Säkularer Buddhismus

  • Sudhana:

    Um uns dem Thema wieder etwas anzunähern. Das "Bereinigen von religiösen Archaismen" trifft genau mein persönliches Problem mit Batchelors Ansatz. Es ist scheinbar eine bequeme Abkürzung, die dem Wanderer verspricht, ihm die hermeneutische Arbeit zu ersparen, eben diese religiösen Archaismen in den eigenen kulturellen Kontext zu 'übersetzen'. Dieser eigene kulturelle Kontext hat einen durch eine mit dem Dharma fast gleichaltrige Philosophie hoch entwickelten Begriffsapparat. Man muss eigentlich nur an die (zeitlich und räumlich) 'exotische' Überlieferung kulturell-kritisch und historisch-kritisch herangehen, dann wird das schon. Womit wir einen weiteren der aktuell diskutierten 'Buddhismen' angesprochen hätten - den 'westlichen Buddhismus', den man ebenfalls nicht für deckungsgleich mit einem 'säkularen Buddhismus' halten sollte.


    Ja, ich stimme Dir da gerne zu. Da ist ja nicht nur eine 'fast gleichaltrige Philosophie', die man fruchtbar machen könnte, da wäre ja nicht nur 'hermeneutische' Arbeit zu leisten, sondern man könnte sich ja auch z.B. (als konstruktive Kritik an Batchelor) um einen phänomenologischen Ansatz kümmern ('Leib') oder mal schauen, wie sich 'paticcasammupada' ökologisch interpretieren lässt. Und es wäre eine Lebensaufgabe für die 'Gutwilligen', diese Übersetzungsaufgabe zu leisten. Aber ich sehe nicht, dass da jemand rangeht. Der 'westliche' Buddhismus ist deshalb auch alles mögliche, nur kein 'westlicher', solange er seine Hauptaufgabe darin sieht, dass man auch auf einem Stuhl meditieren kann... }:-)


    Ich bekenne mich gerne zu Anandasas 'Everybody's got his own Mambo'yana, aber ich sehe ihn leider nirgends - andernfalls wäre ich wohl nicht abtrünnig geworden...



    Sudhana:

    Ob die angebotene Abkürzung nach Umgehung des hermeneutischen Hindernisses auch wieder auf den Weg trifft, ist eine zumindest derzeit noch offene Frage. Der kürzere Weg ist jedoch in der Regel nicht der bequemere und der bequemere nicht der kürzere.


    Ja, Wege entstehen halt dadurch, dass man sie geht. In meinem Alter muss ich nicht mehr unbedingt auf einen Weg zurückfinden, ich gehe gerne Umwege und verlaufe mich auch gerne, wenn die Aussicht vielversprechend ist.
    Danke für Deine Beiträge - da ruft jemand von einem anderen Weg herüber. Irgendwie fällt mir da gerade Jüngers 'Waldgang' ein... :)

  • Tychiades:

    Solange sich also Batchelor nicht revidiert, wird er das, was er geboren hat - den säkularen Buddhismus - immer wiedergebären - mit jedem Buch, vielleicht etwas anders, aber dennoch erkennbar und wenn man so was in die Welt setzt, dann hängt das an einem - und man ist (ab)gestempelt. Und die Anhänger leben dann auch noch davon.
    Deswegen war es klug, dass Buddha noch nichts aufschreiben konnte oder wollte.


    Ich habe mal übers Internet das Buch "Buddhism Without Beliefs" von Batchelor als PDF runtergeladen (also geklaut um ehrlich zu sein). Als PDF kann man eine Textsuche machen. Sucht man nach "Kharma" findet man im gesamten Buch nur einen Treffer, wo er in einem Satz Kharma einfach aus dem säkulärem Buddhismus wegstreicht. Keine Begründung, keine Herleitung, nichts. Was ich sonst in dem Buch las waren biographische Anekdoten, in dener er hauptsächlichen über den tibetischen Buddhismus schimpft. Ich halte Batchelor für überbewertet. Er ist halt der Einzige, der öffentlich zu diesem Thema auftritt, Bücher schreibt, Vorträge auf Youtube hochlädt, usw. Da mache ich mir lieber meinen eigenen säkulären Buddhismus und verstehe ganz genau warum ich dieses und jenes so oder so sehe.

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Anandasa:


    Ich denke es ist unabhängig davon unvermeidlich, sich individuell die Sachen aus den verschiedenen buddhistischen Richtungen rauszusuchen, die man für sinnvoll hält und die Sachen rauszunehmen, die man für abgespaced hält.


