschen. Die empfinden auch später keine Reue darüber.
    Aber ich kann auch ein einfacheres Beispiel geben:
    Ein nicht gerade beliebter Nachbar läutet an der Tür, weil er seinen Schlüssel vergessen hat. Draussen regnet es.
    Du lässt ihn rein. Wartest Du ab, bis sich das Gefühl einstellt oder reagierst Du ohne Zögern?
    Sagst Du Dir: "Ach, was! Aversion beiseite, ich lass ihn rein." oder "Ich warte erst das Gefühl ab."?


    Nehmen wir den Fall, Du lässt ihn ohne Zögern rein.
    Danach denkst Du Dir: "Was will das Arsch hier?" oder "Ich habe ein gutes Werk getan und meine Aversion überwunden." oder: Du bietest einfach eine Tasse Tee an und gibst ihm das Telefon, damit er den Schlüsseldienst anrufen kann, und spülst weiter.
    Im zweiten Fall bezieht sich das gute Gefühl auf Dich selbst. Im Dritten Fall machst Du, was getan werden musst, ohne Aufsehen.
    Freigebigkeit ist das meiner Meinung nach in allen Fällen, nur einmal ist es unbefleckt. Und das kann man nicht üben wie Gitarrespielen und ebensowenig freut man sich über den neu erlernten Akkord. Es geschieht mit Selbstverständlichkeit, sogar unbemerkt. (Wieder ein Bibelwort zum Thema: "Lass Deine linke Hand nicht wissen, was die Rechte tut")


    Reine Freigebigkeit zählt nicht, was man schon alles für andere getan hat und wo man sich überall großzügig verhalten hat. Keine Krämerei.
    Es wird einfach gegeben, und gezählt wird nur das, was man selber alles schon erhalten hat – und das ist immer unfassbar viel und mehr als man braucht.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Zitat

    Dana:
    soviel wie Gabe, Almosen, Spende;
    das freiwillige Geben von Materiellem, Energie oder Weisheit an andere, das als eine der wichtigsten buddhistischen Tugenden angesehen wird. Dana ist eine der sechs Vollkommenheiten (Paramita), eine der zehn Betrachtungen (Anussati) und das wichtigste der verdienstvollen Werke (Punya).
    Im Frühbuddhismus wird Dana vor allem als Mittel angesehen, Habgier und Egoismus zu überwinden und Leiden in einem zukünftigen Leben zu vermeiden. Im Mahayana wird Dana mit den Tugenden der Güte (Maitri) und des Erbarmens (Karuna) verbunden und als wesentlicher Faktor aufgefasst, um alle Wesen zur Erleuchtung zu führen.......
    Quelle: Lexikon der östlichen Weisheitslehren


    http://de.wikipedia.org/wiki/Dana_(Indien)#Im_Buddhismus


    http://zugangzureinsicht.org/html/ptf/dhamma/dana/index.html

  • Freigiebigkeit ist keine Fertigkeit die ich erlernen und oder üben könnte....
    Wenn ich gebe, gebe ich bedingungslos, die Motivation meines Gebens zu analysieren kann eine Lebensaufgabe sein.
    Ich bin mir sehr sicher man kann keinen Geizkragen zum Altruisten erziehen.
    so meine Erfahrung.
    .

  • Doris Rasevic-Benz:

    . Im Dritten Fall machst Du, was getan werden musst, ohne Aufsehen.



    :lol:


    Wieder eine Belehrung darüber, was ich schon weiß. Schrieb ich nicht weiter oben schon, das Ziel sei klar, nur man müsse schauen, wie man hinkommt? Und dass das eben der Weg sei?


    Natürlich ist es toll zu erkennen, woraus es herausläuft ... Aber hinkommen ist ja der Weg, der schon mal dann und wann unsicher und mühevoll ist. Rigpa selber ist mühelos. Möge es aufscheinen.