Liebende Güte im Alltag

  • Das kann ja durchaus ein Ausdruck von Autorität und Klarheit sein, die vom Gegenüber als zornig empfunden wird. Aber die Person ist nicht zornig, sondern hat das Wohl des Gegenübers im Sinn. Für sowas stehen u.a. die zornvollen Gottheiten / Schützer.


    Aber ich denke das stimmt schon, dass das dann kein Zorn mehr ist. Es geht einfach darum, dass man die Grundenergie nicht ablehnt, sondern lediglich den Giftstachel zieht und die Energie in ihrer Essenz nutzt.

  • Karnataka:

    Eine große, aber doch simple Angst vor Spinnen kann vielleicht durch Konfrontation gelöscht werden. Dagegen kann etwa bei der sozialen Angst, vor vielen Menschen einen Vortrag zu halten, ein Hintergrund aus Überzeugungen bestehen, die diese Angst speisen. Leidet ein Mensch unter Panikattacken, sind diese Symptome wieder anders zu interpretieren.


    Dabei sind Furcht, Angst und Sorge natürlich längst nicht alle heftigen Gefühle. Gibt es einen pauschalen Lösungsweg?


    Angst ist wie Wasser, das sich seine Wege überall dort bahnt, wo die Beschaffenheit der Landschaft es zulässt. In einer ähnlichen weise bestimmen Biografie und angeborene Dispositionen die Art der Angststörung, die in Grenzfällen entwickelt wird. Angst ist aber eigentlich Hass, im Buddhismus wird dazwischen nicht unterschieden.


    Menschen neigen leider dazu, den Objekten Schuld dafür zuzuweisen, dass sie sie als hässlich oder furchterregend deuten. Sie übersehen dabei, dass es ihr Selbsthass ist, der sie andere Objekte in dieser Art wahrnehmen lässt. Sie müssen also lernen, die Verantwortung für ihre Weltsicht zu übernehmen. Nicht die Schuld, sondern die Ursache bei sich selbst finden. Die Unwissenheit in der Psychotherapie unterscheidet sich von der Unwissenheit im Buddhismus in keiner Weise, deshalb nützt oft der beste Therapeut nichts insofern man nicht bereit ist, eine angemessene Selbstanalyse vorzunehmen.


    Grüße, Yofi

  • Yofi:
    kilaya:

    Kurz: Zorn ohne Ego = Kraft und Klarheit


    So einen Zorn kann man dann wohl schlecht Zorn nennen, eher einen zahnlosen Tiger (zum Kuscheln).


    :) Oder war wäre der Grundgedanke dieses Zorns, wer fühlte sich gestört durch was... wie ginge das ohne Ego?


    Wenn mir ein Freund klarmacht, dass ich gerade ins Verderben laufe...

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • Yofi:

    Angst ist aber eigentlich Hass, im Buddhismus wird dazwischen nicht unterschieden. Yofi


    Hierzu habe ich eine Frage. Es gab einmal ein Experiment mit einem kleinen Jungen (Little Albert), der auf eine weiße Ratte so konditioniert wurde, dass er jedesmal Angst hatte vor ihr. Diese Angst hat sich auch auf viele Sachen, die weiss sind (ein Bart, ein Kanninchen) generalisiert. Er hat Angst davor und meidet dementsprechend Kontakt.
    Mit Sicherheit ist da eine Abneigung gegen bestimmte Objekte vorhanden, aber in erster Linie durch Angst entstanden nicht durch Hass oder Selbsthass.
    Aus Angst und der damit verbundenen Abneigung kann Hass entstehen. Und es kann auch ohne Angst, durch Abneigung Hass entstehen. So macht es zumindest für mich Sinn.
    Deswegen verstehe ich nicht die Aussage wieso Angst eigentlich Hass sein soll. Eine gute Ausgangsbasis ja, aber nicht Hass perse. Oder habe ich da etwas nicht richtig verstanden?


    Gruss cinnamon

  • Angst gehört eigentlich nicht ausdrücklich zu den 5 Grund-Störgefühlen. Angst wird interessanterweise fast gar nicht erwähnt. Man könnte es vielleicht primär zu "Zorn und Hass" einsortieren, auch wenn ich mal einen "Aufsatz" dazu geschrieben habe, dass im Grunde allen Störgefühlen eine Form von Angst zugrunde liegt.


