Erschließung des Mitgefühls im Buddhismus



  • Ich bin da wahrscheinlich auch etwas voreingenommen bzw. ich habe da keine gute Assoziation mit dem Wort :" Dankbarkeit".



    Hier ist dieser Aspekt den ich meine :


    Aber man kann unter dem Wort Dankbarkeit, natürlich auch etwas ganz anderes verstehen. Ich frage mich, welche Dankbarkeit ist gemeint in den Studien die du zitiert hast ?
    Was ist das für ein Gefühl? Ist es überhaupt ein eigenes Gefühl, oder ist es eben nur ein Wohlwollen eine grundlegendes Gefühl von Symphatie, Freundlichkeit....? Ist es dann das selbe wie Metta ? Oder wo liegt der Unterschied ?

  • Eine sehr sinnvolle Unterscheidung, finde ich. Soziale Empfindungen wie Stolz, Bewunderung, Dankbarkeit lassen sich im weitersten Sinn als Kommunikation zwischen Menschen auffassen, die dem Zusammenleben gilt. Und sie sind natürlich nicht gefeit davor, für politische Zwecke manipulativ geschürt zu werden.


    Dankbarkeit ist auch Empfindung und kognitive Haltung, schreibst du. Ich finde, dein Hinweis auf die Bedeutung der Dankbarkeit ist goldrichtig! Ich vermute einen tiefen Zusammenhang von Dankbarkeit und liebevoller Güte. Ich möchte dafür die Bedeutung Liebevoller Güte darstellen. Daraus könnte erkennbar werden, weshalb sich die Bereitschaft zur Dankbarkeit vorzüglich eignet, um ebenso auch die Empfindung der Liebevollen Güte zu aktivieren!


    Klar ist die evolutionäre Herkunft von Empfindungen. Über ewige Zeiten wurde unser Gehirn in emotional-kognitiver Hinsicht geprägt, um mit der Umwelt erfolgreich zurecht zu kommen. Daher sind viele Affekte angeboren und müssen nicht erlernt werden. Geht der Menschenaffe durch den Wald, sollte er besorgt sein und nicht unbedacht. Kommt ein wildes Tier muss er wütend angreifen oder ängstlich flüchten. Bereits der geniale Darwin untersuchte die Ähnlichkeiten in der Mimik zwischen Menschen und Affen.


    Unsere tiefste soziale Empfindung scheint mir die Verbindung zur Mutter, die uns als Säugetier, als Instinkt eingeschrieben ist. Ich finde es faszinierend, dass das erste Lächeln eines Kindes immer der Bezugsperson, Mutter gilt. Darwin meint übrigens dazu: Ich achtete auf diesen Punkt bei meinem erstgeborenen Kinde, welches nicht durch den Verkehr mit anderen Kindern gelernt haben konnte, und kam zu der Überzeugung, dass es ein Lächeln verstand und Freude empfand, ein solches zu sehen, es auch durch ein gleiches beantwortete, in einem viel zu frühen Alter, als dass es irgendetwas durch Erfahrung gelernt haben konnte.

    Natürlich ist die wissenschaftliche Diskussion über angeborene menschliche Grundemotionen heute sehr fortgeschritten. Besonders populär ist Paul Ekman, der mithilfe von Fotos, die Gesichtsausdrücke darstellen, kulturübergreifend und bei naturnahen Völkern erforschte, ob ein Erkennen besteht. Seine Grundemotionen sind: Fröhlichkeit, Wut, Ekel, Furcht, Verachtung, Traurigkeit und Überraschung.


    Doch scheint mir die menschliche Disposition, voll Gefühl auf andere Menschen ausgerichtet zu sein, noch viel grundlegender! Aus meiner langjährigen Betreuungstätigkeit von Menschen mit schwerer kognitiver Beeinträchtigung ist mir der Unterschied zwischen geistiger Beeinträchtigung und geistiger Beeinträchtigung mit Autismus sehr vertraut. Kleinkinder mit frühkindlichem Autismus lächeln im zwischenmenschlichen Kontakt nicht und strecken nicht die Arme, um aufgenommen zu werden. Offenbar ist eine für den sozialen "Instinkt" verantwortliche Gehirnregion geschädigt, die bei anderen kognitiv beeinträchtigten Menschen überhaupt nicht betroffen ist.


    Die positive Qualität der grundlegenden Mutter-Kind-Beziehung scheint mir liebevolle Güte, aus der sich alle anderen Qualitäten entwickeln. Dankbarkeit scheint mir dabei eine überaus naheliegende Teil dieser Liebe.


