Sind die klassischen Texte insgesamt für jeden Buddhisten verbindlich?

  • Die akademische Buddhologie ist sich weitgehend darüber einig, dass die uns heute vorliegenden Texte NICHT wie eine Mitschrift original Buddhawort sein können. Zwischen gesprochenem Wort und Niederschrift sind 400 oder 500 Jahre vergangen. Es hat mehrere Übersetzungsszenarien gegeben, viel Interpretationsarbeit, bei der Mönche das vorliegende Matarial an die Bedürfnisse ihrer Zeit angepasst haben und die Texte redaktionnell bearbeiteten.


    Der Oriantalist Johannes Bronkhorst z.B. schreibt, die klasssichen Texte seien sicher nicht Buddhawort aber sie enthalten Buddhawort

    Ausgehend von diesen Fakten könnte man die klassischen Texte als "Grundorientierung" betrachten und sie jeweils kritisch-gewissenhaft, aber wohlwollend, auf ihren Wahrheitsgehalt prüfen.

    Dabei mag es , wie von Thorsten Hallscheidt beschrieben und Hendrik eingeräumt, zeitweise zu Änderungen im Erkenntnisstand kommen, die ggf. eine neue Bewertung hervorbringen.

    Alles ist im Fluss....

    Wenn ihr aber, Kalamer, selber erkennt: Diese Dinge sind unheilsam, sind verwerflich, werden von Verständigen getadelt, und, wenn ausgeführt und unternommen, führen sie zu Unheil und Leiden‘, dann o Kalamer, möget ihr sie aufgeben.“ Das gilt für mich auch und gerade für die klassischen Texte, die eben NICHT autoritatives Buddhawort sind, sondern Ausdruck des Glaubens und des Erkenntnisstands der Väter, dem ich mich anschließen kann oder auch nicht.

    Ob das Kalama Sutta wirklich "Buddhawort" ist? Auf jeden Fall klingt es sehr vernünftig...

    (Wer sind eigentlich die "Verständigen", die tadeln? Manchmal werden sie ja auch als "Weise" übersetzt - also ebenfalls wieder Autoritäten, deren Beurteilung man sich anschließen kann - oder nicht...)

    Die Vier Edlen Wahrheiten stellen eine spätere Systematisierung der Lehren dar und wurden von Buddha niemals in dieser Weise gelehrt. Ist das allen hier im Forum und in den Sanghen klar?

    Ich fürchte: nicht wirklich!

    Man vergisst in seiner Faszination und Begeisterung für die Lehre allzu leicht, dass es noch nicht mal 100 % ig sicher ist, dass es den historischen Buddha überhaupt gab...


    Für viele mag es eine Glaubensfrage sein und wer glaubt, hat meist gute Gründe dafür - er WILL glauben.

    Bevor praktiziert wird, sollte wohl zumindest etwas Glaube und Vertrauen vorhanden sein, dass die Lehre "wahr" ist, sonst fehlt es wahrscheinlich an Ernsthaftigkeit und Ausdauer.

    Es heißt in Diskussionen in 99,99% der Fälle "Buddha hat gesagt", dabei müsste es redlich heißen: "Man sagt, Buddha habe gesagt..." oder, "In den klassischen Texten heißt es, Buddha habe gesagt..." oder "Die Alten sagen, Buddha habe gesagt...". Ist das allen hier im Forum und in den Sanghen zum klar?


    Würde man letzeres praktizieren, manche Diskussion um Inhalte würde höflicher verlaufen, weil sich die Beteiligten darüber im klaren sind, dass wir über Gehörtes aus dritter, vierter usw. Hand sprechen, über eine Interpretation der Lehre und nicht über authentisches Buddhawort.

    Ach, schön wär's ja.... :? :)

    Wenn man höflich sein will, kann man es auch sein, egal, ob über Originalzitate oder Interpretationen diskutiert wird.

    Buddha hat gesagt bedeutet: Aus der Sicht eines erwachten Menschen stellt sich die Realität folgendermaßen dar.

    :like: :) _()_

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • So lange man sich davor drückt, deutlich zu sagen, was denn eigentlich angeblich "wiedergeboren" wird, ist der Begriff Wiedergeburt schlicht eine Mogelpackung. Und nur "kein atta" ist da als Antwort ein wenig dünn ...