    Die Aussage "zwischen Hass und Angst wird nicht unterschieden" finde ich so im Buddhismus jedenfalls nicht wieder und kann der Aussage auch aus psychologischer Sicht nichts abgewinnen.


    kilaya

  • Die Sache mit den Gefühlen ist extrem vielschichtig. Der Philosoph Richard David Precht hat meiner Erinnerung nach sinngemäß geschrieben, der Homo Sapiens hätte sein großes Hirn vor allem wegen dem sozialen Schach, das er unentwegt mit seinen Mitmenschen spielt, entwickelt. Und weil dieses eben so kompliziert sei, würden sich Heilige gerne in Höhlen zurückziehen, um dort perfekt sein zu können.


    Yofi:


    Angst ist wie Wasser, das sich seine Wege überall dort bahnt, wo die Beschaffenheit der Landschaft es zulässt. In einer ähnlichen weise bestimmen Biografie und angeborene Dispositionen die Art der Angststörung, die in Grenzfällen entwickelt wird. Angst ist aber eigentlich Hass, im Buddhismus wird dazwischen nicht unterschieden.


    Bezüglich Angst macht es vielleicht Sinn, Furcht und Sorge zu unterscheiden. Sorge meint eine hohe Sensibilität gegenüber eher wenig konkreten Gefahren, Furcht die Reaktion auf eine konkrete Bedrohung. In einer solchen Furcht vor einem Menschen liegt vermutlich, dass wir diesen Menschen ablehnen. Dies muss freilich nicht bedeuten, ihm wirklich schaden zu wollen. Schwierig wird die Sache, wenn innere Projektion eine große Rolle spielt. Doch ist es vermutlich sinnvoll, sich feindselige Empfindungen überhaupt einzugestehen, wenn man Furcht empfindet.


    Yofi:

    Menschen neigen leider dazu, den Objekten Schuld dafür zuzuweisen, dass sie sie als hässlich oder furchterregend deuten. Sie übersehen dabei, dass es ihr Selbsthass ist, der sie andere Objekte in dieser Art wahrnehmen lässt. Sie müssen also lernen, die Verantwortung für ihre Weltsicht zu übernehmen. Nicht die Schuld, sondern die Ursache bei sich selbst finden.


    Auch der DL warnt für den Umgang mit destruktiven Gefühlen davor, die Schuld jeweils bei den anderen zu suchen. In „Rückkehr zur Menschlichkeit“ tut er dies im Rahmen einer Reihe weiterer Ratschläge. Besonders hilfreich empfinde ich seine Ratschläge, die mit unserer inneren Einstellung zu tun haben, in Zusammenhang mit Wut, Neid, Eitelkeit und Zweifel. Übrigens äußert er sich sehr zustimmend über Aaron Beck, den Begründer der Kognitiven Therapie: Ich fand es ausgesprochen interessant, wie nah viele seiner Beobachtungen den Erkenntnissen der klassischen buddhistischen Psychologie kamen. Er sagte beispielsweise, dass fast neunzig Prozent der abstoßenden Eigenschaften, die wir im Zustand heftiger Wut im Objekt unseres Grolls sehen, auf Übertreibung und Projektion zurückgehen. Sehr ähnliche Aussagen finden sich in der klassischen buddhistischen Literatur.


    Yofi:

    Die Unwissenheit in der Psychotherapie unterscheidet sich von der Unwissenheit im Buddhismus in keiner Weise, deshalb nützt oft der beste Therapeut nichts insofern man nicht bereit ist, eine angemessene Selbstanalyse vorzunehmen.


    Ich weiß nicht genau, was du meinst. Interessant finde ich ein bestimmtes Wissensgefälle. Kaum eine psychoanalytisch orientierte Therapeutin würde eine Therapie mit solchen Worten eröffnen: Im Folgenden könnte es sein, dass Sie in eine Situation massiver Übertragung hineinlaufen, wo sich ihre Probleme in der Beziehung zu meiner Person ausdrücken werden. Wäre ein solcher Satz sinnvoll oder aber kontraproduktiv?

  • Spock:

    Fuer gewoehnlich machen Therapeuten am Anfang der Therapie eine Aufklaerung ueber das Therapeuten-Patienten-Verhaeltnis...


    Hallo! Von wo schreibst du eigentlich, wenn du eine englische Tastatur benutzt?
    Möglicherweise hab ich da ein bisschen vor mich hin geschwatzt...


