Merkwürdiger Humor von Dzongsar Jamyang Khyentse

  • Lucy:

    Lehrer: für mich ist ein Lehrer zusätzlich zum genannten noch viel wichtiger als erste Referenz für das Erkennen der Natur des Geistes.


    das ist das Wichtigste und dazu sind die entsprechenden Unterweisungen notwendig. Es heißt aber nicht notwendig, dass man dem Lehrer dienen muss, ihn oft sehen usw. Denn man kann sich dann auch mit dem Liniensegen verbinden dadurch, dass man seinen Geist auf den Lehrer und die Übertragungslinie richtet.
    Dzogchen Ponlop Rinpoche, Mind Beyond Death:


    "These days, we don’t have to walk for a thousand miles across high mountains
    to find our guru. We may meet him or her in a mall in our neighborhood.
    Nevertheless, while our physical hardships may be less
    challenging, we often lack the opportunity for extended periods of close
    physical contact with our teacher. However, if done right, our ngondro
    practice, in whatever form it takes, brings the experience of the guru, of
    the teacher-student relationship, directly into our life. It brings us face to
    face with the vivid energy and color of our emotions and concepts in the
    same way as the literal presence of the guru. So there is nothing missing.
    Whatever age we live in, if we invite the guru and the lineage into our
    hearts, we have the same opportunity to recognize the nature of mind as
    Tilopa, Naropa and all the mahasiddhas of the past."

  • Das ist der Hinweis auf den sog. "Inneren Lehrer" als Guru, also sowas wie der Bezug auf die eigene Weisheitsnatur. Hat man den Zugang dazu, kann tatsächlich fast jeder nur für einen selbst auch zur äußeren Erscheinung werden, die einem den inneren Guru spiegelt. So eine Praxis hat auch den Vorteil, dass jemand den man im äußeren so wahrnimmt, ggfls. auch in Kontakt mit sich selbst kommen kann. Will sagen: Wenn ich mich bei dem Menschen der mir gegenüber steht nicht auf dessen merkwürdiges Verhalten, sondern auf seine Weisheitsnatur beziehe, kann es gut sein, dass diese Person zumindest spontan darauf reagiert. Damit wird auch etwas wachgerufen, allerdings ohne jede Garantie, dass es über den Moment hinaus bestehen bleibt. Aber es ist als Keimzelle einer Erfahrung zumindest mal aktiviert worden.

  • kilaya:

    Das ist der Hinweis auf den sog. "Inneren Lehrer" als Guru, also sowas wie der Bezug auf die eigene Weisheitsnatur. Hat man den Zugang dazu, kann tatsächlich fast jeder nur für einen selbst auch zur äußeren Erscheinung werden, die einem den inneren Guru spiegelt. So eine Praxis hat auch den Vorteil, dass jemand den man im äußeren so wahrnimmt, ggfls. auch in Kontakt mit sich selbst kommen kann. Will sagen: Wenn ich mich bei dem Menschen der mir gegenüber steht nicht auf dessen merkwürdiges Verhalten, sondern auf seine Weisheitsnatur beziehe, kann es gut sein, dass diese Person zumindest spontan darauf reagiert. Damit wird auch etwas wachgerufen, allerdings ohne jede Garantie, dass es über den Moment hinaus bestehen bleibt. Aber es ist als Keimzelle einer Erfahrung zumindest mal aktiviert worden.


    ich verstehe, das was DPR sagt, nicht so. Das Textstück ist Teil der kurzen Ngöndro-Erklärungen in dem Buch. Und er sagt ja auch: Durch Ngöndro. Es geht um Gebete an die Linienmeister, wie z. B. das Dorjee Tschang Thungma in der Kagyu Linie. Um Zuflucht mit einem linienspezifischen Zufluchtsbaum. Guru Yoga und auch in der Mandala Opferung wird dem Guru geopfert und der Linie.
    Es ist tatsächlich eine Möglichkeit, mit dem äußeren Guru in Kontakt zu kommen, wenn man ihn nicht oft sehen kann. Natürlich auch mit dem inneren und geheimen Guru- das gehört ja immer zusammen.


    Ich finde dieses Textstück eher eine Ergänzung zu dem, was du immer sagst. Beide Darstellungen sind Möglichkeiten, sich keinen Stress zu machen, wenn man den Kontakt zum Guru nicht viel hinkriegt aufgrund von z. B. finanziellen Probleme, zu viel zu tun, weg zu weit, Guru ist überlaufen...
    Für das Thema, dass man seine Lebensentscheidungen selbst machen kann/darf kommte es aber aufs gleiche raus.

  • Ich habe dabei vor allem diesen Satz im Blick gehabt:
    "It brings us face to face with the vivid energy and color of our emotions and concepts in the
    same way as the literal presence of the guru."


