buddhistische Brille - rüder Tonfall

  • Lieber void,


    es ist ja ein Wahnsinnthread geworden mittlerweile. Für mich stehen da eigentlich drei grössere Themen im Raum:


    a) Was ist Wissen & wozu dient es?

    b) Ein Ding ohne Beobachter?

    c) Warum die Lehre des Buddha nicht als eine im herkömmlichen Sinn religiöse Idee verstanden werden kann.



    Wir kommen da zu keiner Einigung - ja. Aber dadurch dass sich da mindestens ein Betrachtungsunterschied bei "diesen Themen" relativ konsequent fortsetzt, wird der in der oder der Form immer wieder zwischen uns auftauchen. Ich denke, ich habe hier meinen Punkt schon etwas deutlicher machen können, dass man die Frage nach dem Leid und die Frage nach dem Dasein gerade nicht voneinander trennen kann.


    Im Kern ist es ganz einfach: Aus Sicht der Lehre gibt es gar keine Wissensarten. Es gib eine hohe Wahrheit vom Leiden und seiner Aufhebung. Und dann gibt es viele Arten der Verirrung und Verstrickung.


    Also in unserem kulturellen Verständnis gesprochen, was in der Regel davon ausgeht, dass es so etwas wie "Wissen" wirklich gibt, müsste man radikal eigentlich sagen: es gibt nur ein Wissen. Und das äußert sich so oder so graduell in den verschiedenen Theorien und Betrachtungen. So verstanden bilden dann alle Theorien die Wirklichkeit graduell ab.


    Es wäre dann so falschherum betrachtet erkennbar, dass hier eine starre Abgrenzung der verschiedenen Beschreibungsarten der Wirklichkeit untereinander vorgenommen wird. Also viele grundsätzlich voneinander verschiedene Beschreibungsarten, die niemals in der oder oder der Weise auf Untersuchungsgegegnstände anderer Disziplinen verweisen können. Was ja eigentlich nicht möglich ist.


    Im Sinne der Lehre müsste man sogar so sprechen: dass es eben nur dieses eine Wissen gibt, diese eine Lehre von der Leidvernichtung.


    --


    Es sind Gedankengebäude, die aus unterschiedlichen Wünschen/Begehrungen heraus vorgegangen sind. Mit dem Wort "Ziel" neutralisierst du da wieder etwas. Objektivierst die verschiedenen Motive, die da eigentlich immer sind. Als wären Ziele irgendwie untereinander gleichwertig.


    Die Aufsätze Alfred Schütz' sind hervorgangen aus dem Wunsche, sich selber besser zu verstehen. Die anderen besser zu verstehen. Die Soziologie, deren Mitbegründer Max Weber schrieb, dass die Soziologie soziales Verhalten ursächlich verstehen/abbilden will, ist aus dem Wunsche hervorgangen, den Menschen und das Miteinander der Menschen in Form von "!Vergesellschaftung" zu verstehen.


    Alle Wissenschaften suchen den Menschen zu verstehen, oder "Erzeugnisse des Menschen" oder "die Welt und ihre Erzeugnisse". Und sie machen das aufbauend auf ihren jeweiligen Denktraditionen, was sich wie ein großes Ding anhört, dabei ist es das ja eben nicht: Wenn man ein Ding immernoch nicht zuEnde gedacht hat und es über Jahrtausende weiterdenken muss. Und zu keinem Abschluss bringt.


    Wissenschaft ist per sé Selbstbezug! Und das Selbst ist eine Illusion, lieber void. Das ist die Wirklichkeit, die der Buddha beschreibt.


    Daher der Konkurrenzgedanke, zu angeblich gleichwertigen, also so unterstellt: ebenso richtig gedachten Theorien die behaupten, dass das Leben, und damit die Möglichkeit für Leid ersteinmal entstehen musste. Den "Konkurrenzgedanken" mache nicht ich auf. Der kommt einem ja zwangsläufig bei der Lektüre mindestens nur bestimmter Lehrreden.