    Hmmmmm. Ist das nicht ein Thema jeder größeren Lehre?


    Zeige mir einen einzigen Christen, der 100% aller Regeln seiner Lehre akzeptiert, ohne sie durch andere Ideen, Regeln, die durchaus aus dem Inneren seiner Lehre stammen können zu relativieren..


    Zeige mir einen einzigen Muslim, der 100% aller Regeln seiner Lehre akzeptiert, ohne sie durch andere Ideen, die.... usw.


    Unser Palikanon allein hat rein als Text den Umfang von etwa 60 Luther Bibeln. Einiges davon ist noch nicht einmal in europäische Sprachen übersetzt.


    Natürlich wählen wir aus. Einnehmend wie ausgrenzend.

  • Axel:

    Ich bekenne mich gerne zu Anandasas 'Everybody's got his own Mambo'yana, aber ich sehe ihn leider nirgends - andernfalls wäre ich wohl nicht abtrünnig geworden...


    Da fällt mir Jack Kornfield ein, der die Idee hatte von einem Buddhayana, also die "besten Elemente verschiedener Richtungen". Im tibetischen Buddhismus gibt es z.B. auch Praktiken, die man im Theravada verwenden könnte. Aber was Buddhayana genau ist, weiß ich jetzt auch nicht. Wäre aber eine Idee. Buddhadasa soll ihn darin bestärkt haben schreibt er in seinem Buch "Das weise Herz".

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Anandasa:
    Axel:

    Ich bekenne mich gerne zu Anandasas 'Everybody's got his own Mambo'yana, aber ich sehe ihn leider nirgends - andernfalls wäre ich wohl nicht abtrünnig geworden...


    Da fällt mir Jack Kornfield ein, der die Idee hatte von einem Buddhayana, also die "besten Elemente verschiedener Richtungen". Im tibetischen Buddhismus gibt es z.B. auch Praktiken, die man im Theravada verwenden könnte. Aber was Buddhayana genau ist, weiß ich jetzt auch nicht. Wäre aber eine Idee. Buddhadasa soll ihn darin bestärkt haben schreibt er in seinem Buch "Das weise Herz".


    Ja, Anandasa, und jetzt brauchen wir nur noch die 'besten Elemente' aller nicht-buddhistischen Richtungen zu nehmen und ich höre sofort mit meinem ständigen Rummaulen auf... :)

  • Axel:

    Ja, Anandasa, und jetzt brauchen wir nur noch die 'besten Elemente' aller nicht-buddhistischen Richtungen zu nehmen und ich höre sofort mit meinem ständigen Rummaulen auf... :)


    Okay, hast recht. Dann mach ich das für mich so:


    Ananadasa:


    Buddhistische Richtung: säkulärer Pali-Buddhismus
    Kulturelle Einbettung Theravada: 80%
    Kulturelle Einbettung Mahayana: 10%
    Kulturelle Einbettung Vajrayana: 10%
    Kharma-Glaube: 60%
    Wiedergeburts-Glaube: Kharma als Billardkugeln nach dem Tod
    Laien könne auch erwachen: ja
    Frauen können auch erwachen: na klar

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Tychiades:
    Axel:

    Lass' es mich mal so sagen: Ein Buddhismus, der von traditionellen kulturellen Elementen 'bereinigt' ist, bietet mehr Gelegenheiten, daraus ein 'Geschäftsmodell' zu machen.


    Naja - sieht man sich den Buddhismus in Thailand oder Myanmar an, dann ist das gleichfalls ein Geschäftsmodell, das auch auf politischen Einfluss ausgerichtet ist, ganz wie in Europa zur Zeit der Religionskriege vor 500 Jahren.

    Da ließen sich noch etliche weitere Länder nennen, zumal wenn man sich zusätzlich noch der historischen Perspektive (sagen wir mal bis Mitte letztes Jahrhundert) bedient. Instrumentalisierung des Dharma bzw. Zweckentfremdung als symbolisches und kulturelles Kapital (Bourdieu) ist - zumindest mir erscheint dies offensichtlich - kein Problem des jeweiligen kulturellen, ökonomischen und sozialen Substrats, auf dem er mehr oder weniger gut gedeiht, sondern ein Problem der Korrumpierbarkeit des Sangha (und damit meine ich den vierfachen Sangha, nicht irgendwelche Ordinierten). Insofern würde ich das Zitat von Axel mit der Einschränkung " ... daraus ein 'Geschäftsmodell' im Westen zu machen" versehen, bevor ich es unterschreibe. Aber anders herum: das Geschäftsmodell 'bunter Mummenschanz zur Erlangung übernatürlicher Kräfte' funktioniert auch im modern-aufgeklärten Westen ganz gut. Und oft ist da der Unterschied zwischen esoterischem Supermarkt und 'authentischen' buddhistischen Angeboten unter der Wahrnehmbarkeitsschwelle (jedenfalls meiner). Das ist dann (so sehe ich es zumindest) genau das dialektische Komplement zum 'säkularen Buddhismus', sein Gegenpol. Zwei zum Preis von einem.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Axel:

