Was versteht man im Buddhismus unter Unwissenheit

  • Ich reite noch immer darauf rum, dass sich avijja und moha nicht beliebig gegeneinander austauschen lassen.


    Es wurde ja schon mehrmals angesprochen, dass Unwissenheit sich so gut wie am Anfang der Kette des bedingten Ent- und Bestehens befindet, so dass beinahe alle Konstrukte der Form Irgendwas-avijja einen Sinn machen. Unsinnig wäre aber zum Beispiel vijja-avijja. Trotzdem meine ich, es gibt amoha-avijja, weil amoha eben nicht vijja ist und moha nicht avijja.


    amoha ist eine Wurzel des Heilsamen, das hatten wir weiter oben schon gesehen. Aber das Festhalten an heilsamen Absichten und Angewohnheiten ist ein Ausdruck von Unwissenheit (siehe zum Beispiel Samanamandika Sutta). Das meint meine Abkürzung amoha-avijja.


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Hallo ihr Lieben.


    In der traditionellen tibetischen Darstellung stehen 3 verschiedene Tiere jeweils für moha, dosa und lobha.


    Das Schwein steht für moha. Aus dem Maul des Schweines kommen die anderen beiden Tiere. Was symbolisieren soll, dass die 3 nicht gleichberechtigt sind, wie andere auch geschrieben haben, sondern moha ist die Wurzel aus der dosa und lobha entspringen.


    Ohne Verblendung gäbe es auch keinen Hass und keine Gier.


    Quelle:

    Vortrag von Ajahn Akincano. Allgemein ab Minute 9:15 bzw. speziell "Maul des Schweins" 10:20:

    Er verwendet die Begriffe moha und avijja synonym. Er setzt zum Beispiel moha aus den 3 unheilsamen Wurzeln mit avijja aus der 12er Kette des bedingten Enstehens gleich.


    Ab Minute 25:39


    So wie es auch der ehrwürdige Nyanatiloka in seinem buddhistischen Wörterbuch schreibt:

    'Verblendung', ist eine der 3 unheilsamen Wurzeln (siehe mūla).

    Das gebräuchlichste Synonym ist avijjā.

    moha


    Das passt gut zu meiner persönlichen Meinung:


    Für mich sind die 3 unheilsamen Wurzeln eine grobe Form von avijja (der grundlegenden Unwissenheit) und tanha (grundlegender/s Durst/Begehren).


    Tanha teile ich auf in Begehren etwas haben zu wollen, zu etwas hin und in Begehren etwas weg haben zu wollen, nicht haben zu wollen, von etwas weg.


    Moha ist eine grobe Form von avijja.

    Lobha ist eine grobe Form von tanha als Begehren etwas haben zu wollen.

    Dosa ist eine grobe Form von tanha als Begehren etwas weg haben zu wollen.


    Eine mittelgrobe Form von tanha/lobha/dosa für mein Sprachgefühl wäre Zuneigung und Abneigung. Für moha/avijja fällt mir gerade nichts ein.


    Tanha und Moha sind also auf der einen Seite Synonyme, auf der anderen Seite bezeichnen sie im fachlichen Austausch verschiedene Grobheitsgrade.


    Mir gefällt aber auch die Idee von euch, beide Begriffe zu benutzen, um das breite Bedeutungsspektrum von avijja deutlich zu machen.


    Wenn ich von den grundlegensten Dingen spräche, würde ich avijja und tanha als das Grundlegenste und Feinste bezeichnen.


    Während moha, lobha und dosa gröbere Ausformungen sind, wo nicht nur einzelne Teile der 12er Kette des bedingten Enstehens angeprochen sind (avijja, tanha), sondern wo das bedingte Entstehen schon in seiner Gesamtheit wirkt.


    Und auch das ist nicht ganz richtig, weil es avijja und tanha als getrenntes, festes Etwas mit festem Kern sowieso nicht gibt. Also die einzelnen Teile des bedingten Entstehens sind eigentlich keine festen greifbaren Teile und werden "nur" durch Zusammenspiel von anderem so bezeichnet.


    Diese Leerheit, Kernlosigkeit wird ja im Palikanon auf die 5 Khandha bezogen und ich gehe davon aus, dass das auch auf die 12er Kette zutrifft.


    Samyutta Nikaya 22.91-120


    Aber das nur am Rande.


