Das ist Nirvana

  • Was ist aus säkular-buddhistischer Sicht eigentlich Nirvana? Was ist das Ziel unseres Geistestrainings?


    Das Ziel ist das befreite Leben, das erleuchtete Leben. Dafür muss man es frei von Bedingungen machen und es erleuchten, also erhellen. Erhellen von was? Von den Bedingungen, die es unfrei machen. Welche sind das? Da ist jener Mechanismus, der uns von zwei Wahlmöglichkeiten immer nur eine machen lässt. Welche? Jene, die uns lieber ist, das ist das Begehren (Gier) und jene, die uns unlieb ist, sie ist die Ablehnung (Hass) und nicht jene, die eigentlich die weisere, richtigere wäre.

    Wie kommt es zum Begehren und der Ablehnung? Durch die Gefühle („vedana“, manche übersetzen „Empfindung“: unangenehm, angenehm oder neutral), die in uns nach der Wahrnehmung entstehen. Wie entstehen sie? Ganz automatisch, weil wir Menschen sind. Jede Sinneswahrnehmung bedingt ein Gefühl, und zwar immer. Aber welches Gefühl entsteht? Jenes, das durch meine Glaubensvorstellungen (Karmaformationen) bedingt ist. Ist es angenehm, will ich haben, ist es unangenehm, lehne ich ab. Das Schlimme dabei ist, dass es mir unbewusst ist, und das fast immer. Dann erfolgt die Reaktion nämlich automatisch auf das Gefühl, ohne dass ich eingreifen kann. Eingreifen kann ich erst, wenn mir das Gefühl, danach der Gedanke und danach die Reaktion, bewusst ist. Daraus folgt: will ich frei sein, frei handeln, frei denken, muss ich bewusster werden. Nicht das Bewusstsein erweitern, also tolle Bewusstseinszustände haben, sondern statt 90% nur 80% unbewusst auf meine Gefühle und Gedanken sein. Irgendwann 0%. Dann wäre ich ganz erleuchtet und könnte von zwei Möglichkeiten immer die weisere wählen.

    Wie ist das im Alltag? Ich sehe eine Frau, die ein Kopftuch trägt. In mir entsteht automatisch und unbewusst ein negatives Gefühl. Warum? Weil ich in der Vergangenheit aus Unwissenheit den Glaubenssatz entwickelt habe: „Die Menschen sind nicht gleich. Kopftuchträgerinnen gehören einer schlechten Religion an“. Das bedingt das unangenehme Gefühl und das die automatisierte Reaktion. Hätte ich einen anderen Glaubenssatz entwickelt: „Menschen soll man nicht an ihrem Äußeren beurteilen oder an ihrer Religionszugehörigkeit“, wäre kein unangenehmes Gefühl entstanden.

    Aber auch wenn es entstanden ist, müsste ich nicht automatisch darauf reagieren, wenn es mir bewusst wäre. Also brauche ich schon etwas mehr, um ein weises, ein erleuchtetes Leben zu führen. Eine ethische Grundlage, Konzentration im Augenblick, Konzentration nach Innen, Achtsamkeit auf das Gefühl, Sehen, was ist, also alle diese Zusammenhänge erkennen und Anstrengung.


    Falls unheilsame Gedanken und Reaktionen entstanden sind, also Ärger und Zorn, kann ich diese durch Anstrengung fallen lassen. Irgendwann wird Anstrengung anstrengungslos. Dann nämlich, wenn ich immer bewusst bin, mir also alle Gefühle und Gedanken immer bewusst sind, sodass ich sie im allerersten Augenblick erwische. Da ist es nämlich noch einfach, nicht auf sie zu reagieren.

    Naja, vielleicht ist das Ganze doch nicht so einfach. Aber schwierig ist es eigentlich nur dadurch, dass ich eben nicht erleuchtet bin, also zu 100% bewusst, sondern vielleicht nur zu 10% und ich somit in 90% der Fälle automatisiert, also unbewusst auf das unbewusste Gefühl reagiere und mich somit in endlosen Wiederholungsspiralen immer wieder in gleichen, unheilsamen Handlungsabläufen wiederfinde. Das ist Samsara, das immer und immer Wiederwerden unheilsamer Handlungsabläufe.


