Jojo:Hab mir jetzt mal den Shibayama "Quellen des Zen" bestellt.
Hat auch nicht geholfen. Das, was da passiert, hat mit diesem Koan nichts zu tun.
Inzwischen haben sich zwei Muster herausgebildet: einmal ein Zucken, ausgehend vom Beckenboden, und einmal ein Schütteln des Oberkörpers (Schultern schütteln rauf und runter). Das kommt schubweise und abwechselnd. Dazu kommen tagesbedingt idiosynkratische Schüttler.
Schmerzen habe ich fast keine mehr, nur dieses Schütteln ist halt lästig, und unangenehm. Dennoch. Es ist auch phänomenal. Ich sitze jetzt auf einem Kissen, das nur halb so hoch ist wie das, mit dem ich im April angefangen habe. Meine Körperspannung hat sich verändert, die Hüften haben sich gelockert.
Meine Methode ist die, dass ich mich auf die Wahrnehmung des Körpers als Ganzes konzentriere, auf den Kontakt zum Boden, und das Zusammenspiel von Körper und Schwerkraft. Dann fängt´s an zu schütteln. Zu Beginn der Sitzung lasse ich das Schütteln voll zu, weil es den Körper gut durchlockert. Dabei habe ich die Muster entdeckt. Dann versuche ich, mich auf die Empfindung zu konzentrieren, die dem Schütteln vorangeht, und nicht mehr voll in die Achterbahn einzusteigen.
Es ist schwierig, die Balance zu finden zwischen „nicht unterdrücken“ und „nicht jedem Impuls nachgeben“. Wenn es schlecht läuft und ich in den Unterdrückungsmodus gerate, ende ich in totaler Starre und flachem Atem. Wenn es gut läuft und ich auf dem Punkt zwischen Unterdrücken und Loslassen bleiben kann, spüre ich – manchmal bis zur Verzweiflung – wie sich die Spannungen durch den Körper wälzen. Manchmal wälzen sie sich im Kreis. Manchmal komme ich an was Neues.
Wenn ich alleine bin, halte ich diese Verzweiflung nicht immer aus. Dann gebe ich dem Schütteln halt nach. Ich sitze regelmäßig mit einer Gruppe, die Bescheid weiß. Gutes Regulativ. Bei denen schüttele ich trotz aller Vertrautheit nicht so hemmungslos wie manchmal zuhause.
In den Schüttelpausen sitze ich leicht und konzentriert. Das zieht sich auch in den Alltag. Alles ist leichter, vor allem der Umgang mit anderen. Andererseits erhöht die Angstlosigkeit den Trampeltierfaktor. Die Emotionen sitzen auch lockerer. Da tut sich ein Übungsfeld auf.
Ein bisschen schwierig finde ich, dass ich mit niemandem darüber reden kann. Obwohl viele Leute in meinem Leben sind, fühle ich mich oft ein bisschen alleine. Wirklich NIEMAND kann nachvollziehen, warum ich wegen ein bisschen Muskelentspannung derart in Begeisterung gerate. Sogar meine Zennie-Kumpel betrachten das mit Argwohn. Niemand fragt irgendwas. Ich habe mir abgewöhnt, darüber wirklich reden zu wollen. Ist vielleicht auch richtig so, weil es wohnt nun mal jeder in einem einzigartigen Körper mit einer einzigartigen Geschichte, und es gibt wohl nichts, was für alle gilt.
Mein Verhältnis zu meinem bekloppten Körper ändert sich jedenfalls, wie schon gesagt. Ich fange an, mich gerne zu bewegen. Ich schlafe viel. Vor und nach dem Zazen mache ich Yogaübungen, meist Dehnungen. Noch vor einem halben Jahr habe ich das gehasst. Danke, raterz, für dein Augenrollen. Diese Kleinigkeit hat mich dazu gebracht, es noch mal zu probieren. Inzwischen kann ich die Abläufe regelrecht genießen. Hammer! Nicht, weil Yoga meinen Körper für Zazen vorbereitet hat. Sondern weil Zazen meinen Körper für Yoga vorbereitet hat. Kein Problem, wenn das niemand versteht.
Im September habe ich erstmals ein längeres Sesshin. Bin gespannt, was der Lehrer sagt, und wie ich das so viele Stunden am Tag hinkriege. Wenn´s gar nicht geht, muss ich wohl abreisen.