Was versteht man im Buddhismus unter Unwissenheit

  • Wir leben in einer Illusion, halten Unbeständiges für Beständig und bauen unsere Sicherheit und unser Glück darauf auf. Und als Gipfel denken wir, dass das, was wir Ich und Selbst nennen, auch beständig und dauerhaft ist.

    Hm, aber die reale Erfahrung könnte echt ( wenigestens am Anfang ) so aussehen, wie LSD-Trip, das wäre wie auf diesem Bild von S.Dali.



    Die Beständigkeit der Erinnerung - Google Suche


    Bild rechts, man kann es vergrössern.


    Das wäre dann das reale "Erlebnis " der Vergänglichkeit, wie sie sich anfühlt. Nichts, wenn man über sie nur redet.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Sie bildet die Grundlage für die Unwissenheit über die vier edlen Wahrheiten

    und wird zum Beispiel in MN 2 mit den Trieben in Verbindung gesetzt. Diese Unwissenheit ist als Geistesfaktor selbst ein Trieb und fesselt uns deshalb an Samsara., so lange wir sie nicht überwunden haben.






    Ich habe es genau andersherum verstanden. Sonst wäre ja die Unwissenheit nicht das erste Glied?

    Zitat

    Mit dem Ursprung von Unwissenheit ist der Ursprung der Triebe. Mit dem Aufhören von Unwissenheit ist das Aufhören der Triebe.

    aus MN9 wo auch die Unwissenheit mit der Unwissenheit über die 4 edlen Wahrheiten gleichgesetzt wird. Wobei durch Unwissenheit selbst, Unwissenheit verstärkt wird. "Unwissenheitstrieb" (als asava). Naja, kann es ja nochmal in Ruhe durchgehen.

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  • In der schon mehrfach erwähnten Vibhanga Sutta SN12.2 Samyutta Nikaya 12 .01-10 direkt nach der Sutta mit dem bedingten Entstehen SN12.1 steht es so:


    Zitat

    15. Was aber, ihr Bhikkhus, ist Nichtwissen?

    • Die Unkenntnis, ihr Bhikkhus, vom Leiden,
    • die Unkenntnis von der Entstehung des Leidens,
    • die Unkenntnis von der Aufhebung des Leidens,
    • die Unkenntnis von dem Weg, der zur Aufhebung des Leidens führt:

    das, ihr Bhikkhus, heißt Nichtwissen.


    16.

    • So entstehen aus dem Nichtwissen als Ursache die Gestaltungen;
    • aus den Gestaltungen als Ursache entsteht das Bewußtsein,
    • aus dem Bewußtsein als Ursache entsteht Name und Form;
    • aus Name und Form als Ursache entstehen die sechs Sinnesbereiche;
    • aus den sechs Sinnesbereichen als Ursache entsteht die Berührung;
    • aus der Berührung als Ursache entsteht die Empfindung;
    • aus der Empfindung als Ursache entsteht der Durst;
    • aus dem Durst als Ursache entsteht das Erfassen
    • aus dem Erfassen als Ursache entsteht das Werden;
    • aus dem Werden als Ursache entsteht die Geburt;
    • aus der Geburt als Ursache entstehen Alter und Tod, Schmerz, Kummer, Leid, Betrübnis und Verzweiflung.

    Dieses Nichtwissen ist auch das erste Glied des bedingten Entstehen. Ok bin raus.

    Einmal editiert, zuletzt von cinnamon ()

    • Offizieller Beitrag

    Unwissenheit soll das Grundübel auch für die anderen Geistesgifte sein.

    Ist irgendwo erklärt was sich darunter versteht.

    Ich denke, die drei Geistesgifte sind nicht gleichartig.


    Zwischen "Gier" und "Hass" gibt es noch eine Symmetrie: Beides sind Kräfte die dahin drängen einen Sollzustand aufrechtzuerhalten. Einmal soll etwas her das andere Mal etwas weg.


    Das dritte Geistesgift "Unwissenheit" scheint mir anderer Art als die beiden anderen. Nicht so sehr die Wirkung selbst sondern eher die aufgezogene Feder die sie antreibt.


