Was unterscheidet den Buddhisten vom Materialisten ?

  • Der Buddha sagt ja nicht, dass man beständig auf unsere Sinneserfahrungen anwenden kann, aber doch sagt er in AN III, 47-48:


    Zitat

    Drei Merkmale des Ungestalteten gibt es, ihr Mönche. Welche drei?

    • Kein Entstehen zeigt sich;
    • kein Vergehen zeigt sich; und
    • keine Veränderung des Bestehenden zeigt sich.

    :rainbow:

  • Ich glaube nicht an einen richtigen deutschen Begriff "das Be - stehende" in dem Zusammenhang. Wie auch immer, es soll das Ungestaltete damit gemeint sein.


    Grundsätzlich ist damit meiner Ansicht nach gemeint, dass es keine Sache des Anhängens ist. Keine Berührung und kein durch Berührung bedingtes Gefühl. Keine Wandlung, kein Entstehen und Vergehen.


    Es ist ein Unterschied ob man etwas Erkennbares (Samsara) negiert um die Wirklichkeit einer nicht denk und damit nicht damit abbildbaren "Sache Nibbana", Orientierung ermöglichen wollend aufzeigen will. Oder oder man Nibbana positiv als Sache, als Ding oder Phänomen behandelt. In dem Fall mit der Formulierung über ein beständiges Phänomen: Abwesenheit (von Leid).


    Zitat

    Ein Phänomen (bildungssprachlich auch Phänomenon, Plural Phänomene oder Phänomena; von altgriechisch φαινόμενον fainómenon, deutsch ‚ein sich Zeigendes, ein Erscheinendes‘) ist in der Erkenntnistheorie eine mit den Sinnen wahrnehmbare, abgrenzbare Einheit des Erlebens,

    Phänomen – Wikipedia


    Was du vielleicht meinst ist:


    Zitat

    "Ich verstehe Nibbāna und den Pfad und Weg, der zu Nibbāna führt. Und ich verstehe auch, wie jemand, der diesen Weg betreten hat, hier und jetzt in die Herzensbefreiung, die Befreiung durch Weisheit, die mit der Vernichtung der Triebe triebfrei ist, eintreten und darin verweilen wird."

    Majjhima Nikāya 12


    --

    * es ist kein Ding. Ein Tisch ist ein Ding. Oder eine Wolke. Auch ein Ton. Alle Dinge die fassbar, ergreifbar sind, sind Dinge und Sachen und Phänomene.

  • Es ging mir nicht darum, über das abhängige Bestehen zu debattieren.


    Es ging mir vielmehr darum, ob die Aussage "Möglicherweise ist das Wahre Selbst ja alles was existiert und das bleibt immer gleich," mit Buddhas Lehre vom abhängigen Bestehen in Einklang gebracht werden kann.


    Natürlich musst du bei dieser Aussage über das abhängige Entstehen nachdenken.

    Wenn es kein tatsächliches Entstehen und Vergehen gibt, wenn keine wirklich wahrhaft existierenden Dinge entstehen, sondern Entstehen und Vergehen nur Illusionen sind: dann bleibt alles was ist immer gleich, es kommt nie was Neues hinzu, und nichts verschwindet.

    Es gibt keine wahrhaft, aus sich heraus existierenden Phänomene, die entstehen und vergehen. Wahrhaft existierende Phänomene können nicht entstehen, weil sie aufgrund ihrer Eigenexistenz von nichts abhängig sind. Was nicht entsteht kann aber auch nicht vergehen. Wahrhaft existierende Phänomene können somit gar nicht in die Existenz treten. Die Phänomene treten in Existenz, weil sie nicht wahrhaft existieren, sondern nur in Abhängigkeit von vielfältigen Ursachen, Bedingungen und Umständen. Jedes Phänomen existiert aufgrund von Umständen, die nicht dieses Phänomen selber sind.


