Reines Beobachten nach Nyanaponika

  • blue_aprico:

    Aber eine Sache möchte ich sagen. Deine Achtsamkeit ist doch gut "entwickelt" ( entfaltet ), sonst wärst du dir nicht so klar hinsichtlich der Sutren, der Praxis. Aber sie umzulenken auf das Wesentliche, was hindert Dich ? Eine Vorstellung ? Es ist nicht möglich per Studium und Merken den Pfad zu erlangen.


    Es sollte eben ein Thread über diese Praxis sein, aus der praktischen Erfahrung heraus. Das hat sich mittlerweile verloren, und allerhand Ansichten wurden gepostet. So habe ich das hier aufgegeben, natürlich nicht die Praxis. Aber es macht keinen Sinn wenn man über etwas redet das nicht verstanden und eher kritisiert wird. Dein Beitrag dass das der buddhistische Weg ist und diese Frage war jetzt der Grund dass ich überhaupt noch hier was schreibe.
    Aber wie gesagt kann man nunmehr meinetwegen über alles Mögliche hier diskutieren, stört mich nicht. Das übliche Theoretisieren und Hickhack halt, wo ich dann bald mal aussteige. Macht nichts, wäre auch ein großer Zufall gewesen, dass jemand jetzt gerade nach der Anleitung von Nyanaponika mit Achtsamkeit befasst ist. Schön dass es immerhin einige verständige Beiträge dazu gab.


    Schöne Grüße

  • mukti:
    Karma Pema:


    Aber ich wollte nicht sagen, dass du den Theravada beiseite lassen sollst, um Rigpa durch Dzogchen zu entwickeln.
    Aber wenn mal ein Sutra schwer zu verstehen ist, kann einem die Betrachtungsweise einer anderen Lehrtradition manchmal einen anderen Blick darauf eröffnen.


    hm


    Das mag sein, bislang habe ich es vorgezogen die Lösung eines schwer zu verstehenden Sutta in der Tradition zu suchen in der es steht. Und das läuft so gut, dass kein Bedürfnis nach der Betrachtungsweise einer anderen Lehrtradition besteht. Aber wer weiß was die Zukunft bringt.


    Namaste mukti


    hab darüber nachgedacht. Es überzeugt mich was du sagst. Ich glaube jetzt, das ich der Grundlage der Lehre, dem Pali Kanon, dem Ersten Drehen des Rades, vertrauen kann, ohne ihn selbst zu kennen. Das ist ein schönes Gefühl. Ich danke dir für diese Erkenntnis, die ich selbst nicht hätte erarbeiten können.


    Gute Wünsche,
    Karma Pema

  • Namaste Karma Pema,


    danke für die Rückmeldung. Ja, möge das Vertrauen in den Weg der Befreiung, von welcher Seite aus man ihn auch beschreiten mag, immer mehr anwachsen bis es unerschütterlich ist.

  • Hallo mukti


    Nach langer Zeit hab' ich wieder mal ein wenig im Forum rumgestöbert und bin dabei auf deinen Thread hier gestossen. Ich habe die fünf Seiten durchgesehen, einige Posts intensiv gelesen, andere eher überflogen. Spannend.


    mukti:

    Es sollte eben ein Thread über diese Praxis sein, aus der praktischen Erfahrung heraus.


    Ein Schüler von Nyanaponika - Mirko Fryba - hat mich 1979 in Satipatthana eingeführt und mit dem Ehrw. Nyanaponika stand ich Mitte der 80er Jahre kurz in brieflichem Kontakt (persönlich kennengelernt habe ich ihn leider nie: Als ich es endlich nach Sri Lanka schaffte, war er seid drei Jahren verstorben). Seither ist Satipatthana mein eigentliches Übungsgebiet (kammatthana) geblieben (auch in meiner zwischenzeitlichen christlichen Phase, über die du ja Bescheid weisst, funktionierte der Geist dieser Übung gemäss. Die Objekte des 4. Satipatthana waren aber damals zum Teil andere, nämlich eben christliche Matrizen).