    Ich verbinde "Unwissenheit" als Geistesgift mit der Grundillusion eines Spalts zwischen Ich und Nicht-Ich. Und da sich aus der Aufrechterhaltung dieser Spaltung setzten sich die beiden anderen Geistesgift "Gier" und "Hass" in Gange setzten bildet es mit diesen eine Einheit.

  • Es gibt die 6 Wurzeln (mūla), die eingeteilt sind in heilsame und unheilsame. Die unheilsamen sind Gier, Hass und Verblendung. Der Palibegriff für Verblendung ist moha und nicht avijja (Unwissenheit). Die heilsamen Wurzeln sind das Gegenteil.


    Falls moha hier verstanden wird als das Nicht-Erkennen der Edlen Wahrheiten und amoha als das Erkennen der Edlen Wahrheiten, dann führt dies zu folgenden Schlussfolgerungen:


    a. Es gibt nur heilsames Bewusstsein ab dem Stromeintritt, der das Erkennen der Edlen Wahrheiten verkörpert. Aber wie kann man in den Strom eintreten ohne vorher Heilsames zu tun. Oder:


    b. Nicht in allem heilsamen Bewusstsein ist Unverblendung (amoha) vorhanden.

  • Nicht so sehr die Wirkung selbst sondern eher die aufgezogene Feder die sie antreibt.

    Das gefällt mir wirklich gut, was Du hier schreibst!


    So sehe empfinde ich das auch. Weil wir verblendet sind, denken wir, Gier und Hass, Haben-wollen und Nicht-haben-wollen, würden uns helfen, Sicherheit zu schaffen. Dabei ist dieses Unterfangen wegen der Unbeständigkeit von vornherein aussichtslos. Jedes mal, wenn ich da tiefer rein spüre, schockiert mich das aufs neue.


    Dabei ist es eigentlich offensichtlich: Bis jetzt hat mein Leben auch ohne diese Schein-Sicherheit gut funktioniert. Sie war nicht nötig.


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    Liebe Grüße,

    Aravind.

    Einmal editiert, zuletzt von Aravind ()

  • Wenn es in SN 12.2.15 heißt:


    "Was aber ihr Bhikkhus, ist Nichtwissen?

    Die Unkenntnis, ihr Bhikkhus, vom Leiden,

    die Unkenntnis von der Entstehung des Leidens,

    die Unkenntnis von der Aufhebung des Leidens,

    die Unkenntnis von dem Weg, der zur Aufhebung des Leidens führt:

    das, ihr Bhikkhus, heißt Nichtwissen.",


    dann hat Buddha Sakyamuni hier ja keine inhaltlichen Aussagen über das Nichtwissen getan, sondern nur gesagt, dass es in Bezug auf die vier edlen Wahrheiten bei den Menschen Nichtwissen gibt.


    Zum Beispiel: Die Unkenntnis vom Leiden kann ja wohl nicht bedeuten, dass wir nicht wissen, dass wir Leiden erfahren, dass wir keine Kenntnis vom Leiden haben.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Unwissenheit ist der Glaube, es gäbe Antworten. (In Wikipedia oder in der Mittleren Sammlung oder von einem Lehrer oder hier)

    Nicht unwissend zu sein, bedeutet das Aufhören des Fragens.

    Das heißt nicht, dass alles beantwortet wäre.

    Oder dass alles beantwortet werden könnte.

    Oder dass die Fragen verschwunden wären.

    Die Fragen kommen einfach nicht mehr von innen.

    Innen fragt niemand mehr.


    Die Antwort zu deiner Frage liegt in der Erkenntnis, Verwandlung und Auflösung des Fragenden.

  • Vielleicht kann Kaiman , der Themenstarter, ja mal zurück melden, ob seine Fragen inzwischen beantwortet sind.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Dieses nicht zu wissen ist die Unwissenheit vom Leiden.



    Zitat

    56.11. Vom Vollendeten Gesprochenes

    „Zwei Extreme sind von Hauslosen nicht zu pflegen. Welche zwei?


    Bei den Sinnendingen, Gedankendingen sich an dem Verlangen am Sinnenwohl festhalten oder sich dem Festhalten lassen hingeben, dem niederen, gemeinen, gewöhnlichen, unedlen, heillosen.

