Fundamentalkritik

  • Holzklotz:

    Ich finde es auch wichtig und richtig, Religion und Tradition grundsätzlich zu hinterfragen.


    Was ist an Fragen so schwer, seien es jetzt Vorderfragen oder
    Hinterfragen. -
    Fragen gibt es hier schon immer und auch richtig viele,
    ohne daraus einen Kult zu machen.
    Wieso sollte ein sog. "hinter-fragen" der Politik des
    in und Auslandes weniger wichtig oder weniger interessant sein.


    Und was mir auch in jedem Fall sehr wichtig ist, das sind
    die Kriterien der jeweiligen Ideologie oder Parteien welche für
    das Hinterfragen eingesetzt werden sollen.


    Wer ist es der hier Hinterfragt, zu welcher Partei fühlt
    er sich zugehörig, wie verlief sein bisheriges Leben sind
    Fragen die bei der inquisitorische Hinterfragungen keineswegs
    unbedeutend sind.
    Man will ja wissen welche Ziele dahinter stehen. Wenn und ob man
    überhaupt von Zielen sprechen kann und was sie wert sind.
    Wer möchte schon grundlos auf inquisitorische Hinterfragungen
    vertrauen, so daß man quasi gezwungen ist die Motive der Fragen
    nicht anzweifeln zu dürfen.
    Ich finde da sollte schon mal einiges im Vorwege geklärt werden.
    Insbesondere welche Hintergründe hat die Fragerei.
    Worauf will der Frager hinaus, welche alternative bietet der
    Frager an und sind diese heilsam oder heilsam.
    Das zu Fragen ist immer wichtig. Da stimmen wir sicher überein.
    Schelle und populistische Hinterfragungen alleine können es aber
    nicht sein.
    So gibt es im Leben (wie wir alle Wissen) auch Fragen die man nicht
    so einfach beantworten kann. Was machen wir z.B. damit. Hinterfragen
    kann man die ja nicht, denn man kann sie ja (noch) nicht beantworten.
    Ich habe z.B. festgestellt das Menschen es nur sehr schlecht aushalten
    auf manche Fragen keine schnelle Antwort zu bekommen. Die Antworten sind
    oft nicht so einfach wie das Fertiggericht im Supermarkt zu finden.
    Da heißt es wohl Geduld zu haben und selber forschen und sich um das
    Heilsame zu kümmern. Aber wer kann und will das schon?


  • Hallo ihr Lieben.



    Quelle: http://www.palikanon.de/khuddaka/thera/thera_theri_sass.htm - Theragāthā und Therīgāthā - Die Lieder der Mönche und Nonnen


    http://palikanon.com/khuddaka/thera/thasa16_948.html


    Liebe Grüße

  • @accina
    Ich habe das Gefühl, das Holzklotz und Du über verschiedene Bedeutungen des "Hinterfragens" schreibt.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Morpho:

    Nee, dann müsste ich mich da ja erst mal qua reinversetzen.
    Dekonstruktivismus https://kulturkritik.net/begri…hp?lex=dekonstruktivismus hab ich schon ewig lange 'abgehakt'.
    Konstruktivismus und Dekonstruktivismus bilden ja gegenseitig von einander abhängige Pole,
    insofern auch Dekonstruktion und (kritische) Neu-Konstruktion. Das ist wie bei besagter Schleife.


    Konstruktivismus und Dekonstruktion haben (als philosophische Richtungen) absolut nichts miteinander zu tun, und die Aussage, dass sie 'ja gegenseitig von einander abhängige Pole' bilden, ist einfach hanebüchener Unsinn.
    Man sollte nicht mit Begriffen um sich werfen, die man nicht versteht, und dann auch noch vollmundig behaupten, man habe sie schon ewig lange abgehakt.

  • @ Axel:
    Das sehe ich natürlich ganz anders, sonst hätte ich es ja auch nicht so geschrieben; ausserdem stelle ich 'gedanklich' eine Verbindung zur sg. formlosen und auch zur analytischen Meditation her. Und zur Konzeptfrage. Der Versuch des Dekonstruierens von Konzepten; und nicht allein Kritiker verstehen Buddhismus als religiös-idelogisches Konzept, ist ja auch nichts neues.
    Davon kannst du nichts wissen.
    Du kannst aber googeln. Zu diskutieren hab ich mit dir weiter nix.