    Entstehen, Bestehen, Altern und Vergehen sind keine Illusionen, sondern kennzeichnen den bestehenden und kontinuierlich ablaufenden Prozess des abhängigen Bestehens, der selber auch keine Illusion ist. Das abhängige Entstehen ist durch vier, manchmal werden auch nur drei Aspekte genannt, gekennzeichnet:

    1. Abhängigkeit der Wirkungen von ihren Ursachen
    2. Abhängigkeit der Phänomene von ihren Teilen
    3. Gegenseitige Abhängigkeit
    4. Abhängigkeit von Benennungen.

    Wenn im Mahayana davon gesprochen wird, dass die Phänomene wie Illusionen sind, dann geht es dabei um die Diskrepanz von Erscheinungsweise und Bestehensweise der Phänomene in unserer Wahrnehmung und unserem Denken.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Rudolf:

    Zitat

    Möglicherweise ist das Wahre Selbst ja alles was existiert und das bleibt immer gleich,

    Warum muss ein Selbst eine Singularität sein?

    In der ersten Aussage sprichst du ja selbst von dem Wahren Selbst im Singular und nicht im Plural, während alles was existiert im Plural steht.


    Zitat

    Selbst bedeutet, dass etwas aus eigener Kraft existieren kann.

    Was aus eigener Kraft existieren würde, wäre ein unabhängiges Phänomen, das durch nichts beeinflusst werden kann und deshalb auch nichts bewirken kann.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • ........in dem Fall mit der Formulierung über ein beständiges Phänomen: Abwesenheit (von Leid).

    Die Abwesenheit von Leid kann ich wahrnehmen.

    Wenn ich schon mal erfahren habe, was Zahnschmerzen sind, wie sie sich anfühlen, so kann ich jetzt wahrnehmen, dass ich jetzt keine Zahnschmerzen habe.

    So wird es im Nibbana sein mit der Wahrnehmung von Leidlosigkeit und Freiheit von Trieben.

    :rainbow:

  • Wahrhaft existierende Phänomene können somit gar nicht in die Existenz treten. Die Phänomene treten in Existenz, weil sie nicht wahrhaft existieren, sondern nur in Abhängigkeit von vielfältigen Ursachen, Bedingungen und Umständen.


    Also: obwohl die Phänomene in Existenz treten in Abhängigkeit von vielfältigen Ursachen, Bedingungen und Umständen - existieren sie dennoch nicht wahrhaft. Wie kann das sein? sie sind doch in Existenz getreten?

    Sicher werden werden es dann Illusionen sein. Wenn nicht, dann wären sie doch wahrhaft da.

    Entweder ist etwas 1) wahrhaft so wie es erscheint oder 2) es ist eine Illusion.

    Gibt es etwas eine dritte Möglichkeit?

    :rainbow:

  • In der ersten Aussage sprichst du ja selbst von dem Wahren Selbst im Singular und nicht im Plural, während alles was existiert im Plural steht.


    Wenn ich von mir spreche, rede ich auch im Singular. Ich bin aber ein Phänomen, dass aus vielen Teilen besteht.


    Was aus eigener Kraft existieren würde, wäre ein unabhängiges Phänomen, das durch nichts beeinflusst werden kann und deshalb auch nichts bewirken kann.


    Mein Daseinskreislauf insgesamt existiert aus eigener Kraft.

    Wenn das nicht so wäre, könnte ich mich nicht befreien.

    :rainbow:

  • Was aus eigener Kraft existieren würde, wäre ein unabhängiges Phänomen, das durch nichts beeinflusst werden kann und deshalb auch nichts bewirken kann.


    Mein Daseinskreislauf insgesamt existiert aus eigener Kraft.

    Wenn das nicht so wäre, könnte ich mich nicht befreien.

    Es ist so, und du bist auch bereits frei. Da jedoch auch das "Geborene" Teil des "Ungeborenen" ist, gibt es auch in der Freiheit/im Nirvana Platz für das Werden und Vergehen. Nirvana ist nichts, was getrennt wäre von Samsara sondern Nirvana ist auch Samsara. Die Idee, dass man selbst jedoch Nirvana noch nicht verwirklicht hätte, entspricht dem Regentropfen, welcher sich im Ozean für getrennt vom Wasser hält.