    es wäre eine Lebensaufgabe für die 'Gutwilligen', diese Übersetzungsaufgabe zu leisten. Aber ich sehe nicht, dass da jemand rangeht. Der 'westliche' Buddhismus ist deshalb auch alles mögliche, nur kein 'westlicher', solange er seine Hauptaufgabe darin sieht, dass man auch auf einem Stuhl meditieren kann... }:-)


    LOL. Ich dachte eher an Projekte wie 'Interkulturelle Bibliothek' - sowohl Karl-Heinz Brodbecks 'Buddhismus interkulturell gelesen' wie auch Ram A Malls 'Nagarjunas Philosophie interkulturell gelesen' halte ich für gelungene Beispiele solcher 'Übersetzungstätigkeit'. Das dauert halt noch ein Weilchen, bis so etwas per 'trickle down' das Mainstream-Bewusstsein durchsetzt.

    Axel:

    In meinem Alter muss ich nicht mehr unbedingt auf einen Weg zurückfinden, ich gehe gerne Umwege und verlaufe mich auch gerne, wenn die Aussicht vielversprechend ist.


    Nun ja - ich bin in meinem Revier auch öfters abseits der Waldwege unterwegs. In der Regel habe ich dann aber Karte und GPS-Navi (ist halt schon komfortabler als ein Kompass) dabei. Bin da beruflich vorbelastet. Das sorgt dafür, dass ich da ankomme, wo ich hin will. Auch da geht es nicht um Abkürzungen, sondern darum, seinen eigenen Weg zu finden - mit allem, was er bietet.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Sudhana:

    LOL. Ich dachte eher an Projekte wie 'Interkulturelle Bibliothek' - sowohl Karl-Heinz Brodbecks 'Buddhismus interkulturell gelesen' wie auch Ram A Malls 'Nagarjunas Philosophie interkulturell gelesen' halte ich für gelungene Beispiele solcher 'Übersetzungstätigkeit'. Das dauert halt noch ein Weilchen, bis so etwas per 'trickle down' das Mainstream-Bewusstsein durchsetzt.


    Und damit schließt sich der Kreis: Wichtiger als Batchelors Beitrag zu einem säkularen Buddhismus war für mich seine Übersetzung der 'Verses from the Center' von Nagarjuna, die mir diesen Denker zugänglich gemacht hat.
    An das 'trickle down' würde ich gerne glauben, vermag's aber leider nicht: Die da unten, bei denen's ankommen sollte, haben einen 'Krankheitsgewinn' zu verlieren - ich bin halt ein elitäres Arschloch.


    Nur noch eine Frage: Bitte sag' mir (gerne per PN), an wen Du gedacht hast, was die Vielschreiberei angeht! Es ist lächerlich, aber es lässt mir keine Ruhe... :sick:

  • Buddhistische Richtung: die "nur-meditation-richtung"
    Kharma-Glaube: 0% - was passiert das passiert, da braucht es kein Karma
    Wiedergeburts-Glaube: was weg is, is weg.
    Laien könne auch erwachen: schon wach
    Frauen können auch erwachen: ebenso schon wach

  • Axel:

    Wichtiger als Batchelors Beitrag zu einem säkularen Buddhismus war für mich seine Übersetzung der 'Verses from the Center' von Nagarjuna

    Kann ich verstehen, auch wenn ich diese Übersetzung für überflüssig halte - möglicherweise die zweitschlechteste auf dem Markt (Nishijima / Warners Übersetzung habe ich mir nicht angetan und habe es auch nicht vor). Jedenfalls empfehle ich da immer wieder gerne Weber-Brosamer / Back. Gute Übersetzung aus dem Sanskrit-Original - und direkt ins Deutsche. Womit u.a. auch an Walleser angeknüpft wird, der deutsche Übersetzungen der tibetischen (1911) wie auch der chinesischen Version (1912) veröffentlichte. Batchelor übersetzt aus dem Tibetischen, was bei Jay Garfield (der das auch tut) deutlich mehr Sinn macht, weil dessen Übersetzung ausdrücklich auf der exegetischen Tradition der Gelugpa beruht.