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • jianwang:

    @accina
    Ich habe das Gefühl, das Holzklotz und Du über verschiedene Bedeutungen des "Hinterfragens" schreibt.


    Könnte man sich denken.
    Über Bedeutungen kann man bestimmt vielerlei Ansichten sein.
    Z.B. über die Notwendigkeit des "hinter" bei den Fragen.
    Wie z.B. Trug der Buddha wirklich eine Schlange auf dem Kopf
    wie manche Darstellungen nahelegen?

  • Holzklotz:

    Ich finde es auch wichtig und richtig, Religion und Tradition grundsätzlich zu hinterfragen.

    So ist es - wobei ich Religion lediglich als einen Teil der Tradition, also des Tradierten, sehe. Religion ist offensichtlich eine sehr grundlegende anthropologische Strategie, mit der Leidhaftigkeit eines ich-zentrierten Bewusstseins umzugehen. Religion ist somit ein sehr archaischer Aspekt der Tradition, deren Gesamt sich uns als die Kultur präsentiert, die uns zu 'Ichs' prägt.

    Holzklotz:

    Für mich sieht es so aus, als gäbe es da ein Grundproblem, dass fast jeder, der sich so einem "System" verschreibt zunächst mal der Meinung ist, dass es etwas Besonderes ist, und das ist für den Einstieg wahrscheinlich sogar notwendig, weil daraus ein zunächst oberflächliches Vertrauen in die Aussagen der Texte entsteht, das einem erlaubt, einen Wandlungsprozess beginnen zu lassen. In dem Stadium ist man quasi gezwungen, dass das Ego die Lehre toll oder wenigsten gut findet.

    Nun ja - jeder löffelt die Suppe, die ihm schmeckt. Anders gesagt: die Varianz der Prägungen durch Tradiertes scheint infinit zu sein. Und jede individuelle Prägung ist eine Instanz davon - und damit in der Tat etwas "Besonderes". Das Sich-Einlassen auf eine bestimmte, "besondere" Art von Prägung durch Tradiertes - das heisst die Neigung, sich bestimmten Bewusstseinsinhalten mehr auszusetzen als anderen - setzt natürlich ein Vertrauen voraus. Das Vertrauen ist gerichtet, und zwar in Richtung einer optimierten Bedürfnisbefriedigung. Wobei es hinsichtlich der Bedürfnisse ebenfalls eine infinite Varianz von sehr groben zu sehr subtilen gibt.


    Der spezielle Ausdruck von Tradition, der uns hier interessiert ist einer, der geltend macht, dass Bedürfnisbefriedigung allenfalls momentan möglich ist und selbst diese momentane Bedürfnisbefriedigung wegen ihrer ephemeren Natur zwangsläufig eine Bedürftigkeit nach Dauer erzeugt und gleichzeitig frustiert, was bedeutet, dass Bedürftigkeit (deren Ausdruck Leid ist) lediglich durch Aufhebung der Bedürfnisse abzuhelfen ist. Soweit gelangt, stösst man auf den infiniten Regress, dass Aufhebung der Bedürfnisse selbst zu einem Bedürfnis geworden ist. Damit ist man am Punkt einer fundamentalen Kritik von Tradition überhaupt und natürlich insbesondere ihrer Sinn konstruierenden Aspekte - Religionen, Philosophien, Ideologien usw.. Wobei der buddhistische Denkansatz also nicht nur zu Fundamentalkritik führt, sondern notwendig zur Fundamentalkritik auch seiner selbst wird - also einer Fundamentalkritik der Fundamentalkritik.


    Spätestens da wird es dann Zeit, sich einfach mal wenigstens eine halbe Stunde ruhig hinzusetzen und zur Abwechslung bloß die Wand anzustarren.