    Fazit:


    Ich hätte kein Problem damit avijja und moha als Synonyme zu betrachten. Gleichzeitig bezeichnen sie aber schon verschiedene Nuancen.


    So wie die Wurzel und Blätter zu einem Baum gehören, aber trotzdem unterschieden werden können.


    Also nicht nur entweder oder, sondern auch ein sowohl als auch.


    Das scheint sowieso eine Eigenschaft der Welt zu sein, dass man diese 4 Prinzipien erkennen kann:


    1. Etwas ist.

    2. Etwas ist nicht.

    3. Etwas ist und ist nicht.

    4. Etwas ist weder, noch ist es nicht.


    Also für eine scheinbare Sache kann man immer die 4 Prinzipien anwenden. Entweder durcheinander oder der Reihe nach als Stufenfolge von 1. bis 4.. Also auch hier kein entweder oder.


    Elliot

    So gesehen könnte es die Kombination amoha-avijja geben, nämlich wenn jemand auf dem Pfad die grobe Unwissenheit schon überwunden hat, also moha überwunden hat. Aber solange die grundlegende Unwissenheit avijja nicht überwunden ist, könnte es auch wieder Rückfälle in moha geben. Da moha aus meiner Sicht ja grobe avijja ist. Wenn sich avijja vergröbert, dann wird sie immer mehr moha-mäßig oder avijja wird immer mehr von moha überlagert.


    void

    Das vierte Geistesgift wäre tanha. Was aber natürlich kein viertes wäre, sondern tanha ist meiner Meinung nach eine feinere Ausprägung von lobha und dosa. Oder umgekehrt lobha und dosa ist eine gröbere Ausprägung von tanha. So wie weiter oben schon besprochen. Also wenn die 3 unheilsamen Wurzeln beseitigt, überwunden oder verfeinert wurden, gibt es ja immer noch das feinere avijja und die zweifache Einteilung von dem feineren tanha (von etwas weg, zu etwas hin).


    Oder auch eine mittelgrobe Stufe dazwischen - Abneigung und Zuneigung, in meinem Sprachgefühl.


    Ist auch die Frage wie exakt man diese Prinzipien wirklich formulieren kann oder ob es immer nur eine Annäherung ist.


    Oder dann im nächsten Schritt, wie sehr es zu Anhaftung an Konzepten ausufern kann:


    Majjhima Nikāya 38


    Und alles nur (m)eine Meinung, außer die Zitate.

    Können auch Fehler dabei sein.

    Schaut was für euch passt.


    Liebe Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Elliot

    So gesehen könnte es die Kombination amoha-avijja geben, nämlich wenn jemand auf dem Pfad die grobe Unwissenheit schon überwunden hat, also moha überwunden hat.

    Beziehungsweise durch amoha ersetzt hat, also Nicht-Verblendung erreicht zumindest bzgl. ethischer Fragen, was richtig (heilsam) ist und was falsch (unheilsam).


    Und es bei dieser Nicht-Verblendung zusammen mit Nicht-Gier (Mäßigung) und Nicht-Hass (Toleranz) belässt, womöglich glaubend, damit auch die Unwissenheit hinter sich gelassen zu haben. Und das wäre halt ein Irrtum.


    "Was sind heilsame Angewohnheiten? Es sind heilsame körperliche Handlungen, heilsame sprachliche Handlungen und die Läuterung der Lebensweise. Diese werden heilsame Angewohnheiten genannt."

    "Und wo entspringen diese heilsamen Angewohnheiten? Ihr Entspringen ist dargelegt: man sollte sagen, sie entspringen im Geist. In welchem Geist? Obwohl der Geist vielfältig ist, verschiedenartig und mit unterschiedlichen Aspekten, gibt es Geist, der nicht von Begierde beeinflußt ist, nicht von Haß oder Verblendung ( moha ). Heilsame Angewohnheiten haben ihren Ursprung in diesem."

    "Und wo hören diese heilsamen Angewohnheiten ohne Überbleibsel auf? Ihr Aufhören ist dargelegt: da ist ein Bhikkhu sittsam, aber er identifiziert sich nicht mit seiner Sittlichkeit, und er versteht jene Herzensbefreiung, die Befreiung durch Weisheit, in der jene heilsamen Angewohnheiten ohne Überbleibsel aufhören, der Wirklichkeit entsprechend."

    Viele Grüße

    Elliot

  • Das vierte Geistesgift wäre tanha.