    Axel:

    An das 'trickle down' würde ich gerne glauben, vermag's aber leider nicht: Die da unten, bei denen's ankommen sollte, haben einen 'Krankheitsgewinn' zu verlieren

    Ach komm - haben wir doch alle ...

    Axel:

    Nur noch eine Frage: Bitte sag' mir (gerne per PN), an wen Du gedacht hast, was die Vielschreiberei angeht! Es ist lächerlich, aber es lässt mir keine Ruhe... :sick:

    Auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen - natürlich ist TNH gemeint. 359 Einträge in der Deutschen Nationalbibliothek - das muss ihm erst einmal einer nachmachen. Der Dalai Lama natürlich nicht, der hat fast doppelt so viele. Natürlich sind da Doubletten dabei - sein letztes im Februar erschienenes Opus etwa ist jeweils extra als Printausgabe, Ebook und Audiobook (mit Musik!) gelistet. Das ist natürlich nicht alles Mist - seine kommentierte Übersetzung des Ānāpānasati-sutra (letztes Jahr neu aufgelegt) finde ich recht nützlich. Aber irgendwie stelle ich mir bei solch einem Produktionsausstoß immer einen Sweatshop in Hongkong vor, wo ca. 2 Dutzend kettenrauchende Ghostwriter im Akkord Variationen zu Themen des Meisters in die Tasten hämmern ...


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Sudhana:

    Auf die Gefahr hin, mich unbeliebt zu machen - natürlich ist TNH gemeint. 359 Einträge in der Deutschen Nationalbibliothek - das muss ihm erst einmal einer nachmachen. Der Dalai Lama natürlich nicht, der hat fast doppelt so viele.


    Ach, das ist doch nichts gegen Pater Anselm Grün, der es dort auf 2254 eigenständige Einträge schafft... :) Der Mann ist 72 Jahre alt, d.h. also er hat pro Jahr ca. 31 Bücher geschrieben, gut alle 2 Wochen eins. Super.

  • mukti:

    Vieles was da veröffentlicht wird stammt aus Vorträgen und Gesprächen, aus denen man ein Buch gemacht hat.


    Ja, das ist richtig. Aber die Herren Autoren (eine AutorIN, die solche Fliessbandarbeiten leistet, fällt mir nicht ein) haben es immerhin in der Hand, ob sie (oder ihre Bevöllmächtigten) einen Verlagsvertrag unterzeichnen oder nicht.


    Und wenn aus 10 Beiträgen/Reden 5 neue Bücher gemacht werden, in denen sich einzelne Vorträge dann sogar in 2, 3 oder allen "neuen" Büchern finden, dann ist das (sorry) eine Geldmaschine. Für Leser ist das ärgerlich, für die Autoren oder die Institution, in denen sie lehren und leben, natürlich eine feine Sache, die zeigt, wie Kapitalismus funktioniert.

  • Mich würde auch einmal mehr interessieren, was säkularer Buddhismus beinhaltet und was nicht. Das wurde mir auch nach der Lektüre von Batchelor nicht ganz klar.


    Ist säkularer Buddhismus ein Buddhismus der ohne Klöster auskommen möchte? Meint säkularer Buddhismus ein Gedankengebäude ohne Spekulation über alles Jenseitige? Will man nur Karma und Wiedergeburt streichen oder auch die Lehre des bedingten Entstehens oder das Konzept der Erleuchtung? Was bleibt von den 4 edlen Wahrheiten?


    Ist der säkulare Buddhismus ein ideologisch abgespeckter Buddhismus? Und welche Teile von der Lehre Buddhas werden beibehalten?


    Ich hab ja gesagt, dass ich zu allem immer nur Fragen habe und keine Antworten :)
    Kann jemand hier bitte helfen? :?

  • Waldler:


    eine AutorIN, die solche Fliessbandarbeiten leistet, fällt mir nicht ein


    Nicht unbedingt unter buddhistischer Flagge, aber Barbara Cartland fällt mir da ein.
    Da sie noch nicht einmal seitenlang in ihren Romanen Sutren zitieren konnte :kiss: sind 724 veröffentliche Bücher auch nicht schlecht :grinsen:

  • happygolucky:

    Mich würde auch einmal mehr interessieren, was säkularer Buddhismus beinhaltet und was nicht. Das wurde mir auch nach der Lektüre von Batchelor nicht ganz klar.