    Sich an der Selbstqual, Selbstverletzung, festhalten oder dem Festhalten lassen hingeben, der schmerzlichen, unedlen, heillosen.


    Diese beiden Extreme erkennend und vermeidend, ist der Vollendete zum mittleren Vorgehen (mittleren Weg), erwacht, das einsichtig und wissend macht über Leiden, das zur Beruhigung, zum Überblick, zur Erwachung, zum Nirvāna führt.

    Und was ist dieses mittlere Vorgehen?

    Es ist der edle achtfältige Pfad, nämlich rechte Absichten(Erkenntnis), rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Einigung. Das ist, ihr Mönche, das mittlere Vorgehen, zu dem der Vollendete erwacht ist, damit konnte er das sein Festhalten und das Festgehalten werden einsehend und wissend machen, das zur Beruhigung, zum Überblick, zur Erwachung, zum Nirvāna führt.


    Dies nun, ist die erste edle Wahrheit vom Leiden: Was ist Leiden?

    Geburt, Alter, Krankheit ist Leiden, Sterben, Kummer, Jammer, Schmerz, Trübsinn und Verzweiflung sind Leiden. Vereint sein mit Ungeliebtem, getrennt sein von Geliebten ist Leiden. Was man verlangt und nicht erlangen, ist Leiden. Kurz gesagt: die fünf Faktoren des Ergreifens sind Leiden. Das Festhalten oder das Festgehalten werden, von Körperlichkeit, Gefühlen, Wahrnehmungen, Absichten, Erinnerungen.


    Dies nun ist die zweite edle Wahrheit von der Leidensentwicklung: Es ist dieser Durst der das Verlangen, das Wiederdasein von vergangenem säende, nicht Genügend-reiz-verbundene, dort und dort sich ergötzende, nämlich der sinnliche Durst, der Daseinsdurst und der Durst dessen was nicht da sein soll.


    Dies nun ist die dritte edle Wahrheit von der Leidensauflösung: Es ist dieses sich von diesem Durst, dem Verlangen restlos zu Entreizen, Entsüchtigen, den Antrieb des Verlangens auflösen, von ihm zurücktreten, ihn loslassen, sich von ihm lösen, nicht mehr an ihm festhalten.


    Dies nun ist die vierte edle Wahrheit von dem zur Leidensauflösung führenden Vorgehen: Es ist eben dieser edle achtfältige Pfad, nämlich rechte Absichten(Erkenntnis), rechte Gesinnung, rechte Rede, rechtes Handeln, rechter Lebensunterhalt, rechte Anstrengung, rechte Achtsamkeit, rechte Einigung.

  • Ich hatte jetzt tatsächlich den englischsprachigen Wiki-Eintrag über Avijja, Avidya gelesen. Da wurde mir wieder bewusst, dass es verschiedene buddhistische Richtungen gibt und daher auch unterschiedliche Verstehensweisen und daraus resultierende Praxisweisen.

    Zitat

    In der Suttanta-Literatur bezieht sich diese Unwissenheit auf die Nichtkenntnis der Vier Edlen Wahrheiten. In der Abhidharma-Literatur ist es zusätzlich zu den Vier Edlen Wahrheiten die Nichtkenntnis der "vergangenen vorgeburtlichen Leben" und der "zukünftigen Leben nach dem Tod" sowie des abhängigen Entstehens

    Unterschiedliche Richtungen verstehen Unwissenheit verschieden. (deswegen musste ich passen) Hier noch eine schöne Sammlung von Avijja aus der Suttanta-Literatur Pali term: avijjā - Dhamma Wheel Buddhist Forum :)

  • Nicht, dass ich da nicht schon vor mehr als 30 Beiträgen darauf hingewiesen hätte, mit bekanntem Ergebnis.


    Und nach welcher Art von Unwissenheit in welchem Kontext sich die Ausgangsfrage bezog (die einfache Frage: 'Was bedeutet Unwissenheit im Buddhismus?,' muss anscheinend spezifiziert werden), weiß ich immer noch nicht.


