• Offizieller Beitrag

    Irgendwie bekomme ich einen Knoten im Kopf, wenn ich das lese.

    Ich will doch gerade Knoten verhindern! Und der Begriff des "freien Willens" ist doch so ein Begriff aus der westlichen Philosophie. Von dem ich so das Gefühl habe dass er eher Knoten macht. Im Buddhismus ist doch alles sehr einfach: Man befreit sich von Zuneigunfen und Abneigungen und dadurch wird das Handeln freier. Das ist doch schön und einfach.


    Während dann die Frage "Gibt es einen freien Willen oder Schicksal" da weder dazu passt noch in einen vernünftige Richtung führt.

  • void


    Bei Kant ist es wie gesagt das BegriffsPaar Autonomie <> Heteronomie (FremdBestimmung). Damit kommt man in meinen Augen schon recht weit. Ich meine das in dem Sinne, dass Kants Herangehensweise da schon eine Brücke zu buddhistischen Lehren sein kann. Auch beim ausgewählten Thema "Freiheit des Willens"


    Ich möchte posten von hier: kant_guter_wille.htm, wo die Frage einer guten Tat, und eines "guten Willens" von Kant aus zu verstehen versucht wird:


    Zitat

    Was bedeutet bei Kant der Ausdruck "guter Wille" ?


    Man findet in der "Grundlegung" zum einen die Erläuterung des Wortes "Wille" als "Begehrungsvermögen", also als die Fähigkeit, etwas zu begehren. Andererseits bezeichnet Kant als "Wille" auch das "Vermögen, nach der Vorstellung der Gesetze, d. i. nach Prinzipien zu handeln" (S. 46). Diese Fähigkeit haben nur Vernunftwesen, zu denen Kant auch den Menschen zählt.


    Beide Begriffsbestimmungen decken sich nicht. Der "Wille" als Begehrungsvermögen enthält Wünsche, Ziele, Triebe etc. Der "Wille" als das Vermögen, nach Prinzipien der Vernunft zu handeln, enthält dagegen keine derartigen Motive bzw. "Neigungen", wie Kant sagt.


    Wegen der Wichtigkeit dieses Punktes wird hierzu eine längere Passage herangezogen.


    Kant schreibt:


    "Ein jedes Ding der Natur wirkt nach [kausalen] Gesetzen. Nur ein vernünftiges Wesen hat das Vermögen [die Fähigkeit], nach der Vorstellung der [moralischen] Gesetze, d. i. nach Prinzipien, zu handeln, oder [anders ausgedrückt: Es hat] einen Willen.


    Da zur Ableitung der [einzelnen] Handlungen von [moralischen] Gesetzen Vernunft erfordert wird, so ist der Wille nichts ander[e]s, als praktische [auf das Handeln gerichtete] Vernunft.


    Wenn die Vernunft den Willen unausbleiblich [definitiv] bestimmt, so sind die[jenigen] Handlungen eines solchen [Vernunft]Wesens, die [von der Vernunft] als objektiv notwendig[als der Sache nach geboten] erkannt werden, auch subjektiv notwendig [für das Subjekt geboten]. ... Der Wille ist [in diesem Fall] ein Vermögen, nur dasjenige zu wählen, was die Vernunft, unabhängig von der Neigung [von Gefühlen und Wünschen] als praktisch notwendig [als geboten zu tun], d. i. als gut erkennt.


    Das Verhältnis der objektiven Gesetze zu einem nicht durchaus [nicht völlig] guten Willen wird vorgestellt als die Bestimmung des Willens eines vernünftigen Wesens zwar durch Gründe der Vernunft, denen aber dieser Wille seiner Natur nach nicht notwendig folgsam ist" (S.41).


    Offensichtlich versteht Kant hier unter "Wille" die Fähigkeit, nach Prinzipien der Vernunft zu handeln. Der Mensch ist insofern ein unvollkommenes Vernunftwesen, als bei ihm auch die "Neigungen" auf den Willen einwirken und der Bestimmung des Willens durch die Vernunft entgegenwirken können.


    Aus dem Zitat wird deutlich, was Kant unter einem "guten Willen" versteht. "Gut" ist für Kant derjenige Wille, der ausschließlich durch Gründe der praktischen Vernunft bestimmt wird und nicht durch Neigungen.


    Anmerkung: dieser "gute Wille" ist dann mit Kant auch ein "freier Wille".




    :earth:

  • Es ist ja mit so einer PraxisHandlung nicht ein für alle Mal der Hass zB ausgemerzt. Eher wurde ein richtigerer Umgang mit dem Vergangenen erreicht, was womöglich zu weiteren heilsamen Anerkennungen der Wirklichkeit führen kann und damit nach und nach zu einem Zustand mit deutlicher weniger Anwesenheit von Hass in dem spezifischen Fall.