    Zur psychoanalytischen Sichtweise möchte ich noch einen Satz der Therapeutin Ursula Wirth, die in der stationären Drogentherapie tätig ist, einstellen. Sie schreibt zum Umgang mit Aggression: Als Gegenüber fühlt man sich sehr heftigen Entwertungen und intensiven Aggressionen ausgesetzt, die zunächst verwirrend und unerklärlich sind - vor allem, wenn die Projektionen der Patientin nicht mit den eigenen Selbstvorstellungen übereinstimmen. Die Heftigkeit der Angriffe kann wiederum zu Gegenreaktionen provozieren. Die wesentliche Aufgabe allerdings besteht darin, diese Attacken in sich aufzufangen, in einem gemeinsamen Prozess mit der Patientin nach und nach in ihrer Bedeutung zu klären und die abgespaltenen Affekte (meist Wut, Neid, Eifersucht, Gier) in Einklang mit ihrem Selbst zu bringen. Im Aushalten des Affekts, ohne Rache zu nehmen oder sich zerstören zu lassen, liegt eine implizite Beruhigung der Patientin, sodass die Beziehung weiterhin gut bestehen kann und Affekte sich gut integrieren lassen.

  • Karnataka:

    Die Sache mit den Gefühlen ist extrem vielschichtig. Der Philosoph Richard David Precht hat meiner Erinnerung nach sinngemäß geschrieben, der Homo Sapiens hätte sein großes Hirn vor allem wegen dem sozialen Schach, das er unentwegt mit seinen Mitmenschen spielt, entwickelt.


    Da hat er sinngemäß Blödsinn gesagt, denn die Unterschiede der Primatenhirne kommen aus den Unterschieden in der Ernährung. Der Homo sapiens sapiens hat mal angefangen seine Nahrung durch Kochen aufzubereiten und dadurch konnte mehr Energie für das Hirn gewonnen werden, das ja ein echter Energiefresser ist.


    Zitat

    dass fast neunzig Prozent der abstoßenden Eigenschaften, die wir im Zustand heftiger Wut im Objekt unseres Grolls sehen, auf Übertreibung und Projektion zurückgehen.


    Das Problem liegt nicht im behaupteten Anteil der Projektion, sondern darin, dass diese Projektionen, auch die schönen und positiven, zurückgenommen werden müssen und dieses das Leiden, das in den Projektionen steckt frei setzt.
    In Spiegelungen der Seele hat das Marie Luise von Franz - eine bekannte Jungianerin - ausführlich entwickelt.


    Aron Beck als kognitiver Verhaltenstherapeut entspricht natürlich dem Ansatz des DL - und glaubt, man könne sich die Welt schön denken.

  • Monday:
    Karnataka:

    Die Sache mit den Gefühlen ist extrem vielschichtig. Der Philosoph Richard David Precht hat meiner Erinnerung nach sinngemäß geschrieben, der Homo Sapiens hätte sein großes Hirn vor allem wegen dem sozialen Schach, das er unentwegt mit seinen Mitmenschen spielt, entwickelt.


    Da hat er sinngemäß Blödsinn gesagt, denn die Unterschiede der Primatenhirne kommen aus den Unterschieden in der Ernährung. Der Homo sapiens sapiens hat mal angefangen seine Nahrung durch Kochen aufzubereiten und dadurch konnte mehr Energie für das Hirn gewonnen werden, das ja ein echter Energiefresser ist.


    Wahr ist viel mehr: Wir wissen nicht, warum es zum überproportionalen Wachstum des menschlichen Gehirns kam. Eine Erklärung ist, dass der Homo Sapiens in die Steppe wechselte und zum aufrechten Gang fand. Dadurch verschmälerte sich der weibliche Geburtskanal. Dadurch kam es zu Frühgeburten. Dadurch wurde das menschliche Wesen extrem lernfähig. Dadurch wuchs sein Gehirn. Aber die von dir genannte Erklärung ist auch okay :)

  • Monday:
    Karnataka:


    Wahr ist viel mehr: Wir wissen nicht, warum es zum überproportionalen Wachstum des menschlichen Gehirns kam.


    Was wissen wir denn schon?


    https://www.ted.com/talks/suza…in/transcript?language=de


    Die Dame behauptet also, durch das Kochen hätten wir mehr Zeit zum Nachdenken bekommen, da wir weniger Energie fürs Verdauen benötigen. Daher das Gehirnwachstum. Na, das sag ich doch auch! Zeit, meine Theorie, weshalb das soziale Schach unsere Gehirne wachsen ließ, näher zu erläutern!