    Ich meine, dies in den klassischen Texten wiederzufinden. Die Traditionen haben das über die Jahrhunderte, man muss ja sagen über die Jahrtausende, lediglich vergessen und überhöhen das Ziel buddhistischen Geistestrainings, das Nirvana, zu etwas mystischem, geheimnisvollem, zu etwas das unerreichbar bleibt. Nirvana bleibt auch unerreichbar für den, der nicht weiß, was Nirvana ist.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Es gibt ja die unterschiedlichen Auffassungen zu der plötzlichen und der schrittweisen Erleuchtung. Ich habe das mit der plötzlichen Erleuchtung nie so richtig verstanden. Man kann seine Hindernisse doch nur Schritt für Schritt auflösen, oder?

    Oder wie ist das mit der plötzlichen Erleuchtung gemeint?

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Es gibt ja die unterschiedlichen Auffassungen zu der plötzlichen und der schrittweisen Erleuchtung. Ich habe das mit der plötzlichen Erleuchtung nie so richtig verstanden. Man kann seine Hindernisse doch nur Schritt für Schritt auflösen, oder?

    Oder wie ist das mit der plötzlichen Erleuchtung gemeint?


    Das weiß ich auch nicht. Mir selbst erschließt sich auch nur die schrittweise Erleuchtung durch Übung

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Es gibt ja die unterschiedlichen Auffassungen zu der plötzlichen und der schrittweisen Erleuchtung. Ich habe das mit der plötzlichen Erleuchtung nie so richtig verstanden. Man kann seine Hindernisse doch nur Schritt für Schritt auflösen, oder?

    Oder wie ist das mit der plötzlichen Erleuchtung gemeint?

    Es gibt so eine Art von Aha-Momenten wo gewisse Dinge klar werden, aber man früher oder später wieder in die alten Muster zurück kommt.

    Dann gibt es in den tieferen Bereichen der Meditation auch Momente wo dein ganzes bekanntes Universum zerstört wird.


    Da ist es dann so, dass zum Beispiel danach kein Ich-glaube mehr möglich ist. Und das bleibt permanent so. Aber dieser Einsicht gibt es für dich keinen Tod und keine Geburt mehr, keine Ungeduld und trauer mehr.


    Wenn du etwas siehst, dann ist da nur noch sehen. Es entsteht kein Mögen/nicht mögen mehr.

    Es gibt dann kein Alleinsein und keine Einsamkeit mehr, aber auch keine allverbundenheit wo man sein Selbst wenigstens in den Nicht-selbst Erscheinungen am Leben erhalten kann.


    Sehen,,fühlen ist dann nur noch sehen,hören, fühlen, aber es entsteht keine neue Geburt/Universum mehr daraus, mit all den Konsequenzen die durch die Vergänglichkeit der Elementsformationen entsteht .


    Schon wenn man die erste Schwelle zum todlosen stillen Meer des Friedens überwunden hat, gibt es keine Ich-Wahrnehmung in den Gedanken mehr.


    Wenn da noch der Gedanke kommt dass da eine Frau mit einem Kopftuch von mir gesehen wird, dann ist man noch nicht in den Strom des Dhamma eingetreten.


    Jemand der diese Hürde überwunden hat, sieht im Grunde nichts anderes als immer wieder recycelte Elementehaufen . Es entsteht dann eine Art von Sättigung aber keine Abneigung.

    Eine Art von Reizlosigkeit drängt einen dazu die letzten Fesseln (falls vorhanden) abzulegen.


    In dem Sehen usw keinen weiteren Treibstoff produziert , erlischt irgendwann das Feuer an dem wir uns so lange verbrannt haben.


    Nibbana ist kein Ort sondern einfach ausgedrückt ein ablegen der falschen Sichtweise auf uns und die Welt. Es ist ein verlöschen bzw zur Ruhe kommen. Wenn man von einer wahren Natur sprechen möchte, dann ist es die Abwesenheit von einem Ich und da ist dann nichts anderes als ein stilles Meer des Friedens.