    Ja, der beste und sicherste Weg, den Willen in Zukunft zu mehr heilsamen Handlungen zu führen, sind heilsame Handlungen im „Jetzt“.


    Ich bezog mich da in meinem Post auf meine Deutung dieses Begriffs "ReinigsPraxis" (Helmut) und der Deutung der Aussage Netrots, in der die Rede von einer tiefen (Selbst-) Einsicht war:


    durch Bereinigung bereust du deine geistigen ,körperlichen oder sprachlichen Taten . Und vorrausgesetzt dieses Bereuen kommt von ganzen Herzen und ist nicht künstlich,


    Das ist doch eine Handlung im Jetzt. Tiefe, langanhaltenden, konzentrierte, achtsame Innenschau. Und dazu das Zulassen und Aushalten bestimmter, in dem Fall einmal "richtigerer"/angemessener Gefühle.


    Sieht für mich glasklar nach heilsam im Jetzt aus. Nur wird hier in meinen Augen (und du siehst das ja auch ähnlich, wenn ich deinen Post richtig gelesen habe) nicht endgültig ein bestimmtes Potential vernichtet. Sondern eher zeitweise. Weil das sehr viel tiefer liegende "Potential", (ein noch grösseres NichtWissen), damit ja weniger angegangen wurde. Vielmehr wurde evtl ein Boden "mitbereitet", damit noch herzbefreiteres Erkennen einmal möglich ist.




    :earth:

  • Zitat

    Laut Bieris Buch "Handwerk der Freiheit": " .... Und was nicht in meiner Natur ist, was nicht meinem Charakter entspricht, kann ich auch nicht wollen (woher? wie?), trotz aller Freiheit von so und so viel Faktoren. …“

    Zitat

    Christof Spitz schrieb dazu: "Bieri macht dort m.E. sehr schön deutlich, dass dies gerade die Voraussetzung für einen persönlichen Willen überhaupt ist - und damit auch für einen möglichen freien Willen -, nicht dessen Verneinung."


    Peter Bieri ist hier sogar nochmal besser als Kant. Weil es von ihm ja richtiggehende (in meinen Augen: gute) Praxisanleitungen ausgehend von der grossen Fragestellung "Freiheit des Willens" gibt. Das ist westliche Philosophie auch. Bieri kann in meinen Augen fast gar nicht unheilsam aufgefasst werden. Der lebt das auch, was er schreibt, und die Bezüge zu einem wirklichen Wissen, was man auch in buddhistischen Texten finden kann, sind klar erkennbar.




    :earth:

  • Ist der Wille oder die Wollende Handlung doch wohl nicht (determiniert: [im Voraus] bestimmen, festlegen, begrenzen). Der Wille ist wohl von dem erscheinenden bedingten Entstehen bedingt erscheinend, aber doch auf keinen Fall determiniert. Das ist auch in Gegensatz zur Lehre Buddha. Der ja schon durch, um das einfachste zu nehmen, Vergänglich, bedingt durch Vergänglichkeit bedingtes Entstehen und unpersönlich, jeden Determinismus ausschließt.

    Der Wille von Bedingungen abhängig aber nicht determiniert - da müsste ich jetzt länger drüber nachdenken als ich gerade Zeit übrig habe, und was sich da wieder für Diskussionen ergeben könnten mit allem was mit diesem Thema zusammenhängt...

    Ich will aber jetzt einkaufen gehen bedingt durch Hungergefühl, ob das nun determiniert ist oder nicht...

  • Mir ging es nicht darum zu philosophieren. Ich wollte nur hier im Bereich "Buddhistische Praxis" Begriffe zurückweisen, die ich als für ein buddhistische Praxis als nicht geeignet empfinde.


    Es ist wichtig, bestimmte Deutungen zurückzuweisen. Aber man kann bei diesem Vorgehen auch zu absolut/zu ausschließend vorgehen.


    Es gibt im Buddhismus keinen Grund so verbrauchte Altlasten der europäischen Philosophie wie "freier Wille" aufzugreifen, die auf autonomen Subjekten basieren.


    Deswegen möchte ich dem auch gerne zustimmen.


    Es gibt übrigens ebenso auch bei Kant kein autonomes Subjekt (ein festes, identifizierbares Ich/Selbst). Und so gesehen keinen autonomen oder heteronomen "Willen an sich".


    Das ist Vernunft/Geist bei ihm. Geist der mehr oder weniger lediglich "geistnaturhaft" handelt.