    Wenn uns die Praxis mit unseren Emotionen und Konzepten in gleicher Weise in Kontakt bringt, wie die tatsächliche Anwesenheit des Guru, dann würde ich das als Instanz des "Inneren Guru" bezeichnen.


    Den Satz, dass man dem Guru im Einkaufszentrum nebenan treffen kann, kann man verschieden interpretieren. Vermutlich ist es eher so gemeint, wie Du sagst. Ich habe aber daraus auch abgeleitet, dass quais jeder zur Projektionsflächje werden kann. Es ist ja tatsächlich Teil des Guru Yoga, alle Erfahrungen so zu interpretieren, als wären sie vom Guru manifestiert worden, so dass man sich damit entwickeln kann. Das würde dann auch die Begegnung mit Menschen oder anderen Wesen einbeziehen. Daraus habe ich dann die weiteren Gedanken fortgeführt.

  • kilaya:

    Ich habe dabei vor allem diesen Satz im Blick gehabt:
    "It brings us face to face with the vivid energy and color of our emotions and concepts in the
    same way as the literal presence of the guru."


    Wenn uns die Praxis mit unseren Emotionen und Konzepten in gleicher Weise in Kontakt bringt, wie die tatsächliche Anwesenheit des Guru, dann würde ich das als Instanz des "Inneren Guru" bezeichnen.


    Den Satz, dass man dem Guru im Einkaufszentrum nebenan treffen kann, kann man verschieden interpretieren. Vermutlich ist es eher so gemeint, wie Du sagst. Ich habe aber daraus auch abgeleitet, dass quais jeder zur Projektionsflächje werden kann. Es ist ja tatsächlich Teil des Guru Yoga, alle Erfahrungen so zu interpretieren, als wären sie vom Guru manifestiert worden, so dass man sich damit entwickeln kann. Das würde dann auch die Begegnung mit Menschen oder anderen Wesen einbeziehen. Daraus habe ich dann die weiteren Gedanken fortgeführt.


    ich finde es schon Kilaya-Freestyle was du da gesagt hast. Andere Menschen sind Teil der Welt die der Guru manifestiert aber sind nicht der Guru. Die korrekte Übung ist, andere und sich als Yidam zu visualisieren, aber nicht andere als Guru.
    Hier geht es grad nicht um die Praxis mit unseren Emotionen und Konzepten, wie es ja auch im Tantra beschrieben wird, ohne dass der Guru direkt eine Rolle spielt. Sondern darum, wie der Guru die Emotionen hochholt und man sich dann damit konfrontiert um sie zu transformieren. Dass das eben auch durch das Bild des Guru ausgelöst werden kann. Das Textstück beschreibt schon eine "Notlösung" und keine perfekte Übung. Das beste ist immernoch nah am Guru zu leben.

  • kilaya:

    Wenn ich mich bei dem Menschen der mir gegenüber steht nicht auf dessen merkwürdiges Verhalten, sondern auf seine Weisheitsnatur beziehe, kann es gut sein, dass diese Person zumindest spontan darauf reagiert. Damit wird auch etwas wachgerufen, allerdings ohne jede Garantie, dass es über den Moment hinaus bestehen bleibt. Aber es ist als Keimzelle einer Erfahrung zumindest mal aktiviert worden.


    diesen Gedanken finde ich richtig im Zusammenhang mit der Übung, sich und den anderen als Yidam zu visualisieren.
    Obwohl- bin mir da auch nicht so sicher. Deine Auffassung von Tantra ist mir eventuell etwas zu sehr dahin verlegt, durch Tantra am anderen etwas zu bewirken. Eigentlich transformiert man nur an sich etwas. Aber in dem Punkt bin ich nicht sicher...
    wir sind übrigens sonstwo mit dem Thema... (:

  • Turmalin:

    ich finde es schon Kilaya-Freestyle was du da gesagt hast. Andere Menschen sind Teil der Welt die der Guru manifestiert aber sind nicht der Guru. Die korrekte Übung ist, andere und sich als Yidam zu visualisieren, aber nicht andere als Guru.


    Schau bitte nochmal genau - wortwörtlich - was ich geschrieben habe. Ich habe zu keinem Zeitpunkt geschrieben, dass die anderen Menschen der Guru seien. Ich habe genau das geschrieben, was Du auch schreibst ;) "...als wären sie vom Guru manifestiert worden, so dass man sich damit entwickeln kann. Das würde dann auch die Begegnung mit Menschen oder anderen Wesen einbeziehen."


    Ich habe auch genau formuliert, was ich direkt interpretiert habe, und was Gedanken sind, die ich lediglich aus dem Text fortgeführt habe. "Daraus habe ich dann die weiteren Gedanken fortgeführt."