    Holzklotz:

    Da sich aber all diese Systeme mit Fragen des Lebens auseinader setzen tun sie eigentlich nichts anderes, als das, was jeder x-beliebige Mensch auch tut - einfach weil er/sie geboren wurde und mit der Welt klar kommen muss. In den Systemen wurden stinknormale Lebenserfahrungen aufgeschrieben und weiter gegeben, die dem Leser Zeit sparen helfen sollen, aber es geht trotzdem um das stinknormale Leben.

    Yup.

    Holzklotz:

    Deshalb heißt es wohl auch im Zen, dass man den Buddha töten soll, wenn man ihn trifft, weil das System nichts Besonderes in sich hat, das dem stinknormalen Leben auf irgendeine Art überlegen wäre.

    Den Buddha töten heisst das Bedürfnis nach Buddha aufzuheben. Mit diesem Bedürfnis

    Holzklotz:

    verlagert man seine Verblendung [...] nur von weltlichen Inhalten auf spirituelle Inhalte und damit ist nichts "gewonnen".


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • accina:


    Wie z.B. Trug der Buddha wirklich eine Schlange auf dem Kopf
    wie manche Darstellungen nahelegen?


    Meist tibetische Darstellungen. Stellt aber einen " Haarwirbel" dar. Kommt übrigends aus griechischen Einflüssen, hab ich mal irgendwo gelesen.
    Ist der gleiche kulturelle Einfluss wie Mönche mit "Wampe". Da nach alter asiatischer Ansicht das "Hirn" im Bauch sitzt *lacht*


    _()_

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    wird erst das Auge klar.


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  • Axel:

    Ich bitte um die Löschung meines accounts.


    Nicht so empfindlich sein ...

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  • Ich meinte mit "Hinterfragen", dass man nicht bei den Worten stehen bleiben sollte, sondern immer schauen, was sie mit dem eigenen Leben zu tun haben. Also nicht grundsätzlich im Sinne von "Das ist evtl. alles Mist".


    Morpho:
    Zitat

    Ich finde es auch wichtig und richtig, Religion und Tradition grundsätzlich zu hinterfragen


    Ja, aber das hat hier nix mit dem klassischen Hinterfragen zu tun, sondern mit einem Implodieren, einem Zersetzen, die Struktur des äußeren Dharma soll sozusagen untergraben werden, in Zweifel gezogen, und um diesen Zweifel zu bestärken werden zum Beispiel bestimmte Begriffe oder Bilder reingeworfen die intellektuell paralysieren; er, der Zweifel, soll sich innerhalb der Struktur selber erwecken in Form einer grundsätzlichen Zweifelhaftigkeit und von da aus auch Begründen.


    da kann ich nur zustimmen


    Sudhana
    Wegen der "Besonderheit": Ich hab Vieles von dem was Du geschrieben hast nicht verstanden, aber könnten wir uns darauf einigen, dass es nichts besonders Besonderes gibt, weil alles besonders ist - selbst das Alltägliche?

  • Sudhana:

    Den Buddha töten heisst das Bedürfnis nach Buddha aufzuheben.


    Ich glaube, wenn der Erfinder des Spruchs das gemeint
    hätte wäre es besser gewesen es auch so zu sagen. Aber er
    konnte es wohl nicht lassen ein großes Fass aufzumachen.

  • Holzklotz:

    Ich meinte mit "Hinterfragen", dass man nicht bei den Worten stehen bleiben sollte, sondern immer schauen, was sie mit dem eigenen Leben zu tun haben. Also nicht grundsätzlich im Sinne von "Das ist evtl. alles Mist".


    Das ist sicherlich sehr grundsätzlich. Wenn man der
    Meinung wäre, das die Lehre des Buddha mit dem eigenen
    Leben nichts zu tun hat, wie vielleicht ein Buddhologe,
    dann braucht man sich um die Bedeutung der Lehre auch
    nicht wirklich kümmern. Der Buddha weist in M 22 ja auch
    extra auf solche Menschen hin:

    Zitat

    Obzwar sie diese Lehre sich angeeignet haben, untersuchen sie nicht mit Weisheit den Sinn der Lehren. Da sie den Sinn nicht mit Weisheit untersuchen, gewähren ihnen die Lehren keine Einsicht. Sie lernen die Lehre nur, um Reden und Meinungen über sie äußern zu können. Den Zweck, um dessen willen sie die Lehre lernen, den merken sie nicht. Ihnen gereichen die unrecht angefaßten Lehren lange zum Unheil und Leiden. Und warum das? Weil sie die Lehren, ihr Mönche, unrecht angefaßt haben.