    Subjektive (also persönlichkeits-/neigungsgetriebene) Handlungen sind bei ihm unfreie/fremdbestimmte Handlungen.


    Es gibt nicht nur "im Buddhismus" keinen Grund, falsche Begriffe zu benutzen, sondern allgemein gibt es guten Grund, genauer zu beschreiben und deswegen auch genauere Begriffe zu benutzen.




    :earth:

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  • Mir ging es nicht darum zu philosophieren. Ich wollte nur hier im Bereich "Buddhistische Praxis" Begriffe zurückweisen, die ich als für ein buddhistische Praxis als nicht geeignet empfinde.

    Für mich ist der Wille eine Vorbedingung, um sich überhaupt mit dem Anhaften zu beschäftigen. Um diesen Willen jedoch einsetzen zu können, muß ich erstmal mit dem Begriff in Berührung kommen. Wer den nicht kennt, kann normalerweise nicht gleich etwas damit anfangen. Treffe ich auf diesen Begriff, dann muss ich ihn verstehen wollen. Ist es mir egal, werde ich wohl weiter machen wie bisher.

    Da ist der Wille, sich mit heilsamen Themen zu beschäftigen, dann schon ein Zeichen geistigen Fortschritts. Je größer der Fortschritt, desto größer die Freiheit des Wollens.

    Ohne einen solchen Willen sind Entscheidungen eine Lotterie. Es sind aber immer Entscheidungen, egal wohin sie führen.

    Und da komme ich wieder auf meinen ersten Beitrag zurück, ich kann nur wollen, was ich schon weiß. Genau so wie ich nur sehen kann, was ich weiß.

    _()_


    PS: Wenn Du den Beitrag von Netsrot für "Buddhistische Praxis" nicht geeignet empfindest, warum hast Du ihn dann nicht verschoben?

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Determinismus vs. Freier Wille?


    Ich glaube nicht, dass der Wille durch eine wie auch immer geartete Geschmeidigkeit oder einer Starrheit mehr oder weniger Grenzen erlebt. Der Wille ist innerhalb seiner Möglichkeiten ganz im Gegenteil, trotz einer gewissen Begrenztheit sehr variabel und somit weitgehend frei in der Entscheidung zu dieser oder jenen Handlung; die karmisch heilsam oder unheilsam sein kann. Seine Grenzen liegen in der Quantität des subjektiv Erlebten und bisher Wahrgenommenen.

    Außerhalb dieser wahrgenommenen Entität ist nichts, was einem Willen zugänglich wäre. Der Wille fühlt sich auch nicht eingeschränkt in seiner Freiheit, da er die Unfreiheit, also das Nicht-Wahrgenommene nicht kennt.


    Zäumt man aber das Pferd von Hinten auf, d.h. betrachtet man also den Willen und seine Handlung im eindeutigen kausalen Zusammenhang, dann wären alle Handlungen determiniert, da eine vorzeigbare Handlung (Wirkung) schlussfolgernd nur aus einer eindeutigen Ursache hervorgehen kann.

    Diese Ansicht ist aber nicht richtig, da sich der Wille nicht von einer vorherigen Handlung ableitet, sondern von den, die Handlungen begleitenden karmischen Gestaltungen; und deren Anwesenheit im Bewusstsein ist, was ihre Qualität (heilsam oder unheilsam) und Quantität betrifft, vollkommen unüberschaubar.

    Aus dieser Vielzahl von karmischen Gestaltungen als Grundlage, generiert der Wille, veranlasst von mehreren anderen Faktoren, dann eine bestimmte Handlung, die dann wiederum neues Karma hervorbringt.

  • Diese karmischen Potenziale legen uns nicht deterministisch, schicksalhaft fest, denn durch Bereinigungsübungen können wir negative karmische Potenziale vernichten, so dass sie ihre Wirkung, das Leiden, nicht mehr hervorbringen können.

    ...aber, ich bin nicht der Meinung, dass wir negative karmische Potentiale, bzw. karmische Gestaltungen so einfach vernichten können; das käme ja den ehemaligen Ablasshandel der Katholiken gleich.

    Die Bereinigung oder Vernichtung negativer karmischer Anlagen hat nichts mit dem katholischen Ablasshandel zu tun. Der Ablasshandel war ein äußerer Prozess während die Bereinigung der negativen karmischen Anlagen ein innerer geistiger Prozess ist, der keinesfalls einfach zu verwirklichen ist.


    Die Bereinigung der negativen karmischen Anlagen ist möglich, weil sie Resultate unseres unheilsamen Handeln mit Körper, Rede und Geist sind. Sie sind Produkte und können deshalb auf dem Pfad mittels der vier Kräfte überwunden werden.