    Die frühen Homo Sapiens erfanden also das Kochen, stocherten ansonsten noch ein bisschen nach Maden, den Rest des Tages hatten sie frei. Während dieser Zeit kümmerten sie sich um ihren Nachwuchs, bauten Nester und badeten die kleinen Neandertaler. Eigentlich hätte das Leben liebevoller nicht sein können. Allerdings war es auch reichlich öde. Und eben weil es so öde war, kam es immer wieder zu Konflikten unter den Homo Sapiens.


    Freilich versuchten sie, diese Konflikte mit Liebe zu bereinigen, und machten viel Liebe. Doch irgendwas an der Bonobos-Methode schien nicht zu passen. Denn danach war nicht wirklich geklärt, wem das Territorium gehört, wer das Rudel führt und so weiter. Immer wieder kam es im Anschluss an die Liebe daher zum Raufhandel nach Art der Schimpansen. So ging das viele Jahrhunderte.


    Irgendein Idiot erfand dann Faustkeil und Schlagring. Damit wirkte die Schimpansen-Methode etwas – na, sagen wir: dezimierend. Worauf sich der Rest schließlich einigte, Kultur zu machen und das Hirn zu benutzen. Damit aber begannen die Probleme erst wirklich! Denn trotz intensivster Anstrengung gelang es nicht, auch nur ein einziges soziales Problem mit Hilfe des Intellekts zu lösen. So wissen wir bis heute nicht, wem die Weibchen gehören und was wir von denen halten sollen, die von woanders kommen. Die einzige Lösung, die sich in Anbetracht der vielen Probleme anbot, bestand darin, wieder länger zu arbeiten!


    Was aber passiert mit einem Muskel, der ständig trainiert wird? Er wächst und wächst. So entstand unseren Vorfahren dieses Riesenhirn, verdreifachte seine Größe in einem vergleichsweise kurzen Zeitraum - was im Tierreich die völlige Ausnahme ist, heißt es. Und so wie bei einem Bodybuilder wäre es auch für uns mit einigen Unlustgefühlen verbunden, würden wir diesen Muskel wieder verkümmern lassen - selbst wenn er für kaum was gut ist. Stattdessen kam es zur Schriftsprache, Schulpflicht und anderem Blödsinn.


    Auch ist die menschliche Population zwischenzeitlich derart gewachsen, dass es ohne Kochen kaum noch genügend Maden zum Stochern gäbe! Mit anderen Worten: es gibt keinen Weg zurück und wir bedürfen nun all der Erfindungen, die wir seither ersonnen haben, wie etwa das Rad und den Staubsauger.


    Staubsauger…? Wollte ich nicht die Wohnung…? Ach, ich glaube, meine Kreativität braucht jetzt ein Nachmittagsschläfchen.

  • Karnataka:


    Die Dame behauptet also, durch das Kochen hätten wir mehr Zeit zum Nachdenken bekommen, da wir weniger Energie fürs Verdauen benötigen.


    Behauptest sie das?
    Sie stellt zunächst einmal den Unterschied fest: eine höhere Anzahl an Neuronen auf der Gehirnrinde, im Cortex. Daraus folgt die Frage, woher nehmen wir die dafür nötige Energie? Weil wir eine Technik erfunden haben, die unsere Nahrung vorverdaut und wir entsprechend mehr Energie - kcal - pro Zeit aufnehmen können. Wir verwenden also durchaus die gleiche Energie fürs Verdauen, aber der Wirkungsgrad der Verdauung hat sich erhöht.


    Ab da saß man gemeinsam ums Lagerfeuer, futterte und erzählte sich Geschichten oder schmiedete Pläne. Sie hatten also keineswegs den Rest des Tages frei, sondern erfanden noch viel mehr als das Kochen. Sie erfanden Spekulationsblasen - wie das hier:


    Vergiss das Forum hier nicht.


    Zitat


    Auch ist die menschliche Population zwischenzeitlich derart gewachsen, dass es ohne Kochen kaum noch genügend Maden zum Stochern gäbe! Mit anderen Worten: es gibt keinen Weg zurück und wir bedürfen nun all der Erfindungen, die wir seither ersonnen haben, wie etwa das Rad und den Staubsauger.


    Wer will denn in die Steinzeit zurück? Rechtspopulisten.