    Diese Vertiefungen sind nicht dazu da, um sich besser zu fühlen.

    Dafür könnte man sich mit dem Haushälter-Samadhi zu dröhnen. Dort in diesen Bereichen sieht man etwas, das so anders ist als alles was wir bisher erlebt und gelaubt haben. Und dort sieht man wie wiederwerden entsteht und ein für alle Mal beendet werden kann.


    Der Weg dahin ist aber nicht so einfach.


    Das einhalten der Gebote hilft uns und unserer Umgebung. Man kann sich leichter der meditativen Praxis widmen.


    Samadhi gibt uns Kraft und die nötige Energie und Ruhe um den Erschaffer des ganzen Universums zu verstehen.


    Und irgendwann kommt man in einem “Raum“ wo es weder Licht noch Dunkelheit, Form noch Formlosigkeit, Zeit noch Zeitlosigkeit gibt.


    Nur noch diese eine Stimme bleibt übrig.

    Dieses Ich das seit jeher unser Leben bestimmt.

    Und wenn man dann sieht was man (nicht) ist, dann geht ein ganzes Universum kaputt.


    Man sieht zum ersten Mal, dass der Schlüssel zur Freiheit immer schon hier im Herzen war.

    Nibbana, das Paradies ist immer schon hier gewesen. Begraben unter den falschen Ansichten.


    Es ist ein grenzenloser Akt der Liebe, wenn man dieses Herz durch das kultivieren der Gebote, Liebe und Mitgefühl heilt und zur Ruhe führt, um dann das selbstgelegte Feuer des Leidens zum erlöschen zu bringen.


    Samsara ist, durch die getrübte Brille auf die Welt zu sehen und das Herz und die Herzen der Wesen zu verletzen

    Nibbana ist das nachhause kommen in das geheilte,gestillte und entfesselte Herz.


    Die Enttäuschungen die wir erleben und produzieren, sind das Resultat einer falschen Selbstwahrnehmung .


    Werden wir durch die unermüdliche Herzensschaung und Herzensheilung ent-täuscht , dann bleibt nichts mehr übrig als ein stilles Meer des Friedens.


    Mögen wir alle Frieden finden!

  • Es ist auch so das Nirvana erreicht wird, durch Achtsamkeit auf seine unheilsamen Gefühle und leid erzeugenden Geistesgifte, damit man die Erkannten vermindern und bei weiterer Übung der Achtsamkeit vernichten kann.

    Nirvana ist eine plötzliche Erscheinung und danach das Erkennen, dass man in der Regel in ihr anwesend ist. Man lebt sogar meistens in ihr, wenn man nicht gerade Stress als Erholung sieht und stärkend meint.

    Man benötigt viele Erleuchtungen, um seine unheilsamen Gefühle und leid erzeugenden Geistesgifte zu erkennen und auch wenn man sie alle einzeln vernichtet, aber Erleuchtung ist nie Nirvana. Nirvana ist der alltägliche Geist, denn: Wer ist schon andauernd von Gier, Hass, Übelwollender Verblendung getrieben?

  • Es gibt ja die unterschiedlichen Auffassungen zu der plötzlichen und der schrittweisen Erleuchtung. Ich habe das mit der plötzlichen Erleuchtung nie so richtig verstanden. Man kann seine Hindernisse doch nur Schritt für Schritt auflösen, oder?

    Oder wie ist das mit der plötzlichen Erleuchtung gemeint?

    Die plötzliche Erleuchtung ist aus meiner Erfahrung nicht anders als ein schlagartiges Erkennen einer wissenschaftlichen Wirklichkeit wie z.B. der Relativitätstheorie.


    Erleuchtung zu "erfahren" bedeutet für mich nicht das Ende, sondern den Beginn.


    Ich habe das schon oft hier erzählt:

    Vor mehr als 30 Jahren träumte ich, dass ich mit einem kleinen Flugzeug von Bad Reichenhall auf den Watzmann geflogen wurde, konnte über die Alpen schaun und wurde zurückgeflogen. Beim Ausstieg sagte der Pilot " so, jetzt gehst Du den gesamten Weg zu Fuß hinauf .. ".