    Aber schön, dass wir drüber geredet haben. :)

  • 56.17–18. Unwissen und Wissen


    Es begab sich einer der Mönche zum Erhabenen, begrüßte ihn und setzte sich seitwärts nieder. Zur Seite sitzend, wandte sich dieser Mönch an den Erhabenen:

    „Unwissen, Unwissen sagt man. Was ist nun Unwissen und wie ist einer dem Unwissen nachgegangen?“


    „Wer da das Leiden nicht kennt, die Leidensentwicklung nicht kennt, die Leidensauflösung nicht kennt, das zur Leidensauflösung führende Vorgehen nicht kennt, der ist unwissend und dem Unwissen nachgegangen


    „Wissen, Wissen, o Herr sagt man. Was ist nun Wissen, und wie ist einer dem Wissen nachgegangen?“


    „Wer da das Leiden kennt, die Leidensentwicklung kennt, die Leidensauflösung kennt, das zur Leidensauflösung führende Vorgehen kennt, der ist wissend und der ist dem Wissen nachgegangen.


    Da hast du dich, o Mönch, also anzustrengen, um zu erkennen: ‚Das ist das Leiden, das ist die Leidensentwicklung, das die Leidensauflösung, das das zur Leidensauflösung führende Vorgehen‘.“

    • Offizieller Beitrag

    Und nach welcher Art von Unwissenheit in welchem Kontext sich die Ausgangsfrage bezog (die einfache Frage: 'Was bedeutet Unwissenheit im Buddhismus?,' muss anscheinend spezifiziert werden), weiß ich immer noch nicht.

    Unwissenheit (avidyā) als Gegenteil von Wissen (vvidyā über das was wichtig ist,kommt mir relativ klar vor.


    Was mir nicht so klar ist, ist Unwissenheit ( moha) als eines der drei Gristesgifte und sein Verhältnis zu den beiden anderen Geistesgiften.


    Die Grundbedeutung von moha scheint ja eben auch nicht "Unwissenheit" zu sein.


    Moha appears in the Vedic literature, and has roots in early Vedic word mogha which means "empty, unreal, vain, useless, foolish

    ...

    The term means "delusion, confusion, dullness".

    ...

    In Hinduism "Moh" means attachment to people or things.


    In the Mahayana tradition moha is identified as a subcategory of avidya. Whereas avidya is defined as a fundamental ignorance, moha is defined as delusion, confusion and incorrect beliefs. In the Theravada tradition, moha and avidya are equivalent terms, but they are used in different contexts; moha is used when referring to mental factors, and avidya is used when referring to the twelve links

    Ich verstehe das so, dass bei avidyā der Fokus auf das Mangelnde "Wissen über" liegt, also eben das Wissen über das Entstehen in Abhängigkeit, über Leiden und seine Überwindung, der Fokus bei "moha" auf den verblendeten Geisteszustand liegt. Es ist die grundlegende Verblendung die wir erfahren. Und also solche steht sie dann bei den anderen grundlegenden verblendeten Geisteszustände Hier und Hass. Gleichzeitig steht aber "moha" so eng bei "avidyā" dass es als dessen Subktategorie oder dessen Synonym behanelt wird und mit dem gleichen Wort "Unwissenheit" übersetzt wird.

  • Unwissenheit (avidyā) als Gegenteil von Wissen (vvidyā über das was wichtig ist,kommt mir relativ klar vor.


    Was mir nicht so klar ist, ist Unwissenheit ( moha) als eines der drei Gristesgifte und sein Verhältnis zu den beiden anderen Geistesgiften.


    Die Grundbedeutung von moha scheint ja eben auch nicht "Unwissenheit" zu sein.

    Mir ist in Verbindung mit den drei Geistesgiften immer nur 'Verblendung' untergekommen, nie 'Unwissen'. Vielleicht daher meine Verwirrung, dass da plötzlich jemand nach 'Unwissenheit' fragt. Die von Dir zitierte 'Quelle, deren Namen nicht genanannt werden darf' legt Deine Interpretation ja glaube ich nahe.