    Es ist nicht Nirvana, was fehlt, sondern der erwartungsvolle Blick sucht an der falschen Stelle, nämlich in einer Vor-Stellung. Der Versuch Nirvana so zu verwirklichen kann nur misslingen weil übersehen wird, dass es einzig die Idee oder der Versuch Nirvana zu verwirklichen oder Erleuchtung zu erlangen das ist, was Samsara genannt wird.


  • Kennst du den Rudolf genauer, so dass du ihm sagen kannst, er wäre (bereits) frei? So ein Aussage kann u. A. wie blanker Hohn aufgefasst werden, wenn man in sich einer entsprechenden Lebenssituation befindet, die mit vielem, aber nicht mit Freiheit vergleichbar ist. Inwieweit spricht man eine in nach und nach erkennbaren Verwicklungen steckende Person an, wenn man ihr sagt: hey, du bist (eigentlich) frei? Geht es da um die Person (und die spezifischen Verwicklungen, die konkret erkannt werden sollen), wenn man so etwas sagt?


    Die Idee, dass Nibbana (oder auch ungenügende, vergängliche, aber trotzdem wertvolle "samsarische Abwesenheiten von Leid") nicht erreicht wurde, entspringt häufiger einem klaren Blick. So etwas zu erkennen heisst ja nicht, dass man automatisch sehnsuchtsvoll falsche Vorstellungen bildet, oder desweiteren unachtsam beobachtet und handelt. Eher im Gegenteil führen pragmatische und nüchterne Einschätzungen zu den richtigen Handlungen, und die Träumereien zu entsprechend anderen Handlungen.


    Worin besteht der Wert, zu sagen, dass Nirvana "auch" Samsara, also Anhängen und Ergreifen und Suchen und Hinterherlaufen wäre? Vor allem, wenn man vielleicht nur das sagen will: dass eben das Aufsuchen und Ergreifen, also eine Art Rastlosigkeit aus einem falsch interpretierten, innerem gefühlten Ungenügen das Problem ist.


    Natürlich ist Samsara Samsara und Nirvana Nirvana. Die Unterscheidung ist da, weil der Unterschied ist. Das eine bedeutet Kreislauf der Wiedergeburten. Das andere bedeutet, dass das nicht ist.


    Der Versuch, Nibbana zu verwirklichen ist nicht das was Samsara genannt wird. Natürlich finden Handlungen die auf dieses Ziel ausgerichtet sind, statt. Sie unterliegen Bedingungen. Aber weil Nibbana nicht schon ist, ist es gerade sehr wichtig zwischen den Qualitäten der Handlungen zu unterscheiden. Im Falle der BuddhaLehre sind das die heilsamen, unheilsamen (und die weder heilsam noch unheilsamen) Handlungen. Das ist im Kern ein Unterschied zwischen den Handlungen die eher weg von Samsara führen und denen, die eher tiefer hinein führen.


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    Klar kann man grob sagen, dass die Wesen konsequent Samsara mit Nibbana verwechseln, so wie die Fliegen elektrisch hervorgebrachtes Licht konsequent verwechseln. Aber ich nehme an, den Fliegen sind ihre dieses Licht verwechselnde "Versuche" weniger bewusst, weswegen man nicht von besonnenen Versuchen sprechen kann. Es ist sehr verallgemeinernd und nicht sinnvoll ausgesagt, wenn man die Versuche von denen, die einer Lehre und eigener Einsicht folgen wollen, nicht von den Handlungen unterscheidet deren Folgen man kennt und deren Bedingungen man auslöschen möchte.

    Einmal editiert, zuletzt von Alephant ()

  • Es ist nicht Nirvana, was fehlt, sondern der erwartungsvolle Blick sucht an der falschen Stelle, nämlich in einer Vor-Stellung. Der Versuch Nirvana so zu verwirklichen kann nur misslingen weil übersehen wird, dass es einzig die Idee oder der Versuch Nirvana zu verwirklichen oder Erleuchtung zu erlangen das ist, was Samsara genannt wird.


