Fundamentalkritik

  • Ich denke, da wird einfach eine Frage übersprungen:
    Warum vertreten wir gerade die Positionen, die wir eh innehaben ? ( siehe die Blinden und der Elefant) (Pawlowscher Reflex auf die eigenen Gefühle? bzw.:
    Wer sagte, der Verstand ist eine Dirne, die dem Gefühl, d.h. unseren halb-oder unbewussten emotional bedingten Vorentscheidungen, untertan sei ?-oder: Hurenbock/ erbitte Gleichberechtigung)
    Die "Frage" wird vermutlich nicht nur deswegen übersprungen, da wir im Zeitmode des Liberalschexxxegal leben, die keine Position zu erlauben beliebt, aber vielleicht aus dem Gefühl der Sinnlosigkeit oder inneren Leere ?
    'Bodenlosigkeit' jedenfalls ist nur ein Gedanke und es macht nun gar keinen Sinn, eine Ethik auf derartige Gedanken oder Gefühle zu gründe. Das ist ganz realitätsfern. Das wäre so eine konstruierte Ethik, abhängig davon, dass potent. Annehmer und Prediger selbige Gefühle und Gedanken hegen.

  • Ich kann mir gut vorstellen, dass der so (Religion) Wissenschaftlich Geneigte eh eine profunde Skepsis mitbringt. Ich schätze, das liegt im Fach: Das eher die Widersprüche oder Unterschiede betont (anstatt z.b. die komplementäre Logik / Kontemplation zu fördern)- und, das Fach macht aus Religion ja auch stets ein Politikum; Religion wird in dieser Wissenschaft ja stets im Zusammenhang mit politischer Einflussnahme gelehrt, ergo, dass Religion grundsätzlich Ideologie sei. Das ist wirklich sehr einseitig, finde ich, und ich kann mir vorstellen, dass eine derartige 'Ausbildung' auch befangen macht. Befangen in Bezug worauf ?: Sich einzulassen. Schlichterdings.

  • Zitat

    fotost schrieb
    Buddhas Beitrag zur Lehre ist die Lehre Buddhas.


    das ist sicher unbestritten. Dem Unbuddhisten ging es aber um 'Buddhismus' und der umfasst nach mancher Ansicht mehr, als die Lehre des Gründers.
    Der Autor des Threads argumentierte ja, dass der Dharma keine reine, authentische, originale, von Einflüssen unberührte Lehre mehr sei.
    Ich stimme ihm weitgehend zu und argumentiere, dass das nicht zwangsläufig negativ sei, weil z.B. auch die großen Wissenschaften dieses Schicksal teilen und damit bezüglich ihres Zieles leistungsfähiger geworden sind.
    'Authentizität, Originalsein, von Einflüssen unberührt sein' schätzte man im Mittelalter als Werte. Moderne Gesellschaften akzeptieren, dass die Dinge im Fluß sind (Vergänglichkeit), dass nicht jede Veränderung eine 'Verunreinigung' darstellt, sondern mglw. eine sinnvolle Weiterentwicklung.
    Gerade wir als westliche Buddhisten könnten einen Beitrag zu dieser Weiterentwicklung leisten, indem wir Buddhismus und Dharma eben nicht mehr abgrenzen mit überkommenen Werten wie Authentizität, Originalität und Unberührter Reinheit. Sondern dass wir mit moderneren Begriffen und Kriterien arbeiten.

  • K-Dorje:


    Gerade wir als westliche Buddhisten könnten einen Beitrag zu dieser Weiterentwicklung leisten, indem wir Buddhismus und Dharma eben nicht mehr abgrenzen mit überkommenen Werten wie Authentizität, Originalität und Unberührter Reinheit. Sondern dass wir mit moderneren Begriffen und Kriterien arbeiten.


    :like:
    Vor allen Dingen befreien von kulturellen Verkrustungen, welche imho recht wenig zur Lehre beitragen.
    Manches mag Sinn machen in der Praxis, doch vieles (gerade im chin und jap Zen oder tib Buddhismus) ist der Kultur geschuldet, in welcher die "Begründer" verhaftet waren.
    Ich finde, gerade das "Weglassen" dieser kulturellen Aspekte macht den Buddhismus wieder "authentisch"


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • K-Dorje:


    Gerade wir als westliche Buddhisten könnten einen Beitrag zu dieser Weiterentwicklung leisten, indem wir Buddhismus und Dharma eben nicht mehr abgrenzen mit überkommenen Werten wie Authentizität, Originalität und Unberührter Reinheit. Sondern dass wir mit moderneren Begriffen und Kriterien arbeiten.