  • Da ich Wikipedia bezüglich der Lehre des Buddhas nicht für eine autoritative Quelle halte, schreibe ich jetzt hier einmal was zur Bedeutung der Begriffe moha und avijja wie sie in Nyanatilokas Buddhistischem Wörterbuch zu finden ist:


    "Moha, Verblendung, ist eine der drei unheilsamen Wurzeln. Das gebräuchlichste Synonym ist avijja." (S.129)


    Die drei unheilsamen Wurzeln sind die drei Geistesgifte Unwissenheit, Gier und Hass.


    "Avijja, Nichtwissen, Unwissenheit, Verblendung, ist ein Synonym von moha und gilt als die Grundwurzel alles Übels in der Welt, da sie eben den Erkenntnisblick der Wesen verschleiert und sie die wahre Natur der Dinge nicht erkennen lässt." (S.40)


    Das Geistesgift Unwissenheit ist also die Wurzel von Gier und Hass.


    Wenn wir hier also von Unkenntnis bezüglich der vier edlen Wahrheiten sprechen, dann bedeutet dies also, dass diese Unwissenheit uns nicht erkennen lässt, was die wahren Leiden, die wahren Ursprünge, die wahren Beendigungen und die wahren Pfade sind.


    Wenn wir diese Unkenntnis bezüglich der vier edlen Wahrheiten überwinden wollen, müssen wir also erkennen: was sind die wahren Leiden, was sind die wahren Ursprünge, was sind die wahren Beendigungen, was sind die wahren Pfade.


    Das Zitat, das Noreply in Beitrag #35 aus SN 56.11 gegeben hat, hilft dabei schon einmal weiter.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Es gibt die 6 Wurzeln (mūla), die eingeteilt sind in heilsame und unheilsame. Die unheilsamen sind Gier, Hass und Verblendung. Der Palibegriff für Verblendung ist moha und nicht avijja (Unwissenheit). Die heilsamen Wurzeln sind das Gegenteil.


    "Moha, Verblendung, ist eine der drei unheilsamen Wurzeln. Das gebräuchlichste Synonym ist avijja." (S.129)

    Dann ist ja jetzt alles klar!:grinsen:

  • Nicht, dass ich da nicht schon vor mehr als 30 Beiträgen darauf hingewiesen hätte, mit bekanntem Ergebnis.


    Und nach welcher Art von Unwissenheit in welchem Kontext sich die Ausgangsfrage bezog (die einfache Frage: 'Was bedeutet Unwissenheit im Buddhismus?,' muss anscheinend spezifiziert werden), weiß ich immer noch nicht.


    Aber schön, dass wir drüber geredet haben. :)

    Ja den Link von Dir meinte ich. Sorry hätte dich besser miterwähnen sollen.

  • Vielleicht kann Kaiman , der Themenstarter, ja mal zurück melden, ob seine Fragen inzwischen beantwortet sind.

    Hi ja danke für die zahlreichen Beiträge . Von meiner Seite finde ich die Frage ausreichend beantwortet.

  • Ja den Link von Dir meinte ich. Sorry hätte dich besser miterwähnen sollen.

    Nein, nein, ich hatte das schon verstanden, welchen Link Du meintest, und es geht mir nicht um gekränkte Eitelkeit, dass ich nicht als 'Urheber' erwähnt wurde :grinsen:.


    Es ging mir nur darum, dass eigentlich schon früh hätte klar sein können, dass es mehr bedarf, als Stellen zu zitieren, in denen in der deutschen Übersetzung 'Unwissenheit' vorkommt.

  • Vereinfacht ausgedrückt bedeutet Unwissenheit, dass man eine falsche Vorstellung von der Bestehensweise der Person und der Phänomene hat. Einem selbst erscheint es so, dass man als Person nur aufgrund eines Eigenwesens, eines uns innewohnenden "ICH" existiert. An diese Sicht hat man sich gewöhnt und deshalb glaubt man, dass man auch auf diese Weise als Person existiert. Aber dies entspricht nicht der Realität.

    Das war für mich das beste!

    Genau drin liegt die Wurzel der "Unwissenheit", in unserer Fehl-Wahrnehmung, die nichts der Realität entspricht.