    Hi, danke für so klaren Beitrag.

    Meine Frage an dich dann wäre, warum tanha sollte als das "Gift" gelten?

    Es wäre eher die Ursache, der Auslöser allen "Giften" zusammen...

    Denn aufgrund der Unwissenheit man bekommt so wie der unstillbare Durst, oder etwas zu besitzen( Gier), oder abzustossen( Hass).

    Kannst du es mir, bitte, erklären?

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Hallo Elliot .


    :like:Ja genau.


    Nur als Zusatz:


    Nach meiner Logik ist amoha automatisch da, wenn moha übwerwunden ist. In dem Maße in dem moha weniger wird, wird die Qualität von

    amoha mehr. Man kann es auch als stufenweise Übergänge sehen, von grob zu fein, welche dann möglicherweise in einer vollkommenen Überwindung von moha kulminieren. Das würde aber erst für einen Edlen ab Stromeintritt aufwärts gelten. Alle anderen könnten theoretisch noch

    zurückfallen.


    Und müßte man beim Thema Gefahren noch die zeitweise Dämpfung von moha betrachten. Wo man glaubt moha überwunden zu haben, dabei ist es nur zeitweilig außer Kraft gesetzt und es könnte jederzeit wieder auftauchen.


    Liebe Grüße

    2 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Aber die Frage (80) war absolut berechtigt:



    Zitat

    Das Unvermögen des Menschen, das Universum zu begrei-fen, kommt vom Nichtwissen (avijjā), das mehr oder weni-ger alles begriffliche Denken beherrscht. Da avijjā mit taṇhā verbunden ist, vertieft es sich, wenn die durch das Verlan-gen verursachten mentalen Befleckungen zunehmen, und es verringert sich, je geringer diese sind. Es ist eine unver-

    änderliche Regel im buddhistischen System der Kausalbe-ziehungen, dass zwei oder mehr Faktoren erforderlich sind, um ein bestimmtes Ergebnis hervorzurufen.



    Francis Story.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Das vierte Geistesgift wäre tanha.

    Hi, danke für so klaren Beitrag.


    ...

    Hallo Igor07 .


    Gerne.

    Und die Ursache, den Auslöser aller Gifte zusammen, würde ich als "Urgift" (urprüngliches Gift) bezeichnen.

    Wäre das besser?

    Man sollte also mehr auf das Zusammenspiel der einzelnen Faktoren, zum Beispiel von avijja und tanha achten?


    Liebe Grüße

    2 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Das „Unwissen“ ist wohl doch das nicht wissen wollen der eigenen Verblendungen, Vorstellungen, die Verlangen und oder Ablehnung auslösen.

    Erkennt man die eigenen Vorstellungen, den eigenen Glauben, verschwinden Gier und Hass.

  • Das „Unwissen“ ist wohl doch das nicht wissen wollen der eigenen Verblendungen, Vorstellungen, die Verlangen und oder Ablehnung auslösen.

    Erkennt man die eigenen Vorstellungen, den eigenen Glauben, verschwinden Gier und Hass.

    Unwissen ist Unwissenheit über die 4 Edlen Wahrheiten.


    U. a. dass das, was wir als Welterfahrung kennen und Welt nennen, nur Dukkha ist (1. Wahrheit).

    Vor allem aber die Ansicht, dass es eigene Verblendungen gibt (Diese Verblendungen sind mein und gehören mir).

    Es handelt sich aber um einen unpersönlich ablaufenden bedingten Prozess (Paticca Samupada) ohne Täter. Alles andere ist Verblendung!

    Die Unwissenheit selbst entsteht durch den Unwissenheitstrieb (avijjāsava). Dieser besteht, solange man nicht erwacht ist und zieht einen immer wieder in die Täter- bzw. Ich-Illusion.


    Meine persönliche Meinung:

    Die Ursache des Unwissenheitstriebes ist meines Erachtens durch Evolution zu erklären. Alle Menschen, die diesen Trieb nicht hatten, sind aus nachvollziehbaren Gründen ausgestorben.


    "Dem Schaumball gleicht der Körper,

    der Wasserblase das Gefühl,

    ein Luftphantom ist Wahrnehmung der Sinne,

    Gestaltungen sind ohne Kern wie der Bananenstamm,

    und Gaukelkünsten ähnelt das Bewußtsein.