    …………..und die wären......, das würde mich nun schon interessieren.


    Die Buddha Lehre ist, so wie ich sie verstehe, in ihren Grundelementen „zeitlos“ und kann von daher nicht so einfach abstrahiert, oder modernisiert werden, ohne eine andere Lehre erfinden zu wollen.


    Eine andere Frage wäre, ob die vielfältigen Begleiterscheinungen die der Buddha Lehre im Laufe der Zeit angefügt wurden, der „Moderne“ angepasst werden könnten, oder gar angepasst werden sollten?

  • Zitat

    hedin02 schrieb
    …………..und die wären......, das würde mich nun schon interessieren.


    na zum Beispiel
    'Ein großer Teil von Buddhisten ist heute der Auffassung dass...' oder
    '... steht nicht im Widerspruch zu...' oder
    'Ab den 90er Jahren entwickelte sich die Strömung des 'umweltbewußten Buddhismus'. ... Er ist der Auffassung dass... und hat heute viele Anhänger.'
    statt
    'ist nicht auf den Gründer rückführbar, also von Einflüssen berührt, deshalb nicht authentisch und unrein. Da der Dharma aber authentisch, rein und nicht von Einflüssen berührt ist, gehören diese Dinge folglich nicht dazu. "
    Also einfach mal schauen, wie Biologen, Soziologen, Mediziner, Ingenieure etc heute sich selbst definieren und gegen nicht dazugehöriges abgrenzen.

    Zitat

    hedin02 schrieb
    Die Buddha Lehre ist, so wie ich sie verstehe, in ihren Grundelementen „zeitlos“ und kann von daher nicht so einfach abstrahiert, oder modernisiert werden, ohne eine andere Lehre erfinden zu wollen.


    Warum sollte etwas, das in seinen Grundelementen zeitlos ist, jenseits dieser Grundelemente (z.B. in den Lehrmethoden/Praktiken) nicht modernisiert werden können? Buddha selbst hat seine Erkenntnisse/Erlebnisse erst im Laufe von Jahren zu einer 'Lehre' entwickelt, wie z.B. Wolfgang Schuhmann 'Der historische Buddha' zeigt. Andere taten es nach ihm, wie Padmasambhava.
    Buddhas Lehre ist zweifellos der Kern des Buddhismus, aber nach 2500 Jahren umgeben von Weiterentwicklungen und Anpassungen, die sinnvoll wurden, weil die Zeiten sich geändert haben und von denen einige inzwischen auch wieder sinnlos geworden sind, weil die Zeiten sich weiter verändern.

  • K-Dorje:
    Zitat

    fotost schrieb
    Buddhas Beitrag zur Lehre ist die Lehre Buddhas.


    das ist sicher unbestritten. Dem Unbuddhisten ging es aber um 'Buddhismus' und der umfasst nach mancher Ansicht mehr, als die Lehre des Gründers.
    ...
    Gerade wir als westliche Buddhisten könnten einen Beitrag zu dieser Weiterentwicklung leisten, indem wir Buddhismus und Dharma eben nicht mehr abgrenzen mit überkommenen Werten wie Authentizität, Originalität und Unberührter Reinheit. Sondern dass wir mit moderneren Begriffen und Kriterien arbeiten.


    Ich habe Deinen Beitrag gelesen und wahrscheinlich richtig verstanden.


    Evolutionstheorie heute ist so unglaublich viel mehr als alles was sich Darwin durch seine zeitliche Bedingtheit hat auch nur vorstellen können. Newton könnte vielleicht rein intellektuell die moderne Physik in Teilaspekten verstehen, sie ist über alles hinausgewachsen was zu seiner Zeit vorhersehbar gewesen ist.


    Kein Problem. Du kannst es in meinem Profil hier sehen - ich oute mich als säkularer Buddhist. Ich lebe hier und jetzt. Wenn es Fortschritte in der Welt gibt freue ich mich drüber und sehe das nicht als Niederlage einer Welt-abgewandten Lebensweise.


    Die Überschrift des Threads hieß Fundamentalkritik. Und damit stellt sich die Frage nach dem Fundament. Das ist für mich Buddha. Ich bin mir nicht 100% sicher, ob Buddha wirklich eine historische Person gewesen ist (wahrscheinlich ja). Buddha und die erste Lehre sind für mich eins! Über die Problematik, diese erste Lehre herauszuarbeiten haben wir mehr als genug Threads im Forum gehabt.


    Daß die Anwendung einer Lehre an die äußeren und zeitlichen Lebensbedingungen angepaßt werden muß ist für mich selbstverständlich.