    Der Buddha hat in einigen Sutten seinen Lebensweg prinzipiell beschrieben und da liest man, dass er sehr wohl versucht hat Nirvana zu verwirklichen. Ohne ein intensives Streben, ohne einen großen Willen, kann man wohl nicht Nirvana erreichen.

    Und warum hat der Buddha den Achtfachen Pfad gelehrt? Dieser Pfad ist doch offenbar ein Anstreben Nirvanas. Und es gehört auch die Vor-stellung Nirvanas dazu: die Beendigung des Leidens.

    Deshalb hat der Buddha die Vier Wahrheiten in dieser Reihenfolge gelehrt:

    1. Das Leiden

    2. Die Leidensursachen

    3. Das Leiden kann beendet werden

    4. Die Methode, die zur Leidensaufhebung führt.


    Zitat

    Dieser heilige achtfältige Pfad ist es eben, und zwar: rechte Erkenntnis, rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechtes Wandeln, rechtes Mühn, rechte Einsicht, rechte Einigung. Das, ihr Brüder, ist der Mittelweg, der sehend und wissend macht, zur Ebbung, Durchschauung, Erwachung, Erlöschung führt.

    Majjhima Nikaya 3

    :rainbow:

  • Man stelle sich vor, ein Buddhist und ein Wissenschaftler (nehmen wir jemanden vom Kaliber eines Richard Dawkins oder Daniel Dennet), sitzen einem Moderator am philosophischen Stammtisch gegenüber und sollen erklären, was ihre Weltsicht eigentlich voneinander unterscheidet. In der Theorie ... nicht in der Praxis, denn Letztere ist bei den Materialisten ja noch beliebiger als bei Buddhisten.

    Buddhismus ist die Wissenschaft von der Erleuchtung. Es gibt verschiedene Richtungen in der Wissenschaft. Manche beschäftigen sich mit der Materie (Physik, Naturwissenschaft), manche mit dem Geist (Psychologie) und manche mit dem Sinn des Lebens (Philosophie). Teilweise überlappen sie sich. Eine rein materielle Weltsicht ist bereits durch Albert Einstein überholt. In Sachen Erleuchtung gibt es noch viel zu forschen. Das Thema wird in Zukunft noch sehr groß werden.

  • Moderation

    Bittet achtet darauf - wir sind hier im Anfängerbereich! - zum Einen Aussagen in Bezug auf ihren Kontext deutlich zu machen und nicht absolut klingen zu lassen - und zum Anderen dann Aussagen nicht als falsch zu bezeichnen, nur weil sie im eigenen Argumentationskontext nicht funktionieren.


    Ich beziehe mich hier auf die Aussage: "Jeder ist schon frei, Nirvana ist immer und überall, wir müssen es nur erkennen" (Kontext Sichtweise im Vajrayana, z.B. Essenz-Mahamudra oder Dzogchen!) und die Erwiderung "Woher willst Du wissen, dass xyz frei ist?" (Kontext, wo die Begriffe Befreiung und "frei" anders benutzt werden.).


    Solche Diskussionen kann man an anderer Stelle besser führen, und dort dann ausdrücklich darauf bezogen. In ein paar Nebensätzen kann man das nicht abhandeln. Wichtig ist nur zu wissen: beide Aussagen sind in ihrem jeweiligen Kontext richtig, aber es wird nicht mit dem gleichen "Zeichensatz" geredet, so dass man eigentlich nur aneinander vorbei reden kann.

  • @kilaya


    Ich finde, dieser Thread hier ist eher wie ein klügerer Chat, wo man vorher etwas in sich geht, bevor man schreibt. Dies und das und x Themen werden hier "behandelt". Man kann den Thread auch anders benennen und ganz aus einem spezifischen Fragebereich herausnehmen. Den Buddhisten unterscheidet vom Materialisten, dass er weiß, dass die Dinge vergänglich sind. So einfach ist die Frage beantwortet.