    So wie letztlich alle Meditationsobjekte durch Entfaltung grenzenlos werden (siehe z.B. Metta-Bhavana), so ist dies auch der Sinn und Zweck der gesamten Satipatthana-Praxis. Nyanaponika schreibt dazu:


    Besteht die Übung im allgemeinen «Gegenwärtighalten der Achtsamkeit» (satipatthāna), so braucht sie niemals «abgelegt» zu werden, sondern soll allmählich auf alle körperlichen, sprachlichen und geistigen Tätigkeiten ausgedehnt werden. Das erstrebte Ziel ist hier, daß das ganze Leben zur meditativen Übung wird und die meditative Übung Leben gewinnt. Wie weit dies gelingt, wird von der verfügbaren Geistesgegenwart und Achtsamkeit abhängen, sowie von der wachsenden und gewohnheitsformenden Kraft ernster, regelmäßiger Übung.


    Das Meditations-Gebiet der Achtsamkeits-Übung hat keine starren Grenzen, es ist vielmehr ein Reich, das ständig wächst, das sich immer weitere Bezirke des Lebens angliedert. Im Hinblick auf diesen allumfassenden Geltungsbereich der Satipatthāna-Methode war es wohl, daß der Meister sagte: «Was ist nun, ihr Mönche, das (heimatliche) Gebiet (gocara) des Mönchs*, sein eigenes, angestammtes Bereich? Es ist eben dieses vierfache Gegenwärtighalten der Achtsamkeit.» Der Jünger dieser Geistesschulung soll sich daher ständig mit Sāntideva fragen: «Wie kann wohl unter diesen Umständen die Übung der Achtsamkeit betätigt werden?» (Bodhicaryāvatāra VII, 73)


    Die Satipatthana-Übung gipfelt in der Erkenntnis und Verwirklichung der Vier Edlen Wahrheiten und beinhaltet daher auch den gesamten Buddha-Dhamma. Und zwar nicht als blosses Theoriewissen und auch nicht ausschliesslich (nicht einmal vornehmlich) auf dem Kissen, sondern ganz konkret im alltäglichen, praktischen Leben. Es bedeutet die Integration des Edlen Achtfachen Pfades in den Geist. Wie weit diese Integration fortgeschritten ist, zeigt sich dem Übenden in seinem ethischen Verhalten (sila), in seinem Herzensfrieden (Gemütsruhe; samadhi) und in seinem Wissen (Weisheit; panna).


    Aus meiner persönlichen Erfahrung auf dem "direkten Weg" (Analayo) oder auf "dem Weg, der einzig zu Nibbana führt" (Bhikkhu Bodhi), kann ich sagen, dass die Abschwächung und Überwindung der Triebe als eine Lebensaufgabe angesehen werden muss. Wie weit ich damit in dieser Existenz kommen werde, wird sich zeigen. Der Buddha verspricht in der Lehrrede den ernsthaft Praktizierenden immerhin die Überwindung von Gier und Hass (Sinnlichkeitstrieb) und damit die Nichtwiederkehr... :)


    Solltest du an vertiefender Theorie für deine Praxis interessiert sein, kann ich dir ein Buch wärmstens empfehlen, welches mir, als es herauskam, wie die lange gesuchte Fortsetzung zu Nyanaponikas Geistestraining erschienen ist:


    Analayo: Der direkte Weg - Satipatthana


    Liebe Grüsse, erbreich

    unvollkommenheit (dukkha), du nimmst sie nicht persönlich (anatta), sie ist was sie ist (anicca)

  • erbreich:

    die Abschwächung und Überwindung der Triebe


    Das Wort "Überwindung" in diesem Zusammenhang lässt mich zunehmend schaudern. Meinst du wirklich "Überwindung", oder gebrauchst du das Wort eher zitathaft, als Chiffre, für "durchdringen, durchschauen"?

  • Jojo:
    erbreich:

    die Abschwächung und Überwindung der Triebe


    Das Wort "Überwindung" in diesem Zusammenhang lässt mich zunehmend schaudern. Meinst du wirklich "Überwindung", oder gebrauchst du das Wort eher zitathaft, als Chiffre, für "durchdringen, durchschauen"?