    Diese vier Kräfte sind:

    1. Reue oder die Kraft des Verwerfens der unheilsamen Handlungen
    2. Der Vorsatz, diese negativen Handlungen nicht wieder begehen zu wollen
    3. Die Kraft der Stütze. Man bereinigt das Fehlverhalten gegenüber den Buddhas und Bodhisattvas durch die Zufluchtnahme oder bereinigt die Verfehlungen gegenüber den gewöhlichen Wesen mittels der Entwicklung der Haltung von liebevoller Zuneigung und Mitgefühl bzw. durch die Entwicklung des Erleuchtungsgeistes (bodhicitta).
    4. Die intensive Anwendung von Gegenmitteln. Das können alle heilsamen Handlungen sein, insbesondere aber die Beschäftigung mit dem Buddhadharma. So ein Gegenmittel ist zum Beispiel die Rezitation des Sutra von den drei Anhäufungen.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Helmut


    Ich kann deine Argumente der vier Kräfte akzeptieren, bin aber dennoch der Meinung dass diese nicht nachhaltig sind, sondern nur eine vorübergehende Wirkung haben. Wie lange diese Wirkung andauert ist auch nicht vorauszusehen.


    Eine unheilsame Tat oder ein Fehlverhalten kann man im Nachhinein bereuen, auch kann man alle möglichen Gegenmittel zur Anwendung bringen; das ist aber m.E. noch kein Garant dafür, dass beim abermaligen Auftreten einer entsprechenden Bedingung, eine unheilsame Tat nicht wieder geschieht.

    Der Grund hierfür ist m.E., dass man die karmischen Gestaltungen weder verändern noch beseitigen kann. Man kann sie lediglich durch Häufung heilsamer Gestaltungen eliminieren, oder durch Weisheit inaktivieren.

  • Determinismus vs. Freier Wille?

    Ist das nicht egal und an der Sache vorbei weil die Sache völlig im unklaren liegt.

    Führt diese Begrifflichkeit nicht von der Sache weg?

    Wieso sollen ein sog. Determinismus (was immer man sich darunter vorstellen mag)

    und ein sog. "freier Wille" Gegensätze sein?

    Wichtig ist doch nicht ob ein Wille "frei" ist (von was auch immer).

    Wichtig ist doch nur das rechte, heilsame zu tun und falsches nicht zu tun - wegen der Folgen.

    Da kommt er doch nicht darauf an ob irgend etwas "frei" (von was auch immer) sein soll.

    Und letztendlich besteht das Ziel ja darin jeden Willen zu überwinden sei er emotional

    oder rational oder gemischt.

    Da weiß ich gar nicht von welchem Willen hier überhaupt die Rede ist.

    Wer will da "frei" definieren und auseinander klamüsern? Was sollte über

    diese "Freiheit" des Willens entscheiden wo es doch gar kein autonomes Selbst gibt?

    Eine autonome (freie) Entscheidung kann es daher nicht geben.

    Jeder Wille hat eben seine Bedingungen aus vielen Gründen. Ein Wille ohne Ursache

    gibt es nicht. So betrachtet ist jeder Wille bedingt mit seinen Folgen.


    Denn rechten Willen muß man in der Lehre erzeugen durch heilsames Bedenken:



    -

  • Die Bereinigung der negativen karmischen Anlagen ist möglich, weil sie Resultate unseres unheilsamen Handeln mit Körper, Rede und Geist sind. Sie sind Produkte und können deshalb auf dem Pfad mittels der vier Kräfte überwunden werden.

    Diese vier Kräfte sind:


    1. Reue oder die Kraft des Verwerfens der unheilsamen Handlungen
    2. Der Vorsatz, diese negativen Handlungen nicht wieder begehen zu wollen
    3. Die Kraft der Stütze. Man bereinigt das Fehlverhalten gegenüber den Buddhas und Bodhisattvas durch die Zufluchtnahme oder bereinigt die Verfehlungen gegenüber den gewöhlichen Wesen mittels der Entwicklung der Haltung von liebevoller Zuneigung und Mitgefühl bzw. durch die Entwicklung des Erleuchtungsgeistes (bodhicitta).
    4. Die intensive Anwendung von Gegenmitteln. Das können alle heilsamen Handlungen sein, insbesondere aber die Beschäftigung mit dem Buddhadharma. So ein Gegenmittel ist zum Beispiel die Rezitation des Sutra von den drei Anhäufungen.