    Zuvor hatte ich eine starke spirituelle Erfahrung mit Einsicht in die Dinge wie sie sind.


    Ich behaupte, auch der Buddha hatte einen - wenn auch sehr großen - Einblick in die Ursache und Wirkung, aber er war entsprechend vor-gebildet! Danach ging der Weg erst richtig los.


    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Es ist auch so das Nirvana erreicht wird, durch Achtsamkeit auf seine unheilsamen Gefühle und leid erzeugenden Geistesgifte, damit man die Erkannten vermindern und bei weiterer Übung der Achtsamkeit vernichten kann.

    Nirvana ist eine plötzliche Erscheinung und danach das Erkennen, dass man in der Regel in ihr anwesend ist. Man lebt sogar meistens in ihr, wenn man nicht gerade Stress als Erholung sieht und stärkend meint.

    Man benötigt viele Erleuchtungen, um seine unheilsamen Gefühle und leid erzeugenden Geistesgifte zu erkennen und auch wenn man sie alle einzeln vernichtet, aber Erleuchtung ist nie Nirvana. Nirvana ist der alltägliche Geist, denn: Wer ist schon andauernd von Gier, Hass, Übelwollender Verblendung getrieben?

    Was mir gerade aufgefallen ist: übelwollende Gedanken, die vernichtet wurden (ha,ha,ha), haben keine Chance mehr wirklich aufzusteigen. Selbst die, die gegen mich gerichtet sind, vergehen, bevor sie handelnd wirken.

    Das fehlt mir noch, dass sich Sorgenmachen, aber selbst dieser Gedanke lockt ein Lächeln hervor oder Kopfschütteln mir gegenüber, wie zu einem agilen und unmäßigen Kind, eine Freude, diese stolpernde Neugier in Wort und Tat, machen, nachher Erfahrung.

    Eines fällt mir noch zu Nirvana ein, wirklich zufrieden ist es nur im SitZen und da nervt der Körper und die Geräusche und der Boden. Nirvana ist nicht glücklich und nicht unglücklich, es ist angespannte und entspannte Langeweile. Stress pur nur ohne Stress. Man wird so unendlich langweilig und „nichts-mehr-sagend“, das nervt am meisten.

    Du meine Güte, wie weit hab ich mich vom Buddhismus entfernt und doch mittendrin, unberührbar, alles ergreifend, nichts festhalten.


    Ich sollte das löschen. Zu spät.

  • Man fragt sich manchmal, was an Erleuchtung und Nirvana eigentlich das Problem ist, wenn Buddha es erlebt und im Detail übermittelt hat in den vier edlen Wahrheiten und dem achtfachen Pfad. Ganz konkret wird es in der Anapanasati. Was erhoffe ich, wenn ich das erfahre, was der Buddha vor langer Zeit schon beschrieben hat? Eine Überraschung kann es eigentlich nicht sein. Ich sehe dann einfach mit Achtsamkeit und Klarblick, wie die banalen Dinge des Lebens entstehen und vergehen und ich loslassen kann. Das ist die Gegenwart. Wenn ich das ultimative Ziel mit anderen Religionen vergleiche, dann liegt sie immer in der Zukunft und kann eigentlich nie erreicht werden. Wenn einem das klar wird, kann man etwas entspannter an die Sache herangehen. Das Ziel reduziert sich darauf, dass man sich in die richtige Richtung entwickelt. Jeden Tag ein Stück achtsamer und weiser werden, manchmal in einem Retreat die Dinge ganz klar erkennen und dann wieder in den Alltag abtauchen und eine Praxis aufrecht erhalten, um nicht ganz davon aufgesaugt zu werden.