    Ich meinte die fortschreitende Befreiung vom Getriebensein. Buddha und Arahat sind "Triebversiegte", sie haben also die Triebe - das Getriebensein - überwunden. Das kommt natürlich nicht ohne Durchdringung, Durchschauung zustande. Wir könnten den Zustand des Unterwegsseins zu diesem Zustand hin vielleicht auch als "Triebveredlung" bezeichnen. Liesse dies dich weniger erschaudern?

    unvollkommenheit (dukkha), du nimmst sie nicht persönlich (anatta), sie ist was sie ist (anicca)

  • Hallo erbreich,


    danke für deine Ausführungen. Bei dem Thema ging es mir vor allem um dieses "reine Beobachten":

    Zitat

    Reines Beobachten ist das klare, unabgelenkte Beobachten dessen, was im Augenblick der jeweils gegenwärtigen Erfahrung (einer äußeren oder inneren) wirklich vor sich geht. (Nayanaponika)


    Also die Sinneseindrücke und die geistigen Bewegungen beobachten, die gerade jetzt stattfinden.


    Dazu ist mir eine kurze Formulierung eingefallen: "Entweder du bist es oder du siehst es." Denn was man wahrnimmt kann man nicht sein, sobald Identifikation und Begehren stattfinden, trübt sich die reine Wahrnehmung. Der nächste Punkt ist dann dass man auch nicht das Wahrnehmende ist, es bleibt am Ende nur übrig Bewusstsein und dessen Inhalt. Mehr gibt es darüber eigentlich gar nicht zu sagen, es ist eine von vielen möglichen Übungen.

  • erbreich:

    Wir könnten den Zustand des Unterwegsseins zu diesem Zustand hin vielleicht auch als "Triebveredlung" bezeichnen. Liesse dies dich weniger erschaudern?


    :lol:
    Nein, fast genauso.
    Ich glaube, dass man die Triebe weder überwinden/unterdrücken noch veredeln kann. Aber das ist nur mein derzeitiger beschränkter Kenntnisstand.
    Ist auch nicht so wichtig.

  • mukti:

    Bei dem Thema ging es mir vor allem um dieses "reine Beobachten": ..
    Also die Sinneseindrücke und die geistigen Bewegungen beobachten, die gerade jetzt stattfinden.


    "reine Beobachten" ist sehr schwer zu erreichen.
    Die meisten Menschen können ja schon froh sein, wenn sie
    die Dinge einigermaßen nüchtern betrachten können ohne
    gleich die fünf Hemmungen (nivarana) aufzuheben was aber
    erst dann gelingen könnte.
    Allerdings ist es wohl unter günstigen Umständen möglich eine
    gewisse Annäherung zu erreichen und Gefühlsbesetzung und falsche
    Vorstellungen zu durchbrechen.
    Ein Ansatz ist, zu erkennen was nicht "reines Beobachten" ist
    und die Verblendung zu durchdringen die über dem Dasein liegt.
    Aber das ist eben nicht einfach.

  • mukti:

    . Mehr gibt es darüber eigentlich gar nicht zu sagen, es ist eine von vielen möglichen Übungen.


    Okay. Ich wollte darauf hinweisen, dass das Reine Beobachten allein weder die eigentliche Satipatthana-Praxis ausmacht, noch zur Trieberlöschung führt. Immerhin stärkt es die Triebe (asava) nicht, aber es mindert sie auch nicht. Dazu bedarf es dessen, was der Buddha z.B. in M2 (Zumwinkel) als Triebüberwindung und in M8 (KEN) als Selbstläuterung beschreibt.

    unvollkommenheit (dukkha), du nimmst sie nicht persönlich (anatta), sie ist was sie ist (anicca)

  • erbreich:
    mukti:

    . Mehr gibt es darüber eigentlich gar nicht zu sagen, es ist eine von vielen möglichen Übungen.


    Okay. Ich wollte darauf hinweisen, dass das Reine Beobachten allein weder die eigentliche Satipatthana-Praxis ausmacht, noch zur Trieberlöschung führt. Immerhin stärkt es die Triebe (asava) nicht, aber es mindert sie auch nicht. Dazu bedarf es dessen, was der Buddha z.B. in M2 (Zumwinkel) als Triebüberwindung und in M8 (KEN) als Selbstläuterung beschreibt.