    --


    Natürlich sehe ich in der Lehre des Buddha auch eine Beschreibung der Wirklichkeit. Aber ich mache bei einer solchen Betrachtung nicht den Fehler, den andere machen würden und deswegen diesen Standpunkt, den ich hier vortrage leider nicht begreifen können. Ich denke mir da keine objektive Welt unabhängig von mir dazu. Negiere aber damit nicht, dass da fester erscheinende Dinge sind, negiere damit auch nicht, dass es keine festeren Übereinkunfte zwischen den Wesen geben könnte.


    Es geht mir nicht um eine Abwertung! Es geht mir um eine richtige Einordnung. Und die Akzeptanz dessen, dass die Lehre des Buddha zB unvereinbar ist mit der Annahme, dass ein irgendwie erst entstandenes Leben die erste Ursache der Möglichkeit an sich: "Leid" wäre. Und das ist bei weitem wohl nicht das einzige Beispiel ...



    :sunny:

  • Der Schlüsselbegriff (im Thera) ist 'mano' (i.S.v. 'Verstand', als 6ter Sinn und quasi 'Gemeinsinn'), der alles Erkennbare (dhammas, sh. sabbe dhamma anatta) erkennt und somit die 'universelle Ordnung' (Dhamma). Da ist der Verschmelzungspunkt von Subjekt, Objekt und 'Einsicht' (dh. Erkennendem und Erkennbarem).


    Ausserdem gibt es verschiedene Wissensarten in diesem Konzept: sh. samma ditthi (rechte Erkenntnis, eher Ansichten), sampajanna (Wissensklarheit bzgl. handeln), vijja (Wissen auch bzgl. bestimmter Meditationsphänomene), panna (Einsicht), nana (Einsichtswissen, eher vipassana), analytisches Wissen, usw.

  • Der Schlüsselbegriff (im Thera) ist 'mano' (i.S.v. 'Verstand', als 6ter Sinn und quasi 'Gemeinsinn'), der alles Erkennbare (dhammas, sh. sabbe dhamma anatta) erkennt und somit die 'universelle Ordnung' (Dhamma). Da ist der Verschmelzungspunkt von Subjekt, Objekt und 'Einsicht' (dh. Erkennendem und Erkennbarem).


    Ausserdem gibt es verschiedene Wissensarten in diesem Konzept: sh. samma ditthi (rechte Erkenntnis, eher Ansichten), sampajanna (Wissensklarheit bzgl. handeln), vijja (Wissen auch bzgl. bestimmter Meditationsphänomene), panna (Einsicht), nana (Einsichtswissen, eher vipassana), analytisches Wissen, usw.


    Also vielen Dank für den Beitrag, liebe Spock. Extrem passend. Ich muss mir das aber nocheinmal genauer anschauen.



    :sunny:


  • Das Ding mit der Betrachtung und dem Abstand zum Ding der Betrachtung lässt sich sehr anschaulich zeigen.


    Stell dir vor du malst, auf der Oberfläche einer Kugel vom Radius 6000 km stehend drei gerade Linien, die sich zu einem gleichseitigen Dreieck der Seitenlänge von eigentlich egal, aber sagen wir 2000 Km zusammenfügen.


    Dann stellst du dich als Beobachter in die Mitte dieses Dreiecks rein, und erhöhst mal den Abstand zu diesem diesem Objekt "eigentlich ein Dreieck" der Betrachtung. Ab einer bestimmten Höhe werden nämlich Teile dieses eigentlich riesigen Dreiecks sichtbar. Dann wird es komplett sichtbar und erscheint verzerrt als ein Kreis. Dann erhöhst du weiter den Abstand und erkennst schließlich: ein gebogenes Dreieck.


    Wie weit muss man den Abstand erhöhen, um das Ding Dreieck geometrisch genauso so zu sehen, wie es auf der Oberfläche der Kugel stehend gemalt wurde, gemeint war?


    Sieht für mich wie ein radikaler Perspektivenwechsel aus, der hier eigentlich stattfinden muss, um das Dreieck so sehen zu können.