  • Sudhana:

    Der spezielle Ausdruck von Tradition, der uns hier interessiert ist einer, der geltend macht, dass Bedürfnisbefriedigung allenfalls momentan möglich ist und selbst diese momentane Bedürfnisbefriedigung wegen ihrer ephemeren Natur zwangsläufig eine Bedürftigkeit nach Dauer erzeugt und gleichzeitig frustiert...


    ... was z.B. auch die Psychoanalyse erkannt hat – womit gesagt sein soll, dass es in der Entwicklung unseres Denkens ergänzendes Material gibt, das weiter helfen könnte.


    Sudhana:

    ...was bedeutet, dass Bedürftigkeit (deren Ausdruck Leid ist) lediglich durch Aufhebung der Bedürfnisse abzuhelfen ist. Soweit gelangt, stösst man auf den infiniten Regress, dass Aufhebung der Bedürfnisse selbst zu einem Bedürfnis geworden ist. Damit ist man am Punkt einer fundamentalen Kritik von Tradition überhaupt und natürlich insbesondere ihrer Sinn konstruierenden Aspekte - Religionen, Philosophien, Ideologien usw.. Wobei der buddhistische Denkansatz also nicht nur zu Fundamentalkritik führt, sondern notwendig zur Fundamentalkritik auch seiner selbst wird - also einer Fundamentalkritik der Fundamentalkritik.


    Schön zusammen gefasst. Danke.


    Das interessante an diesem Thread ist u.a., dass er auf diesen Gedanken kommt – aus einer Interaktion heraus.


    Dieser Gedanke betrifft auch Doris' Frage:


    Doris Rasevic-Benz:

    Was versprichst Du Dir davon, wenn alle Buddhisten Deine Gedanken verstehen und teilen würden? Was würde sich ändern, Deiner Meinung nach?


    Es sind ja nicht meine Gedanken.


    Konkret aber, als Gedankenexperiment, glaube ich nicht, dass es wünschenswert ist, dass plötzlich alle Buddhisten oder gar alle Menschen auf diese Gedanken kämen. Aus diesen Gedanken heraus eröffnet sich eine Bodenlosigkeit der Existenz, die einer 'Grundlage' bedarf um sie auszuhalten, bzw. um gelegentlich in schallendes Gelächter auszubrechen – wenn man für eine Moment vergisst, mit welcher Willkür ansonsten Gewalt ausgeübt wird.


    Psychisch labile Menschen würden dem Wahnsinn verfallen wie z.B. Georg Büchners "Lenz", der ein Beispiel aus der Literatur des 19. Jhdt. davon ist, welche Konsequenzen eine derartige Entgötterung haben kann.


    Am anderen Ende der Extreme stehen diejenigen, die aus dem (evtl. auch nur geahnten) Bewusstsein heraus, dass alles 'Konstruktion' ist, die gnadenlosesten Ideologien entwerfen. Das 20. Jhdt. hat das gezeigt.


    Damit ist auch schon gesagt, dass es ein Wissen um diese Bodenlosigkeit gibt, das unsere offene Gesellschaft durchdringt. Der Versuch der Demokratie nach dem 2. Weltkrieg ist ein Versuch, in diesem Offenen zu leben. Dieses Offene befindet sich aber in der Krise – unter anderem, da es in seiner kapitalistischen Ausprägung seine globalen physischen Grenzen nicht anerkennt (wie Axel anmerkte).


    Ein Teil der Antwort wäre auch, dass es notwendig gewisse, vielleicht neuartige, Hierarchien geben muss. Die Neue Rechte z.B. reagiert auf die Bodenlosigkeit damit, dass sie einfach zurückgeht auf überholte Begriffe wie Heimat, Vaterland etc. Kurz: Identität (daher Identitär).