    Siehste das meine ich. Sowas kommt wenn man sich nicht
    klar ist was "Reine Beobachten" bedeuten soll. Es ist hier gar
    nicht klar, das nichts so direkt zum "reinen Beobachten" führt
    wie die Satipatthana-Praxis. Ohne Beobachten läuft da gar nichts.
    -

  • Jojo:

    Ich glaube, dass man die Triebe weder überwinden/unterdrücken noch veredeln kann.


    Immerhin wird es vom Buddha gelehrt...


    Zitat

    Ist auch nicht so wichtig.


    Findest du? Was sind denn Gier, Hass und Wahn? Sinnlichkeits- und Daseinstrieb, Nichtseins- oder Selbstvernichtungstrieb und Unwissenheitstrieb. Es geht sehr wohl darum, von diesen frei zu werden.


    Es ist sicher nicht so wichtig, wie wir das alles genau benennen. Aber dass wir den Achtfachen Pfad entfalten, der zur Aufhebung dieser Dinge führt, das ist wohl wesentlich. Da wird Reines Beobachten allein auf keinen Fall genügen. Und das hat auch der Ehrw. Nyanaponika ganz gewiss nicht so verstanden. Aber Reines Beobachten ist zweifellos ein sehr hilfreiches Werkzeug auf dem Weg, das streite ich keineswegs ab.

    unvollkommenheit (dukkha), du nimmst sie nicht persönlich (anatta), sie ist was sie ist (anicca)

  • accinca:

    Es ist hier gar nicht klar, das nichts so direkt zum "reinen Beobachten" führt wie die Satipatthana-Praxis. Ohne Beobachten läuft da gar nichts.
    -


    Das ist korrekt. Das Reine Beobachten ist sozusagen die Meta-Ebene: Es beobachtet nicht bloss die passiven Sequenzen (wie z.B. die Körperhaltung), sondern genauso die aktiven, wie z.B. das Aufkommen von Absicht, Entschluss und Anstrengung zur Überwindung der Hindernisse. Oder die Sinnenzügelung, usw.


    Reines Beobachten steht nicht im Widerspruch zu einem aktiven Leben der Entfaltung des Achtfachen Pfades. Im Gegenteil: Es beobachtet eben diese Entfaltung und nimmt das Heilsame, Förderliche ebenso wahr wie das Unheilsame, Hinderliche. Es nimmt zur Kenntnis. Und die geistigen Funktionen richten sich entsprechend des Beobachteten immer wieder neu auf den Pfad aus. Auf dem Kissen, wie auch im Alltag.

    unvollkommenheit (dukkha), du nimmst sie nicht persönlich (anatta), sie ist was sie ist (anicca)

  • erbreich:

    Das ist korrekt. Das Reine Beobachten ist sozusagen die Meta-Ebene: Es beobachtet nicht bloss die passiven Sequenzen (wie z.B. die Körperhaltung), sondern genauso die aktiven, wie z.B. das Aufkommen von Absicht, Entschluss und Anstrengung zur Überwindung der Hindernisse. Oder die Sinnenzügelung, usw.
    Reines Beobachten steht nicht im Widerspruch zu einem aktiven Leben der Entfaltung des Achtfachen Pfades. Im Gegenteil: Es beobachtet eben diese Entfaltung und nimmt das Heilsame, Förderliche ebenso wahr wie das Unheilsame, Hinderliche. Es nimmt zur Kenntnis. Und die geistigen Funktionen richten sich entsprechend des Beobachteten immer wieder neu auf den Pfad aus. Auf dem Kissen, wie auch im Alltag.