  • Turmalin:

    Deine Auffassung von Tantra ist mir eventuell etwas zu sehr dahin verlegt, durch Tantra am anderen etwas zu bewirken. Eigentlich transformiert man nur an sich etwas.


    Das ist nicht per se meine Auffassung von Tantra, es ist eher mein Blickwinkel, wie tantrische Übungen eines Bodhisattva indirekt auch etwas bei anderen bewirken können. Wir sind immer mit der Situation verbunden und natürlich bewirken wir etwas anderes, wenn wir unser Verhalten ändern. z.B. wenn ich zu einem Menschen sage: "Danke dass Du mir mit Deinem Verhalten meine Grenzen gezeigt hast" dann kann das eine ganz andere Wirkung haben als wenn ich sage: "Du Arsch, geh mir aus dem Weg". Wie ich den Menschen sehe ist dabei der Anfang. Sehe ich ihn als Manifestation des Guru, bin ich eher geneigt - wenn ich das konsequent durchziehe - sein Verhalten positiv zu interpretieren und dankbar statt zornig zu sein. Das darf man aber in der Konkretheit nicht zum Konzept machen. Es kann auch sein, dass der gleiche Mensch für mich die Aufgabe stellt, meine eigenen Interessen ohne Zorn zu vertreten. Das hängt davon ab, was ich tatsächlich brauche und was die Situation erfordert. Deswegen ist eine grosse Offenheit jeder Situation gegenüber wichtig. Dabei spielt dann der innere Lehrer wieder eine grosse Rolle - meine eigenen Weisheitheitsnatur, die mir den Impuls gibt, welche Reaktion auf die "vom Guru manifestierte Erfahrungswelt" gerade für alle Beteiligten optimal ist.

  • kilaya:

    Hat man den Zugang dazu, kann tatsächlich fast jeder nur für einen selbst auch zur äußeren Erscheinung werden, die einem den inneren Guru spiegelt..


    das fand ich sehr unklar, bzw hatte so verstanden, dass dann eben jeder als Guru erscheinen kann.
    Will mich jetzt aber nich an den Formulierungen aufhängen.
    Ich finde jedenfalls, ich habe doch einen anderen Aspekt beschrieben. Kurz gesagt, statt den Leher im Äußeren zu treffen, nicht ausschließlich sich auf den inneren Guru zu verlegen, sondern schon Übungen zu machen, wo der Guru zunächst als äußeres Wesen vorgestellt wird. Nur eben statt hinzugehen, vorstellen und so den Guru und die Übertragungslinie in sein Herz einladen. Im Unterschied zu "ich verlasse mich jetzt nur noch auf den inneren Guru" gibt es hier schon das Bild des äußeren Guru im eigenen Herzen. Man liest Bücher, schaut Videos trifft seine Schüler usw. Wie gesagt ich meinte nur etwas, was das Treffen des Guru ersetzen kann.
    Bei allem kommt man beim inneren Guru an. Sonst bringt das Ganze ja nichts. Bzw es gibt ja auch noch die Unterscheidung zwischen Innerem und geheimem Guru.
    Ich finde es schon einen Unterschied, ob man den Guru und die Übertragungslinie in sein Herz einlädt und seine Lebensentscheidungen selbst fällt. Oder ob man ihn fragt ob man diese oder jene berufliche Veränderung machen soll usw usw. Ich will es nicht als schlecht darstellen, wenn man den Guru vieles fragt aber ich denke man kann auch vor allem Praxisfragen mit ihm besprechen.
    Naja, sehr vieles so zu tun, wie er das will ist wohl die traditionelle Auffassung. Ich konnte nie so leben, keine Ahnung, kann ich einfach nicht.

  • kilaya:
    Turmalin:

    Deine Auffassung von Tantra ist mir eventuell etwas zu sehr dahin verlegt, durch Tantra am anderen etwas zu bewirken. Eigentlich transformiert man nur an sich etwas.


    Das ist nicht per se meine Auffassung von Tantra, es ist eher mein Blickwinkel, wie tantrische Übungen eines Bodhisattva indirekt auch etwas bei anderen bewirken können. Wir sind immer mit der Situation verbunden und natürlich bewirken wir etwas anderes, wenn wir unser Verhalten ändern. z.B. wenn ich zu einem Menschen sage: "Danke dass Du mir mit Deinem Verhalten meine Grenzen gezeigt hast" dann kann das eine ganz andere Wirkung haben als wenn ich sage: "Du Arsch, geh mir aus dem Weg". Wie ich den Menschen sehe ist dabei der Anfang. Sehe ich ihn als Manifestation des Guru, bin ich eher geneigt - wenn ich das konsequent durchziehe - sein Verhalten positiv zu interpretieren und dankbar statt zornig zu sein. Das darf man aber in der Konkretheit nicht zum Konzept machen. Es kann auch sein, dass der gleiche Mensch für mich die Aufgabe stellt, meine eigenen Interessen ohne Zorn zu vertreten. Das hängt davon ab, was ich tatsächlich brauche und was die Situation erfordert. Deswegen ist eine grosse Offenheit jeder Situation gegenüber wichtig. Dabei spielt dann der innere Lehrer wieder eine grosse Rolle - meine eigenen Weisheitheitsnatur, die mir den Impuls gibt, welche Reaktion auf die "vom Guru manifestierte Erfahrungswelt" gerade für alle Beteiligten optimal ist.