    Gründe dass man sich drückt können sein dass in diesem Kontrovers-Bereich zuviel Streitlust und Drang zur Selbstbestätigung ist. Weiters weil es bereits ausführliche Erklärungen gibt wie Wiedergeburt im Buddhismus aufgefasst wird. Schließlich weil sich die Argumente und Gegenargumente jeweils widerlegen lassen ohne dass dabei die Wahrheit ans Licht kommt. Der im Palikanon vorgeschlagene Weg in dieser Sache die Wahrheit zu finden ist das Erreichen des vierten Jhana.

  • Die Welt durchblicken zu dürfen ist für mich eine Ehre und es erfüllt mich mit Stolz, Dankbarkeit und Demut.

    Wie sagte Sokrates zu Antisthenes?

    Zitat

    Mein Freund, durch die Löcher deines Mantels lugt die Eitelkeit.

    Inwiefern hat meine Aussage mit Eitelkeit zu tun?

  • weil es für mich total stimmig klingt. Also, ich kann drin keinen logischen Wiederspruch entdecken.

    Weil Ñāṇavīra allein in der kurzen Notiz zu paticcasamuppāda die gesamte Kommentarliteratur der Theravadins inkls. des Abhidhamma aus dem "Buddhawort" ausklammert (sodass nur der Vinaya- und Suttapitaka übrig bleibt). Das führt im weiteren Verlauf seiner Notizen zu einem (meines Erachtens) kohärenten und stringenten Bild des Kanons. Allerdings passt das nicht zu der traditionellen Interpretation der Nidanareihe (Buddhagosa und Co.), die mir nach dem Lesen von Ñāṇavīras Notizen noch mehr Magenschmerzen bereiten, als es vorher schon der Fall war.

    Mich hat nur interessiert, wie du zu einem anderen Schluss gekommen bist.

  • Das führt im weiteren Verlauf seiner Notizen zu einem (meines Erachtens) kohärenten und stringenten Bild des Kanons.

    Genau das, lieber Bosluk :rose: . Es hatte mich total bestochen. Wenn er sogar gegen die "Tradition " ausspricht, es ist mir echt nichts wichtig. Die Wahrheit , wie sie ist, passt sowieso in keine Kanon(e). ( Und die ist so oder so rein individuell, im Sinne , dass jeder im eigenen Tunnel der Wahrnehmung lebt).

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Schließlich weil sich die Argumente und Gegenargumente jeweils widerlegen lassen ohne dass dabei die Wahrheit ans Licht kommt. Der im Palikanon vorgeschlagene Weg in dieser Sache die Wahrheit zu finden ist das Erreichen des vierten Jhana.

    Werter mukti - ich stimme Dir ja zu, dass das letzlich kein Thema ist, das sich argumentativ klären lässt. Dazu bedarf es der Empirie; wie ich hier schon schrieb:

    Zitat

    So lange die erste samyojana, nämlich sakkaya ditthi, nicht überwunden ist, wird punnabhava unweigerlich aus dieser 'Sicht' (ditthi) personalistisch missverstanden.

    Ob die empirische Methode da nun die Übung der Jhana oder das jijuyu zanmai des Zazen ist, ist nicht der Punkt ...


    Jedenfalls - deswegen habe ich es auch als ein "toxisches" Thema bezeichnet. Es ging mir hier jedoch eher um einen Nebenaspekt - nämlich das Befördern solcher Missverständnisse durch inkorrekte, interpretierende Übersetzungen. Und jati mit "Wiedergeburt" zu übersetzen, ist genau das. Ich halte das nicht für hilfreich und auch hinsichtlich intellektueller Redlichkeit für bedenklich.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Inwiefern hat meine Aussage mit Eitelkeit zu tun?

    Bitte nimm mir die kleine Stichelei nicht übel _()_ - aber als ich "die Welt durchblicken dürfen" las, dachte ich erst einmal "geht's auch 'ne Nummer kleiner?" Wie auch immer - erfolgversprechender ist es, mit dem Durchblick bei sich selbst anzufangen, das mit der Welt kommt dann von selbst, als kostenlose Dreingabe. Und "dürfen" - ich bitte Dich, wer wollte sowas verbieten?