    Gerade die Aussage E=mc² sieht btw einfach schon durch der Art ihres symbolischen Aufbaus "sehr wahr" aus, finde ich.




    :sunny:

  • Es sind Gedankengebäude, die aus unterschiedlichen Wünschen/Begehrungen heraus vorgegangen sind.

    Ich möchte hier keine Wortklauberei betreiben, aber im Sinne korrekter Bewusstseinsvorgänge folgendes bemerken:


    Die Gedankengebäude entspringen nicht aus Wünschen oder Begehrungen, sondern aus dem in der Vergangenheit angesammelten karmischen Gestaltungen. Sie sind aus den jeweiligen Handlungen und deren mentalen Begleitern hervorgegangen, die wiederum durch den Willen (cetana) ihre Bedingungen hatten.


    Kurzum: der Wille (cetana) bringt durch Handlungen „KARMA“ bzw. karmische Gestaltungen hervor, die dann wiederum Anlass für weitere Handlungen, als auch Bedingung für karmischen Wirkungen (vipaka) sind.


    Begehren (tanha) findet, auf der Seite der karmischen Wirkungen statt und bringt kein weiteres Karma, sondern „LEID“ hervor.


  • Die Gedankengebäude sind hier die Theoriegebäude. Um die geht es.


    Buddhismus & Wissenschaft.


    Ein schöner Gruss



    :sunny:

  • Die Gedankengebäude sind hier die Theoriegebäude. Um die geht es.

    Ob Gebäude oder Gestaltungen, im Kontext der Bewusstseinsvorgänge hat Denken oder Gedanken nicht Begehren, sondern den Willen als Ausgangspunkt.

    Ohne diese Unterscheidung ist m.E. Karma und bedingtes Entstehen und Dukkha nicht verständlich erklärbar.

  • Die Gedankengebäude sind hier die Theoriegebäude. Um die geht es.

    Ob Gebäude oder Gestaltungen, im Kontext der Bewusstseinsvorgänge hat Denken oder Gedanken nicht Begehren, sondern den Willen als Ausgangspunkt.

    Ohne diese Unterscheidung ist m.E. Karma und bedingtes Entstehen und Dukkha nicht verständlich erklärbar.


    Nagut. Für mich ist das ein und dasselbe. Falls nicht, ändert es die Stossrichtung meiner Argumentation trotzdem nicht. Weil das alles aber nicht so einfach ist, werde ich heute Nachmittag mal die Unterschiede zwischen diesen Begriffen genauer checken


    Dank für deinen Hinweis.



    :sunny:

  • Ergänzung: das bedingte Entstehen soll wohl ursprünglich aus 4teiligen Stücken bestanden haben und später zu einem 12teiligen Stück gemacht worden sein, darum soll wohl in manchen Sutten Avijja als erstes stehen und manchmal Begehren.

    Das glaube ich ich nicht denn für etwas Ursprüngliches sehe ich keinen Anlaß.

    Einfach schon aus dem Grund, weil es nichts Ursprüngliches geben kann bei

    einer bedingten Entstehung. Nur wenn es keine bedingte Entstehung geben

    würde, dann könnte es etwas ursprüngliches geben. Sagt ja schon die Logik.

  • Das glaube ich ich nicht denn für etwas Ursprüngliches sehe ich keinen Anlaß.

    Einfach schon aus dem Grund, weil es nichts Ursprüngliches geben kann bei

    einer bedingten Entstehung. Nur wenn es keine bedingte Entstehung geben

    würde, dann könnte es etwas ursprüngliches geben. Sagt ja schon die Logik.

    "Ursprünglich" i.S.v. Textalterbestimmung, dh. "dieser Text ist mit einer Wahrheinlichkeit von... älter als dieser Text.".

  • "Ursprünglich" i.S.v. Textalterbestimmung, dh. "dieser Text ist mit einer Wahrheinlichkeit von... älter als dieser Text.".

    Ich weiß jetzt nicht genau welcher Text vom Buddha zuerst gesprochen wurde,

    aber das ist ja auch nicht von Bedeutung da es jeder gewesen sein kann.