    Zitat


    Staubsauger…? Wollte ich nicht die Wohnung…? Ach, ich glaube, meine Kreativität braucht jetzt ein Nachmittagsschläfchen.


    Hast du noch keinen Robby?

  • kilaya:

    Angst wird interessanterweise fast gar nicht erwähnt.


    In MN4 wird Angst erwähnt:
    M. 4. (I,4) Bhayabherava Sutta, Furcht und Angst


    - und zwar ensteht sie auf der Basis von "ungeläuterten Gedanken, Worten und Taten", die "ungeläuterte Wesen" auszeichnen.


    kilaya:

    Die Aussage "zwischen Hass und Angst wird nicht unterschieden" finde ich so im Buddhismus jedenfalls nicht wieder und kann der Aussage auch aus psychologischer Sicht nichts abgewinnen.


    Im Fall der neurotischen Angst stimmt das. Man kann das auch leicht selbst nachvollziehen wenn man Gedanken berücksichtigt, die diese Angst begleiten. Es ist etwa: Ich traue mir nicht zu, dass ich etwas schaffen werde, oder: Ich werde mich gegen eine Gefahr, die von bestimmten Objekten ausgeht, nicht wehren können und dadurch benachteiligt sein. Im Letzteren zeichnet sich bereits die Abneigung, der Hass auf Objekte. Bei der Angstneurose ist auch der Impuls, den "Feind" (das kleine Insekt z. B. ) zu vernichten oft stark ausgeprägt. Beide Ansätze sind das Gegenteil der Zuversicht, des Vertrauens und des Muts und bedingen eine negative Einstellung zu sich selbst.


    Man kann auch berücksichtigen, dass dem Hass die Gier voraus gehen kann, z. B. die Gier nach Unversehrtheit, nach Leid- und Schmerzfreiheit.



    (Buddh. WtB)


    So gesehen ist also noch besser diese Schlussfolgerung: Angst ensteht aus der Unwissenheit, aus dem unweisen Nachdenken und kommt in der Gier und im Hass zum Ausdruck. Dass das so nicht gerne wahrgenommen wird, kann auch ein Problem verursachen, nämlich dass man die zwei Komponenten dämonisiert und ablehnt - und dadurch die Selbstablehnung und Selbstverleugnung fördert.

  • cinnamon:
    Yofi:

    Angst ist aber eigentlich Hass, im Buddhismus wird dazwischen nicht unterschieden. Yofi


    Hierzu habe ich eine Frage. Es gab einmal ein Experiment mit einem kleinen Jungen (Little Albert), der auf eine weiße Ratte so konditioniert wurde, dass er jedesmal Angst hatte vor ihr. Diese Angst hat sich auch auf viele Sachen, die weiss sind (ein Bart, ein Kanninchen) generalisiert. Er hat Angst davor und meidet dementsprechend Kontakt.
    Mit Sicherheit ist da eine Abneigung gegen bestimmte Objekte vorhanden, aber in erster Linie durch Angst entstanden nicht durch Hass oder Selbsthass.
    Aus Angst und der damit verbundenen Abneigung kann Hass entstehen. Und es kann auch ohne Angst, durch Abneigung Hass entstehen. So macht es zumindest für mich Sinn.
    Deswegen verstehe ich nicht die Aussage wieso Angst eigentlich Hass sein soll. Eine gute Ausgangsbasis ja, aber nicht Hass perse. Oder habe ich da etwas nicht richtig verstanden?


    Gruss cinnamon


    Ein wenig habe ich das gerade angesprochen - die Selstablehnung, das Gefühl des Ausgeliefert-Seins. Kein Kind wird "von allein" neurotisch wird. Es kompensiert einen Druck, mit dem es nicht klar kommt. Es hatte die Verarbeitung von Stresssituationen noch nicht gelernt und außerdem fällt jenes nicht in das natürliche Spektrum der Aufgaben in der Entwicklung der Kinder. Der Standard ist, dass Kinder vor ungünstigen, ihrem Alter unangemessenen Belastungen geschützt werden.