    Wie gesagt, war nur Gefrozzel - Entschuldigung, wenn es anders ankam.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Inwiefern hat meine Aussage mit Eitelkeit zu tun?

    Bitte nimm mir die kleine Stichelei nicht übel _()_ - aber als ich "die Welt durchblicken dürfen" las, dachte ich erst einmal "geht's auch 'ne Nummer kleiner?" Wie auch immer - erfolgversprechender ist es, mit dem Durchblick bei sich selbst anzufangen, das mit der Welt kommt dann von selbst, als kostenlose Dreingabe. Und "dürfen" - ich bitte Dich, wer wollte sowas verbieten?


    Wie gesagt, war nur Gefrozzel - Entschuldigung, wenn es anders ankam.

    Ich seh mich ja als Teil der Welt. :) Wahrscheinlich hält es sich die Waage zwischen mich selbst erkennen und die Welt erkennen. Manchmal denke ich mir mich selbst erkennen ist viel schwerer aber dafür eindeutiger wenn es mal passiert, und bei der Welt irre ich mich auch immer wieder es ist also uneindeutiger für mich aber dafür sind oft schnell Wege da, nur was ist der richtige Weg? :grinsen:

  • So lange man sich davor drückt, deutlich zu sagen, was denn eigentlich angeblich "wiedergeboren" wird, ist der Begriff Wiedergeburt schlicht eine Mogelpackung. Und nur "kein atta" ist da als Antwort ein wenig dünn ...

    Gründe dass man sich drückt können sein dass in diesem Kontrovers-Bereich zuviel Streitlust und Drang zur Selbstbestätigung ist. Weiters weil es bereits ausführliche Erklärungen gibt wie Wiedergeburt im Buddhismus aufgefasst wird. Schließlich weil sich die Argumente und Gegenargumente jeweils widerlegen lassen ohne dass dabei die Wahrheit ans Licht kommt. Der im Palikanon vorgeschlagene Weg in dieser Sache die Wahrheit zu finden ist das Erreichen des vierten Jhana.

    mukti . Hm, das wäre nichts ausreichend, also ohne den "Klaren Blick" es geht nichts.

    Aber was anbelangt das Thema, was oder wer wiedergeboren wurde, hatte ich bei Sudhana gefunden, und zwar 18.01.2017, ich denke, das sollte ich echt studieren:


    Zitat

    Gemäß Visuddhimagga hat patisandhi-citta keine "Funktion", sondern es ist der initialisierende Moment eines neu entstehenden "Bewusstseinsstroms" (bhavangasota). Dieser bhavangasota ist nun - nach Visuddhimagga - tatsächlich ein individuelles Bewusstseinskontinuum. Es endet mit seinem letzen Moment, dem "Sterbebewusstsein" (cuticitta). Die "Verknüpfung" (patisandhi) zwischen einem cuticitta (und einem damit endenden Geisteskontinuum) und einem patisandhi-citta (und damit einem neuen Geisteskontinuum) besteht lediglich im Bewusstseinsobjekt. Dasist - um es noch einmal zu unterstreichen - Visuddhimagga, nicht PK.


    Mir ist egal, wohin das passt.


    Irmin82

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Es ging mir hier jedoch eher um einen Nebenaspekt - nämlich das Befördern solcher Missverständnisse durch inkorrekte, interpretierende Übersetzungen. Und jati mit "Wiedergeburt" zu übersetzen, ist genau das. Ich halte das nicht für hilfreich und auch hinsichtlich intellektueller Redlichkeit für bedenklich.

    Werter Sudhana,


    ich habe weder punnabhava mit Wiedergeburt übersetzt noch jati sondern im Beitrag 31 geschrieben:

    Zitat

    Das Wort "Wiedergeburt" habe ich nicht im Sinne von punnabhava verwendet, wenn es auch damit zusammenhängt, sondern im Sinn von jati.