    Herr Batchelor macht es sich das ganz einfach: er nimmt einen Begriff, ein Etikett und schon ist alles klar. Es gibt tibetischen B. , es gibt Zen-B. und es gibt säkularen B. Es gibt Früh-B. und wahrscheinlich auch Spät-B. und es gibt westlichen B.
    Wenn man der Ansicht ist, dass wir hier nicht nur im Westen leben, was sowieso eine Frage ist, denn von wo aus gesehen ist denn Westen? - sondern wir leben auch in einer säkularen Welt, d.h. die religiösen Institutionen bestimmen nicht mehr das Leben der Mehrheit in Europa (außer in Polen) - dann kann man auch fragen, ob man bei der Verbreitung des Buddhismus nicht gleich den ganzen instiutionellen Rahmen wegschmeisst und dieser Ordens- und Kirchengedöns beiseite lassen kann. Also Laien-Buddhismus und Diesseitigkeit - ohne Fragen nach den zukünftigen Früchten des Handelns.


    Zitat


    Ist säkularer Buddhismus ein Buddhismus der ohne Klöster auskommen möchte? Meint säkularer Buddhismus ein Gedankengebäude ohne Spekulation über alles Jenseitige? Will man nur Karma und Wiedergeburt streichen oder auch die Lehre des bedingten Entstehens oder das Konzept der Erleuchtung? Was bleibt von den 4 edlen Wahrheiten?


    Was ich an Batchelor so verrückt finde, ist seine Sprachverwirrung, die er durch seine Definitionslust erzeugt. Die vier edlen Wahrheiten hat er ja umbenannt.
    http://www.saekularerbuddhismus.org/?page_id=1251
    Und wenn man sich durch sein Geschwätz durchgearbeitet hat, dann kann man das auch heraus popeln.


    Zitat


    Ist der säkulare Buddhismus ein ideologisch abgespeckter Buddhismus? Und welche Teile von der Lehre Buddhas werden beibehalten?


    Ich halte ihn für eine andere Ideologie. Für die Praxis ist das irrelevant.

    Zitat


    Ich hab ja gesagt, dass ich zu allem immer nur Fragen habe und keine Antworten :)
    Kann jemand hier bitte helfen? :?


    Ich habe zu allem Antworten, weiß aber nicht ob das auf deine Fragen passt. (:

  • happygolucky:

    Mich würde auch einmal mehr interessieren, was säkularer Buddhismus beinhaltet und was nicht. Das wurde mir auch nach der Lektüre von Batchelor nicht ganz klar.


    Ist säkularer Buddhismus ein Buddhismus der ohne Klöster auskommen möchte? Meint säkularer Buddhismus ein Gedankengebäude ohne Spekulation über alles Jenseitige? Will man nur Karma und Wiedergeburt streichen oder auch die Lehre des bedingten Entstehens oder das Konzept der Erleuchtung? Was bleibt von den 4 edlen Wahrheiten?


    Ist der säkulare Buddhismus ein ideologisch abgespeckter Buddhismus? Und welche Teile von der Lehre Buddhas werden beibehalten?


    Den 'säkularen Buddhismus' gibt es nicht, vielleicht darf ich schreiben - noch nicht. Seit der Zeit Buddhas sind 2.500 Jahre vergangen. Die Menschen mit ihren existentiellen Grundproblemen und Grundfragen sind gleich geblieben, die Welt in der wir leben hat sich rasant verändert.


    Wer Buddhismus primär als Weltflucht oder Weltüberwindung verstehen möchte wird nicht angesprochen. Wer der Lehre in der Welt lebend folgen möchte, braucht Antworten auf die Entwicklung der Welt. Ich nenne als Hauptantriebe der sB Anhänger die Fortschritte der Wissenschaft (und damit meine ich nicht einzelne Ergebnisse der Wissenschaft) und die Auswirkungen von Aufklärung und Demokratie.


    Zu Deinen Einzelfragen gäbe es viel zu schreiben, ich versuche ein paar Stichwortantworten aus meiner Sicht


    happygolucky:

    Ist säkularer Buddhismus ein Buddhismus der ohne Klöster auskommen möchte?