    So hat der Sonnenheld es aufgezeigt.

    Wenn man so nachsinnt, gründlich untersucht,

    als hohl und leer erkennt man es dann weise..."


    Samyutta Nikaya 22.91-120

  • So optimistisch sehe ich das nicht. Ich glaube, solange Unwissenheit ( avijja ) nicht überwunden ist, kann auch immer noch etwas Verblendung ( moha ) aufflackern.


    Noch ein weiterer Gedanke: Die Erkenntnis, dass es lobha-moha, dosa-moha und moha gibt, vermittelt vielleicht den Eindruck, moha sei die Ursache für lobha und dosa. Aber sagt man nicht auch "blind vor Gier" und "blind vor Hass", was doch verdeutlicht, da ist Verblendung verursacht durch starke Erregung und Emotion.


    Gern würde ich dies nun verwenden, um wiederum moha von avijja zu unterscheiden, da avijja nicht wie moha eine Verursachung haben kann, sondern am Anfang aller Ursachen steht. Aber das wäre natürlich zu einfach. avijja gründet sich auf drei "Triebe" (Einflüsse): kāmāsavo, bhavāsavo, avijjāsavo. Und diese drei wiederum gründen sich auf: avijja.


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Auf jeden Fall. Genau das versuche ich die ganze Zeit darzulegen. Da habe ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt. Sehe es wie du.

    ...


    Noch ein weiterer Gedanke: Die Erkenntnis, dass es lobha-moha, dosa-moha und moha gibt, vermittelt vielleicht den Eindruck, moha sei die Ursache für lobha und dosa. Aber sagt man nicht auch "blind vor Gier" und "blind vor Hass", was doch verdeutlicht, da ist Verblendung verursacht durch starke Erregung und Emotion.


    ...

    Ja genau. Die 3 bedingen sich auch gegenseitig. Deswegen gehört es zur Übung auf dem Pfad, Gier (lobha) und Hass (dosa) zu vermindern, um damit auch moha zu vermindern, wodurch man einen besseren Durchblick erhält (amoha nimmt zu).


    Und gleichzeitig erhöht weniger moha, also mehr Durchblick (mehr amoha), die Chance die Sinnhaftigkeit der Verminderung von Hass (dosa) und Gier (lobha) noch besser zu verstehen und sich dieser Verminderung mehr zu widmen, was wieder noch weniger moha zur Folge hat.


    Bei Erfolg also noch mehr Durchblick (amoha), wodurch wieder noch mehr Anstrengungen unternommen werden und geeignete Vorgehensweisen etabliert werden, eine weitere Verminderung von Gier (lobha) und Hass (dosa) zu erreichen.


    Ganz vereinfacht gesagt und im allergünstigsten, idealisierten Fall.


    Also ein sich selbst verstärkender Mechanismus. Im Heilsamen, wie auch umgekehrt im Unheilsamen.

    Eben.


    Wie du sicher weißt, wird in MN9 ja eine interessante 13er Version der 12er Kette dargestellt. Also mit einem Faktor mehr.


    Wo sich, wie du sagst, die 3 Triebe (asava) und Unwissenheit (avijja) gegenseitig bedingen.


    Das Bedingte Entstehen bedingt sich sozusagen selbst.


    Und es kann nicht anders sein, denn aufgrund der Bedingtheit und Kernlosigkeit von allem, kann es keine einzelne, getrennte Ur-Ursache in der bedingten Welt geben. Es ist immer ein Zusammenspiel.


    Und das wird in MN9 am Ende schön deutlich. Das Zusammenspiel Unwissenheit (avijja) und Triebe (asava). Woraus sich die weitere Kette ausbreitet.


    Damit ist auch angedeutet, warum ab Stromeintritt ein Zurückfallen unmöglich ist. Weil da der Ansichtentrieb überwunden ist, laut Wörterbuch vom ehrwürdigen Nyanatiloka (der sich da wohl auf den Abidhamma bezieht, möglicherweise Vibhanga, bin mit den Abkürzungen nicht so vertraut).


    Also der erste wichtige tragende Pfeiler der 3 bzw. 4 Triebe (asava) wurde entfernt und damit auch ein wichtiger Pfeiler der Unwissenheit (avijja).


    Und im weiteren Verlauf der überweltlichen Pfade sind dann auch die anderen 3 Triebe (asava) an der Reihe.