    Ich höre da ein Motiv heraus, was ich einer therapeutischen Sache zuordnen möchte, die man vielleicht besser mit einem guten Therapeuten angehen kann. Stichwort "Mit sich ins Reine kommen". Da benötigt es auch keine "Zufluchtnahme" (was ist das?) oder dergleichen. Da kann man auch lernen, dass es keine "gewöhnlichen Wesen" gibt. Sondern dass da Menschen und Wesen sind, denen man Leid antut, wenn man ihnen die Dinge wegnimmt, die sie lieben, oder Dinge, die von diesen Menschen geliebt werden, beschmutzt. Und eben lernen, dass da Gefühle & Vorstellungen & Wünsche sind, mit denen man richtiger umgehen kann.


    Man kann sogar lernen, (graduell) Mitgefühl zu entwickeln, denn Mitgefühl ist etwas vollkommen Natürliches, und kommt automatisch, wenn man sorgsam mit sich und den anderen umgeht. Oder wenn man eine längere Zeit (zumindest einem grösseren Teil davon) den sinnlichen Genüssen entsagt.


    So wie ich es verstanden habe, ist das Ziel der Lehre aber, anatta direkt zu erkennen. Und damit automatisch Vergänglichkeit und Leidhaftigkeit allen Daseins. Wenn das erreicht ist, legt sich jeder Wunsch, daran teilzuhaben. Damit ist dann das Potential für weitere Verstrickungen in Samsara ein für alle Mal vernichtet.


    Um so ein Erkennen schließlich zu ermöglichen, ist achtsame/ethische Praxis nötig. Im Kern ist die Achtsamkeit ein bewusster Versuch, den unheilsamen Anhaftungen zu entgehen, um damit die Anwesenheit unheilsamer GeistFaktoren auf Dauer zu vermindern. Eben damit klareres Erkennen der Wirklichkeit (anatta zB) möglich ist.


    Auf eine gewisse Weise handelt man ja durch aufrechtes Reden und Denken und Handeln, weniger an bestimmtes atta glaubend. Es ist damit aber nicht gesagt oder erreicht, dass man überhaupt atta als eingebildet erkennt. Und damit eben das Potential für unheilsame und immer folgenträchtige (karmische) Verstrickungen.




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  • Was hat das Thema eigentlich mit der buddhistischen Praxis zu tun?


    Es gibt freien Willen, jedoch ist dieser eine Illusion

    Den Schmetterling des Zen im Netz des Verstandes zu fangen; machen wir uns das klar, dass das nicht geht

  • Um so ein Erkennen schließlich zu ermöglichen, ist achtsame/ethische Praxis nötig. Im Kern ist die Achtsamkeit ein bewusster Versuch, den unheilsamen Anhaftungen zu entgehen, um damit die Anwesenheit unheilsamer GeistFaktoren auf Dauer zu vermindern. Eben damit klareres Erkennen der Wirklichkeit (anatta zB) möglich ist.

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  • Um so ein Erkennen schließlich zu ermöglichen, ist achtsame/ethische Praxis nötig. Im Kern ist die Achtsamkeit ein bewusster Versuch, den unheilsamen Anhaftungen zu entgehen, um damit die Anwesenheit unheilsamer GeistFaktoren auf Dauer zu vermindern. Eben damit klareres Erkennen der Wirklichkeit (anatta zB) möglich ist.

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    Das möchte ich nochmal aufgreifen. Wozu wäre sonst Achtsamkeit notwendig, wenn es keine Möglichkeit gäbe, durch den Willen die rechte Richtung einzunehmen? Aber all das weist dennoch darauf hin, dass bestimmte Bedingungen erstmal geschaffen sein müssen.

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    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Der Wille (cetana) ist im Zusammenspiel mit der Absicht (chanda), ein selbstständig funktionierender Geistfaktor und hat die wichtige Aufgabe innerhalb des individuellen menschlichen Bewusstseins Handlungen hervorzurufen, ja er ist lt. Buddha: Teil der Handlungen.


    Verwechselt man nun den Willen zu Handlungen mit dem Begehren (tanha) nach Sinneneindrücken, was so aus manchem Beitrag hier herauszulesen ist,, dann kommt es zu Gedankenkonflikten, spätestens dann, wenn man über die Nebeneffekte der Handlungen, dem heilsamen oder unheilsamen Karma und dessenn Zustande kommen nachdenkt.

    Problematisch wird es dann so richtig, wenn die Funktion des Begehrens in einer Art Doppelfunktion auch auf den Willen ausgeweitet wird, obwohl die Ursachen, als auch die Ergebnisse beider Geistfaktoren gar nicht unterschiedlicher sein könnten.