    Wenn andere denken für sich mehr zu brauchen als das, hoffentlich hilft es ihnen zu einem guten Leben.


    fotost:

    Buddhas Beitrag zur Lehre ist die Lehre Buddhas.


    Die Lehre Buddhas ist der Buddhismus.

  • fotost:

    Die Lehre Buddhas ist der Buddhismus.


    Der Buddhismus ist das, was wir Menschen aus der Lehre machten.
    Buddha lehrte nichts mehr als die Aufhebung des Leidens ... den "Rest" schrieben Menschen in ihre Verblendung hinzu ... und so wurde es ein "ismus"


    _()_

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  • jianwang:
    fotost:

    Die Lehre Buddhas ist der Buddhismus.


    Der Buddhismus ist das, was wir Menschen aus der Lehre machten.
    Buddha lehrte nichts mehr als die Aufhebung des Leidens ... den "Rest" schrieben Menschen in ihre Verblendung hinzu ... und so wurde es ein "ismus"


    _()_


    "ismus" - vielleicht neuzeitlicher; ich weiß nicht, wie weit Lehren irgendwo, irgenwann mit "-ismus" bezeichnet wurden. Das scheint eine eher recht neue, europäische Sache einem Schubladendenken geschuldet zu sein.


    jianwang:

    ...
    Buddha lehrte nichts mehr als die Aufhebung des Leidens


    Ja, genau das. Um wieder auf das Thema des Threads zurückzukommen.
    Fundamentalkritik an der Aufhebung des Leidens? Was könnte das bedeuten?


    Eine fundamental andere Interpretation von Leiden?
    Eine Resignation bezüglich der Möglichkeit Leiden zu beenden?

  • Ihr haltet euch aber auch vage. Ich jedenfalls kann mir nichts darunter vorstellen, wenn es heißt:
    - befreien von kulturellen Verkrustungen, welche imho recht wenig zur Lehre beitragen(jJanwang)
    - Weiterentwicklungen und Anpassungen, ..... von denen einige inzwischen auch wieder sinnlos geworden sind, weil die Zeiten sich weiter verändern.( K-Dorje)
    - dass die Anwendung einer Lehre an die äußeren und zeitlichen Lebensbedingungen angepaßt werden muß (Fotost)
    Wie wäre es also einfach mal mit deutlichen Beispielen zur Veranschaulichung dessen was ihr meint ?

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • fotost:

    Eine fundamental andere Interpretation von Leiden?
    Eine Resignation bezüglich der Möglichkeit Leiden zu beenden?


    Das Erstere ist schwer, auch und weil das dtsch Wort "Leiden" weniger und Anderes ausdrückt als dukkha.


    Das zweite steht dem Grungedanken der Lehre diametral gegenüber, denn ich kann in der 4. Edlen Wahrheit Nichts erkennen, was Resignation erzeugt.


    Ich weiß, viele resignieren ob des unendlichen Leids auf der Welt, die Menge allein scheint es unmöglich zu machen, es völlig zu beenden.


    Und doch rezitieren wir die Gelübde - sehen Sie aber imho zu streng aus unserer westlichen Vorstellung von Gelübden. Unsre Einstellung sollte so sein, wie die Gelübde es vorgeben.
    Denn rein logisch gesehen sind es Lügen.


    _()_

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    wird erst das Auge klar.


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  • Zitat

    Morpho schrieb
    Ich jedenfalls kann mir nichts darunter vorstellen, wenn es heißt:
    ...
    - Weiterentwicklungen und Anpassungen, ..... von denen einige inzwischen auch wieder sinnlos geworden sind, weil die Zeiten sich weiter verändern.


    Da wäre z.B. aktuelle Diskussion in einem anderen Thread um die Forderung im tib. Buddhismus, bei bestimmten Tantras alles, was der Lehrer tut, als rein anzusehen. In der Diskussion kommt gerade heraus, dass diese Forderung möglicherweise über Jahrhunderte in der hierarchisch gegliederten Feudalgesellschaft Tibets angebracht war, dass aber in moderneren westlichen Gesellschaften die Hierarchie als Korrektiv fehlt. Deshalb kann diese Forderung zu Exzessen führen und sollte deshalb so bedingungslos nicht stehenbleiben.
    -um nur mal ein Beispiel für notwendige Veränderungen anzuführen-

  • @K-drehe
    Reinstes Rumkaspern an Formen ... wie Ich schon schrieb - kulturelle Verkrustungen ...


    _()_


    und dieser Thread ist hier im BL?

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  • K-Dorje :


    Zitat

    Da wäre z.B. aktuelle Diskussion in einem anderen Thread um die Forderung im tib. Buddhismus, bei bestimmten Tantras alles, was der Lehrer tut, als rein anzusehen.