    Da sie intuitiv Erwachsene lieben und als ihre Vorbilder ansehen bzw. ihr soziales Umfeld positiv werten, jedoch auch weil sie von ihm existenziell abgängig sind, nehmen sie oft die Schuld für Unzulänglichkeiten anderer auf sich. Sie denken etwa: "Wenn Mama böse zu mir ist, dann eben deshalb, weil ich selbst böse bin. Wäre ich nicht böse, müsste sie auch nicht böse sein". Es ist im Grunde ein Überlebenstrieb, der diese Mechanismen wach ruft, und auf diese Art ensteht eine negative Einstellung zu sich selbst, einschließlich der Verleugnung der Gefühle. Die Wut und all diese Gefühle, mit denen Kinder lernen sollten umzugehen, werden verdrängt - das Kind kann es sie in seiner Bedrängnis schlicht nicht leisten. Persönlichkeitsstörungen beispielsweise entstehen in den ersten zwei Lebensjahren, auf die sich das Kind nicht einmal erinnern kann. Daran sieht man, was für eine zerbrechliche Natur die kindliche Psyche ist. Kinder, die sich ängstigen, andere Lebewesen quälen oder aggressiv sind, sind im Grunde vernachlässigte oder durch ihre Umgebung auf eine andere Art traumatisierte Wesen, die den Druck, der sie sonst psychisch verformen würde, nach außen kehren. Die Art, wie das Unterbewusstsein auf diese Situationen reagiert, ob durch Verformung oder das Ausagieren, bestimmt sicher zum Großteil die Genetik.


    Ich kann dir kurz zusammen gefasst ein Beispiel aus einem Buch über Neurosen von S. Mentzos nennen - wie Angst objektiviert wird. Hier geht es um eine Brücken-Phobie. Die Klienten erlebt extreme Angstzustände wenn sie über eine Brücke fahren soll. Analytisch konnte man folgende Tatsachen feststellen: sie hatte ein angespanntes Verhältnis zu ihrer Mutter, fuhr irgendwann mal nach langer Zeit mit ihrer Schwiegermutter über eine Brücke während die Schwiegermutter sie plötzlich an ihre eigene Mutter erinnerte. In dieser Situation hatte sie einen Impuls verspürt, das Auto gegen die Leitplanke zu lenken und zum Absturz zu bringen. In der Kindheit unterdrückte und "eingefrorene" Gefühle können sich immer wieder in der Gegenwart stark bemerkbar machen. Die Klienten vergaß zunächst den Vorfall, entwickelte aber kurze Zeit danach eine immense Angst über Brücken zu fahren. Das ist die Reaktion des Unterbewusstseins auf einen Impuls gewesen, der sie das Leben kosten könnte.


    Du siehst also, der Hass (Wut auf die Mutter bzw. auf sich selbst in Folge der früheren Verdrängung), ist der Auslöser der "Angst" gewesen. Eine echte Genesung kann es nur dann geben, wenn man "Stör"gefühle aus dem Unterbewusstsein befreit. Wenn man sich ihrer bewusst wird, kann man sie entweder auflösen oder mit ihnen in der Art umgehen, dass ihr Einfluss auf die Befindlichkeit relativiert wird.

  • Angst oder Furcht würde ich dennoch nicht mit Aversion gleichsetzen, vielmehr ist Angst eine Folge von Aversion bzw. eben Negierung. Angst generiert eine Vermeidungshaltung, aber die muss nicht aversiv gepolt sein.
    Ich meine-Verunsicherung- liegt eher zwischen Begehren und Abneigung. Das Objekt ist nicht 'begreifbar', es liegt 'im Dunkeln'.
    Im Dunkeln (Unbewussten) wird es auch unwillkürlich abgewehrt. Aber könnte man dann nicht auch von einem Zurück(be)halten des Objektes sprechen ? ( Blockade )

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Es ist aber richtig, dass unter neurotischen Ängsten eine moralische Negierung (von Gefühlen und Vorstellungen ) vorliegt.

  • Ja das sind regelrecht Angriffe gegen sich selbst. Ein Gedankensprung - es gibt auf YT ein Video, das findet man unter "Ein kleiner Junge erklärt, warum er kein Fleisch essen will". Wenn man über liebende Güte spricht, sollte man sich das eventuell anschauen.