    Steckt man auf Grund dieser falschen Ansicht (Wille wäre gleich Begehren) in einer Sackgasse, dann wird als Notnagel das Argument des „anatta“ hervorgeholt; völlig unangebracht, wir Leben im Samsara und nicht in einer Welt von namenlosen Dingen und die Endzeitlösung der völligen Überwindung des Willens hilft hier auch keinem (Samsarianer) einen Schritt weiter, genau diese Vorstellung ist m.E. illusorisch.


    Determinismus, Nihilismus und Fatalität und deren Bedeutung, alles Dinge, die von der Buddha-Lehre abgelehnt werden, kann man im Duden nachlesen.


    Zu dem Zitat wäre aus meiner Sicht zu sagen:


    „Da erzeugt der Mönch in sich den Willen, nicht aufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen zu lassen…..“


    Vielleicht steckt in diesen Worten bereits der freie Wille drin, der sogar so frei wäre, dass er bereits" noch nicht" Vorhandenes unterdrücken könnte?

  • zählst Du Dich zu einer bestimmten der buddhistischen Schule? Die Inhalte der Beiträge zu speziellen Themen der buddhistischen Philosophie lassen sich für mich besser einschätzen, wenn ich so etwas weiß.

    Um deine Frage zu beantworten:

    Ich gehöre weder einer buddhistischen Schule an, noch fühle ich mich zu einer hingezogen.

    Ansonsten möchte ich auf meine hier verfassten Beiträge hinweisen.

  • gerade im Buddhismus ist man geneigt zu sagen , alles persöhnliche Geschehen ,alles Leid oder auch Glück welches jemand erfährt hat sich der jenige selber" eingebrockt " , indem er vorher schlechte Taten und damit schlechtes Karma produzierte. Dies halte Ich für einen gefährlichen Trugschluss. So könnte ich nämlich sagen selbst schuld. Das währe gegen alles Mitgefühl. Es ist meiner Ansicht nach wichtig zu begreifen, ich habe keine Wahl mir mein Leben auszusuchen. Es gibt unzählige Ursachen und Wirkungen die zu begreifen und zuzuordnen nicht möglich sind. Ich kann aus dem Daseinskreislauf ausbrechen nur unter der Bedingung das ich eine klare Sicht der endgültigen Realität verwirkliche.

  • gerade im Buddhismus ist man geneigt zu sagen , alles persöhnliche Geschehen ,alles Leid oder auch Glück welches jemand erfährt hat sich der jenige selber" eingebrockt " , indem er vorher schlechte Taten und damit schlechtes Karma produzierte. Dies halte Ich für einen gefährlichen Trugschluss. So könnte ich nämlich sagen selbst schuld. Das währe gegen alles Mitgefühl. Es ist meiner Ansicht nach wichtig zu begreifen, ich habe keine Wahl mir mein Leben auszusuchen. Es gibt unzählige Ursachen und Wirkungen die zu begreifen und zuzuordnen nicht möglich sind. Ich kann aus dem Daseinskreislauf ausbrechen nur unter der Bedingung das ich eine klare Sicht der endgültigen Realität verwirkliche.

    Es ist kein gefährlicher Trugschluss, wenn es im Buddhismus heißt, das Glück was wir erleben und das Leid was wir erleben geht auf eigene frühere heilsame oder unheislame Handlungen zurück, denn es ist tatsächlich so. Es geht hier um einen kausalen Zusammenhang von Urasche und Wirkung. Der Fehler liegt vielmehr darin zu sagen, selbst Schuld. Schuld haben ist kein buddhistischer Begriff, sondern eher ein christlich geprägter Begriff.


    Wenn es ein Trugschluss ist, dass das eigene Glück und Leid von den eigenen Handlungen verursacht wird, dann kann es ja nur von außen verursacht sein; sei es durch einen Schöpfergott oder ein Schöpfungsprinzip usw. Wenn ich mein Leid nicht selbst verursacht habe durch meine Handlungen, was sollte mir dann die Einsicht in die endgültige Realität nutzen, denn wie sollte etwas von außen Verursachtes plötzlich durch mein eigenes Handeln überwunden werden?


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Die Bereinigungspraxis mittels Anwendung der vier Kräfte ist keine einmalige Angelegenheit. Sie bringt nur Wirkungen hervor wenn man sie kontinuierlich über einen langen Zeitraum anwendet, weil sie sich eben auch auf die vielen unheilsamen Handlungen der Vergangenheit bezieht. Andererseits ist es aber auch wichtig, wenn man ganz konkret eine unheilsame Handlung begangen hat, möglichst schnell Gegenmittel anzuwenden.