    Der Aufbau einer Ethik aber kann nur auf dem Boden der Bodenlosigkeit per Übereinkunft entstehen und nicht auf Basis überholter (z.B. völkischer) Ideen. Der Buddhismus zeigt das meiner Ansicht z.T. Mit der Prajnaparamita-Literatur beginnt doch eine 'Dekonstruktion' selbst z.B. der 4 edlen Weisheiten, oder später des Boddhisattva-Eides. Die Bumis z.B. stellen doch, in heute möglicher Sicht, eine Art Hierarchie dar, die sich in eine Erkenntnis der Bodenlosigkeit hinein entwickelt und begreift, dass einerseits jede Regel und jedes Gesetz 'konstruiert' ist, andererseits aber Regeln und Gesetzte notwendig sind.


    Die Antwort meinerseits ist also, dass es nicht wünschenswert sein kann, alle in dieses Wissen womöglich sogar hineinzuzwingen.


    Voraussetzung wäre, dass Menschen diese Gedanken wirklich "verstehen", wie du sagst, und nicht als Angriff auffassen.

  • Sudhana:

    Das Sich-Einlassen auf eine bestimmte, "besondere" Art von Prägung durch Tradiertes - das heisst die Neigung, sich bestimmten Bewusstseinsinhalten mehr auszusetzen als anderen - setzt natürlich ein Vertrauen voraus. Das Vertrauen ist gerichtet, und zwar in Richtung einer optimierten Bedürfnisbefriedigung. Wobei es hinsichtlich der Bedürfnisse ebenfalls eine infinite Varianz von sehr groben zu sehr subtilen gibt.


    Das möchte ich nicht unwidersprochen stehen lassen, denn 1. die Bewusstseinsinhalte sind nicht nur von der individuellen Neigung bedingt, sondern auch vom kulturellen Angebot. Und 2. Vertrauen ist erst die zweite Stufe. Vorher gilt es eine Unsicherheit, d.h. Not zu wenden und erst wenn die Erfahrung dann gegeben ist, dass das tatsächlich funktionerte, dann kommt Vertrauen. Allerdings ist 3. auf der unbewussten oder vorbewussten Stufe eine (vorbehaltlose) Offenheit vorhanden, die einfach fraglos so ist.
    Da wir keine leeren Blätter sind, ist diese vorbehaltlose Offenheit der Moment, der als Nicht-Denken denken bezeichnet wird oder Anfängergeist.


    Zitat


    Der spezielle Ausdruck von Tradition, der uns hier interessiert ist einer, der geltend macht, dass Bedürfnisbefriedigung allenfalls momentan möglich ist und selbst diese momentane Bedürfnisbefriedigung wegen ihrer ephemeren Natur zwangsläufig eine Bedürftigkeit nach Dauer erzeugt und gleichzeitig frustiert, was bedeutet, dass Bedürftigkeit (deren Ausdruck Leid ist) lediglich durch Aufhebung der Bedürfnisse abzuhelfen ist. Soweit gelangt, stösst man auf den infiniten Regress, dass Aufhebung der Bedürfnisse selbst zu einem Bedürfnis geworden ist. Damit ist man am Punkt einer fundamentalen Kritik von Tradition überhaupt und natürlich insbesondere ihrer Sinn konstruierenden Aspekte - Religionen, Philosophien, Ideologien usw.. Wobei der buddhistische Denkansatz also nicht nur zu Fundamentalkritik führt, sondern notwendig zur Fundamentalkritik auch seiner selbst wird - also einer Fundamentalkritik der Fundamentalkritik.


    Man kann aber den Faden an beliebigen Punkt abschneiden.
    Wobei es garnicht um die Aufhebung der Bedürnisse geht, denn das ist physiologisch nur als Magersucht oder Hungerstreik machbar und endet mit dem Tod. Will man also bis zum natürlichen Ende leben, muss bzw. soll man dafür eben was tun. Man schichtet also die Bedürfnisse um, d.h. eine Art Ernährungsumstellung, indem man Nahrung durch Nahrung überwindet.


    z.B. in dieser Form:

    Zitat


    ... sich einfach mal wenigstens eine halbe Stunde ruhig hinzusetzen ...


    Aber man kann auch kochen, laufen, schwimmen ....