    Ein Wort in einen bestimmten Sinnzusammenhang zu stellen ist keine Übersetzung. Der Zusammenhang Wiedergeburt-jati ergibt sich aus mehreren Lehrreden, z.B.:


    Zitat

    18. "Als mein konzentrierter Geist auf solche Weise geläutert, klar, makellos, der Unvollkommenheit ledig, gefügig, nutzbar, stetig und unerschütterlich war richtete ich ihn auf das Wissen von der Erinnerung an frühere Leben. Ich erinnerte mich an viele frühere Leben, das heißt, an eine Geburt, zwei Geburten, drei Geburten, vier Geburten, fünf Geburten, zehn Geburten, zwanzig Geburten, dreißig Geburten, vierzig Geburten, fünfzig Geburten, hundert Geburten, tausend Geburten, hunderttausend Geburten, viele Äonen, in denen sich das Weltall zusammenzog, viele Äonen, in denen sich das Weltall ausdehnte, viele Äonen, in denen sich das Weltall zusammenzog und ausdehnte: 'Dort wurde ich soundso genannt, war von solcher Familie, mit solcher Erscheinung, solcherart war meine Nahrung, so mein Erleben von Glück und Schmerz, so meine Lebensspanne; und nachdem ich von dort verschieden war, erschien ich woanders wieder; auch dort wurde ich soundso genannt, war von solcher Familie, mit solcher Erscheinung, war meine Nahrung solcherart, so mein Erleben von Glück und Schmerz, so meine Lebensspanne; und nachdem ich von dort verschieden war, erschien ich hier wieder.' So erinnerte ich mich an viele frühere Leben mit ihren Aspekten und Besonderheiten."

    M.19.

    Ob das stimmt oder nicht, darüber lässt sich wie in Beitrag 19 gesagt diskutieren. Aber immerhin darin stimmen wir ja überein:


    Werter mukti - ich stimme Dir ja zu, dass das letzlich kein Thema ist, das sich argumentativ klären lässt.

    Um Missverständnisse zu beseitigen bin ich in der Rolle mich rechtfertigen zu müssen, außerdem habe ich zur Zeit ständig Internetausfälle. Wenn du das jetzt wieder nicht für hilfreich hältst oder/und weiterhin Bedenken bezüglich intellektueller Redlichkeit mitteilen möchtest, gestehe ich dir gerne "die Kunst recht zu behalten" zu.

  • So lange man sich davor drückt, deutlich zu sagen, was denn eigentlich angeblich "wiedergeboren" wird, ist der Begriff Wiedergeburt schlicht eine Mogelpackung. Und nur "kein atta" ist da als Antwort ein wenig dünn ...


    Dann wäre wie jede andere Formulierung über einen Menschen, der etwas wieder tut eine Mogelpackung.


    In der Tat aber war die Lage der von Buddha belehrten Menschen ja die, dass sie feste Ansichten über eine eigene Person hegten. Und insofern wurde diesem natürlichen Verständnis gemäss, welches Buddha allerdings Nichtwissen nannte, von ihm auch Erklärungen und Ansichten ausgegeben, die diese natürliche/normalerweise vorhandene Auffassung 'Ja es gibt mein eigenes Selbst' (was durch äussere Umstände hervorgebracht wurde (oder was schon immer existiere und immer existieren wird) aufgreifen. Zu der einen heilsamen Ansicht gehört beispielsweise, dass es diese Welt gibt, wie auch die jenseitige. Die andere dem Buddhaerklären zugeschriebene heilsame Ansicht ist die, dass es die Frucht guter Taten sowie die Folgen Leid stiftender Taten gibt. Mit der jenseitigen Welt ist gemäss den Erklärungen über die verschiedenen Ebenen des Daseins und den Erklärungen über den anfanglosen Prozess von Geburt, Altern und Tod eben das gemeint, was mancher Geist einfach Wiedergeburt nennen will, und dazu auch nichts weiter vorbringen kann, weil ihm die Einsichtstiefe (umfassenderes Wissen) fehlt. All dies wurde ja gesprochen, weil atta Glaube bzw Nichtwissen die natürliche Lage der Personen ist, die nur unzureichend die eigentliche Natur des Bewusstseins erkennen/nicht verstehen. Insofern kann man jeden didaktischen Versuch eine Mogelpackung nennen, wenn es wirklich darum geht ... worum geht es aber in diesem spezifischen Kommunikations- oder so verstandenem Aufklärversuches von dir?


