Wir wissen nicht, wie Pflanzen empfinden. Wir können nur beobachten und unsere Schlüsse ziehen, die wir in einer Weise machen, die uns als Tiere, als Primaten möglich sind. Kein Nervensystem zu haben, das dem der Tiere gleicht (die Unterscheidung Tier–Pflanze entspringt dem menschlichen Denken), bedeutet nicht, dass Pflanzen nicht leiden können. Sie tun das womöglich anders als wir es tun.
Letztens las ich einen kleinen Artikel darüber, dass Pflanzen hören können und die Produktion des Blütennektars steigern, wenn sie das Brummen von Bienen hören (man muss dann wohl von "Hören" sprechen, denn sie registrieren die Schallwellen – was wiederum das Koan vom Umfallen eines Baumes im Wald doch ein wenig aushebelt ).
Wenn man mehr Verbindung zu den Mitwesen, zum Leben bekommt, dann steigt auch die Beziehung zu den Pflanzen. Sie wird sogar eine persönliche. Gärtner haben sie, Kinder haben sie häufiger, und ganz gewiss ist diese in den Naturreligionen üblich. Bei mir selbst merke ich das und wie schwer es mir fällt, manche Pflanzen im Garten herauszuziehen. Vor einem Fenster wächst eine große alte Esche. Sie begleitet mich schon fast mein ganzes Leben. Sie ist das erste, das ich morgens sehe und das letzte am Abend. Für mich ist sie kein Irgendwas, sie ist ein lebendiges Wesen, ein Gegenüber mit einer Persönlichkeit – wenngleich mir diese im Dunkeln bleibt, so weiß ich um sie.
Wenn man alle Lebewesen auf der Erde als eine Einheit in Vielfalt betrachtet, das nicht anders ist als der "einzelne" Organismus "Ich", dann verabschiedet man sich von der Idee, dass es hier irgendwas geben könnte, das "nur" dies oder das sei. Auch ich bin ein Planet mit Billionen von Wesen in mir und auf mir. Wir zusammen bilden "Doris". Jedes Einzelwesen ist unverzichtbar, individuell und einmalig.
Als Fazit bleibt dann nur die Achtung vor jedem einzigen Wesen, unabhängig davon wie wir es kategorisieren. Natürlich kann das ein Dilemma darstellen, denn wir müssen essen. Aber wenn man das Leben als einen Prozess von Werden und Vergehen versteht, einer gegenseitigen Abhängigkeit ohne Trennung, dann löst sich das Dilemma auf. Man geht mit allen Wesen, mit der ganzen Erde so schonend wie nur möglich um, das betrifft auch Pflanzen, Pilze, Bakterien, die Erdkrume … und sogar Steine.