    Was das mit "Nibbana ist überall" angeht: Es handelt sich dabei in meinen Augen um eine "methodische Aussage", so wie auch Aussagen wie zB "der Raum ist unendlich", oder auch "Bewusstsein ist unendlich". Sie sollen dabei helfen, einen in eine bestimmte Wahrnehmung zu hieven.


    Verallgemeinernd, also eben so verabsolutierend sind das ja aber nicht richtige Aussagen. Raumunendlichkeit ist erfahrbar, Bewusstseinsunendlichkeit auch, und Nibbana ebenso. Aber nicht für jeden und zu jeder Zeit. Also nicht immer und auch nicht überall.

  • Kennst du den Rudolf genauer, so dass du ihm sagen kannst, er wäre (bereits) frei? So ein Aussage kann u. A. wie blanker Hohn aufgefasst werden, wenn man in sich einer entsprechenden Lebenssituation befindet, die mit vielem, aber nicht mit Freiheit vergleichbar ist.

    Die bereits vorhandene Freiheit, Erlösung, Erwachen wird manchmal so im Zen erwähnt - ähnlich im Wortlaut -" es ist alles da - wir müssen nur das aus dem Weg räumen, was uns davon trennt" - oder ähnlich. (Und das in "allen" Lebenssituationen)

    Liebe Grüße Schneelöwin


    "All is always now"




  • Schneelöwin


    Nochmal zu "Samsara ist Nibbana": Ich finde, das ist eine methodische Aussage. Es kann damit ein Gefühl bewirkt werden und damit eine Wahrnehmung.


    "Alles ist eh schon immer da (man erkennt es nur nicht)" - dieser Aussage stimme ich auch in dieser Allgemeinheit zu. Wenn unter "alles" nicht eben auch Abwesenheit von "alles" (Gefühl, Wahrnehmung, Bewusstsein) gemeint ist. Was auch mit dieser Einschränkung trotzdem eine "Hammeraussage" bleibt, über die man mal länger nachsinnieren und damit auch fühlen kann.

  • Es heisst auch im Vajrayana nicht "Samsara ist Nirvana". Sondern z.B. "Samsara und Nirvana sind ungetrennt." Samsara ist Samsara und Nirvana ist Nirvana. Wenn sie identisch wären, könnte man sich den ganzen Buddhismus sparen, und ja, auch Methoden wie Dzogchen und Mahamudra. Worum es geht ist letztlich, dass ich vor dem gleichen Baum stehen kann, und es kann Samsara sein oder Nirvana. Das hängt von meinem Geisteszustand ab. In gleicher Weise ist alles im Zustand der Verblendung Samsara, und alles im Zustand von Erleuchtung ist Nirvana. Das wird auch gesagt, um deutlich zu machen, dass man nicht irgendwo anders hingehen muss, um Nirvana zu erlangen, und dass man die Welt nicht verlassen muss, um Samsara zu entkommen.

  • Schneelöwin


    Nochmal zu "Samsara ist Nibbana": Ich finde, das ist eine methodische Aussage. Es kann damit ein Gefühl bewirkt werden und damit eine Wahrnehmung.


    "Alles ist eh schon immer da (man erkennt es nur nicht)" - dieser Aussage stimme ich auch in dieser Allgemeinheit zu. Wenn unter "alles" nicht eben auch Abwesenheit von "alles" (Gefühl, Wahrnehmung, Bewusstsein) gemeint ist. Was auch mit dieser Einschränkung trotzdem eine "Hammeraussage" bleibt, über die man mal länger nachsinnieren und damit auch fühlen kann.


    Ich stimme Dir ja dahingehend gerne zu.

    Diese "Hammeraussagen" haben mir anfänglich sehr zu schaffen gemacht, da ich - ohne Hintergrundwissen - das alles auch nicht wirklich verstanden habe. Zen-Bücher sind da manchmal ziemlich wortkarg in den Erklärungen.

    Und wir sind hier ja im Anfängerbereich, um so besser, hier doch deutlicher zu werden.