    Also das stelle ich mir noch ein bißchen anders vor.
    Nach meinen Vorstellungen ist "reines Beobachten" nicht etwas das man schon hat
    oder eben mal tun könnte, sondern etwas zu dem man noch kommen muß.
    Nämlich durch den achtfachen rechten Pfad zu dem auch Sati-patthana gehört.
    Genauer ist es das was erst durch Durchschauung entsteht. Ich setzte den
    Begriff des "reinen Beobachtens" viel höher an. es ist nicht mehr anupassati,
    oder anupassanā. sondern ein Ergebnis davon, also
    yathābūhta ñānadassana = das der Wirklichkeit gemäße sehen oder auch:
    ñāna dassana visuddhi = im Erkenntnisblick bestehende Reinheit.
    Mit cetopariyañāna = Geistesdurchdringung bestehendes wissendes sehen verbunden
    und setzt die Überwindung der fünf Hemmungen (niravana) voraus. Alles andere
    mag vielleicht ein gewisses Beobachten sein das nicht unterschätzt werden soll, aber
    von "rein" bzw. einem reinen Beobachten kann doch sonst nicht wirklich gesprochen werden.
    -


  • Es ist nicht einfach den Zustand des reinen Beobachtens zu erreichen, aber das Üben darin ist ein guter Ansatz um zu sehen wie der Geist arbeitet und eine kleine Ahnung von anatta zu bekommen. Ich denke es ist auch eine Frage der Veranlagung, zu welcher Art Übung man sich mehr hingezogen fühlt.



    Es bedeutet dass man sich "nur" oder "rein" auf das Beobachten verlegt, warum sollte man das denn nicht üben können oder dürfen. Natürlich ist es nicht rein in dem Sinn dass es vollkommen wäre.

  • erbreich:
    mukti:

    . Mehr gibt es darüber eigentlich gar nicht zu sagen, es ist eine von vielen möglichen Übungen.


    Okay. Ich wollte darauf hinweisen, dass das Reine Beobachten allein weder die eigentliche Satipatthana-Praxis ausmacht, noch zur Trieberlöschung führt. Immerhin stärkt es die Triebe (asava) nicht, aber es mindert sie auch nicht. Dazu bedarf es dessen, was der Buddha z.B. in M2 (Zumwinkel) als Triebüberwindung und in M8 (KEN) als Selbstläuterung beschreibt.


    Das alleine macht nicht die Satipatthana-Praxis aus, aber sagen wir mal es ist ihr wesentlich verwandt. Achtsamkeit oder Beobachten sind keine völlig verschiedenen Dinge.
    Dass es dabei hilft die Triebe zu überwinden davon bin ich überzeugt.


    erbreich:

    Aber dass wir den Achtfachen Pfad entfalten, der zur Aufhebung dieser Dinge führt, das ist wohl wesentlich. Da wird Reines Beobachten allein auf keinen Fall genügen. Und das hat auch der Ehrw. Nyanaponika ganz gewiss nicht so verstanden. Aber Reines Beobachten ist zweifellos ein sehr hilfreiches Werkzeug auf dem Weg, das streite ich keineswegs ab.


    Das sehe ich auch so und der ehrwürdige Nyanaponika hat es ebenso dargestellt. Genügen mag es wenn da bereits ein sehr hoher Grad an Läuterung wäre. Da sollte man sich nicht täuschen, dazu ist das Beobachten auch hilfreich um zu sehen wo man tatsächlich steht.


    erbreich:

    Reines Beobachten steht nicht im Widerspruch zu einem aktiven Leben der Entfaltung des Achtfachen Pfades. Im Gegenteil: Es beobachtet eben diese Entfaltung und nimmt das Heilsame, Förderliche ebenso wahr wie das Unheilsame, Hinderliche. Es nimmt zur Kenntnis. Und die geistigen Funktionen richten sich entsprechend des Beobachteten immer wieder neu auf den Pfad aus. Auf dem Kissen, wie auch im Alltag.


    Das finde ich eine gute Beschreibung.

  • mukti:

    Es ist nicht einfach den Zustand des reinen Beobachtens zu erreichen, aber das Üben darin ist ein guter Ansatz um zu sehen wie der Geist arbeitet und eine kleine Ahnung von anatta zu bekommen.
    Das alleine macht nicht die Satipatthana-Praxis aus, aber sagen wir mal es ist ihr wesentlich verwandt. Achtsamkeit oder Beobachten sind keine völlig verschiedenen Dinge.
    Dass es dabei hilft die Triebe zu überwinden davon bin ich überzeugt.