    Warum? Wenn sich Menschen gern zusammentun möchten und einen Teil ihres Lebens zentral der Verfolgung buddhistischer Ziele widmen wollen, was spricht dagegen, wenn sie sich selbst Regeln für das Zusammenleben geben und Rituale befolgen wollen? Ich kenne keine Klöster mit sB Anhängern, aber ganz grundsätzlich sehe ich keinen Widerspruch.

    happygolucky:

    Meint säkularer Buddhismus ein Gedankengebäude ohne Spekulation über alles Jenseitige?


    Da die Lehre Buddhas die Spekulation über alles Jenseitige streng ablehnt, fällt es leicht, sich dran zu halten, wenn man diese Vorschrift geprüft und für hilfreich befunden hat.

    happygolucky:

    Will man nur Karma und Wiedergeburt streichen oder auch die Lehre des bedingten Entstehens oder das Konzept der Erleuchtung?


    Ich vermute, die meisten, die sich als säkulare Buddhisten verstehen, werden Inhalte, die hinter diesen Begriffen stehen anders definieren als ältere Schulen, haben aber mit den Begriffen selbst wenig Probleme.

    happygolucky:

    Was bleibt von den 4 edlen Wahrheiten?


    Jeder Buchstabe!

    happygolucky:

    Ist der säkulare Buddhismus ein ideologisch abgespeckter Buddhismus?


    Wie so oft kommen wir auf die Frage nach der Bedeutung von Begriffen zurück. Was verstehst Du unter Ideologie? Vielleicht paßt 'religiös abgespeckter Buddhismus' für mich besser (und da kommt es darauf an, was ich mit Religion meine :grinsen: )

    happygolucky:

    Und welche Teile von der Lehre Buddhas werden beibehalten?


    Die Lehre Buddhas ist die Lehre Buddhas. Vielleicht werden Sprachwissenschaftler und Indologen im Lauf der Jahrhunderte feststellen, daß einzelne Texte eher nicht auf Buddha zurückgehen, sondern später von frommen Mönchen hinzugefügt wurden. Aber das hat nichts mit sB zu tun.


    Die Lehre bleibt komplett erhalten. Einige Elemente werden aus einem neuen Blickwinkel betrachtet und ausgelegt. So wie es jede der bestehenden älteren Schulen irgendwann einmal gemacht hat.


    Ich sehe es so, daß sB Anhänger oft eher bereit sind, kritische Textstellen aus den Bedingungen der Entstehungszeit heraus zu verstehen, als diese einfach hinzunehmen.


    Ein Beispiel: im historischen Aufnahmeritual für Mönche wird die Aufnahme von Körperbehinderten in einen Orden ausgeschlossen. Das ist Teil der Mönchsregeln und damit Teil der Lehre und Teil unseres Erbes. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, daß Buddha dies aus ideologischen oder religiösen Gründen festgelegt hat. Sehr gut nachvollziehen kann ich die Idee, daß in der Anfangszeit das Leben in Mönchsgruppen extrem hart und entbehrungsreich war und daß eine Aufnahme von Menschen, die möglicherweise eine Belastung dargestellt hätten praktisch unmöglich gewesen ist.


    Was meinst Du? Wie würde Buddha diese Frage heute regeln?


    Du hast gefragt, welche Teile der Lehre werden beibehalten? Ich finde, wir sollten nichts verbergen oder ableugnen wollen. Wir sind 2.500 Jahre weiter und dürfen einige Dinge anders sehen.

  • happygolucky:

    Ist säkularer Buddhismus ein Buddhismus der ohne Klöster auskommen möchte? Meint säkularer Buddhismus ein Gedankengebäude ohne Spekulation über alles Jenseitige? Will man nur Karma und Wiedergeburt streichen oder auch die Lehre des bedingten Entstehens oder das Konzept der Erleuchtung? Was bleibt von den 4 edlen Wahrheiten?


    Ist der säkulare Buddhismus ein ideologisch abgespeckter Buddhismus? Und welche Teile von der Lehre Buddhas werden beibehalten?


    Das Upaya Zen Center (https://www.upaya.org/) veröffentlicht seine Dharmareden als Podcasts und da findest Du viel von Stephen und Martine Batchelor und sie erklären das ganz gut. Es geht ihm darum, einen Buddhismus zu konstruieren, der es auch Menschen des heutigen Zeitalters, deren Geist wissenschaftlich und areligiös geprägt ist, den Zugang zu existenzieller Fragen ermöglicht. Kurzum: Nach 2500 Jahren ist es Zeit, neu anzufangen und das Dharma anders zu interpretieren.