    Ich habe diesen Schlüssel, diese Starthilfe bisher nicht beachtet und finde es toll, dass ich etwas erkennen durfte! :D

    Einmal editiert, zuletzt von Spock ()

  • Andreas:
    Karnataka:

    :like:
    Danke für diesen Deinen Beitrag.
    _()_


    Herzliche Grüße
    Andreas


    Danke auch für deine Beiträge! Ich hoffe, du bleibst dem "öffentlichen" Forum trotz geschlossener Gruppe auch weiter erhalten! LG :)

  • Karnataka:


    Die positive Qualität der grundlegenden Mutter-Kind-Beziehung scheint mir liebevolle Güte, aus der sich alle anderen Qualitäten entwickeln. Dankbarkeit scheint mir dabei eine überaus naheliegende Teil dieser Liebe.


    Dankbarkeit ist an einen bestimmten, konkreten Umstand geknüpfte liebevolle Güte...Die liebevolle Güte der Mutter, bezieht sich auf ihr Kind.....Oder besser...Die Mutter die ihr Kind im Arm hält, empfindet liebevolle Güte. Wenn sie dann darüber nachdenkt, was die Ursache ihrer Empfindung ist, empfindet sie Dankbarkeit für ihr Kind. "Dank" und " denken" sind sprachlich eng miteinander verknüpft.
    Metta hingegen ist einfach nur liebevolle Güte, ohne über eine konkrete Ursache nachzudenken.

  • Harmlose Zwischenfrage:


    Was meint ihr, kann man nur einer Person für etwas dankbar sein oder auch nur in einer bestimmten Situation Dankbarkeit empfinden? Z.B. wenn schönes Wetter ist und man glaubt nicht grade an einen Sonnengott, kann die Freude darüber nicht auch von dem Gefühl der Dankbarkeit begleitet sein? Ohne dass da jemand ist dem man danken würde.

  • So harmlos finde ich diese Frage nicht, imho kommt sie der Sache nahe.


    Hmmm, wo ist die Dankbarkeit hin, wenn man nach dem schönen Tag mit heftigem Sonnenbrand nach Hause kommt?


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • mukti:

    Harmlose Zwischenfrage:


    Was meint ihr, kann man nur einer Person für etwas dankbar sein oder auch nur in einer bestimmten Situation Dankbarkeit empfinden? Z.B. wenn schönes Wetter ist und man glaubt nicht grade an einen Sonnengott, kann die Freude darüber nicht auch von dem Gefühl der Dankbarkeit begleitet sein? Ohne dass da jemand ist dem man danken würde.


    Klar....du läufst vlt. erstmal nur freudig draußen herum ....sobald du das Wetter als Ursache für deine Freude ausmachst, denkst du vlt. " Danke schönes Wetter, ich bin so froh, dass es dich gibt."

  • jianwang:

    So harmlos finde ich diese Frage nicht, imho kommt sie der Sache nahe.


    Hmmm, wo ist die Dankbarkeit hin, wenn man nach dem schönen Tag mit heftigem Sonnenbrand nach Hause kommt?


    _()_


    Das ist der springende Punkt..Was ist, wenn die ausgemachte Ursache der Freude vorbei ist ? Und sie wird vorbei gehen!..denn alles ist der Vergänglichkeit unterworfen.


  • Man kann eine allgemein dankbare Haltung entwickeln, dann hat man auch an allem genug und begehrt nicht nach mehr. Z.B. beim Sonnenbrand ist man dankbar dass man überhaupt ein Zuhause hat wo man sich pflegen kann oder auch dabei unterstützt wird, usw.


    Übrigens hat mich diese Frage unpersönlicher Dankbarkeit eine Zeitlang beschäftigt, auch wegen des kulturellen Unterschiedes zum Christentum, wo man ja für alles einem Gott dankt. Insofern habe ich sie als harmlos bezeichnet, es ist keine Fangfrage, Besserwisserei oder der Versuch eure schöne inspirierende Diskussion zu stören.

  • mukti:
    Sunu:

    Das ist der springende Punkt..Was ist, wenn die ausgemachte Ursache der Freude vorbei ist ? Und sie wird vorbei gehen!..denn alles ist der Vergänglichkeit unterworfen.


    Man kann eine allgemein dankbare Haltung entwickeln, dann hat man auch an allem genug und begehrt nicht nach mehr. Z.B. beim Sonnenbrand ist man dankbar dass man überhaupt ein Zuhause hat wo man sich pflegen kann oder auch dabei unterstützt wird, usw.