    einleuchtend :like: könnte ich wirklich als Erweiterung sehen von dem was DPR sagt, dass man sich sich selbst und andere als Yidam vorstellen soll. Auf die eigene Buddhanatur und die Buddhanatur anderer aufbauen. Bzw auf der Ebene gibt es dann ja auch keine Dualität mehr im Sinne von ich im Unerschied zu dem anderen. Da gibt es dann eben den genialen Griff im Tantra sich als Yidam und den anderen als dessen Gefährtin vorzustellen, was dann noch mal in Richtung Aufhebung der Dualität arbeitet.

  • Turmalin:

    Ich finde jedenfalls, ich habe doch einen anderen Aspekt beschrieben. Kurz gesagt, statt den Leher im Äußeren zu treffen, nicht ausschließlich sich auf den inneren Guru zu verlegen, sondern schon Übungen zu machen, wo der Guru zunächst als äußeres Wesen vorgestellt wird.


    Ich finde da sind die Übergänge fliessend. Sollen sie auch sein. Der als äußeres Wesen vor-gestellte Guru ist letztlich eine Projektion des Inneren Guru. Die eigene Weisheitsnatur kann sich erstmal in der Form eines Buddha oder Guru zeigen. Letztlich: ist diese Natur überhaupt "was eigenes"? Ich erlebe Manjushri, wenn er "durch mich" wirkt, nicht als getrennt von meiner Weisheitsnatur. Es ist der Punkt, wo Innen und Aussen sich im Inneren berühren, überlagern, könnte man vielleicht sagen. Für mich kann sich - mit etwas anderer Struktur - aber die Weisheitsnatur auch als anderer kultureller Ausdruck zeigen. Ich lege mich da nicht so auf die spezifische Form fest. Wenn ich allerdings spezifisch die Energie von Manjushri ganz präzise haben will, z.B. bei der Arbeit mit einem MO, dann stelle ich mir auch Manjushri ganz spezifisch vor. Genauso kann man dann auch sagen: will ich die Ausdrucksform, die mir der äußere Guru spiegelt, sehr spezifisch, dann macht es auch Sinn, sich auf diese Form auszurichten. Mit "Form" meine ich beim Guru natürlich nicht dessen körperliche Erscheinung, sondern das geistige Potential das er verkörpert. Beim Karmapa wäre das z.B. die "Tatkraft aller Buddhas" bzw. eine Verkörperung von Vajradhara mit einer beim jeweiligen Karmapa etwas anderen menschlichen Ausdrucksweise.

  • die äußere guru-verehrung (mit physischer anwesenheit) ist vermutlich meiner meinung nach tatsächlich der allerschnellste weg zum erwachen.


    wenn man aber bedenkt, dass guru-yoga erst später zum vajrayana gestoßen ist (vorher gab es nur die yidams) dann kann man das als gesonderten aspekt betrachten.
    ursprünglich dient der guru/lehrer nur der einweihung - ohne die eine praxis des yidams nicht wirksam ist.


    das spätere prinzip der guru-verehrung, wie es auch von den tibetern viel gemacht wird, funktioniert aber nur, wenn man tatsächlich einen echten, verwirklichten guru hat. wenn es eben kein echter guru ist, dann hat man dadurch eher mehr probleme, als etwas positives davon.
    deshalb auch immer der rat sich den guru GANZ genau anzugucken. und zwar kritisch und nicht mit einer rosa-roten brille.
    die wirkung eines echten gurus geht aber über die reine projektionsfläche hinaus. ein echter guru kann veränderungen in dem schüler bewirken, die er so alleine nicht einfach hinbekommt. das hat auch mit den siddhi zu tun.