    Liebe Grüße von Schneelöwin

    Liebe Grüße Schneelöwin


    "All is always now"




  • Also: obwohl die Phänomene in Existenz treten in Abhängigkeit von vielfältigen Ursachen, Bedingungen und Umständen - existieren sie dennoch nicht wahrhaft. Wie kann das sein? sie sind doch in Existenz getreten?

    Sicher werden werden es dann Illusionen sein. Wenn nicht, dann wären sie doch wahrhaft da.

    Entweder ist etwas 1) wahrhaft so wie es erscheint oder 2) es ist eine Illusion.

    Gibt es etwas eine dritte Möglichkeit?

    Du akzeptierst ja, dass die Phänomene in Abhängigkeit von vielfachen Ursachen usw. existieren.


    Deshalb ist deine Gegenüberstellung falsch. Die Alternative ist: sind Phänomene wahrhaft existent, also existieren sie so wie sie uns erscheinen, oder existieren sie nicht so, weil sie abhängig bestehen.


    Was wahrhaft existiert, also so existiert wie es uns erscheint, existiert nicht in Abhängigkeit. Wahrhafte Existent bedeutet ja, die Auffassung zu haben, dass die Phänomene eine Existenz von der eigenen Seite haben, dass die Phänomene eine Eigenexistenz haben. Was eine Eigenexistenz hat, ist aber unabhängig von Ursachen, Bedingungen und Umständen, weil es ja aus sich heraus existiert, und ist somit nicht abhängig existent. In Abhängigkeit existierende Phänomene können also keine Eigenexistenz haben.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Was das mit "Nibbana ist überall" angeht: Es handelt sich dabei in meinen Augen um eine "methodische Aussage", so wie auch Aussagen wie zB "der Raum ist unendlich", oder auch "Bewusstsein ist unendlich". Sie sollen dabei helfen, einen in eine bestimmte Wahrnehmung zu hieven.

    So sehe ich das auch. Die Methode "Alle sind erleuchtet, nur die Suche nach Erleuchtung hält sie davon ab es zu erkennen" hat meiner Meinung nach ebenso ihre Berechtigung wie der Achtfache Pfad.

    Mir ist es wichtig, die Sichtweisen einzubringen, mit denen ich persönlich mich besser auskenne.


    Kennst du den Rudolf genauer, so dass du ihm sagen kannst, er wäre (bereits) frei? So ein Aussage kann u. A. wie blanker Hohn aufgefasst werden, wenn man in sich einer entsprechenden Lebenssituation befindet, die mit vielem, aber nicht mit Freiheit vergleichbar ist.


    Selbstverständlich hat die Aussage: "Du bist bereits frei, aber stellst dir beim Erkennen selbst im Weg." einen provokativen Charakter, der auch so beabsichtigt ist. Wenn ich das Gefühl habe, dass jemand sehr an Theorien anhaftet, kann ich einfach nicht anders... :nospeak:

  • Was wahrhaft existiert, also so existiert wie es uns erscheint, existiert nicht in Abhängigkeit. Wahrhafte Existent bedeutet ja, die Auffassung zu haben, dass die Phänomene eine Existenz von der eigenen Seite haben, dass die Phänomene eine Eigenexistenz haben. Was eine Eigenexistenz hat, ist aber unabhängig von Ursachen, Bedingungen und Umständen, weil es ja aus sich heraus existiert, und ist somit nicht abhängig existent. In Abhängigkeit existierende Phänomene können also keine Eigenexistenz haben.


    Wenn ich von meinen Eltern gezeugt wurde und jetzt existiere: und da kommt jemand mit der Aussage: "Du existierst nicht wahrhaft, weil du abhängig von deiner Mutter geboren wurdest" :)

    Das ist was zum Lachen.

    Das sollte man vor allem anderen Menschen nicht erzählen, sonst denken die, die Buddhisten spinnen.


    Man kann schon sagen, dass man nicht aus sich selbst heraus zur Existenz gekommen ist und auch immer noch Luft zum Atmen und Nahrung braucht, um weiter leben zu können, also abhängig von anderen Dingen ist - aber dass man deswegen nicht wahrhaft existiert - dieses Argument ist zu schlapp.


