Wenn man sich darin übt, beim Aufsteigen eines Gefühls bei der Feststellung angenehm, unangenehm oder neutral stehen zu bleiben
Genau... und dieses Stehenbleiben ist eben dieses Nicht-Tun. Aber auch später, wenn schon Bilder und Vorstellungen, die ganze Skala der Gefühle (im westlichen Sinne verstanden) auftritt, so kann auch das vorbeiziehen, ohne dass ich eingreifen oder reagieren muss.
Ich habe das in der Meditation oft gemerkt. Wenn sich zum Beispiel irgendwo ein körperlicher Schmerz manifestiert, muss ich nicht die Sitzposition ändern. Wenn ich den Schmerz anschaue, wird er stärker und vergeht dann vollständig. Wenn ich hingegen die Sitzposition verändere, wandert der Schmerz einfach in eine andere Region, sodass ich mich über kurz oder lang auf der Flucht vor dem Schmerz befinde (Ablehnung), ohne ihm entkommen zu können. Mit Gefühlen (Du sagst Emotionen) ist es ebenso. Ich habe in meinem Leben viele intensive Erfahrungen mit Angst erlebt. Sie verschwindet erst dann, wenn ich aufhöre sie zu bekämpfen, wenn ich ihr aufmerksam zuhöre, wenn ich aufgebe und mich verschlucken lasse. Dann zieht die Angst weiter und vergeht vollkommen.
Stemme ich mich aber gegen die Angst, den Schmerz, gegen die Emotionen, indem ich Gegenmittel ergreifen möchte, mich also gegen den Strom des Werdens und Vergehen stemme, entsteht ein Strudel der Aktivität und des Wollens im Strom des Daseins. Dieser Strudel entsteht auf der Basis von Verlangen und bringt Dukkha hervor. Ñāṇananda geht in seinen Nibbana-Sermons sehr ausführlich auf diesen Aspekt ein:
ZitatStellen wir uns einen Fluss mit abwärtsfließender Strömung vor. Dem Gefälle folgend abwärts zu fließen, liegt in der Natur eines Flusses. Aber ein bestimmter Teil der Wasserströmung denkt sich: „Ich kann und muss stromaufwärts fließen.“ Und deswegen drückt er gegen den Hauptstrom. Aber ab einem gewissen Punkt gerät sein Fortschritt unter die Kontrolle des Hauptstroms und wird beiseite geschoben, nur um eine Runde zu drehen, und so versucht er es von neuem, wieder und wieder. Alle diese eigensinnigen und erfolglosen Versuche führen allmählich zu einem Wirbel. Mit der Zeit versteht diese abtrünnige Strömung gewissermaßen, dass sie sich auf diese Art nicht vorwärts bewegen kann. Aber sie gibt nicht auf. Sie findet ein alternatives Ziel, während sie sich in Richtung Grund bewegt. So kommt es zu einer spiralförmigen Abwärtswindung, einem Trichter ähnlich, der sich tiefer und tiefer zum Grund gräbt, bis sich ein Abgrund gebildet hat. Damit haben wir dann einen Wasserstrudel. Während all dies geschieht, entsteht eine dringende Notwendigkeit, diesen Hohlraum wieder aufzufüllen und der Strudel entwickelt die erforderliche Kraft der Anziehung, um diesem Bestreben nachzukommen. Alles, was in seine Reichweite kommt, zieht er an und ergreift es, um es herumwirbelnd hinab in den trichterförmigen Abgrund zu schicken. Das Wirbeln verläuft mit einer enormen Geschwindigkeit, während der umgebende Anziehungsbereich mehr und mehr anwächst. Schließlich wird der Strudel zu einem Zentrum ungeheuer starker Aktivität.
Während dieser Vorgang in einem Fluss oder See stattfindet, eröffnet sich für uns die Möglichkeit, es als „diese Stelle“ oder „jene Stelle“ auszuweisen. Warum? Weil es eine anhaltende Aktivität gibt. Üblicherweise ist in der Welt der Ort, an dem eine Aktivität stattfindet, als eine „Einheit“, „ein Zentrum“ oder „eine Institution“ bekannt. Da der Strudel ebenfalls die Mitte einer Aktivität darstellt, können wir ihn durch ein „Hier“ oder „Dort“ bestimmen. Wir können ihn sogar personifizieren. In dieser Hinsicht öffnen sich uns damit weitere Bahnen für sprachlichen Ausdruck, Terminologie und Bestimmung. Aber wenn wir diese Art von Aktivität betrachten, die hier abläuft, was ist es schlussendlich? Es handelt sich nur um eine Pervertierung oder Verdrehung. Jene halsstarrige Strömung hat aus Verblendung und Unwissenheit bei sich gedacht: Ich kann und muss strom- aufwärts fließen. Darum hat sie es versucht und ist gescheitert. Sie hat sich lediglich im Kreis gedreht, nur um den gleichen vergeblichen Versuch wieder und wieder zu machen. Ironischerweise ist sogar ihr Vordringen zum Grund hin eine reine Stagnation. Somit haben wir hier Unwissenheit auf der einen Seite und Verlangen auf der anderen Seite als Resultat des Abgrunds, der durch den Strudel gebildet wird. Um dieses Verlangen zu befriedigen, entsteht jene Kraft der Anziehung: Ergreifen. Wo es Ergreifen gibt, da ist Existenz oder bhava. Der gesamte Strudel erscheint nun als ein Zentrum der Aktivität.