  • kilaya:


    Ich finde da sind die Übergänge fliessend. Sollen sie auch sein. Der als äußeres Wesen vor-gestellte Guru ist letztlich eine Projektion des Inneren Guru. Die eigene Weisheitsnatur kann sich erstmal in der Form eines Buddha oder Guru zeigen.


    schon richtig. An dem Punkt, wo man sich den Guru vorstellt und nicht äußerlich trifft, muss man notwendig mehr selbst machen. Wenn es einen Sinn haben soll, muss man also mehr in Richtung innerer Guru gehen.
    Aber ich muss schon sagen: Als Projektion für den inneren Guru finde ich z. B. den Zufluchtsbaum schon sehr aufwändig. Man soll sich schon mit den dargestellten Wesenheiten verbinden und es gibt da auch die Ebene, dass das andere Wesen sind als man selbst. Weil man ja selbst zunächst mal auf der Ebene ist. Das Textstück bezieht sich auf die vorbereitenden Übungen und da ist man eigentlich noch nicht so weit, dass man ohne äußeren Guru klar kommt. Da ist das ganze noch mehr äußerlich vorgestellt. Man hört sich Geschichten über die Linienmeister an usw.
    Vor allem wenn noch gar kein Aufblitzen der Natur des Geistes da ist, kann man ja nicht zu den Leuten sagen: Verlass dich auf den inneren und geheimen Guru.

  • Lucy:

    Eigentlich war ich hier durch - auf sezieren habe ich keine Lust. Nur ein letzter Versuch:


    1. da niemand von den Betroffenen Anzeige erstattet, wer soll das an derer statt machen?

    Interessanter ist doch Frage, warum die "Betroffenen" keine Anzeige erstatten. Die "Betroffenen" - und das ist ziemlich typisch für Sekten - sind in aller Regel Menschen, die solche Dinge "mit sich machen lassen", weil ihnen ihre natürlichen psychischen Abwehrmechanismen abhanden gekommen sind. Missbraucher haben eine sehr gute Nase für solche Dinge. Wenn die Betroffenen dann irgendwann (oft ist dann schon eine Verjährung eingetreten oder die Vorgänge sind nicht mehr beweisbar) merken, was man mit ihnen gemacht hat, ist Scham eine typische Reaktion. Die Opfer wollen idR mit ihrem Missbrauch nicht an die Öffentlichkeit, sondern ihn so schnell wie möglich ad acta legen und vergessen. Was freilich nur zu häufig nicht funktioniert.


    Nebenbei - solche Leute sind gar nicht in der Lage, einen Lehrer kritisch und sorgfältig auf Herz und Nieren zu prüfen. Der ständige Verweis auf diese Voraussetzung des Guruyoga ist doch in den meisten Fällen nicht hilfreich, sondern nur eine billige Schuldzuweisung: selber schuld, hätten sie gründlicher geprüft ... Meines Erachtens trifft genau dies - Unfähigkeit zu einer ernsthaften Prüfung - auf alle Rigpa-Mitglieder zu. Zumindest auf die, die immer noch dabei sind. Jeder, der da länger dabei war, muss doch mitgekriegt haben, was läuft. Und sei es nur der widerliche Personenkult. Das sind etliche tausende von Wegsuchern, die sich da an der Nase herumführen ließen und lassen. Und ja - das ist eine "Grundsatzkritik", denn ich halte das, die fehlende Fähigkeit (oder der fehlende Wille), einen potentiellen Lehrer wirklich zu prüfen, generell für ein Problem des Guruyoga im Westen. Anscheinend reicht es als "Garantie" ja schon, wenn einer ethnischer Tibeter ist und von irgendwem zum Tulku und / oder Rinpoche gemacht wurde.


    Wobei es da ja noch die andere Sorte von "Betroffenen" gibt. Betroffen sind die allerdings erst, wenn ihr Verhalten öffentlich gemacht wird. Da kann man dann sich natürlich auch fragen, warum z.B. die Journalistin Mary Finnigan oder die Firma Cogent-Benger Productions nicht von Rigpa oder Sogyal Lakar wegen Verleumdung angezeigt wurden. Oder aktuell die acht Verfasser des offenen Briefs an Sogyal Lakar. Angezeigt wurde immerhin (ich hatte es hier erwähnt) der französische Opferanwalt Cesbron. Pikanterweise wegen der Bezeichnung Rigpas als "mouvement sectaire" und nicht wegen der konkreten Vorwürfe gegen Sogyal Lakar. Nun kenne ich die französische Rechtslage nicht, aber ich denke nicht, dass das dort eine unzulässige Meinungsäußerung ist. Da liegt für mich die Vermutung nahe, dass es Rigpa bei der Klage lediglich darum geht, möglichst frühzeitig herauszufinden, welches belastende Material genau Herrn Cesbron vorliegt und insbesondere, wer genau die zehn Opfer sind, deren Aussagen Herr Cesbron bislang gesammelt hat. Das ist Teil des "juristischen Flankenschutzes", von dem ich hier schon geschrieben hatte.