  • UB:

    Zitat

    Konkret aber, als Gedankenexperiment, glaube ich nicht, dass es wünschenswert ist, dass plötzlich alle Buddhisten oder gar alle Menschen auf diese Gedanken kämen. Aus diesen Gedanken heraus eröffnet sich eine Bodenlosigkeit der Existenz, die einer 'Grundlage' bedarf um sie auszuhalten.


    Ach ich weiß nicht. Stero kam auch auf solche Gedanken. http://www.buddhaland.de/viewtopic.php?f=55&t=16059

  • Tychiades:

    Das möchte ich nicht unwidersprochen stehen lassen, denn 1. die Bewusstseinsinhalte sind nicht nur von der individuellen Neigung bedingt, sondern auch vom kulturellen Angebot. Und 2. Vertrauen ist erst die zweite Stufe. Vorher gilt es eine Unsicherheit, d.h. Not zu wenden und erst wenn die Erfahrung dann gegeben ist, dass das tatsächlich funktionerte, dann kommt Vertrauen. Allerdings ist 3. auf der unbewussten oder vorbewussten Stufe eine (vorbehaltlose) Offenheit vorhanden, die einfach fraglos so ist.


    Die Frage die sich daraus stellt, gerade in der aktuellen
    Situation, ist ja welche Bedeutung das für die Demokratie
    und für Merkels Wahlchancen haben wird.

  • Hi,
    seit dem Tod von G. Buddho hat sich die Lehre wahrscheinlich verändert. Er wies seine Jünger noch vor seinem Tode darauf hin, sein Original so bewahren, wie er es dargestellt hat, bis zur Betonung der Silben.
    Er wusste warum und es ist auch so gekommen. Jeder hat sich sein buddh. Suppe gekocht.
    Mit den Auszügen aus dem Pali-Kanon, die drei Bände,konnte ich immer noch viel anfangen und ich praktizierte auch die Vertiefung des Achtfachen Weges.
    UND ES WAR GUT SO! WAS BRAUCHT MAN MEHR?

  • Tychiades:
    Sudhana:

    Das Sich-Einlassen auf eine bestimmte, "besondere" Art von Prägung durch Tradiertes - das heisst die Neigung, sich bestimmten Bewusstseinsinhalten mehr auszusetzen als anderen - setzt natürlich ein Vertrauen voraus. Das Vertrauen ist gerichtet, und zwar in Richtung einer optimierten Bedürfnisbefriedigung. Wobei es hinsichtlich der Bedürfnisse ebenfalls eine infinite Varianz von sehr groben zu sehr subtilen gibt.

    Das möchte ich nicht unwidersprochen stehen lassen, denn 1. die Bewusstseinsinhalte sind nicht nur von der individuellen Neigung bedingt, sondern auch vom kulturellen Angebot.

    Davon schrub ich ja, von der

    Zitat

    Tradition, deren Gesamt sich uns als die Kultur präsentiert, die uns zu 'Ichs' prägt.

    Entsprechend der Neigung prägt sich tradierte Kultur im Geprägten als Bewusstseinsinhalt individuell aus.

    Tychiades:

    Und 2. Vertrauen ist erst die zweite Stufe. Vorher gilt es eine Unsicherheit, d.h. Not zu wenden und erst wenn die Erfahrung dann gegeben ist, dass das tatsächlich funktionerte, dann kommt Vertrauen.

    Das Vertrauen hat als Vorläufer den blinden Instinkt, als Zwischenstufe bei der Ausformung des Grundantriebes, der den Willen positiv auf Integration (Anziehung) und negativ auf Segregation (Abstoßung) richtet. Vertrauen, "die zweite Stufe", ist nur ein Versuch seiner (des Instinkts) nachträglichen Rationalisierung. Das Sich-Ausprägen ist ja dynamisch, ein Vektor, der sich aus der Differenz von Anziehung und Abstoßung ergibt. Das sollte das "gerichtet" ("in Richtung einer optimierten Bedürfnisbefriedigung") ausdrücken. Das ist unser animalisches Substrat.