    Wenn man alle Ablenkungen beiseite lässt, wie es z.B. in der Anapanasati beschrieben wird, kann man die Dinge mit nacktem Gewahrsein sehen und die Inspiration fließen lassen und es bleibt ein tiefgehendererer Eindruck davon hängen als dies in einem Normalbewusstsein möglich ist. Leider sitzen wir beim meditieren meistens nur in geschlossenen Räumen und nicht in Natur, wo das eigentlich Leben stattfindet. Wir erlernen also eine Praxis, wenden sie aber nur auf die Gedanken an, die in unserem Kopf im Karussell drehen anstatt auf die Welt da draußen. Nach dem die menschliche Natur auch ein Teil der Natur ist, erfassen wir damit immerhin noch einen Teil davon, aber nicht die ganze Welt bzw. Natur. Dummerweise werden im Buddhismus viele Gefühle von vorne herein als schlecht angesehen und man will sie deshalb sofort loswerden und sich davon distanzieren. Besser wäre es, sich ganz darin hinein zu begeben und sie im Ganzen wahrzunehmen; die Inspiration fließen zu lassen. Leerheit wird von vielen so verstanden, dass das Gehirn ganz geleert werden soll, was sehr bedauerlich ist, weil das einem nicht sehr weise machenden Nihilismus gleich kommt und die Welt auf sehr wenig reduziert. Meines Erachtens ist es besser die Leerheit des Geistes so zu verstehen, dass man die Dinge ohne zu beurteilen erkennen kann und damit viel mehr erfasst, also wenn man das Betrachten sofort abschaltet oder ins voreilige Beurteilen kommt.


    Es gibt einige Praktiken, mit denen man es schafft, in ein offenes Gewahrsein zu kommen, ohne dass man sich gleich erleuchtet nennen muss. Der Unterschied zu Erleuchtung wäre dann nur, dass dieser Zustand nicht mehr aufhört. Ich bin mir nicht sicher, ob die andauernde Erleuchtung ein erstrebenswertes Ziel sind, weil man dadurch sehr viel aufgeben müsste, was uns als Menschen ausmacht. Ich fände es sehr spannend, sich dazu konkreter bei einem Treffen auszutauschen als es in einem Forum möglich ist.

  • Mein Spazierengehen ist eigentlich nur Sitzen im Gehen. Da bin ich ganz in der Welt und muss immer achtsam sein und mich nicht zu sehr von meiner Aufmerksamkeit ablenken lassen. Wenn ich vorher oder nachher Sitze, fällt mir erst auf, wie viel ich achtsam wahrnehme, ich bin auch da in der Welt. Meine Aufmerksamkeit ist damit beschäftigt, mir schlechte Haltung oder Gefahren zu melden, auf die ich reagieren muss oder kann. Im Sitzen spazieren gehen, im Spazierengehen sitzen. Mit ein wenig Achtsamkeit ist das einfach.

    Beim Gehen treffe ich auch Menschen, meistens mit Hunden oder mit Laufen beschäftigt, sie sind immer beschäftigt immer in Aktion. Da ist mir besonders aufgefallen, dass die Hunde mich immer mit mehr Achtsamkeit und weniger Aufmerksamkeit wahrnehmen, bei Menschen ist es meistens umgekehrt oder nur Aufmerksamkeit.

  • Mein Spazierengehen ist eigentlich nur Sitzen im Gehen. Da bin ich ganz in der Welt und muss immer achtsam sein und mich nicht zu sehr von meiner Aufmerksamkeit ablenken lassen. Wenn ich vorher oder nachher Sitze, fällt mir erst auf, wie viel ich achtsam wahrnehme, ich bin auch da in der Welt. Meine Aufmerksamkeit ist damit beschäftigt, mir schlechte Haltung oder Gefahren zu melden, auf die ich reagieren muss oder kann. Im Sitzen spazieren gehen, im Spazierengehen sitzen. Mit ein wenig Achtsamkeit ist das einfach.

    Beim Gehen treffe ich auch Menschen, meistens mit Hunden oder mit Laufen beschäftigt, sie sind immer beschäftigt immer in Aktion. Da ist mir besonders aufgefallen, dass die Hunde mich immer mit mehr Achtsamkeit und weniger Aufmerksamkeit wahrnehmen, bei Menschen ist es meistens umgekehrt oder nur Aufmerksamkeit.