    Einerseits sagst du, die karmischen Gestaltungen kann man weder verändern noch beseitigen. Andererseits sagt du dann, durch die Anhäufung heilsamer Gestaltungen kann man sie eliminieren. Also kann man sie doch beseitigen, denn nichts anderes bedeutet der Begriff eliminieren.


    Mit der Weisheit, die die Selbstlosigkeit erkennt, inaktiviert man die unheilsamen karmischen Potenziale nicht. Vielmehr überwindet man sie, so dass sie nie wieder aktiviert werden können durch irgendwelche Umstände. Man muss sie nicht nur inaktivieren. Man muss sie völlig überwinden, so dass sie nicht mehr Bestandteil des eigenen Geisteskontinuums sind.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Hallo Helmut,


    dann mal konkret . Wie erklärst du die viele leidenden Wesen auf unseren Planeten. Hungernde Kinder , das Leid der Rohingya zum Beispiel und vieles andere. Sind die alle selber Schuld ,haben die durch ihre Leidenschaften und Taten in der Vergangenheit ihr Leid selber zu verantworten? Niemand möchte Leid erfahren. Gerade im Buddhismus wird vom Daseinskreislauf gesprochen der nur schwer zu durchbrechen ist . Wenn dies alles so einfach währe würde kein Wesen Leiden. Die Wesen leiden da sie ebend keine oder nur eine sehr eingeschränkte Kontrolle über ihre Leidenschaften und Taten haben und selbst wenn sie gutes tun ,ist es immer noch befleckt. Mit dem Begriff der Schuld und dergleichen klingt das alles nicht sehr buddhistisch, aber das ist mir egal .Es ist wie mit dem unsinnigen Spruch jeder ist seines Glückes Schmied. Vieleicht der Lieblingsspruch politisch Liberaler. Es sind nur Begriffe. Mir geht es um das Durchdringen der Wahrheit. Ich glaube nicht an den großen allwissenden Schöpfergott. Ich glaube auch nicht an die Allwissenheit . Ein Erwachter ist nicht Allwissend und er macht Fehler. Mit dem Unterschied das er weiß das diese Fehler sich nicht mehr manifestieren können. Es gibt zu viele Phänomene in dieser konventionellen Welt als das wir da irgend etwas in der Hand hätten. Aber träumt den Traum vom großen Erwachen und den guten Taten geistiger und körperlicher Art. Ich habe die Erfahrung gemacht wenn ich ihn nicht Träume bin ich der Wahrheit am nächsten.

  • Wenn es ein Trugschluss ist, dass das eigene Glück und Leid von den eigenen Handlungen verursacht wird, dann kann es ja nur von außen verursacht sein; sei es durch einen Schöpfergott oder ein Schöpfungsprinzip usw. Wenn ich mein Leid nicht selbst verursacht habe durch meine Handlungen, was sollte mir dann die Einsicht in die endgültige Realität nutzen, denn wie sollte etwas von außen Verursachtes plötzlich durch mein eigenes Handeln überwunden werden?


    Ich gehör zu den Leuten, die das für einen Trugschluss halten, sogar für einen fatalen. Meines Wissens ist es in den buddhistischen Überlieferungen auch nie behauptet, dass Karma so eine simple Sache ist - karmisches Wirken ist so viel komplexer als diese simple Gleichung.

    - Diese lineare Ursache-Wirkung-Denken macht eigentlich nur Sinn im hinduistischen Kontext, wo eine unsterbliche Seele angenommen wird. Ohne Seele, mit nur einem Konditionalnexus, ist die ganze Kontinuität nicht gegeben. An eine Kontinuität wird ja nichtmal innerhalb eines Menschenlebens geglaubt, dann schon gar nicht über mehrere Menschenleben hinweg!

    - Und selbst wenn: wer sagt denn, dass es so ein duales System ist - da gibts so viele Faktoren, die wir selber gar nicht durchblicken, weshalb es keinen Sinn macht, solche Zuschreibungen zu tätigen.


    Zitat

    The Buddha didn't talk about karma, he talked about the mind [...]. Then he said: only a Buddha could possibly understand Karma. It's one of these things that you should never think about - what caused this, what caused that? Because all it means, is that things go by cause and effect, and the mind is causually effective. [...] But what causes lead to what results is so intricately intertwined that you could never really break it apart.


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    (2:40)


    Zitat

    For the early Buddhists, karma was non-linear and complex. Other Indian schools believed that karma operated in a simple straight line, with actions from the past influencing the present, and present actions influencing the future. As a result, they saw little room for free will. Buddhists, however, saw that karma acts in multiple feedback loops, with the present moment being shaped both by past and by present actions; present actions shape not only the future but also the present. Furthermore, present actions need not be determined by past actions. In other words, there is free will, although its range is somewhat dictated by the past. The nature of this freedom is symbolized in an image used by the early Buddhists: flowing water. Sometimes the flow from the past is so strong that little can be done except to stand fast, but there are also times when the flow is gentle enough to be diverted in almost any direction.