    Geht es mit dem Aufstellen dieses Urteils (Mogelpackung) sowie dem Urteil 'esoterische Fantasien' darum, andere Menschen vor einer unheilsamen Vorstellung zu schützen? Ich glaube nicht. Ich glaube, es geht mehr um eine Selbstversicherung und um einen Versuch und den Vorgang, eine Ansicht zu vertreten und sie anderen vermitteln zu wollen, bzw darum anderen 'esoterische Fantasien' auszureden. Den Sinn dahinter aber verstehe ich nicht. Was hat es für einen Sinn, einer Person einen dieser selben (?...) Person sinnstiftenden und heilsamen Glauben auszureden?


    Der Umgang mit dem Begriff Wiedergeburt oder besser vielleicht der Umgang mit einem anderen Begriff, in welchem der Sinn, (das Leiden dabei!) besser zum Ausdruck kommt: WiederundwiederundwiederGeburtundwiederundwiederundwiederAlternundwiederundwiederundwiederSterben (...) kann sehr verschieden ausfallen. In der Tat gibt es wohl Menschen, die diese Vorstellung so aufnehmen, dass damit selbstverletzende Vorstellungen möglich sind. Es gibt auch Menschen, die in ihrem Geist eindimensionale gedachte Karmaideen verfolgen, und Theorien darüber aufstellen, dass Menschen die aktuell grosses Leid in Form äusserer Umstände zu erdulden haben 'in ihrem früherem Leben Schlechtes getan hätten' (anstatt sich um die eigenen Angelegenheiten zu kümmern). In diesen beiden Fällen verstünde ich es, dass man als ein 'Dharmakenner' (und damit meine ich nicht bloss einen Kenner der Begrifflichkeiten, ich meine mehr einen Menschen der die Natur des Bewusstseins versteht) ein entsprechendes Gespräch führen möchte, damit diese Person leichter diese Leid stiftenden Denkhandlungen aufgibt. Für die Fälle, in denen besonnenere Menschen mit dem Gedanken 'Wiedergeburt' leben, und ihn ja nicht zu Unrecht wenigstens mit buddhistischen Texten in Verbindung bringen, verstehe ich den Wunsch, und die hiermit entstandene Handlung 'Wiedergeburt' als eine Mogelpackung ausgeben zu wollen, eher in einem Zusammenhang zu dem erklärten eigenen Anspruch auf das Wort 'Buddhadharma'.


    Eine didaktische 'Mogelpackung' --> die Provokation des Gedankens Wiedergeburt <-- könnte mir, basierend auf der Tatsache, dass die Vorstellungen über eine eigene Lebenswelt, eine eigene Lage in der Welt, eigene Verbindungen zur Welt ja gewissermassen allesamt Mogelpackungen sind, nur folgerichtig erscheinen.



    Was wird wiedergeboren? - Ein abschliessender Kommentar. Die besonders herausgestellte Frage nach einem solchen etwas, was wiedergeboren werden soll, unbesehen aller weiteren anderen Vorstellungs- und Formulierungsfälle in denen ebenso davon gesprochen wird, dass etwas oder jemand wieder etwas tut entspringt dem was man leichtfertig einfach 'atta Glaube' nennen kann. Nicht zuletzt wegen dieser Gegebenheit der Versuch einer Antwort auf diese Frage allerdings von mir vorgestellt von einem Wissenwollenden gestellt und nicht von jemanden der um Begriffe streiten möchte (ist es dann aber noch die selbe Frage? Und die richtige Antwort auf sie?)



    -->



    Nichts wird wiedergeboren. Nie/in keinem Fall ist wieder dasselbe. Höchstens ähnlich - fast dasselbe. Da ist keine identische Person, die wieder das Auto am Wochenende wäscht (zB). Niemand, den man am nächsten Tag wiedersehen wird und sich jetzt schon darauf freut weil es genau diese eine (selbe) Person ist, mit der man so viele schöne Erfahrungen geteilt hat. Es ist aber solange leidvolles und geisttraumatisierendes Geborenwerden und Altern und Sterben, solange der Daseinsdurst nicht vollkommen überwunden wurde, oder das Nichtwissen oder zugänglicher ausgedrückt: das passiert solange die Gier und der Hass bis in ihre subtilsten Formen nicht aufgelöst sind.