    Ich kann nachvollziehen, was Du meinst. Ruhe und Ungestörtheit sind beim offenen Gewahrsein schon sehr hilfreich. Alleine vor dem offenen Meer, auf einem Berg oder wehenden Wind zu sitzen, wären ideal, um mit diesem Element, wenn nicht sogar Naturgottheit in Verbindung zu kommen.

  • Die Einbildung, dass ich mich mit dem Außen/Natur verbinde, muss ich immer wieder durch „Meditation“ überwinden.

    Ich bin Ich und nie verbunden. Umwelt ist nicht mit mir verbunden. Ich bin Ich und Umwelt ist Umwelt.

    Nur wenn ich das immer wieder, auch nur kurzzeitig herstelle, sind wir (Umwelt und Ich) überhaupt in der Lage, miteinander ohne Zweifel zu interagieren. Die Umwelt stößt mich an, berührt mich und ich stoße die Umwelt an, berühre sie.


  • Hallo Qualia, ich glaube, dass die Vorstellung, dass Du nicht verbunden bist, nichts mit Buddhismus zu tun hat. Die Umwelt ist sehr stark mit uns verbunden. Schau dir vielleicht mal das Konzept von Indra's Netz an.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Indra%27s_net

    Buddhismus ist Buddhismus, ich bin ich. Buddhismus und ich können nur interagieren, niemals eins sein.

    Indras Netz ist eine Vorstellung von Menschen, wohl geschaffen, um sie zu fesseln.

  • Hallo Qualia, ich glaube, dass die Vorstellung, dass Du nicht verbunden bist, nichts mit Buddhismus zu tun hat. Die Umwelt ist sehr stark mit uns verbunden. Schau dir vielleicht mal das Konzept von Indra's Netz an.

    https://en.wikipedia.org/wiki/Indra%27s_net

    Buddhismus ist Buddhismus, ich bin ich. Buddhismus und ich können nur interagieren, niemals eins sein.

    Indras Netz ist eine Vorstellung von Menschen, wohl geschaffen, um sie zu fesseln.

    Indras Netz ist eine Metapher, die auf dem Entstehen in Abhängigkeit beruht. Wir können nicht ohne die Natur existieren. Wir könnten nicht leben ohne Pflanzen und Tiere in unserer Biosphäre. Selbst unser eigener Körper besteht zu einem großen Teil aus einem nicht-menschlichen Biom. Die Natur weg zu abstrahieren, was mit den griechischen Philosophen begann, hat uns in eine Industriegesellschaft geführt, die vielleicht bald ihr Ende nimmt. Wir müssen wieder viel mehr die Natur kennenlernen und wie wir mit dieser zusammenleben.

  • Mit Indras Netz oder Juwel oder Perle wird die Leerheit bezeichnet - was ebenso für paticcasamuppada gilt. Diese drei Begriffe bezeichnen also dasselbe.

    Natürlich können wir nicht leben ohne Nahrung - das macht uns ja als Wesen aus - aber wir können erkennen, dass Natur, Kultur und das, was als Lebensgrundlage bezeichnet wird, leer ist - d.h. wir können frei werden von richtig oder falsch, von Zuneigung oder Abneigung, von Gier, Hass und Verblendung.

    Dabei erkennen wird auch, dass wir Kulturwesen sind und die Welt gestalten - also sankhara erschaffen und vernichten. Das tun wir seit es uns als menschliche Wesen gibt - mit uns kommen Dinge in die Welt, die es ohne uns nicht geben würde, weil die Natur keine Artefakte schaffen kann. Das ist letztlich karmisches Wirken und wenn dies in Verblendung geschieht, kommt es zu einem Ungleichgewicht und die zerstörerischen Kräfte gewinnen die Oberhand.

    Nun braucht die Natur uns nicht - wenn wir also von Naturschutz reden, dann sind wir und unser Überleben gemeint. Und da kommen dann weitere Konflikte auf, denn weil wir eingreifen, stören wir die Prozesse erneut. Am Ende ist es eben unser Ergreifen und Eingreifen und unser Anhaften an unseren Vorstellungen von dem, wie es denn richtig sein soll.

    Letztlich ist der Eco-bodhi doch nur wieder Ego-bodhi und ein Marketing-gag.