    Tychiades:

    Allerdings ist 3. auf der unbewussten oder vorbewussten Stufe eine (vorbehaltlose) Offenheit vorhanden, die einfach fraglos so ist.
    Da wir keine leeren Blätter sind, ist diese vorbehaltlose Offenheit der Moment, der als Nicht-Denken denken bezeichnet wird oder Anfängergeist.

    Der oben genannte Grundantrieb entspringt dieser "(vorbehaltlosen) Offenheit", wenn eine spontane Symmetriebrechung stattfindet - wenn Symmetrie des Nicht-Denkens in Anziehung und Abstoßung aufbricht.

    Tychiades:
    Zitat

    Der spezielle Ausdruck von Tradition, der uns hier interessiert ist einer, der geltend macht, dass Bedürfnisbefriedigung allenfalls momentan möglich ist und selbst diese momentane Bedürfnisbefriedigung wegen ihrer ephemeren Natur zwangsläufig eine Bedürftigkeit nach Dauer erzeugt und gleichzeitig frustiert, was bedeutet, dass Bedürftigkeit (deren Ausdruck Leid ist) lediglich durch Aufhebung der Bedürfnisse abzuhelfen ist. Soweit gelangt, stösst man auf den infiniten Regress, dass Aufhebung der Bedürfnisse selbst zu einem Bedürfnis geworden ist. Damit ist man am Punkt einer fundamentalen Kritik von Tradition überhaupt und natürlich insbesondere ihrer Sinn konstruierenden Aspekte - Religionen, Philosophien, Ideologien usw.. Wobei der buddhistische Denkansatz also nicht nur zu Fundamentalkritik führt, sondern notwendig zur Fundamentalkritik auch seiner selbst wird - also einer Fundamentalkritik der Fundamentalkritik.

    Man kann aber den Faden an beliebigen Punkt abschneiden.

    Natürlich :) "Spätestens da wird es dann Zeit" schrieb ich, wobei das "spätestens" auf den infiniten Regress bezogen war - die Grenze, die dem Denken gesetzt ist. Wobei ich das Ausloten dieser Grenze des Denkens für durchaus hilfreich für ihr Überschreiten halte. :) Was natürlich an meiner déformation professionnelle liegen mag; Grenzziehung ist mein Geschäft ...

    Tychiades:


    Wobei es garnicht um die Aufhebung der Bedürnisse geht, denn das ist physiologisch nur als Magersucht oder Hungerstreik machbar und endet mit dem Tod. Will man also bis zum natürlichen Ende leben, muss bzw. soll man dafür eben was tun. Man schichtet also die Bedürfnisse um, d.h. eine Art Ernährungsumstellung, indem man Nahrung durch Nahrung überwindet.

    Nun ja - man kann versuchen, Anziehung und Abstoßung so weit auszutarieren, dass man leichter ins Gleichgewicht, die Symmetrie gerät. Das macht man dann irgendwann schon aus Bequemlichkeit.

    Tychiades:

    z.B. in dieser Form:

    Zitat


    ... sich einfach mal wenigstens eine halbe Stunde ruhig hinzusetzen ...


    Dann klappt's auch mit dem Gleichgewicht.

    Tychiades:

    Aber man kann auch kochen, laufen, schwimmen ....

    Da wird's schon schwieriger. Ich versuche, mit Spazierengehen und Teetrinken als Leidenschaften hinzukommen.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • @ sudhana:
    also ich bin nicht so animalisch-instinktiv hinsichtlich spiritueller aspekte und möglicher temporärer bedürfnisbefriedigung.
    an der stelle träte man in s kultische ein. die meisten leute die ich kenne verwahren sich dem kultischen. ich kenne auch keinen der sich gewissermassen so bewusstlos beeinflussen liese. eher sind die leute noch überkritisch und wollen sich nicht einlassen auf besagte offenheit - man sagt auch mindfulness. es stellt ja kein problem dar einem durch und durch buddhistischen lehrer zu hören, ergo zu 'folgen' oder der lehre, es ist ja nicht so, dass einem das einen heiligenschein verpasst. nen infinitiven regress verbinde ich mit mit furcht. einer unsachgemässen. mögen und nicht- mögen findet hier schon vorher statt; man wählt, bevor man überhaupt vor eine wahl gestellt ist. wenn eine wahl notwendig ist und das ist sie nur wenn es um mehr oder weniger existenzielles geht, da benötigt es keinen verstand, dann wählt man eben; aber sich wählerisch halten ohne "notdurft" ist firlefanz. und das meint auch kritik oder zweifel. regelrecht eine zeitverschwendung.