    āsava


    Für Interessierte noch die Stelle in MN9:

    Majjhima Nikāya 9


    Die Fußnoten vom Übersetzer Ajahn Mettiko Bhikkhu könnten auch interessant sein.


    Danke für das aufschlußreiche Gespräch bis jetzt.


    Liebe Grüße

    3 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Auf jeden Fall. Genau das versuche ich die ganze Zeit darzulegen. Da habe ich mich wohl mißverständlich ausgedrückt. Sehe es wie du.

    Ich hatte Dich so verstanden, dass Du meinst, mit Stromeintritt wäre moha bereits vollständig und nachhaltig gebannt. Diesen Optimismus würde ich dann jedenfalls/gegebenenfalls nicht teilen.


    Danke für die Zitate!


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Ach so.

    Ja, könnte man so lesen.


    Ich meinte eher grundsätzlich, unabhängig von moha oder amoha, dass ein Stromeingetretener in der Praxis langfristig gesehen nicht mehr zurückfallen kann. Spätestens in 7 Leben hat er nibbana vollkommen verwirklicht.


    Wieviel moha ein Stromeingetretener noch hat, kann ich nicht beurteilen.


    Aber er dürfte, meiner Meinung nach, nicht mehr sehr tief in moha zurückfallen. Zumindest kein moha was ihn unterhalb des Menschenbereichs bringt. Weil gesagt wird, dass ein Stromeingetretener nichtmehr unterhalb des menschlichen Bereichs geboren wird.


    Sie/Er sind aus dem Gröbsten dauerhaft raus.


    Ist natürlich alles theravada-lastige Theorie, soweit verstanden von mir, gepaart mit eigenen Erfahrungen.


    Ob es wirklich alles so ist, weiß ich nicht.

    Gerne.


    Liebe Grüße

    4 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Mag sein, dass Stromeintritt gegen Hass und Gier feit. Aber wohl nicht gegen sich Verlieben. "Liebe macht blind", sagt man und meint damit doch eine milde Form von Verblendung. Mal etwas poetisch ausgedrückt.


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Mit dieser Klassifikation habe ich mich bisher nicht eingehender beschäftigt. Aber jetzt habe ich nochmal nachgelesen und es sieht so aus, dass Stromeintritt und sogar Einmalwiederkehr nicht gänzlich vor Verblendung schützen:


    "Sollte ein Bhikkhu wünschen: 'Möge ich mit der Vernichtung von drei Fesseln ein Stromeingetretener werden, dem Verderben nicht länger unterworfen, (des Weges) gewiß, auf das Erwachen zugehend', dann soll er die Sittlichkeit erfüllen, sich der inneren Herzensruhe widmen, die Meditation nicht vernachlässigen, Einsicht pflegen und in leeren Hütten wohnen."


    "Sollte ein Bhikkhu wünschen: 'Möge ich mit der Vernichtung von drei Fesseln und mit der Abschwächung von Begierde, Haß und Verblendung ( moha ) ein Einmalwiederkehrer werden, der einmal in diese Welt zurückkehrt, um Dukkha ein Ende zu bereiten', dann soll er die Sittlichkeit erfüllen, sich der inneren Herzensruhe widmen, die Meditation nicht vernachlässigen, Einsicht pflegen und in leeren Hütten wohnen."

    Nichtwiederkehr bedeutet offenbar, sowohl sinnliches Begehren, als auch Übelwollen vollständig und nachhaltig überwunden zu haben:

    "Sollte ein Bhikkhu wünschen: 'Möge ich mit der Vernichtung der fünf niedrigeren Fesseln dazu bestimmt sein, spontan (in den Reinen Bereichen) wiederzuerschienen und dort Nibbāna zu erlangen, ohne je von jener Welt zurückzukehren', dann soll er die Sittlichkeit erfüllen, sich der inneren Herzensruhe widmen, die Meditation nicht vernachlässigen, Einsicht pflegen und in leeren Hütten wohnen."

    Das ist natürlich schon sehr bemerkenswert. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand gänzlich ohne Übelwollen noch zu Hass fähig ist. Aber Freiheit von sinnlichem Begehren schließt ja Verlangen oder gar Gier nach zum Beispiel nach Anerkennung nicht aus und dann wäre Verblendung auch nicht weit...


    Also, ich bleibe dabei: Das gänzliche Verschwinden von moha liegt sehr dicht beim gänzlichen Verschwinden vom avijja.