    Buddha - also Bodhi - greift nicht ein. Auch wenn diese Darstellung der Daseinsbereiche dies so zeigen - da ist immer ein Buddha mit irgendeinem Heilmittel - das ist aber nur ein Bild, eine Ansicht.

    Die Buddha-Wirklichkeit ist immer gegeben, sie wird aber durch das Selbst, Ich oder Mein verblendet.

    :zen:



  • Die Natur zu ignorieren, ist Ignoranz und das wiederum ist die Ursache für Leiden. Interessanterweise ist das auch wissenschaftlich bewiesen. Die Gleichsetzung von Öko und Ego ist für mich nicht schlüssig. Mitgefühl wäre dann immer eine Form von Anhaftung, aber trotzdem wird sie im Buddhismus gelehrt und empfohlen.

  • Letztlich ist alles EGO, denn ohne dies würden wir keiner Lehre folgen, keiner Empfehlung. Allein dass Mitgefühl gelehrt werden muss, ist ein Zeichen dafür. Es sind nur Egos am Wirken und Lehren, ein Mensch - befreit - wird nicht fragen "was, warum, wofür" und nicht ungefragt lehren.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Öko oder Ökologie - ist aus der altgriechischen Sprache - oikos - Haus, Haushalt, der Ort an dem man lebt ...


    "Ego eimi" (ἐγὼ εἰμί) ist ein griechischer Ausdruck, der "Ich bin". Es ist die erste Person Singular des Präsens des Verbs "sein" (είμι) in der alten griechischen Sprache.

    Bekannt sind diese "Ich bin"-Worte aus dem Johannesevanglium, in dem Jesus sich selbst bezeichnet.

    Im Lateinischen ist das dann als "ego" bezeichnet.


    Ich hab' mich da eines Wortspiels bedient - um auf den Gedanken von Oikos und Ego eimi - aufmerksam zu machen. Der Mensch hat sich in seinem Haus eingerichtet - und dieser Bezug entspricht nicht der buddhistischen "Hauslosigkeit".


    Diese Bezeichnung "Öko-sattva" findet sich ja bei David Loy. In der Besprechung seines Buches "EcoDharma" wird da der Anspruch deutlich, der mit dem buddhistischen Mitgefühl nicht kompatibel ist.

    Loy spricht vom „Ökosattva“, dessen großes Mitgefühl der Welt und allen Wesen gilt. Nur wenn wir verstehen, dass wir Teil eines Ganzen sind, das größer ist als wir selbst, sei Rettung möglich. Die Menschheit bilde das Selbstbewusstsein des Universums, und wenn sie diese Rolle wirklich begreife, könne der Buddhismus zu einer gewaltigen Kraft sozialer Transformation werden.


    Nun kennt Loy als Zen-Lehrer der Sanbozen-Gemeinschaft das Diamantsutra und da heißt es:

    "Wenn die nicht zu zählende, unermeßliche, unendlich große Anzahl der Wesen befreit ist, denken wir nicht, daß auch nur ein einziges Wesen befreit ist."

    Wenn ALLE Wesen befreit sind, ist KEIN Wesen befreit?! Warum?

    "Wenn ein Bodhisattva an der Vorstellung festhält, daß es ein Selbst, eine Person, ein Lebewesen oder eine Lebensspanne existiere, dann ist er kein echter Bodhisattva."


    Ein einzelnes Wesen ist nach dem Alltagsverständnis durch Grenzen gekennzeichnet, durch die es klar von Anderen unterschieden ist. Befreiung ist dann klar von der Unfreiheit unterschieden. "In Wirklichkeit gibt es kein unabhängig existierendes Objekt des Geistes, das höchster, vollkommen erwachter Geist genannt wird".


    Was Loy macht und was viele andere machen, ist den Dharma verzwecken. Für eine soziale Transformation - das ist typisches Sendungsdenken und ist im Geist des Kapitalismus zu finden.

    Leider werden die Bodhisattva-Gelübde mißbraucht, um dem Buddhadharma einen Sinn zu geben, der außerhalb von ihm liegt.

    :zen: