Alles anzeigenErst das dritte Glied ist Bewusstsein. Damit ist das Bewusstsein gemeint, das unter dem Einfluß von Unwissenheit und daraus folgenden Handlungen entsteht und das im weiteren Verlauf selbst die Bedingung für neue Handlungen ist (Empfindung, Durst, Erfassen). Dies ist unser individuelles Bewusstsein einer jeden Wiedergeburt, das entsteht aus unserem Karma (Gestaltungen, 2.Glied).
Was passiert nun, wenn die Unwissenheit beseitigt wird? Dann fallen die folgenden Glieder alle weg. Also auch das individuelle Bewusstsein einer jeden Wiedergeburt, die Wiedergeburt überhaupt fällt weg. Und was bleibt übrig?
Wenn Unwissenheit beseitigt wird, bleibt Wissen übrig. Das rechte Wissen. Die Weisheit eines Erleuchteten: Der Schleier der Maya (so steht's in den Upanishaden) löst sich auf. Dieser Schleier war die Unwissenheit. Nun ist der Blick frei auf unser wirkliches Wesen, auf Nirvana, unseren natürlichen Zustand, wenn wir die Realität so erfahren wie sie ist.
Ob dann auch die Individualität wegfällt ist nicht gesagt. Das Ego fällt weg, weil das Wollen, der Durst wegfällt. Ich erinnere mich, dass der Dalai Lama mal ín einem Interview gesagt hat, er glaube, die Individualtät der Buddhas hört nicht auf im Parinirvana.
Und irgendein Grundbewusstsein oder allgemeines undifferenziertes Sammelbecken für Erleuchtete oder eine Einheit außerhalb von uns Existierenden Wesen - das hat der Buddha nicht gelehrt und wäre auch an den Haaren herbeigezogen ohne jede Erfahrungsmöglichkeit für irgendein Wesen. Und nichts kann zu nichts werden (Nihilismus hat der Buddha auch nicht gelehrt). Also wird wohl in der Erleuchtung die Individualität bestehen bleiben.
Meine Erfahrung ist, dass in der Erleuchtung das Ego verschwindet. Alle Anhaftungen lösen sich auf. Auch die Anhaftung an die eigene Person. Wir sind einfach nur reines Bewusstsein ohne Identität. Um in der Welt zu handeln, brauchen wir aber eine Identität. Wir können aus dem Parinirvana heraus eine Identität bilden und uns wieder inkarnieren (auf der Erde handeln).
Ich glaube, dass es viele Stufen der Erleuchtung gibt. Im tibetischen Buddhismus spricht man von zehn Bodhisattva Stufen. In der zehnten Bodhisattvastufe ist man schon ein Buddha, aber man ist noch mit der Erde verbunden. Man möchte alle Wesen vom Leid befreien und kann sich deshalb auf der Erde inkarnieren. Ein Buddha der elften Stufe hat keinen Wunsch mehr nach einer Inkarnation auf der Erde. Er ruht einfach in seinem erleuchteten Bewusstsein und strahlt Frieden, Glück, Liebe, Weisheit und Erleuchtung in alle Welten aus. Ich glaube, dass er noch seiner selbst bewusst ist, aber er hat keinen Handlungsimpuls mehr.