    Zitat

    Wahrhafte Existent bedeutet ja, die Auffassung zu haben, dass die Phänomene eine Existenz von der eigenen Seite haben, dass die Phänomene eine Eigenexistenz haben.

    Du begehst hiermit den klassischen Fehler, dass du einfach definierst: wahrhafte Existenz = Eigenexistenz. Und danach meinst du, erklärt oder gar bewiesen zu haben, dass es tatsächlich so ist.

    :rainbow:

  • Selbstverständlich hat die Aussage: "Du bist bereits frei, aber stellst dir beim Erkennen selbst im Weg." einen provokativen Charakter, der auch so beabsichtigt ist. Wenn ich das Gefühl habe, dass jemand sehr an Theorien anhaftet, kann ich einfach nicht anders... :nospeak:


    Was uns im Weg steht - lehrt der Buddha - ist unsere Unwissenheit. Und die ist etwas Positives: die falsche Vorstellung wie unser Ich existiert.

    Und die fällt nicht einfach so weg, wenn wir nichts tun und nichts denken. Da braucht es Gegenmittel.

    Das Nicht-Erkennen steht uns im Weg.

    :rainbow:

  • Helmuts Ausführungen stimmen exakt mit den Lehren der Prasangika Madhyamika übereiṇ: schau mal, Rudolf, vielleicht verstehst Du es dann besser:


    Abgesehen davon, dass auch in deinem Zitat nirgendwo erklärt wird: was aus Ursachen entstanden ist = nicht wahrhaft existent,


    willst du hier im Anfängerbereich mit der Prasangika-Madhyamika-Philosophie herumstolzieren, mit der Implikation, dass diese Philosophie ja natürlich die absolut wahre Philosophie ist?


    :(

    :rainbow:

  • Willst du hier im Anfängerbereich mit deinen Relativierungen und Wiederlegungen traditioneller Auslegungen bud. Schulen herumstolzieren, mit der Implikation, dass diese Philosophie ja natürlich die absolut wahre Philosophie ist?


    Der Unterschied ist: ich versuche zu diskutieren. (Und ich glaube Helmut auch)


    "Helmuts Ausführungen stimmen exakt mit den Lehren der Prasangika Madhyamika übereiṇ:"

    ist wirklich kein Beitrag oder keine Antwort auf meine Zweifel an Helmuts Ausführungen.


    Außerdem sind Widerlegungen traditioneller Auslegungen buddistischer Schulen gerade im Mahayana etwas ganz Gewöhnliches.

    Gerade die Prasangika-Madhyamikas machen das sehr gerne. :)

    Die jedenfalls hätten nichts dagegen, wenn ich das hier auch versuche.

    :rainbow:

  • Bitte lies es achtsam, oder lass' es.


    Danke für deinen Hinweis.

    Ich finde es aber nicht.

    Kannst du bitte mal unterstreichen wo da erklärt wird: was aus Ursachen entstanden ist = nicht wahrhaft existent.

    :rainbow:

  • Ich hab hier noch eine interessante Seite gefunden:


    [...]


    Unser so genanntes individuelles Dasein ist in Wirklichkeit nichts weiter als ein bloßer Prozess dieser körperlichen und geistigen Phänomene, ein Prozess, der seit undenkbaren Zeiten schon vor unserer Geburt im Gange war und der auch nach dem Tode sich noch für undenkbar lange Zeitperioden fortsetzen wird. Diese 5 Daseinsgruppen aber bilden, weder einzeln noch zusammengenommen, irgend eine in sich abgeschlossene wirkliche Ich-Einheit oder Persönlichkeit, und auch außerhalb derselben existiert nichts, was man als eine für sich unabhängig bestehende Ichheit bezeichnen könnte, sodaß eben der Glaube an eine im höchsten Sinne wirkliche Ichheit, Persönlichkeit usw. eine bloße Illusion ist.

    [...]