    Allerdings können auch diese Formulierungen nicht ihrer sprachlichen Hülle entfliehen, nicht dem Denken in selbstidentischen Subjekten und Objekte vorbeugen. Im Gegenteil ist ja die naturgemässe Implikation jedes Namens und jeder Objektvorstellung die man sich vorstellt die: es ist dasselbe gemeint.


    Ein weiterer aber aber womöglich ebenso zu knapper Kommentar zu der Krux der Namen und ihrer natürlichen 'Atta Implikation': an sich ist das nicht das Problem. Auf das Problem richtiger aufmerksam machend ist der Hinweis, dass man die Vorstellungshandlungen ja inbesondere in einem Zusammenhang mit Objekten ausübt, die besonders gut zu der eigenen charakterlichen Veranlagung passen, zu Objekten denen man sich auf die begehrende oder hassende Weise bewusst aber zT und das ist das Problem! unbewusst hingezogen fühlt. Das ist die Schwierigkeit, das macht es so schwer, sich von gewissen Objektvorstellungen und bestimmten Denken zu lösen und damit einhergehend bestimmte emotionale und triebgebundene Verwicklungen aufzulösen. Je mehr solche Verwicklungen, desto geringer die Wahrscheinlichkeit, den umfassenden Blick über wirklich alle Namen zu erhalten. Und für den glücklichen Fall, dass das doch mehrere Male erfolgt ist, ist damit noch nicht gesagt, dass man dann in der Lage ist, anderen hierüber hilfreich Auskunft erteilen zu können.


  • Das ist eine interessante Reaktion, lieber Bernhard_Shaolin . Ich referiere den Stand religionswissenschaftlicher Forschung und man fühlt sich "unwohl" und fragt daraufhin den Referenten, ob er Zwiespalt sähen wolle. Desweiteren stellt man die spirituelle Kompetenz des Referenten in Frage (Bei dem scheint was nicht zu stimmen), statt sich auf der Sachebene mit den Vorgetragenen auseinanderzusetzen.


    Darf ich fragen, warum Du Dich "unwohl" fühlst und Dich nicht bereit finden kannst, Dich mit dem Vorgetragenen auseinanderzusetzen?


    Das ist nun eine persönliche Frage und fast schon OT – aber dieses Unwohlsein und die darauf folgende Reaktion dann doch so typisch, dass es diskutiert werden könnte. Du musst darauf aber nicht antworten, Bernhard_Shaolin .

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Das ist eine interessante Reaktion, lieber Bernhard_Shaolin . Ich referiere den Stand religionswissenschaftlicher Forschung


    Einen Teil davon zumindest. Aber was sagst du, wenn du nicht nach Hörensagen gehst, was ist dein eigenes Urteil über beispielsweise die mittleren Lehrreden denen 'die religionswissenschaftliche Forschung' in Teilen ja durchaus (wenn man solche Facetten 'der religionswissenschaftlichen Forschung' annehmen möchte) zugesteht, dass sie die Reden einer (einzigen) Person sind?


    Oder ist es deine Absicht lediglich die Gedanken anderer zu präsentieren? Und dann ... was ist der Sinn, Gedanken anderer wiederzugeben?

  • Das ist eine interessante Reaktion, lieber Bernhard_Shaolin . Ich referiere den Stand religionswissenschaftlicher Forschung


    Einen Teil davon zumindest. Aber was sagst du, wenn du nicht nach Hörensagen gehst, was ist dein eigenes Urteil über beispielsweise die mittleren Lehrreden denen 'die religionswissenschaftliche Forschung' in Teilen ja durchaus (wenn man solche Facetten 'der religionswissenschaftlichen Forschung' annehmen möchte) zugesteht, dass sie die Reden einer (einzigen) Person sind?