    Lucy:

    2. da nicht die eigenen, fortgeschrittenen Schüler die Orga leiten sollen, wer sollte es an derer statt tun?

    Das Problem ist doch gar nicht so sehr, dass "die eigenen, fortgeschrittenen Schüler die Orga leiten", sondern vor allem, dass es genau die unter ihnen sind, die ihr Schweigen über Sogyal Lakars Verhalten nicht gebrochen haben. Omertà heisst das in Mafiakreisen. Es ist bezeichnend, dass keiner der Kritiker aus den eigenen Reihen im neuen Leitungsgremium vertreten ist - das macht überdeutlich, dass man sich gar nicht erst mit dem, was da so alles schief gelaufen ist, auseinandersetzen will.


    Davon abgesehen wäre es im Sinne eines echten Neuanfangs durchaus angebracht gewesen, sich nach einem integren Lehrer außerhalb Rigpas umzusehen und ihm die sprituelle Leitung anzutragen.


    Nur nebenbei: dass es Sogyal in den Jahrzehnten, die er Rigpa geleitet hat, nicht fertiggebracht hat, auch nur einen Nachfolger heranzuziehen, der ein eigenes standing hat und nun übernehmen könnte, sondern dass man da auf ein Team aus 'halbfertigen' Schülern zurückgreifen muss, ist übrigens auch so ein Punkt, der für mich ziemlich auffällig nach Egomanie riecht ...

    Lucy:

    3. wie sollte eine gegenseitige Kontrolle der Lehrer aussehen, wie sie unser lieber tychiades hier vorschlägt?

    Das Stichwort ist hier "peer control" und ein zentrales Thema in all den Debatten, die in den letzten 50 Jahren über Missbrauch spiritueller Autorität geführt wurden. Da kann man die Kritik eben nicht alleine dem Fußvolk überlassen, sondern es müssen Menschen aus der peer group des Missbrauchers (d.h. mit vergleichbarer Autorität wie der Missbraucher) offen über ihre Wahrnehmung der Situation sprechen und nicht nach dem Motto "eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus" handeln. In genau dieser Hinsicht haben die drei jetzt ernannten Berater der Rigpa-Leitungsteams komplett und eklatant versagt und tun es noch. Was sicherlich genau der Grund ist, warum man sie überhaupt zu Beratern gemacht hat. Selbst dem Dalai Lama kann man hier vorwerfen, sich zu zaghaft und zu spät geäußert zu haben - aber immerhin hat er es getan.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

    Einmal editiert, zuletzt von kilaya () aus folgendem Grund: Sachliche Kritik reicht, der letzte kleine Satz war überflüssig

  • Sudhana:

    Davon abgesehen wäre es im Sinne eines echten Neuanfangs durchaus angebracht gewesen, sich nach einem integren Lehrer außerhalb Rigpas umzusehen und ihm die sprituelle Leitung anzutragen.


    Nur nebenbei: dass es Sogyal in den Jahrzehnten, die er Rigpa geleitet hat, nicht fertiggebracht hat, auch nur einen Nachfolger heranzuziehen, der ein eigenes standing hat und nun übernehmen könnte, sondern dass man da auf ein Team aus 'halbfertigen' Schülern zurückgreifen muss, ist übrigens auch so ein Punkt, der für mich ziemlich auffällig nach Egomanie riecht ...


    An dieser Stelle merkt man doch, dass andere Meister nicht diejenigen sind die die Lage bestimmen können. Dieser Verein besitzt hier in Berlin eine große Immobilie in Top-Zustand. Kann man von den Vereinen die die anderen tibetisch-buddhistischen Linien leiten nicht grade so sagen. Klar würde sich so mancher der einem unbescholtenen Lehrer folgt wünschen, dass die Leute sich dem eigenen Lehrer zerknischt zu Füßen werfen würden, die Immobilie ihm und seinem Verein überschreiben und den eigenen Verein schlicht auflösen.


    Machen sie aber nicht. Da können weder die Meister noch die anderen Berliner Buddhisten, also die Nicht-Ripa-Schüler etwas gegen tun. Sie haben eben die Immobilie, sprich Geld. Und da man sich ja nicht mit den Fehlern anderer befassen soll, machen eben alle irgendwie mit.


    Kein Meister kann sagen: "Werft euch mir zu Füßen." Dzongsar Kyentse Rinpoche hat selbst ein kleines Zentrum in Berlin. Das ist aber nur eine Wohnung mit sehr großem Wohnzimmer. Soll er sagen: "Werdet rückhaltlos meine Schüler und schenkt die Rigpa-Räume meinem Verein. Statt mich hier nur einzuladen zu einem Vortrag." ??? Dzongsar Khyentse Rinpoche hat auch noch einen jungen Nyingma-Meister nach Deutschland abgesandt. Wär doch alles perfekt. Offensichtlich liegt es an den Rigpa-Schülern und nicht an ihm, dass es so nicht passiert. Die Meister könnten sich hinstellen und sagen: "Wir kommen nicht mehr in die Räume, ihr müsst euch entscheiden, welcher Linie und welchem Meister ihr die Räume schenkt." Das gäbe böses Blut.