    Grüße

  • Ich habe zwar das Video nicht gesehen weil ich YT kaum nutze aber liebende Güte darf auf keinen Fall bedeutet alles Grausame auszuklammern und in der Wahrnehmung zu vermeiden. Wie gesagt, die Welt ist polarisiert egal mit welcher Philosophie man sie betrachtet und deshalb ist der Umgang mit Plus und Minus notwendig will man in dieser Welt selbstständig in die Ausgeglichenheit kommen.
    Der Verlust schmerz taucht immer wieder auf im Leben und wer damit kein Umgang findet wird sein inneres seelisches Problem nicht los. Durch Vermeiden ist das Leben nicht zu lösen, im Gegenteil, das Leid nimmt zu. Deshalb ist eine gut abgestimmte Dosis an Schuld wegen Grausamkeit absolut hilfreich um das Leid im Dasein zu lindern. Mit nur gutem Karma glücklich leben schön aber wer schafft das? Mit schlechtem Karma auch gut leben ist eine Kunst. So bedeutet liebende Güte für mich weniger nur gutes Karma erleben, sondern mit dem Schlechten positiv umgehen können.

  • Psychoanalyse, Ich-Sucht, Buddhismus, liebevolle Güte...


    Ein Konzept der modernen Psychoanalyse scheint mir in einem besonderen Zusammenhang zur buddhistischen Psychologie zu stehen. Es ist dies der Narzissmus, wie ihn Otto Kernberg hinsichtlich schwerer Persönlichkeitsstörungen beschreibt. Solche Persönlichkeitsstörungen lassen sich als charakterliche Probleme auffassen, können also im schlimmsten Fall in Form von Gewaltakten und Verbrechen aufscheinen, aber auch als vergleichsweise harmlose Beziehungsstörung gelebt werden. Kernberg zeichnet hier ein progressives Bild von harmloser Selbstsucht bis hin zu schwersten Fällen der forensischen Psychiatrie. Nach Freuds topographischen Modell könnte man vereinfacht sagen, dass der Narzissmus eine mangelnde Entwicklung der moralischen Sphäre, des Über-Ich bedeutet, und sich das Ich stattdessen selbst als Ideal nimmt. Doch hilft eine so theoretisch-modellhafte Erklärung vermutlich nicht weiter.


    Kernberg beschreibt typisch narzisstisches Empfinden, das mit Sucht nach Bewunderung und mit quälendem Neid zu tun hat, und nennt insbesondere die narzisstische Unfähigkeit, abhängige Beziehungen einzugehen. (Beim so genannten „bösartigen“ Narzissmus entsteht so hinsichtlich der Gesellschaft das Bild einer krebsartigen Erkrankung.) Im schlimmsten Fall gründen die Beziehungen überhaupt nur mehr auf Macht, Gewalt und Ausbeutung. Der Psychoanalytiker beschreibt die massivsten charakterlichen Probleme daher in Verbindung mit der Bedeutung, die sich ein Mensch selbst gibt. (Übrigens hat schon Thomas von Aquin den maßlosen Stolz eine Haupt- und Wurzelsünde genannt.) Freilich ist nicht jeder Narzissmus gleich problematisch. Was die Therapie des wirklich bösartigen Narzissmus angeht, äußert sich Kernberg sehr reserviert.


    Das Problem einer Therapie besteht vermutlich darin, dass sich der Narzissmus, besonders wenn er „erfolgreich“ ist und Hochgefühle verschafft, nur schlecht "von außen" behandeln lässt. Bei der Frage, ob man sich Werten wahrhaft verpflichtet fühlt und ein Gewissen entwickeln kann, geht es im Kern ja darum, wie viel andere Menschen einem wirklich bedeuten, ob man ein selbstloses Gernhaben empfinden kann, das dann die natürliche Haltung unterstützt, anderen nicht schaden zu wollen. Bloß so zu tun als hätte man Ideale, fällt dagegen narzisstisch veranlagten Menschen vermutlich nicht schwer. Wir können unseren Narzissmus also nur selbst heilen.


    Für diese Arbeit an sich selbst kommt aus meiner Sicht die „buddhistische“ Geistesschulung ins Spiel, um nämlich liebevolle Güte zu trainieren und zu stärken. Gelingt diese Ausrichtung auf das Wohl anderer Menschen ein wenig, so empfinde ich eine Lockerung meiner Egozentrik und erlebe dies als wohltuend und befreiend. Zugleich zeigt sich hier aber ein grundlegender Auffassungsunterschied. Denn die Fähigkeit, abhängige Beziehungen einzugehen, wird vom Buddhismus nicht unbedingt als erstrebenswert empfohlen. Wieso sollte es auch unser Leid schmälern, wenn wir uns den Implikationen einer tiefen und herzlichen Zuneigung aussetzen?