    Dazu Dalai-Lama ( "Der Weg zum Glück")


    Zitat

    Buddha sagte viele Male, dass alle Phänomene relativ sind, da sie in Abhängigkeit entstanden sind - ihre Existenz hängt von anderen Ursachen und Bedingungen ab, und ihre Existenz hängt auch von ihren eigenen Bestandteilen ab. Ein Holztisch zum Beispiel existiert nicht unabhängig. Vielmehr hängt er von einer Vielzahl von Ursachen ab, wie zum Beispiel einem Baum; dem Schreiner, der ihn herstellt, und so weiter. Er hängt aber auch von seinen eigenen Bestandteilen ab. Falls ein Holztisch oder irgendein Phänomen wirklich unabhängig wäre - falls er aus sich selbst heraus bestünde -, dann müsste seine Existenz, die aus ihm selber kommt, immer klarer und deutlicher zu Tage treten, wenn man ihn untersuchte. Das ist aber nicht der Fall. Diese buddhistische Argumentation wird durch die Wissenschaft unterstützt. Physiker entdecken heute immer kleinere Bausteine der Materie, können aber immer noch nicht ihre endgültige Natur begreifen. Das Verstehen von Leerheit ist sogar noch schwieriger und tiefgründiger.

    Je mehr Sie betrachten und untersuchen, wie ein unwissendes Bewusstsein sich die Existenzweise von Phänomenen vorstellt, desto mehr werden Sie feststellen, dass Phänomene nicht existieren. Je mehr Sie jedoch betrachten und untersuchen, was ein weises Bewusstsein versteht, umso mehr werden Sie Bestätigung finden für die Abwesenheit von inhärenter Existenz. Begierde und Hass werden von der Unwissenheit regiert und

    -110-

    können daher nicht grenzenlos erzeugt werden.

    Und auf der anderen Stelle:



    Zitat

    Entfernen Sie die Unwissenheit, welche die Phänomene fälschlicherweise als inhärent existent auffasst, und Sie verhindern die Entstehung von leidbringenden Emotionen wie zum Beispiel Begierde und Hass. So kann das Leiden seinerseits aus dem Weg geräumt werden. Zusätzlich muss die Weisheit der

    -107-

    Leerheit begleitet werden von der Motivation einer tiefen Fürsorge für andere (und von den mitfühlenden Taten, die durch diese tiefe Fürsorge angeregt werden), bevor sie die Hindernisse für die Allwissenheit beseitigen kann. Diese Hindernisse sind Veranlagungen, die uns und sogar unseren Sinnesbewusstseinsarten die Phänomene in falscher Weise erscheinen lassen, als würden sie inhärent, aus sich selbst heraus existieren. Daher erfordert umfassende spirituelle Praxis das Entwickeln und Verfeinern von Weisheit in Verbindung mit großem Mitgefühl und der Absicht, Erleuchtung zu erlangen, innerhalb derer man andere höher schätzt als sich selbst. Nur dann kann Ihr Bewusstsein in die Allwissenheit eines Buddha umgewandelt werden.

    LG, was ich vermitteln wollte, es hängt in der ersten Reihe davon ab, wie unsere als ob die "gewöhnliche " Wahrhehnung die Welt , die eigene "Person" und das ganze für die "bare Münze nimmt".

    Aber es wäre dann nur der Schein.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Während 'Unwissen' ein Bewusstseinsobjekt (das viṣaya des manoāyatana) negativ begreift, also durch die Abwesenheit korrekten Wissens, ist 'Verblendung' das positive Gegenstück / Komplement dazu - also das wissensfreie Bewusstseinsobjekt. Es sind lediglich zwei sich ergänzende Aspekte derselben Sache, insofern sind die Begriffe auch synonym.


    Die eigentlich interessante Frage taucht natürlich erst auf, wenn klar ist, um welches spezielle Wissen es hier geht: wie man es erwirbt - mithin, welche Quellen der Erkenntnis gültiges Wissen vermitteln. Der buddhistische Ansatz ist da ziemlich rigoros sensualistisch.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Sudhana ... *lach*



    Während 'Unwissen' ein Bewusstseinsobjekt (das viṣaya des manoāyatana) negativ begreift, also durch die Abwesenheit korrekten Wissens, ist 'Verblendung' das positive Gegenstück / Komplement dazu - also das wissensfreie Bewusstseinsobjekt. Es sind lediglich zwei sich ergänzende Aspekte derselben Sache, insofern sind die Begriffe auch synonym.