    Die "Vier edlen Wahrheiten" sieht er nicht als metaphysische Aussage über die Welt sondern als existenzieller Aussagen (siehe http://www.globalbuddhism.org/….php/jgb/article/view/127). Ich glaube, dass dieser Text sehr gut seine Denkweise auf den Punkt bringt. Du kannst Dir natürlich auch 20 Dharama-Podcasts anhören, in denen er viel ins Detail bringt, aber das dauert natürlich.

  • fotost:
    Waldler:


    eine AutorIN, die solche Fliessbandarbeiten leistet, fällt mir nicht ein


    Nicht unbedingt unter buddhistischer Flagge, aber Barbara Cartland fällt mir da ein.
    Da sie noch nicht einmal seitenlang in ihren Romanen Sutren zitieren konnte :kiss: sind 724 veröffentliche Bücher auch nicht schlecht :grinsen:


    :lol:

  • Tychiades:

    Herr Batchelor macht es sich das ganz einfach: er nimmt einen Begriff, ein Etikett und schon ist alles klar. Es gibt tibetischen B. , es gibt Zen-B. und es gibt säkularen B. Es gibt Früh-B. und wahrscheinlich auch Spät-B. und es gibt westlichen B.


    Stimmt nicht. Herr Batchelor praktizierte Jahre als Mönch in der Gelug-Schule (in Indien und Europa), dann ging er nach Korea und praktizierte Hwadus mit Seon-Meistern usw. Er beschreibt in seiner Biographie sehr genau, was jede einzelne Schule ihm für Einsichten vermittelt hat und übt auch in seinen Retreats Methoden unterschiedlicher Richtungen, die er für sehr hilfreich hält. In seinem Buch "Confession of a Buddhist Atheist" beschreibt er aber auch sehr genau, warum es ihm in Innersten nicht gelungen ist, in einer Schule Fuß zu fassen und zu bleiben. Da geht es um intellektuelle Redlichkeit (z.B. beschreibt er eine Szene, wo sich die Mönche um ihn herum etwas in die Tasche lügen um Legenden zu erschaffen, an die sie glauben wollen), er beschreibt seine Probleme mit dem Zölibat, kulturelle Unterschiede usw. Wenn ich dem Buch Glauben schenken darf, hat es sich Stephen Batchelor nie leicht gemacht, auch nicht mit dem Abschied von einer Schule: Er zog weiter auf der Suche, was mit ihm und seinen existenziellen Fragen und Nöten in Resonanz tritt. Und es geht ihm nie um Begriffe sondern immer um Dharma und Erfahrungen, die er als Mönch gemacht hat. Und da stellte er neben den oben beschrieben Dingen, die eine Entfremdung zur jeweiligen Schule darstellte, auch fest, dass sein Denken geprägt ist von Dingen, die es vor 2500 Jahren nicht gab, die aber in der damaligen Zeit als selbstverständlich galten und das Dharma prägten. Aber er erklärt in den Dharmatalks immer wieder und wieder, dass dies kein Problem von Begrifflichkeiten ist.


    Den einzigen Begriff, den er prägen will, ist der säkulare Buddhismus. Aber auch hier ist der Ausgangspunkt seine Erfahrung aus seinem Leben und welche Konzepte er problematisch bzw. nicht hilfreich empfindet. Dann nimmt er drei Bedeutungsformen des Begriffes "säkular", die er diskutiert, und stellt sich folgende Frage (siehe http://www.globalbuddhism.org/….php/jgb/article/view/127):


    Zitat

    I intend show what might happen when “Buddhism” or “dharma” is rigorously
    qualified by these three senses of the term “secular.” What, in other words, would a
    non-religious, this-worldly, secularised Buddhism look like? To what extent can we see
    this process of secularisation as being already underway? Can Buddhism—as it is
    traditionally understood— survive the process intact? Or are we witnessing the end of
    Buddhism, at least as we know it, and the beginning of something else?

    2 Mal editiert, zuletzt von mogun ()

  • Waldler:
    mukti:

    Vieles was da veröffentlicht wird stammt aus Vorträgen und Gesprächen, aus denen man ein Buch gemacht hat.


    Ja, das ist richtig. Aber die Herren Autoren (eine AutorIN, die solche Fliessbandarbeiten leistet, fällt mir nicht ein) haben es immerhin in der Hand, ob sie (oder ihre Bevöllmächtigten) einen Verlagsvertrag unterzeichnen oder nicht.