    So, instead of promoting resigned powerlessness, the early Buddhist notion of karma focused on the liberating potential of what the mind is doing with every moment. Who you are — what you come from — is not anywhere near as important as the mind's motives for what it is doing right now. Even though the past may account for many of the inequalities we see in life, our measure as human beings is not the hand we've been dealt, for that hand can change at any moment.


    Quelle: Karma


    EDIT/ Nachtrag: Natürlich macht es für mich Sinn, zu erkennen, dass man durch seine Handlungen Leid verursacht. Sehr vieles davon erkennt man auch plötzlich sehr klar, wenn man sich der Achtsamkeit widmet. Was ich für problematisch halte, sind große philosophische Erwägungen diesbezüglich, insbesondere in Bezug auf andere Menschen. Das führt zum Teil zu argen Entgleisungen - zum Beispiel, wenn dann gesagt wird, diverse Naturkatastrophen seien eben die Rechnung für böses Verhalten dieser Menschen in der Vergangenheit - in diesem oder in einem anderen Leben. Das ist eine schlimme Verirrung, und ich bin sicher, dass der Buddha so etwas nie gelehrt hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Grashuepfer ()

  • Einerseits sagst du, die karmischen Gestaltungen kann man weder verändern noch beseitigen. Andererseits sagt du dann, durch die Anhäufung heilsamer Gestaltungen kann man sie eliminieren. Also kann man sie doch beseitigen, denn nichts anderes bedeutet der Begriff eliminieren.


    Mit der Weisheit, die die Selbstlosigkeit erkennt, inaktiviert man die unheilsamen karmischen Potenziale nicht. Vielmehr überwindet man sie, so dass sie nie wieder aktiviert werden können durch irgendwelche Umstände. Man muss sie nicht nur inaktivieren. Man muss sie völlig überwinden, so dass sie nicht mehr Bestandteil des eigenen Geisteskontinuums sind.

    Bereits der eingangs erwähnte Satz: dass man m.E. die karmischen Gestaltungen weder verändern noch beseitigen kann, lässt, ungeachtet der darauf folgenden begrifflichen Unzulänglichkeiten erkennen, worauf ich letztlich hinaus wollte.


    Vielleicht wird es im ausdruck deutlicher, wenn ich den missverständlichen Begriff „eliminieren“ durch „neutralisieren“ ersetze.


    Mit dem Begriff der „Überwindung“ ist es auch so eine Sache.

    Man könnte nämlich genauso die Ansicht vertreten, dass der Begriff der Überwindung eines Hindernisses im Sinne des Wortes: etwas hinter sich lassen bedeutet, ohne dass dabei die zurückgelassen Hindernisse beseitigt werden. oder werden müssen.

    Einmal editiert, zuletzt von hedin02 ()

  • Wenn ich mein Leid nicht selbst verursacht habe durch meine Handlungen, was sollte mir dann die Einsicht in die endgültige Realität nutzen, denn wie sollte etwas von außen Verursachtes plötzlich durch mein eigenes Handeln überwunden werden?


    Zitat

    3. "Steht es wohl so, Herr Gotama, daß der nämliche es ist, der die Handlung [139] ausführt, und der die Folgen empfindet?" - "Behauptet man 'der nämliche ist es, der die Handlung ausführt, und der die Folgen empfindet', so ist das, o Brahmane, das eine Ende."


    4. "Steht es aber so, Herr Gotama, daß ein anderer es ist, der die Handlung ausführt, und ein anderer, der die Folgen empfindet?" - "Behauptet man 'ein anderer ist es, der die Handlung ausführt, und ein anderer, der die Folgen empfindet, so ist dies, o Brahmane, das andere Ende. Diese beiden Enden vermeidend, o Brahmane, verkündet in der Mitte der Tathāgata die wahre Lehre:


    5. Aus dem Nichtwissen als Ursache entstehen die Gestaltungen; aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein usw. usw. (= 1. 3) ... Auf solche Art kommt der Ursprung der ganzen Masse des Leidens zustande. Aus dem restlosen Verschwinden aber und der Aufhebung des Nichtwissens folgt Aufhebung der Gestaltungen; aus der Aufhebung der Gestaltungen folgt Aufhebung des Bewußtseins usw. usw. (= 1. 4). Auf solche Art kommt die Aufhebung der ganzen Masse des Leidens zu stande.

    Samyutta Nikaya 12.41-50




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