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Wenn die Buddhisten wüßten, was Unwissenheit ist, müssten sie "Wissenheit" kennen. Wenn die Buddhisten aber "Wissenheit" kennen würden, wären sie keine Buddhisten, warum? Der Buddhismus lehrt (vermeintlich) die Überwindung der Unwissenheit. Wer aber weiß, was Unwissenheit ist, weil sie/er "Wissenheit" kennt, muss Unwissenheit nicht überwinden, weil sie/er "Wissenheit" kennt und braucht also keinen Buddhismus und muss also auch kein Buddhist sein.

    mankind ... must act and reason and believe; though they are not able, by their most diligent enquiry, to satisfy themselves concerning the foundation of these operations, or to remove the objections, which may be raised against them [Hume]

  • Der Buddhismus lehrt (vermeintlich) die Überwindung der Unwissenheit.

    Das "vermeintlich" kannst Du fett drucken. Der Buddha lehrt nicht die Überwindung von Unwissenheit, sondern einen Weg zur Überwindung der Unwissenheit. Und auf diesem Weg geht es nicht um Wissen, das kann man sich innerhalb von ein paar Tagen aneignen, sondern um erkennen durch praktische Übung.


    Das Wissen um Dukkha und Vergänglichkeit, um Hass und Gier alleine ist wertlos.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Wenn die Buddhisten wüßten, was Unwissenheit ist, müssten sie "Wissenheit" kennen. Wenn die Buddhisten aber "Wissenheit" kennen würden, wären sie keine Buddhisten, warum? Der Buddhismus lehrt (vermeintlich) die Überwindung der Unwissenheit. Wer aber weiß, was Unwissenheit ist, weil sie/er "Wissenheit" kennt, muss Unwissenheit nicht überwinden, weil sie/er "Wissenheit" kennt und braucht also keinen Buddhismus und muss also auch kein Buddhist sein.

    Ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe.


    Meinst Du, es gibt so eine Art allgemeine "Wissenheit", zu der viele verschiedene Wege führen? Und wer diese Wissenheit auf dem "buddhistischen" Weg kennengelernt hat (oder meint, kennengelernt zu haben), der braucht dann nicht mehr "buddhistisch" zu sein? Weil es sich erübrigt hat, weil es auf diese "Wissenheit" ankommt, und nicht auf den Weg dahin?


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Hallo Elliot.


    Dem würde ich auch garnicht widersprechen wollen.


    Der Unterschied zwischen unser beider Ansichten könnte sein, dass für dich avijja und moha zwei voneinander getrennte, klar unterscheidbare, möglicherweise parallel ablaufende Prozesse sind.


    Falls ich dich da überhaupt richtig verstehe. Du kannst da auch gerne widersprechen.


    Und für mich ist moha einfach eine grobe Form von avijja. Wo es dann irgendwann einen Punkt gibt in der Feinheit, wo man eher von avijja, statt von moha spricht. Oder es auch einen Punkt geben müßte, wo man nicht genau sagen kann, ist es jetzt noch moha oder schon avijja.


    Für mich machen beide Ansichten Sinn.


    Vielleicht als Synthese der Beiden:


    Es könnte durchaus sein, dass avijja und moha zwei parallel ablaufende Prozesse sind, aber trotzdem auch nicht gänzlich voneinander getrennt.


    Avijja im Zusammenspiel mit den anderen 11 oder 12 Gliedern des bedingten Entstehens, wäre dann die grundlegenste Ebene sozusagen. Und Ebenen höher wäre es dann moha, dosa, lobha und vielleicht noch weitere Faktoren im Zusammenspiel.


    Aber trotzdem wäre diese grundlegende Ebene mit den anderen Ebenen auch verbunden. Also gleichzeitig diese verschiedenen Ebenen im Zusammenspiel.


    Die grundlegende Ebene drückt sich in den höheren Ebenen aus und die höheren Ebenen haben auch einen Einfluß auf die grundlegende Ebene.


    Aber auch in der Version müßte es verschiedene Stärkegrade oder Grobheits- und Feinheitsgrade von moha geben.


    Von starkem/grobem moha, wo man jemanden tötet weil einem die Nase nicht gefällt oder man einfach gerade Lust dazu hat oder aus purer Wut.