  • Sudhana:

    Und ja - das ist eine "Grundsatzkritik", denn ich halte das, die fehlende Fähigkeit (oder der fehlende Wille), einen potentiellen Lehrer wirklich zu prüfen, generell für ein Problem des Guruyoga im Westen. Anscheinend reicht es als "Garantie" ja schon, wenn einer ethnischer Tibeter ist und von irgendwem zum Tulku und / oder Rinpoche gemacht wurde.


    Das würde ich nichtmal als Grundsatzkritik einsortieren, wie sie hier im tibetischen Bereich unerwünscht ist. Denn da steht jetzt nicht: "Das gesamte Guru-System gehört abgeschafft" oder "Das Guru-System und prinzipiell Machtmissbrauch" sondern eine sachliche Einschätzung, die ich sogar durchaus in der Formulierung teile. Meine Schlussfolgerung ist dann jedoch nicht, das Guru System im Westen abzuschaffen, sondern sich zu überlegen wie man das ändern kann damit der eigentliche Nutzen des tantrischen Lehrer-Schüler-Bandes überall zum Tragen kommen kann. Wobei auch wieder gesagt werden muss: die Mehrzahl der Lamas machen es bereits, wie es gemacht werden sollte. Von denen hört man dann mangels Skandalen nur nicht so viel ;)


  • Versteh wirklich nicht was das mit iwelchen Immobilien zu tun hat, wem gehören die und warum kann da der Verein nicht einen neuen Lehrer installieren?

  • Ein weiterer langjähriger Geschäftspartner von Sogyal Lakar gibt sachdienliche Hinweise:
    https://www.facebook.com/sogya…e/posts/10156737337733345
    Die acht Schüler bzw. ehemaligen Schüler Sogyal Lakars sind also schuld an dessen Krebserkrankung. Wenn noch weitere Schüler deren Beispiel folgen, besteht die Gefahr, dass Rinpoche abnippelt ...


    Krisenbewältigung Rigpa-Style. Sorry - aber auf so etwas kann ich nur noch mit Zynismus reagieren.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Sudhana:

    Ein weiterer langjähriger Geschäftspartner von Sogyal Lakar gibt sachdienliche Hinweise:
    https://www.facebook.com/sogya…e/posts/10156737337733345
    Die acht Schüler bzw. ehemaligen Schüler Sogyal Lakars sind also schuld an dessen Krebserkrankung. Wenn noch weitere Schüler deren Beispiel folgen, besteht die Gefahr, dass Rinpoche abnippelt ...


    Krisenbewältigung Rigpa-Style. Sorry - aber auf so etwas kann ich nur noch mit Zynismus reagieren.


    Subtil verweist dies natürlich darauf, endlich mit der Kritik an Sogyal aufzuhören.
    Gibt es so etwas ähnliches wie das Samaya auch im Zen?


    Grüße

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Lucky:
    Sudhana:

    Ein weiterer langjähriger Geschäftspartner von Sogyal Lakar gibt sachdienliche Hinweise:
    https://www.facebook.com/sogya…e/posts/10156737337733345
    Die acht Schüler bzw. ehemaligen Schüler Sogyal Lakars sind also schuld an dessen Krebserkrankung. Wenn noch weitere Schüler deren Beispiel folgen, besteht die Gefahr, dass Rinpoche abnippelt ...


    Krisenbewältigung Rigpa-Style. Sorry - aber auf so etwas kann ich nur noch mit Zynismus reagieren.


    Subtil verweist dies natürlich darauf, endlich mit der Kritik an Sogyal aufzuhören.
    Gibt es so etwas ähnliches wie das Samaya auch im Zen?


    hab ich noch nie gehört. Was es aber im Zen (seit Shakyamunis Zeiten) gibt, ist das Prinzip von "Fehl und Reue". Gibts das auch im tibetischen Buddhismus?
    Und was ist, wenn jemand Samaya erhalten hat, der Gebende aber überhaupt nicht die Befähigung dazu hatte?

  • Moosgarten:


    Und was ist, wenn jemand Samaya erhalten hat, der Gebende aber überhaupt nicht die Befähigung dazu hatte?


    das schadet schüler und lehrer gleichermaßen.