    Oder ist es deine Absicht lediglich die Gedanken anderer zu präsentieren? Und dann ... was ist der Sinn, Gedanken anderer wiederzugeben?


    Als Religionswissenschaftler kann ich die Argumentationen der Kollegen sehr gut nachvollziehen und beurteilen. :)

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna


  • Darf man fragen, auf welcher Grundlage? Das heisst: hast du dich selber mit den verschiedenen Übertragungen intensiv beschäftigt, kannst du bestimmte Forschungsergebnisse deswegen sehr gut nachvollziehen und beurteilen?

  • Ich habe nur gehört, dass man sich wenn man "die Lehre durchdrungen hat" seine Erfahrungen in den Sutras wiederfinden kann. So sagen es zumindest einige Zen-Meister. Allerdings weiß ich nicht, auf welche Sutras die sich alle beziehen, zumindest so Sachen wie das Herz-Sutra sind schon fester Bestandteil und zeitlos.

  • Ich habe nur gehört, dass man sich wenn man "die Lehre durchdrungen hat" seine Erfahrungen in den Sutras wiederfinden kann.


    So sollte es doch sein, dass man das sich ständig wandelnde Bewusstsein mit Hilfe buddhistischer Lehrtexte wenigstens nachträglich besser versteht.


    Jedenfalls kann ich das bestätigen.

  • Ich habe nur gehört, dass man sich wenn man "die Lehre durchdrungen hat" seine Erfahrungen in den Sutras wiederfinden kann. So sagen es zumindest einige Zen-Meister. Allerdings weiß ich nicht, auf welche Sutras die sich alle beziehen, zumindest so Sachen wie das Herz-Sutra sind schon fester Bestandteil und zeitlos.

    Das stimmt. Der sechste Patriarch von Zen war der absolute Analphabet, so wie im Alltag als der "arme Tropf " von anderen wahrgenommen. Dann er hörte nur die Rezitation von "Diamant-Sutra" und war erleuchtet.

    Er berichtet dann in seiner Autobiografie:" Ich hörte es nur einmal, und mein Geist öffnete und klärte sich".

    (S. Schuhmacher, "Zen".)

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates


  • Die Methodik ist stimmig und ich kann einzelne Argumentationen nachvollziehen - vor allem, wenn sie linguistischer Natur sind. Der Apparat der historisch-kritischen Methode ist mir mehr als vertraut.


    Wollen wir auf der Sachebene weiter diskutieren?

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Was hat es für einen Sinn, einer Person einen dieser selben (?...) Person sinnstiftenden und heilsamen Glauben auszureden?

    Zunächst einmal geht es (mir) nicht darum, irgend jemand seinen Glauben auszureden, wie ich hier jetzt bereits zum dritten Mal erkläre; das hielte ich für sinnlos. Es geht vielmehr darum, dass den Leute offensichtlich ein Glaube eingeredet werden soll, wenn man hartnäckig behauptet, Buddha habe "Wiedergeburt" gelehrt. Ein Begriff, dessen Pali-Entsprechung *punajāti freilich nirgendwo in den Sutten des Palikanon belegt ist. Dafür findet sich die Sanskrit-Entsprechung punarājāti - allerdings in Schriften der Hindu und der Jaina, wo es auch hingehört. Im Kontext Buddhismus halte ich das für unheilsam, weil es geeignet ist, unheilsame Sichtweisen, insbesondere sakkāyadiṭṭhi, zu verfestigen statt aufzulösen..


    Mein Thema ist also - auch das hatte ich schon angesprochen - intellektuelle Redlichkeit bei der Übersetzung der Quellen. Eine Übersetzung, die mit persönlichen Interpretationen befrachtet wird (wie es der Fall ist, wenn man jāti oder auch upapatti mit 'Wiedergeburt' übersetzt) ist eine schlechte Übersetzung und ein Bärendienst am Leser, der mit seinen eigenen Projektionen beim Lesen schon genug zu tun hat. Interpretationen gehören in den Kommentar, wo sie als soche auch erkennbar sind.