    Über moha, wo man nicht unbedingt aus bewußter Gier oder Hass jemanden tötet, sondern scheinbar ganz nüchtern aus einer Ideologie heraus. Man will ja nur das Beste oder man tut einfach seinen Job. Der Befehlsgeber wird es schon besser wissen.


    Bis zu schwächerem/feineren moha, wo man vielleicht noch leichte Zu- und Abneigung zu Menschen oder Dingen spürt, aber vielleicht schon soweit in der Praxis ist, dass man sieht, dass es ein unpersönlicher Prozess ist und sich kaum noch damit als ich und mein identifiziert.

    Und dieser Zu- und Abneigung in der Folge dann auch weniger nachgehen muß.


    Liebe Grüße

    Einmal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Der Buddhismus lehrt (vermeintlich) die Überwindung der Unwissenheit.

    Das "vermeintlich" kannst Du fett drucken. Der Buddha lehrt nicht die Überwindung von Unwissenheit, sondern einen Weg zur Überwindung der Unwissenheit. Und auf diesem Weg geht es nicht um Wissen, das kann man sich innerhalb von ein paar Tagen aneignen, sondern um erkennen durch praktische Übung.

    Jaja. Ich weiß schon ... "Praxis und Erfahrung" ... das erzählen alle, die nichts wissen.

    mankind ... must act and reason and believe; though they are not able, by their most diligent enquiry, to satisfy themselves concerning the foundation of these operations, or to remove the objections, which may be raised against them [Hume]

  • Wenn die Buddhisten wüßten, was Unwissenheit ist, müssten sie "Wissenheit" kennen. Wenn die Buddhisten aber "Wissenheit" kennen würden, wären sie keine Buddhisten, warum? Der Buddhismus lehrt (vermeintlich) die Überwindung der Unwissenheit. Wer aber weiß, was Unwissenheit ist, weil sie/er "Wissenheit" kennt, muss Unwissenheit nicht überwinden, weil sie/er "Wissenheit" kennt und braucht also keinen Buddhismus und muss also auch kein Buddhist sein.

    Ich bin mir nicht sicher, ob ich Dich richtig verstehe.

    Ich auch nicht.


    Meinst Du, es gibt so eine Art allgemeine "Wissenheit", zu der viele verschiedene Wege führen? Und wer diese Wissenheit auf dem "buddhistischen" Weg kennengelernt hat (oder meint, kennengelernt zu haben), der braucht dann nicht mehr "buddhistisch" zu sein? Weil es sich erübrigt hat, weil es auf diese "Wissenheit" ankommt, und nicht auf den Weg dahin?

    Der Titel des Threads ist "Was versteht man im Buddhismus unter Unwissenheit?" und ich habe geantwortet, dass es im Buddhismus kein Verständnis dazu geben kann.

    mankind ... must act and reason and believe; though they are not able, by their most diligent enquiry, to satisfy themselves concerning the foundation of these operations, or to remove the objections, which may be raised against them [Hume]

  • Der Buddhismus lehrt (vermeintlich) die Überwindung der Unwissenheit.

    Das "vermeintlich" kannst Du fett drucken. Der Buddha lehrt nicht die Überwindung von Unwissenheit, sondern einen Weg zur Überwindung der Unwissenheit. Und auf diesem Weg geht es nicht um Wissen, das kann man sich innerhalb von ein paar Tagen aneignen, sondern um erkennen durch praktische Übung.

    Jaja. Ich weiß schon ... "Praxis und Erfahrung" ... das erzählen alle, die nichts wissen.

    Oh entschuldige, ich wusste nicht, dass Du an einer Diskussion nicht interessiert bist.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Das "vermeintlich" kannst Du fett drucken. Der Buddha lehrt nicht die Überwindung von Unwissenheit, sondern einen Weg zur Überwindung der Unwissenheit. Und auf diesem Weg geht es nicht um Wissen, das kann man sich innerhalb von ein paar Tagen aneignen, sondern um erkennen durch praktische Übung.

    Jaja. Ich weiß schon ... "Praxis und Erfahrung" ... das erzählen alle, die nichts wissen.

    Oh entschuldige, ich wusste nicht, dass Du an einer Diskussion nicht interessiert bist.

    Ich frage mich, worüber Unwissende diskutieren können sollten.

    mankind ... must act and reason and believe; though they are not able, by their most diligent enquiry, to satisfy themselves concerning the foundation of these operations, or to remove the objections, which may be raised against them [Hume]