Die abhängigen Phänomene unserer Welt sind ja Phänomene, die es tatsächlich gibt, und nicht irgendwelche Gedankenfiktionen sind.
Die Phänomene der Welt in der wir leben gibt es ja wie zum Beispiel deine Wohnung oder deine Kleidung. Beim abhängigen Bestehen (pratityasamudpada) geht es nicht darum ob es die Phänomene, die wir unserer Welt erleben gibt oder nicht, sondern darum wie die Phänomene, die wir erleben, existieren.
Der Baum ist eben nicht nur von unserer Benennung abhängig, aber auch. Dies ist nur ein Aspekt seines abhängigen Bestehens. Genauso ist er auch von seinen Ursachen und Bedingungen und seinen verschiedenen Teilen abhängig. Alle drei Aspekte des abhängigen Bestehens eines Phänomens sind immer gleichzeitig gegeben.
Wenn wir uns SN12-15 ansehen, dann steht da:
7. ,Alles Ist', das, Kaccāyana, ist das eine Ende. ,Alles ist nicht, das ist das andere Ende. Diese beiden Enden vermeidend, verkündet in der Mitte der Tathāgata seine Lehre:
8. Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein usw. usw. Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zu stande. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen; aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins usw., usw. Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zustande."
Unser Erleben ist unser Bewusstsein - Gestaltungen ist ein anderer Begriff für Phänomene, sind die Ursache für Bewusstsein, d.h. die Vielfalt der Form(en) ist Bedingung für Bewusstsein. Dieses Bewusstsein haben alle fühlenden Wesen. Menschen unterscheiden aber noch durch die Benennung und schaffen aus den materiellen Formen, geistige Formen bzw. Vorstellungen.
Die Phänomene sind (existieren) nicht unabhängig von mir (Subjekt) und wenn das Subjekt verlöscht, dann verlöschen auch die Objekte. Ich bin ja auch bloß Form und somit bedingt von Form und Nicht-Form. Deshalb kann ja, wie im Herzsutra gesagt werden: es gibt keine Farbe, keine Töne, kein Geschmack, kein Leiden, kein Werden, kein Vergehen, kein Erleben, weil eben in der Leere niemand da ist, der erlebt. In der Leere gibt es also keine Form und Leere ist auch nicht Nicht-Form, es ist lediglich ein anderer Ausdruck für den Prozess des bedingten Entstehens. Leere kann ein Ich nicht erfahren.
Wenn also gesagt wird, dass die Vielfalt der Formen, die Phänomene, nicht existieren, dann bezieht sich das darauf, dass die Phänomene nicht unabhängig von einem Ich, Mein oder Selbst existieren. Sie sind also Objekte von Subjekten, die sich kommunikativ ihrer Existenz vergewissern, was aber auch nicht viel hilft.