  • Für mein Gefühl - und das ist jetzt rein persönlich - geht diese ganze Geschichte mit den Samayas und wie deren Bruch die einen oder anderen Beteiligten schädigt, viel zu weit. Ich vermute, dass es da mal einen Sinn hinter gab, der wie üblich auf bildreiche Weise veranschaulicht wurde, und das hat sich dann verselbständigt. Solche Aussagen wie dass Schüler jetzt lieber die Klappe halten sollten, weil sonst der Lehrer wegen ihnen noch kränker werden oder gar sterben könnte - in meinen Worten ausgedrückt - schaden dem gesamten tibetischen Buddhismus und nutzen letztlich niemand. Denn am Ende fühlt sich derjenige, der hier offensichtlich zu weit gegangen ist, auch noch selbst als Opfer - statt verantwortlich für das, was passiert. Schuldzuweisungen und Buddhismus, wie passt das zusammen?


    Wenn man sagt, dass nach dem Eingehen einer Lehrer-Schüler-Beziehung letztlich sogar das Fehlverhalten der Schüler ohne weiteres Zutun dem Lehrer schaden kann, bis hin zur Gesundheit, und wenn man dieses Fehlverhalten dann auch noch in einer Weise definiert, die den eigenen Interessen entgegen kommt - ist das nur ein weiterer Machtmissbrauch der zu den anderen noch dazu kommt. Was auch immer damit beabsichtigt wurde als diese Gelübde formuliert wurden, das ganz sicher nicht.


    Ich bin gut ohne solche merkwürdigen Versprechen ausgekommen und würde mich niemals von solchen Aussagen einschüchtern lassen. Dann würde ich halt sofort gehen und das Lehrer-Schüler-Band auflösen. Ich habe das einmal gemacht, aus wesentlich geringeren Gründen, und habe dem Lehrer direkt mitgeteilt, dass ich das Band löse und ihn nicht mehr als meinen Lehrer betrachte.


    Ich finde: wenn man nicht in der Lage ist, sich von einem Lehrer zu lösen, dann ist das schon ein Zeichen von einer Abhängigkeit, die der eigentlichen Sache auf Dauer nicht zuträglich sein kann.

  • kilaya:

    Für mein Gefühl - und das ist jetzt rein persönlich - geht diese ganze Geschichte mit den Samayas und wie deren Bruch die einen oder anderen Beteiligten schädigt, viel zu weit. Ich vermute, dass es da mal einen Sinn hinter gab, der wie üblich auf bildreiche Weise veranschaulicht wurde, und das hat sich dann verselbständigt. Solche Aussagen wie dass Schüler jetzt lieber die Klappe halten sollten, weil sonst der Lehrer wegen ihnen noch kränker werden oder gar sterben könnte - in meinen Worten ausgedrückt - schaden dem gesamten tibetischen Buddhismus und nutzen letztlich niemand. Denn am Ende fühlt sich derjenige, der hier offensichtlich zu weit gegangen ist, auch noch selbst als Opfer - statt verantwortlich für das, was passiert. Schuldzuweisungen und Buddhismus, wie passt das zusammen?


    Wenn man sagt, dass nach dem Eingehen einer Lehrer-Schüler-Beziehung letztlich sogar das Fehlverhalten der Schüler ohne weiteres Zutun dem Lehrer schaden kann, bis hin zur Gesundheit, und wenn man dieses Fehlverhalten dann auch noch in einer Weise definiert, die den eigenen Interessen entgegen kommt - ist das nur ein weiterer Machtmissbrauch der zu den anderen noch dazu kommt. Was auch immer damit beabsichtigt wurde als diese Gelübde formuliert wurden, das ganz sicher nicht.


    Mich erinnert das Ganze einmal mehr stark an den Hinduismus. Zunächst die große Bedeutung die dort dem Guru zukommt, als einem Stellvertreter des Höchsten (Gott bzw. hier Buddha) und die daraus resultierende Bedeutung der Schüler-Bindung, bekräftigt durch Gelübde. Da nimmt der Guru dann angeblich das Karma des Schülers auf sich, was auch dazu führen könne dass er für seine Fehlverhalten körperlich leiden müsse. Der tibetische Buddhismus ist ja ursprünglich aus Indien gekommen wenn ich mich recht erinnere.
    Vielleicht liege ich da falsch, aber es sind schon auffällige Parallelen.

  • Ich halte generell viel von Guru Yoga, Lehrer-Schüler-Beziehung usw. als hocheffektive Mittel, mit dem eigenen Geist in Berührung zu kommen. Daran ändert sich nichts.


    Aber wie diese Beziehung ausgestaltet wird, das halte ich für stark verbesserungswürdig und teilweise nicht mit unserer westlichen Kultur vereinbar. Ich denke, da lassen sich noch einige alte Zöpfe abschneiden, ohne gleich Kahlschlag an der ganzen Vielseitigkeit der Lehre zu betreiben.