    Jetzt reden wir aneinander vorbei.
    Ich habe nichts gegen Beobachten und Betrachten gesagt. Ganz im Gegenteil
    ist das eine unerläßliche Übung. Darauf beruht die ganze Lehre.
    Anders beim"reinen" Beobachten das als "bloßes" unverbindliches Beobachten
    verstanden wird.
    Aber tatsächlich "reines Beobachten" kann man nicht üben, weil man es
    weder kann noch kennt, es sei denn, man hätte das Ziel schon erreicht.
    Alle Übungen die der Buddha lehrt führen aber dahin das Leiden zu
    durchschauen und dazu gehört natürlich auch die Wahrnehmung und
    die Ansicht von atta und vieles mehr, der ganze Schleier des
    gemachten (maya) aber nicht gemerkten und dazu ist Beobachtung
    und Betrachtung (Sati) immer wieder notwendig. Man vergisst ja leicht,
    das das Wort "Achtsamkeit" das eigentliche Wort (sati) nicht vollständig
    wiedergibt und weswegen es auch die verschiedensten Übersetzungen dafür gibt.


    Hier mal aus einem Wörterbuch sati und satipatthāna:
    sati:
    Skr. smrti = „erinnert" = Achtsamkeit, Beobachtungsfähigkeit, Gedächtniskraft,
    Erinnerung, Eingedenksein, „Einsicht" (bei KEN); die 3. der 5 Kräfte; erkennbar an
    den satipatthānā. Oft im Sinne von sammā-sati als Wahrheitsgegenwart.
    satipatthānam:
    Skr. smrty-upa-sthāna = „Achtsamkeit auf-stellen" = Achtsamkeit vergegenwärtigen,
    „Pfeiler der Einsicht" (bei KEN).
    -


  • Damit wir mal wissen wovon wir reden: Worin siehst du denn den Unterschied zwischen "reines Beobachten" als "bloßes" unverbindliches Beobachten und "Beobachten und Betrachten"?


    Mir scheint du denkst mit "reines Beobachten" ist der höchste Befreiungszustand gemeint, aber ich spreche nur von Übung. Beobachten was im Augenblick der gegenwärtigen Erfahrung vor sich geht bedeutet ja nicht alles bereits in vollkommener Wirklichkeit zu sehen. Es ist ein Prozess der Bewusstwerdung, auch wenn man sich damit erst im Anfangsbereich befindet.

  • Reines Beobachten bezeichne ich als Gedankenleere ohne etwas dafuer tun zu muessen, ganz ohne Achtsamkeit. Das hatte ich vor 20 Jahren einen Tag lang und dann war es wieder weg. Ich musste nichts dafuer tun, fuer Buddhismus oder anderes interessierte ich mich zu dem Zeitpunkt nicht.
    Dagegen ist bei Achtsamkeit immer eine Person die etwas macht und das ist dauerhaft mit Anstrengung verbunden, diese Anstrengung ist aber damals nicht noetig gewesen. Mit Achtsamkeitsuebungen hockt man in einer Zwickmuehle aus der man so nicht rauskommt. Selbst wenn die Einsicht da ist, dass man auch ohne Gedanken existiert und man mit dem Gewusel im Hirn nichts zu tun hat.

  • mukti:

    Mir scheint du denkst mit "reines Beobachten" ist der höchste Befreiungszustand gemeint, aber ich spreche nur von Übung. Beobachten was im Augenblick der gegenwärtigen Erfahrung vor sich geht bedeutet ja nicht alles bereits in vollkommener Wirklichkeit zu sehen.


    Dann kann man das Attribut "rein" ja weglassen oder man würde über eine
    Übung in Gleichmut sich zu üben darunter verstehen wobei man sich natürlich
    auch in falschem oder rechten Gleichmut üben kann. Z.B ruhig zu bleiben wenn
    man zornig zu werden droht. Übt man sich dann einfach nur im Beobachten, dann
    übt man sich in Gleichmut. So eine Übung ist dann sinnvoll. Ansonsten empfiehlt
    der Buddha auch das Beobachten des Atmens (ānāpānasatipabbam) oder des
    Körpers (sampajāna-kāya oder kāyagatāsati )

  • keks:

    Reines Beobachten bezeichne ich als Gedankenleere ohne etwas dafuer tun zu muessen, ganz ohne Achtsamkeit. Das hatte ich vor 20 Jahren einen Tag lang und dann war es wieder weg. Ich musste nichts dafuer tun, fuer Buddhismus oder anderes interessierte ich mich zu dem Zeitpunkt nicht.
    Dagegen ist bei Achtsamkeit immer eine Person die etwas macht und das ist dauerhaft mit Anstrengung verbunden, diese Anstrengung ist aber damals nicht noetig gewesen. Mit Achtsamkeitsuebungen hockt man in einer Zwickmuehle aus der man so nicht rauskommt. Selbst wenn die Einsicht da ist, dass man auch ohne Gedanken existiert und man mit dem Gewusel im Hirn nichts zu tun hat.


    Man sollte eine Versenkung in Gedankenleere nicht gegen kāyagatāsati Beobachtung ausspielen.

  • accinca:

    Also das stelle ich mir noch ein bißchen anders vor.


    Wir können natürlich das Reine Beobachten auch im Sinne höherer nanas interpretieren, was auf einer fortgeschrittenen Stufe sicher korrekt ist. Aber der Titel des Threads hier lautet ja: Reines Beobachten nach Nyanaponika, und Nyanaponika beschreibt es im Geistestraining so:


    Reines Beobachten ist das klare, unabgelenkte Beobachten dessen, was im Augenblick der jeweils gegenwärtigen Erfahrung (einer äußeren oder inneren) wirklich vor sich geht. (...) Es sind die «reinen Tatsachen», die hier zu Wort kommen sollen. Wenn sich nun aber an ein anfänglich reines Registrieren dieser Tatsachen aus alter Gewohnheit doch wieder gleich Bewertungen und andere Reaktionen anschließen, so sollen dann eben diese Reaktionen selber sofort wieder zum Gegenstand Reinen Beobachtens gemacht werden. Eine so gewonnene innere Freiheit dem Objekt gegenüber wird durch Einübung allmählich zu einer vertrauten Geisteshaltung, die leicht verfügbar ist, wenn sie benötigt wird. (...) Das Reine Beobachten wird hier empfohlen als eine methodische Übung in dafür bestimmten kürzeren oder längeren Perioden der Freizeit; sowie zur Anwendung in jenen, auch im geschäftigen Alltag möglichen Momenten, in denen man für eine Weile, und sei es nur für eine Minute, vom Getriebe zurücktritt, oder auch vor wichtigen Entscheidungen einige Minuten der Besinnung einfügt.


    mukti:

    Es bedeutet dass man sich "nur" oder "rein" auf das Beobachten verlegt, warum sollte man das denn nicht üben können oder dürfen. Natürlich ist es nicht rein in dem Sinn dass es vollkommen wäre.


    Ja, das ist wohl das, worauf accinca hinweisen will. Wie mit aller geistigen Entwicklung, so verhält es sich auch mit sati (und eben auch mit sati als Reinem Beobachten im Sinne Nyanaponikas): Es ist ein Entwicklungs-, ein Wachstumsprozess (Entfaltung: bhavana).


    Zitat

    Man vergisst ja leicht, das das Wort "Achtsamkeit" das eigentliche Wort (sati) nicht vollständig wiedergibt und weswegen es auch die verschiedensten Übersetzungen dafür gibt.


    Richtig. Ich finde es sehr hilfreich, jeweils die verschiedenen Übersetzungen und Interpretationen mit zu berücksichtigen (ein Aspekt, auf den Analayo in seinem Satipatthana-Buch übrigens in hilfreicher Weise eingeht). Mir persönlich passt diesbezüglich auch sehr die "Wahrheitsgegenwart" (Paul Debes, Fritz Schäfer). Dieses Verständnis illustriert auch, worauf ich eingangs hinweisen wollte:


    erbreich:

    Die Satipatthana-Übung gipfelt in der Erkenntnis und Verwirklichung der Vier Edlen Wahrheiten und beinhaltet daher auch den gesamten Buddha-Dhamma. Und zwar nicht als blosses Theoriewissen und auch nicht ausschliesslich (nicht einmal vornehmlich) auf dem Kissen, sondern ganz konkret im alltäglichen, praktischen Leben. Es bedeutet die Integration des Edlen Achtfachen Pfades in den Geist. Wie weit diese Integration fortgeschritten ist, zeigt sich dem Übenden in seinem ethischen Verhalten (sila), in seinem Herzensfrieden (Gemütsruhe; samadhi) und in seinem Wissen (Weisheit; panna).