    Übrigens hat mich diese Frage unpersönlicher Dankbarkeit eine Zeitlang beschäftigt, auch wegen des kulturellen Unterschiedes zum Christentum, wo man ja für alles einem Gott dankt.


    Dann macht das " weil" aber keinen Sinn mehr, wenn man sich sowieso freud. Dann brauche ich ja nichts konkretes mehr, was ich für meine Freude verantwortlich mache...ich freue mich dann einfach nur... Da ist dann nichts an was ich meinen Dank fest machen könnte.

    Einmal editiert, zuletzt von Sunu ()

  • Sunu:
    mukti:

    Man kann eine allgemein dankbare Haltung entwickeln, dann hat man auch an allem genug und begehrt nicht nach mehr. Z.B. beim Sonnenbrand ist man dankbar dass man überhaupt ein Zuhause hat wo man sich pflegen kann oder auch dabei unterstützt wird, usw.


    Dann macht das " weil" aber keinen Sinn mehr, wenn man sich sowieso freud. Dann brauche ich ja nichts konkretes mehr, was ich für meine Freude verantwortlich mache...ich freue mich dann einfach nur...


    Finde ich schon dass es Sinn macht, es gibt eben immer was wofür man dankbar sein kann. Was auch heilsamer ist als an allem was auszusetzen oder was anderes haben wollen, lässt sich auch bezeichnen als Bescheidenheit oder Genügsamkeit. Und die geht einher mit Zufriedenheit.


    Z.B. wenn das Essen grad nicht schmeckt, kann man dankbar sein dass man überhaupt was zu essen hat. Ist ja nicht bei Jedem so. Oder anstatt am Forum herumzunörgeln kann man dankbar sein dass es diese Austauschmöglichkeit überhaupt gibt :)

  • Karnataka:
    Andreas:


    Danke auch für deine Beiträge! Ich hoffe, du bleibst dem "öffentlichen" Forum trotz geschlossener Gruppe auch weiter erhalten! LG :)


    Dank für Deinen Dank. :D
    Dieser Thread ist unheimlich interessant!
    Diesen Satz möchte ich einfach nochmal herausgreifen, ich finde ihn wunderschön:

    Zitat

    Nicht das Glück macht uns dankbar, sondern die Dankbarkeit macht uns glücklich


    Herzliche Grüße
    Andreas

  • mukti:
    Sunu:

    Dann macht das " weil" aber keinen Sinn mehr, wenn man sich sowieso freud. Dann brauche ich ja nichts konkretes mehr, was ich für meine Freude verantwortlich mache...ich freue mich dann einfach nur...


    Finde ich schon dass es Sinn macht, es gibt eben immer was wofür man dankbar sein kann. Was auch heilsamer ist als an allem was auszusetzen oder was anderes haben wollen, lässt sich auch bezeichnen als Bescheidenheit oder Genügsamkeit. Und die geht einher mit Zufriedenheit.


    Z.B. wenn das Essen grad nicht schmeckt, kann man dankbar sein dass man überhaupt was zu essen hat. Ist ja nicht bei Jedem so. Oder anstatt am Forum herumzunörgeln kann man dankbar sein dass es diese Austauschmöglichkeit überhaupt gibt :)


    Es macht natürlich Sinn, wenn ich einen Grund brauche um glücklich zu sein. Aber wenn ich nichts brauche, um glücklich und zufrieden zu sein, sondern es einfach bin...ohne einen konkreten Grund..Wem oder was sollte ich da dankbar sein?
    Die andere Seite der Medaille des Dankes, ist übrigends die Schuld..Wenn es keinen konkreten Grund gibt, dann kann ich auch nichts und niemanden die Schuld für meine schlechte Laune geben....
    Aber wozu denn dann überhaupt die schlechte Laune ? Es gibt doch gar keinen Grund ! :grinsen:

  • Oops ... Dankbarkeit, Bescheidenheit, Genügsamkeit ...
    Irgendwie erinnern mich diese Eigenschaften an was.


    Ist Mitgefühl (um zu Thema zu kommen) nicht auch Ausdruck von Dankbarkeit?
    1. Das es mir gut (besser) geht.
    2. Das ich die Chance habe zu helfen/"mit zu fühlen"?


    Und die anderen beiden "Eigenschaften", zeichnen sie nicht einen wirklich mitfühlenden Menschen aus?


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Sunu:


    Es macht natürlich Sinn, wenn ich einen Grund brauche um glücklich zu sein. Aber wenn ich nichts brauche, um glücklich und zufrieden zu sein, sondern es einfach bin...ohne einen konkreten Grund..Wem oder was sollte ich da dankbar sein?
    Die andere Seite der Medaille des Dankes, ist übrigends die Schuld..Wenn es keinen konkreten Grund gibt, dann kann ich auch nichts und niemanden die Schuld für meine schlechte Laune geben....
    Aber wozu denn dann überhaupt die schlechte Laune ? Es gibt doch gar keinen Grund ! :grinsen:


    Gut, wunschlos glücklich sein ist noch eine Stufe höher, die aber nicht gerade häufig anzutreffen ist. Ich bin ja schon froh wenn ich erstmal Dankbarkeit entwickeln kann, es passt mir ja immer wieder mal was nicht in den Kram. Was nicht bedeutet dass man da dann stehenbleiben sollte, nichts am Weg der Loslösung ist ein Selbstzweck für sich. Meine Sichtweise.

  • Sunu:


    "Dank" und " denken" sind sprachlich eng miteinander verknüpft.
    Metta hingegen ist einfach nur liebevolle Güte, ohne über eine konkrete Ursache nachzudenken.


    Nee!



  • N'dö ;) !


    https://books.google.de/books?…nepage&q=dancbari&f=false


    Zitat

    Dank: Das gemeing. Substantiv mhd., ahd. danc........ ist eine Bildung zu dem unter denken behandelten Verb. Es bedeutet ursprünglich also " Denken", "Gedanken"
    und bezeichnete dann das mit dem ( Ge)denken verbundene Gefühl und die Äußerung dankbarer Gesinnung........"



    Und dann kommt unter Abl. zu dancbari, was du schon zitiert hast.
    Anmerkung von mir noch :
    Der Suffix bari bedeutet "tragen, fähig zu tragen" folglich dancbari... dank- bzw. denktragend.....Geneigtheit. Eben das worauf sich die Gedanken beziehen...das was sie trägt.

  • Ohne "Schuld" kein "Dank".
    Mitgefühl wieder sich "nur" auf einer beliebigen Ebene zwischen "Teufel" und "Gott" an.
    Mitgefühl ist nach der Zerstörung der Wurzeln nur Heuchelei.

  • Spacy:

    Ohne "Schuld" kein "Dank".
    Mitgefühl wieder sich "nur" auf einer beliebigen Ebene zwischen "Teufel" und "Gott" an.
    Mitgefühl ist nach der Zerstörung der Wurzeln nur Heuchelei.

    HA das hab ich auch mal geglaubt.

    • Offizieller Beitrag
    Spacy:

    Ohne "Schuld" kein "Dank".


    Ich finde da Marcel Mauss: Die Gabe sehr interessant.


    Er zeigt das bei einfacheren Gesellschaften Ökonomie, Höflichkeit und eben Schuld und Dank eine Einheit bilden.


    Dank schulden bedeutet die Abhängigkeit einräumen und weil Macht auf Abhängigkeit beruht, hat dann Dank eben viel mit Macht zu tun.

  • Ellviral:
    Spacy:

    Ohne "Schuld" kein "Dank".
    Mitgefühl wieder sich "nur" auf einer beliebigen Ebene zwischen "Teufel" und "Gott" an.
    Mitgefühl ist nach der Zerstörung der Wurzeln nur Heuchelei.

    HA das hab ich auch mal geglaubt.


    Wenn du es in den Kontext deiner eigenen Existenz stellst, wird es erträglich - aber es macht dich auch zynisch.
    Ich liebe es...

  • Spacy:
    Ellviral:

    HA das hab ich auch mal geglaubt.


    Wenn du es in den Kontext deiner eigenen Existenz stellst, wird es erträglich - aber es macht dich auch zynisch.
    Ich liebe es...

    Zynisch sehen mich nur Wesen die mich zynisch sehen wollen.

  • mukti:


    Gut, wunschlos glücklich sein ist noch eine Stufe höher, die aber nicht gerade häufig anzutreffen ist. Ich bin ja schon froh wenn ich erstmal Dankbarkeit entwickeln kann, es passt mir ja immer wieder mal was nicht in den Kram. Was nicht bedeutet dass man da dann stehenbleiben sollte, nichts am Weg der Loslösung ist ein Selbstzweck für sich. Meine Sichtweise.


    Ich erwische mich immer wieder dabei, wie ich etwas ganz konkretes als Ursache für mein Glück oder Unglück verantwortlich mache... Das passiert eben durch die Wahrnehmung bedingt.
    Allein durch das Bewusstwerden, wird das Konkrete aber schon etwas aufgeweicht...bedingt durch die Leere in meinem Kopf :P