    Sodann - ein Glaube mag sinnvoll und sogar heilsam sein, wenn er heilsames Handeln motiviert. Doch diese Heilsamkeit ist begrenzt, wenn an dem Objekt eines illusionären Glaubens festgehalten wird. Das mag duḥkha zeitweise verringern - aber es schließt das Überwinden aus.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Noch einmal zurück zum Titel dieses Themas. Was heißt denn, sind alle klassischen Texte für jeden Buddhisten verbindlich? Mich stört das Wort verbindlich. Was heißt denn verbindlich?


    Ich betrachte die vielen überlieferten Lehrreden Buddha Sakyamuni für wertvoll; egal ob sie im Pali- oder Sanskritkanon überliefert sind. Es gibt keine Lehrrede, die wertlos ist und die Lehrreden stehen auch nicht im Widerspruch zueinander.


    Sicher haben die vielen überlieferten Lehrreden nicht alle die gleiche Bedeutung für mich. Welche Bedeutung sie für mich haben hängt ja von meinem eigenen spirituellen Entwicklungsstand ab.


    Mit den Lehrreden, die ich bereits verstanden habe, werde ich mich immer wieder beschäftigen, denn jedes Mal erfasse ich etwas Neues auch in einer bereits verstandenen Lehrrede.


    Die Lehrreden, die nicht meinem jetzigen Entwicklungsstand entsprechen, kann ich ja erst einmal beiseite legen ohne sie abzuwerten. Es wird einen Zeitpunkt geben zu dem ich mich spirituell so weit entwickelt habe, dass sie eine wirkliche Bedeutung für mich haben werden.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Hä, was soll den das jetzt? Du scheinst doch der Buddhalehre nicht zu vertrauen und meinst alles durch den Intellekt betrachten zu müssen bis ins kleinste Detail. Nur das ist eben das was der Buddha und alle Zen-Meister sagen was man nicht tun soll. Es geht um Erfahrung und Erkenntis zwischen den Zeilen. Darum wollte Bodhidharma das die Bücher verbrannt werden. Wissen ist zwar wichtig aber andere Sachen führen dich deutlich weiter. Die Verehrung des Intellektes wie es manche nennen ist hier fehl am Platz. Und auch dieses Misstrauen und die Überbetonung des Intellekts sind es warum es vielen in der westlichen Welt an einem glücklichen Leben mangelt.


  • Ich will nicht diskutieren. Was gäbe es für dich denn zu diskutieren?


    Ich sehe keinen Zusammenhang zwischen meiner Frage und deiner Antwort.


  • Schau, Bernhard_Shaolin , es gibt viele Zugänge zum Buddhadharma. Du favorisierst offenbar eher den Zen-Weg, der mehr auf unmittelbare Erfahrung beruht und traditionell einer Scholastik kritisch gegenüber steht. Theravada dagegen basiert stark auf dem Studium der klassischen Texte. Mein persönlicher Zugang ist der über die Religionswissenschaft und Vipassana.


    Man muss anerkennen, dass es verschiedene Zugänge gibt und andere Zugänge nicht abwerten. „Du scheinst doch der Buddhalehre nicht zu vertrauen“ zu schreiben, weil da ein anderer Zugang ist, als Dein eigener, ist inakzeptabel.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna

  • Hä, was soll den das jetzt? Du scheinst doch der Buddhalehre nicht zu vertrauen und meinst alles durch den Intellekt betrachten zu müssen bis ins kleinste Detail. Nur das ist eben das was der Buddha und alle Zen-Meister sagen was man nicht tun soll. Es geht um Erfahrung und Erkenntis zwischen den Zeilen. Darum wollte Bodhidharma das die Bücher verbrannt werden. Wissen ist zwar wichtig aber andere Sachen führen dich deutlich weiter. Die Verehrung des Intellektes wie es manche nennen ist hier fehl am Platz. Und auch dieses Misstrauen und die Überbetonung des Intellekts sind es warum es vielen in der westlichen Welt an einem glücklichen Leben mangelt.

    Ich finde eher, es wird zu wenig Verstand benutzt und zu viel auf Buddha vertraut. Anders kann ich mir die Leute auf Sesshins und in den Klöstern nicht erklären, oder warum man sich schmerzvollen Praktiken annehmen sollte. :D Ein gesunder Mischmasch ist vielleicht besser.