    Das ist, nach meinem Verständnis, entwickelte sati, Wahrheitsgegenwart.


    mukti:

    Mir scheint du (Anm: zu accinca) denkst mit "reines Beobachten" ist der höchste Befreiungszustand gemeint, aber ich spreche nur von Übung.


    sati - als Reines Beobachten - ist sowohl wesentlicher Aspekt der Übung, als auch - als vollendete Wahrheitsgegenwart - Aspekt der Befreiung. Durch die Übung kommen wir immer näher an die Wahrheit heran, die Wahrheit (Dhamma) wird immer gegenwärtiger (unmittelbarer) erlebt.

    unvollkommenheit (dukkha), du nimmst sie nicht persönlich (anatta), sie ist was sie ist (anicca)

  • Zitat

    Reines Beobachten nach Nyanaponika, und Nyanaponika


    Ich weiß nicht was sich Nyanaponika, und Nyanaponika bei diesen Worten
    gedacht haben bzw. welche Pali-Begriffe sie damit meinten oder ob
    sie sich dabei überhaupt auf die Lehre bezogen oder ob sie vielleicht
    eine Lehrrede zitiert haben aus der sich Ihre Vorstellung von "reinen Beobachten"
    ableiten ließe.


  • Gleichmut, z.B. ruhig bleiben wenn man zornig zu werden droht, ist auch ein Resultat des Beobachtens, man sieht den Zorn aufsteigen und ergreift ihn nicht. Durch Beobachten (ich lass' jetzt "reines" besser mal weg) lässt sich eben sehen wie Objekte Emotionen hervorrufen, oder auch Gedankenverbindungen, Bewertungen, Wünsche, Handlungen, sogar Ich-Vorstellungen. Bei Satipatthana konzentriert man sich separat auf eine der vier Grundlagen, beim Beobachten wahllos darauf wie sie gerade im Moment im Bewusstsein auftauchen. Das Bewusstsein ist einfach nur da und erfährt, es ergreift nichts, das macht der Wille, dessen Aufsteigen ebenfalls beobachtet werden kann.
    Man könnte das Beobachten wohl auch als eine vorbereitende oder begleitende Übung zu Satipatthana ansehen, die die Achtsamkeit schärft oder das Gewahrsein, oder das bewusst- Sein, oder wie man das sonst noch nennen möchte.


    Nicht dass ich das jetzt propagieren möchte, oder darin besonders weit gekommen wäre. Weil dieser Thread nun mal wieder hochgekommen ist, redet man halt darüber.

  • keks:

    Reines Beobachten bezeichne ich als Gedankenleere ohne etwas dafuer tun zu muessen, ganz ohne Achtsamkeit. Das hatte ich vor 20 Jahren einen Tag lang und dann war es wieder weg. Ich musste nichts dafuer tun, fuer Buddhismus oder anderes interessierte ich mich zu dem Zeitpunkt nicht.
    Dagegen ist bei Achtsamkeit immer eine Person die etwas macht und das ist dauerhaft mit Anstrengung verbunden, diese Anstrengung ist aber damals nicht noetig gewesen. Mit Achtsamkeitsuebungen hockt man in einer Zwickmuehle aus der man so nicht rauskommt. Selbst wenn die Einsicht da ist, dass man auch ohne Gedanken existiert und man mit dem Gewusel im Hirn nichts zu tun hat.


    Ich weiß jetzt nicht genau was du mit "Gedankenleere" meinst, aber reines Beobachten zu üben ist schon mit Bemühung bzw. Anstrengung verbunden, es ist jedenfalls bei mir nicht von selber da. Wie von selber da sind Gier, Hass und Verblendung. Und es hilft aus so mancher Gedanken- und Gefühls- Zwickmühle heraus, oder sorgt dafür dass man sich erst gar nicht hineinbegibt.