    Die Russen sagen , kommst du nach rechts, verlierst du dann den Kopf, nach links---die Eier( Hodensack), Das Ergebnis wäre doch gleich.


    Darf ich fargen, meinst du damit das "Verneinen" oder das "Widerlegen" der "unmöglichen Existenzen"? Ich erinnere es nichts genau.



    Zitat

    Es gibt keine gemeinsame Grundlage (tib. gzhi-mthun, gemeinsamer Nenner) zwischen Bestätigungs- und Negierungs-Phänomenen. Das bedeutet, dass kein gültig erkennbares Phänomen beides sein kann. Außerdem gibt es kein gültig erkennbares Phänomen, das keines von beiden ist. Bestätigungen und Negierungen formen eine echte Dichotomie (tib. dngos-‘gal); das heißt, dass alle existierenden Phänomene entweder das eine oder andere sein müssen. Sie schließen sich nicht bloß gegenseitig aus (tib. ‘gal-ba), wie etwa Katzen und Hunde, noch bilden sie Gegenpole einer Achse, wie etwa schwarz und weiß, mit vielen Zwischenschattierungen.


    Ich denke, alles entscheidet der erste Augenblick... Wenn ich , also, meine katze einfach sehe, aber noch! die nichts so "etikettiert" hatte... Genau im diesen Augenblick die "arme" ist "leer". Der erste Moment ( der ewige NU) der Wahrnehmung ist rein, die katze ist noch als keine Katze identifizierbar, also nichts! "begrifflich" erkennbar.


    Im Den Sinne:



    Zitat

    Gleiches gilt im Falle eines Moments des Begreifens von etwas. Sein anfängliches Auftreten, mit der essentiellen Natur eines Begreifens eines spezifischen Objekts, erfordert mehr als eine winzige Zeiteinheit, um sich auszuformen. Daher erfordert das verbale begriffliche Begreifen eines Negierungs-Phänomens wie etwa „nicht ein Apfel“ mehrere winzige Zeiteinheiten, um sich selbst zu bilden. Wir müssen eins nach dem anderen, nacheinander denken: „nicht“ „ein“ „Ap“ „fel“. Der anfängliche Moment dieses Begreifens von „nicht ein Apfel“ dehnt sich über alle vier winzigen Zeiteinheiten aus. Wir denken verbal „nicht ein Apfel“, jedoch ist dies eine einzelne/singuläre Bedeutungseinheit; es ist keine unverknüpfte Folge von Gedankenmomenten. Schließlich ist der Moment, wenn wir an „nicht“ denken, nicht gleich dem bedeutungsvollen Gedanken „nicht ein Apfel.“ Auch ist das Denken von „fel“ nicht das Gleiche wie „nicht ein Apfel“ zu denken.



    Die lange Rede, kurzer Sinn. Wenn man der ursprünglicher ( also der erste, reine) Moment der Wahrnehmung wie ausdehnt, dann es wäre dann noch... keine "Katze", oder "Apfel"... usw... entstehen.

    Was sollte ich dann begehren oder hassen? Es gibt noch das wie "farbige"--"Fliessen", aber noch kein Objekt der Begierde oder des Hasses, denn es alles kommt nur später...

    Genau diese Ausdehenung der Zeit auf sehr winzige Intervalle man bekommt mit der Hilfe von Psychedelika.

    Tja, dann man braucht nichts zu viel studieren, man erkennt rein intuitiv, wo der Hund( keine ka---) begraben liegt...

    Es gibt doch genau in diesem Augenblick keinen "Hund".

    Mit dem "Hund", wenn er schon da ist, wir alle zementieren unsere "Unwissenheit".

    Das ist absolut reine Neurowissenschaft, nebenbei bemerkt.