    Ich sehe jedoch keine andere Möglichkeit, meine Ichsucht zu schmälern als eben jenes Bemühen, den eigenen Narzissmus zu dämpfen. So würde ich inneres Glück definieren. Im Endeffekt bedeutet dies nach meiner Ansicht, dass wir das Leid, etwa wenn geliebte Menschen von uns gehen, auf uns nehmen müssen, um es dann hoffentlich zu mehr Verständnis und Mitgefühl für das Leid anderer Menschen zu verwandeln.

  • Morpho:

    Es ist aber richtig, dass unter neurotischen Ängsten eine moralische Negierung (von Gefühlen und Vorstellungen ) vorliegt.



    Angst ist erstmal aus evolutionärer Sicht sinnvoll und nützlich, ist also auch von Geburt an bei uns angelegt. Wie überall in der Natur, gibt es nun Individuen, die mehr oder minder stark von der Norm abweichen. Das Angstzentrum im Gehirn ist die Amygdala, liegt dort eine Schädigung vor, wie z.b. beim Urbach-Wiethe-Syndrom, spüren die Betroffenen keine Angst mehr. Es gibt aber auch andere Symptome die damit einhergehen. Diese Menschen können z.b. keine Emotionen mehr in Gesichtern deuten usw..
    Auch wenn keine Erkrankung in dem Sinne vorliegt, gibt es Menschen mit größerer oder geringerer Aktivität in der Amygdala. Die einen sind ängstlich und entwickeln ggf. eine so genannte Angststörung, die anderen werden vlt. sogar zu so genannten Soziopathen. Natürlich spielt auch das Umfeld, die Lebenseinstellung usw. eine Rolle, ob man tatsächlich eine Angststörung entwickelt oder nicht, oder ob man zum Soziopathen wird oder nicht. Hierbei ist es meiner Meinung nach entscheidend, ob und wie man gelernt hat mit seiner gesteigerten Angst (oder Unangst) umzugehen. D.h. je nach dem wie jemand seine Angst betrachtet, wird er sie als etwas grundsätzlich leidvolles ansehen oder eben nicht. Angst ist Angst, sie gehört für die allermeisten, zumindest gesunden Menschen zum Leben dazu. Da ist nichts schlechtes an ihr. Ist sie erstmal akzeptiert, dann ist schon ein riesen Schritt getan, dass man sich nicht von ihr kontollieren lässt. Lehnt man sie ab, dann kann es passieren das man eine Angst vor der Angst entwickelt und sie so immer weiter aufbläht. Deshalb halte ich es für sehr wichtig, dass man seine Emotionen, egal welche, zu akzeptieren lernt. Wie Doris schon sagte, heißt das nicht, dass man sie ausagieren muss....trotzdem sollte man ihnen zuhören, sie ausreden lassen und ihnen damit etwas Aufmerksamkeit schenken, bevor sie diese lautstark mit Nachdruck einfordern.

  • Karnataka:


    Ich sehe jedoch keine andere Möglichkeit, meine Ichsucht zu schmälern als eben jenes Bemühen, den eigenen Narzissmus zu dämpfen. So würde ich inneres Glück definieren. Im Endeffekt bedeutet dies nach meiner Ansicht, dass wir das Leid, etwa wenn geliebte Menschen von uns gehen, auf uns nehmen müssen, um es dann hoffentlich zu mehr Verständnis und Mitgefühl für das Leid anderer Menschen zu verwandeln.

    Mir ging es so das ich nicht das Leid anderer Menschen auf mich nehmen kann weil es eben nicht mein Leid ist. Sehr wohl musste ich das Leid das ich empfinde erkennen als mein Leid, auf mich nehmen, um zu erfahren das es eben ein Mit-leiden ist, ein Glaube genau so zu leiden wie der der leidet. Erst das erfahren das ich mit-leide öffnete mich für Mitgefühl, liebende Güte, befreit von der Illusion genau so zu leiden wie der Leidende. Dadurch traf ich dann auch auf Menschen die Mitgefühl mit mir hatten wenn ich leide, das mir wiederum half Selbstmitleid zu erkennen und mich um mein wirkliches Leiden zu kümmern.

  • Yofi:

    Ja das sind regelrecht Angriffe gegen sich selbst. Ein Gedankensprung - es gibt auf YT ein Video, das findet man unter "Ein kleiner Junge erklärt, warum er kein Fleisch essen will". Wenn man über liebende Güte spricht, sollte man sich das eventuell anschauen.


    Grüße


    Jap! Das ist der Geist. :)