  • Wenn man an dem Punktangelangt ist, an dem sogar eine Fundamentalkritik der Fundamentalkritik denkbar wird, was soll man dann tun?


    Die Hände in den Schoß legen und seufzen? Eine halbe Stunde die Wand ansehen? Solche Kritik zum Firlefanz erklären? Der Einfachheit halber eine Erleuchtung postulieren, die schlicht jenseits allen menschlichen Denkens liegt? Einfach behaupten, wer den kapitalistischen Weltuntergang nicht aufhalten kann, soll den Mund auch bei jedem anderen Problem halten?


    Die Frage ist auch, ob der infinite Regress, wirklich ein solcher ist, oder ob dieser nicht vielleicht auf einer kulturspezifischen Syntax des Denkens aufbaut? Vielleicht hat diese Syntax sogar mit dem zu tun was Magaret Thatcher mal sagte, und was alle Kapitalisten heute sowieso sagen: There is no alternative?! Ach wirklich?


    Ich denken, hier trennen sich Wege. Wer hier nicht weiter denkt, bleibt zurück. Im Reaktionären womöglich, das im Bestehenden resigniert, weil das Nachdenken keinen wohlfeilen Ausweg weisst.

  • UB:

    Zitat

    Wenn man an dem Punktangelangt ist, an dem sogar eine Fundamentalkritik der Fundamentalkritik denkbar wird, was soll man dann tun?


    Jegliche Ansichten (analytisch; philosophisch)weisen zwei Extreme auf: Sein und Nicht-Sein, Existenz und Nicht-Existenz; beide beruhen sie auf der Illusion eines inhärenten Wesenskerns und daraus speist sich auch die Vernichtungslust und das Daseinsbegehren. Das verlagert sich eben zum Brechen mit Konzepten oder Strukturen und Erwirken von Konzepten und Strukturen. Zumindest das buddhistische "Denken" ist da aber ein gutes Stück "darüber hinaus", würde ich behaupten.

  • Der Unbuddhist:

    Wenn man an dem Punktangelangt ist, an dem sogar eine Fundamentalkritik der Fundamentalkritik denkbar wird, was soll man dann tun?


    Wenn du dort angekommen bist, wirst du das wissen.
    Ansonsten kannst du dich bei Leuten informieren, die derartiges in ihren Bereichen getan haben. Sie bauen einfach neue Fundamente auf, wohl wissend, dass auch diese nur vorübergehend nützlich sind, aber ihr Nutzen besteht darin, dass sie über das
    Bisherige hinaus gehen.
    Grundsätzlich gibt es ja nur Fundamente und auch Kritik derselben in der Vorstellung. Die Wirklichkeit ist bodenlos, grundlos - Kritik daran führt ins Nichts oder in den Wahn.


    Zitat


    Ich denken, hier trennen sich Wege. Wer hier nicht weiter denkt, bleibt zurück. Im Reaktionären womöglich, das im Bestehenden resigniert, weil das Nachdenken keinen wohlfeilen Ausweg weisst.


    Ja - hier trennen sich Wege. Du schreitest auf den Bahnen der Denker - und ich nehme es nette Unterhaltung - einen gedachten Reiskuchen kann man nicht essen.

  • Tychiades:

    Zitat

    Die Wirklichkeit ist bodenlos, grundlos - Kritik daran führt in den Wahn.


    Grundlos ja, bodenlos nicht. Form ist Leerheit, Leerheit ist Form.
    Ein Gefühl von Bodenlosigkeit speisst sich ebenfalls aus Gedanken, genauso wie Sinnfreiheit, aus nihilistischen Gedanken und das ist eine Neigung und Ansicht, die man sich aneignet.
    Deswegen soll man Gedanken um Nicht-Existenz und Unwirklichkeit fallen lassen.