    Und wenn aus 10 Beiträgen/Reden 5 neue Bücher gemacht werden, in denen sich einzelne Vorträge dann sogar in 2, 3 oder allen "neuen" Büchern finden, dann ist das (sorry) eine Geldmaschine. Für Leser ist das ärgerlich, für die Autoren oder die Institution, in denen sie lehren und leben, natürlich eine feine Sache, die zeigt, wie Kapitalismus funktioniert.


    Mir stößt das ganze Business das man auch um den Buddhismus macht gelegentlich auch etwas sauer auf. Aber soll nichts Schlimmeres passieren, wir sind halt alle nicht perfekt. Dafür wird jede Menge einschlägige Literatur im Netz großzügig kostenlos zur Vefügung gestellt, auf einen E-Reader geladen hat man gratis eine große Bibliothek.

  • mukti:

    Dafür wird jede Menge einschlägige Literatur im Netz großzügig kostenlos zur Verfügung gestellt, auf einen E-Reader geladen hat man gratis eine große Bibliothek.


    Ich hab komplett palikanon.com zum Offline lesen auf Handy und Tablet runtergeladen.


    Da gibt es für einige Zeit genug :)

  • mogun:
    Tychiades:

    Herr Batchelor macht es sich das ganz einfach: er nimmt einen Begriff, ein Etikett und schon ist alles klar. Es gibt tibetischen B. , es gibt Zen-B. und es gibt säkularen B. Es gibt Früh-B. und wahrscheinlich auch Spät-B. und es gibt westlichen B.


    Stimmt nicht. Herr Batchelor praktizierte Jahre als Mönch in der Gelug-Schule (in Indien und Europa), dann ging er nach Korea und praktizierte Hwadus mit Seon-Meistern usw. Er beschreibt in seiner Biographie sehr genau, was jede einzelne Schule ihm für Einsichten vermittelt hat und übt auch in seinen Retreats Methoden unterschiedlicher Richtungen, die er für sehr hilfreich hält.


    Im Detail: er ging mit 18 nach Dharamsala und schloß sich einer Gruppe um den Dalai Lama an. Mit 21 wurde er ordiniert. 1980 war er in Hamburg und verließ den tibetischen B. um nach Korea zu Kusan Sunim zu gehen. Dort war er bis zum Tod von Kusan 1983 und dann entrobte er wieder und heiratete Martine, die er bei Kusan kennen gelernt hatte.
    Wir haben also 6 Jahre Erfahrung im tibetischen B. und 4 Jahre im Zen-B. Danach lebte Batchelor von diesen Jahren. Das wäre ungefähr so, wie wenn ich laufend über meine Erfahrungen als Student schreiben würde.
    Aus meiner Erfahrung der Koan-Praxis hat Batchelor Null-Ahnung und er ist auch damit nicht klar gekommen. Das schreibt er ja selbst.


    Zitat


    In seinem Buch "Confession of a Buddhist Atheist" beschreibt er aber auch sehr genau, warum es ihm in Innersten nicht gelungen ist, in einer Schule Fuß zu fassen und zu bleiben. Da geht es um intellektuelle Redlichkeit (z.B. beschreibt er eine Szene, wo sich die Mönche um ihn herum etwas in die Tasche lügen um Legenden zu erschaffen, an die sie glauben wollen), er beschreibt seine Probleme mit dem Zölibat, kulturelle Unterschiede usw.


    Also - intellektuelle Redlichkeit ist ja schön und gut - aber in der Buddha-Nachfolge geht es nicht um den Intellekt. Genau darum hat er nie Fuß fassen können, weil er sein Denken wichtiger nimmt, als sein Nicht-Denken. Er kann eben nicht "nicht denken denken". Und da das seine Anhänger, die Hungergeister, auch nicht wollen, finden sie da endlich jemanden, der sie füttert.


    Er ist - meiner Ansicht nach - nur ein Geschichtenerzähler - und das ist mir zu aufwändig, denn ich kann mir Geschichten auch selbst erzählen. Das mache ich auf einer Arschbacke. Dafür macht man ja auch Zen - bis man sich so richtig ausgezählt hat und dann kann man sich selbst nicht mehr hören und den Batchelor oder andere Romantiker auch nicht. Aber der Markt ist ja nicht gesättigt. Nur ist es eben ein reines Unterhaltungsprogramm - die einen unterhalten den Guru und die anderen werden vom Guru unterhalten, mit Dönekens.