    Gelug-Definitionen: Phänomene der Bestätigung und der Negierung — Study Buddhism

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Moha als eines der drei Geistesgifte (das ich mit der Übersetzung 'Verblendung' kenne) wird manchmal auch mit 'Unwissenheit' übersetzt. Laut des englischen Wikipedia-Eintrags zu 'Avidya (Buddhism)', den es leider nicht auf deutsch gibt, wird (im Theravada) moha und avidya gleichgesetzt, wobei avidya auch noch in anderen Zusammenhängen als bei den drei Geistesgiften auftauchen kann. Vielleicht sollte man also den Zusammenhang angeben, in der 'Unwissenheit' auftaucht.

    Im Palikanon steht:


    ..."'Aber, werte Nigaṇṭhas, nachdem ihr, wenn intensives Streben, intensives Bemühen vorhanden ist, schmerzhafte, quälende, bohrende Gefühle aufgrund intensiven Strebens fühlt, aber wenn kein intensives Streben, kein intensives Bemühen vorhanden ist, ihr keinerlei schmerzhafte, quälende, bohrende Gefühle aufgrund intensiven Strebens fühlt, fühlt ihr daher lediglich die schmerzhaften, quälenden, bohrenden Gefühle eures selbst-auferlegten Strebens, und es geschieht aufgrund von Unwissenheit ( avijjā ), Nicht-Wissen ( aññāṇā ) und Verblendung ( sam-mohā ), daß ihr irrtümlicherweise die Ansicht vertretet: >Was diese Person auch immer fühlt, ob Angenehmes oder Schmerz oder Weder-Schmerz-noch-Angenehmes, all jenes wird durch das, was in der Vergangenheit getan wurde, verursacht. Indem man also durch Askese vergangene Handlungen vernichtet und indem man keine neuen Handlungen begeht, wird es künftig keine Folgen mehr geben. Mit Abwesenheit künftiger Folgen ist die Vernichtung von Handlung gegeben. Mit Vernichtung von Handlung ist die Vernichtung des Leidens gegeben. Mit der Vernichtung des Leidens ist die Vernichtung von Gefühl gegeben. Mit der Vernichtung von Gefühl wird sich jegliches Leid erschöpfen.<' Während ich so sprach, ihr Bhikkhus, sah ich keinerlei zulässige Verteidigung ihres Standpunktes seitens der Nigaṇṭhas."

    Das und deutet für mich eher darauf hin, dass im Theravada moha und avijja nicht gleichgesetzt werden.


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Das und deutet für mich eher darauf hin, dass im Theravada moha und avijja nicht gleichgesetzt werden.

    Eine schwer zu widerlegende Deutung. Wobei wir da ja sogar (mit 'Nichtwissen') eine Triade haben und mir jetzt auf Anhieb der Unterschied zwischen 'Unwissen' und 'Nichtwissen' im Theravada-Kontext nicht auf Anhieb klar ist. Muss mir das mal im größeren Kontext anschauen - Danke für den interessanten Hinweis. Vorerst bin ich mal noch auf der Schiene, dass wir hier dann wohl über drei (und nicht nur zwei) Aspekte desselben dharma reden.


    Unter diesem Vorbehalt: avidya als Ignoranz hinsichtlich der aryasatya umfasst ja eigentlich schon den kompletten empirischen Bereich, wobei ich unter 'Empirie' die achtsame Wahrnehmung und Auswertung / Einordnung sensueller Daten im buddhistischen Sinn verstehe - also einschließlich unserer Sensitivität für ideelle Konstrukte, 'Zusammengesetztes' (saṃskāra). Wesen, die avidya (Ignoranz hinsichtlich der aryasatya) unterliegen, ergreifen die saṃskāra, was sie in duhkha führt. Das sich im Bewusstsein ereignende Ergreifen der saṃskāra wäre dann das aktive Gegenstück zum passiven Nicht-Wissen: das avidya ergänzende moha. In Mahāyāna-Traditionen spricht man da idR an Yogācāra anknüpfend von kleśa (煩惱 fannao / bonnō).


    Wie gesagt, der dritte Aspekt war mir bislang nie aufgefallen - mal in Ruhe schaun, ob sich das da irgendwie einordnen lässt.

    OM MONEY PAYME HUNG