    Ja, das hab ich noch nie verstanden; das heißt, ich habe das verstanden, den Sinn dahinter, was ich nicht verstehe kann, ist, dass dieses "Prinzip" blind angewandt wird; so war das nämlich nie angedacht, würde ich behaupten. Diese unterwürfige Blindheit ( Sudhana sagt schlicht "dumm") ist ja auch das was Dzongsar kritisiert( wobei Dzongsar bei mir natürlich durchgefallen ist; er weicht auch nur wieder aus )


    Zitat

    der Diskussion kommt gerade heraus, dass diese Forderung möglicherweise über Jahrhunderte in der hierarchisch gegliederten Feudalgesellschaft Tibets angebracht war, dass aber in moderneren westlichen Gesellschaften die Hierarchie als Korrektiv fehlt.


    Ja, was denn nun ?
    (und selbstverständlich fehlt im Westen das Korrektiv durch den ordinierten Sangha; aber wenn da nun eben Lehrer nicht ordiniert sind oder nach was ordinieren die tib. Nicht-Vinaya eigentlich ?- dann hat man schon mal das Problem, dass da kein inneres und auch veräußertes Korrektiv da ist, und das Problem bleibt, - oder was meinst du,... also welche Art westliche Hierarchie kann im Zweifelsfall richten und klären ?)


    Zitat

    Deshalb kann diese Forderung zu Exzessen führen und sollte deshalb so bedingungslos nicht stehenbleiben.


    Richtig.


    Zitat

    -um nur mal ein Beispiel für notwendige Veränderungen anzuführen-


    Hast du noch einige andere?


    Jianwang führt die 4 Bodhisattvagelübde an. Kann weg ? Oder ummodeliert ?
    Ps: Das haben die Säkularen schon getan ( siehe englisch sprachige Website) - ein Teil entfernt, ein Teil angepasst an ihre Denkweise.

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()


  • Ich denke, wir sind da fürchterlich langweilig in Übereinstimmung 8)
    Und ja, sicher bedeutet Dukkha etwas anderes als Leiden.


    Resignation ist keine akzeptable Lösung. Zum Glück geht es mir nicht darum alles Leid der Welt zu beenden, sondern primär darum eigene Verwirrung in dieses Leid aufzulösen. Wenn das zum ersteren beiträgt, um so besser :D

  • Der Autor des Threads hat zu Fundamentalkritik aufgerufen, da können wir ihm den Thread nicht mit
    Detailfragen zukleistern. Also bitte wieder die Flughöhe vergrößern und hier die ganz großen Fragen stellen. Auch wenn sie vage erscheinen.

  • Zitat

    "Wenn es nicht, ihr Mönche, Genuß bei der Körperlichkeit gäbe, dann würde es die Wesen nicht nach Körperlichkeit gelüsten. Weil es aber, ihr Mönche, einen Genuß bei der Körperlichkeit gibt, deshalb gelüstet es die Wesen nach Körperlichkeit.


    4. Wenn es nicht, ihr Mönche, Elend bei der Körperlichkeit gäbe, dann würden sich die Wesen nicht von der Körperlichkeit abwenden. Weil es aber, ihr Mönche, Elend bei der Körperlichkeit gibt, deshalb wenden sich die Wesen von der Körperlichkeit ab.


    5. Wenn es nicht, ihr Mönche, ein Entrinnen von der Körperlichkeit gäbe, dann könnten die Wesen nicht der Körperlichkeit entrinnen. Weil es aber, ihr Mönche, ein Entrinnen von der Körperlichkeit gibt, deswegen können die Wesen der Körperlichkeit entrinnen. (s22.28)

  • K-Dorje:

    Der Autor des Threads hat zu Fundamentalkritik aufgerufen, da können wir ihm den Thread nicht mit
    Detailfragen zukleistern. Also bitte wieder die Flughöhe vergrößern und hier die ganz großen Fragen stellen. Auch wenn sie vage erscheinen.


    Also der "Autor des Threads" hat kürzlich verkündet er will den esoterischen Dharma fallen sehen. Na wenn das keine "Flughöhe" hat... ;)

  • fotost :lol::lol::rofl:


    Jepp, wie langweilig Wahrheit doch sein kann.
    Schrieb nicht letztens jemand : Erleuchtung - wie langweilig


    8)


    _()_

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    wird erst das Auge klar.


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  • Danke, danke, danke. Dass ich das noch erleben darf. Man darf im Buddhaland inzwischen offen sowas schreiben. Das wäre vor einiger Zeit noch nicht möglich gewesen, ohne dass es sofort massive Angriffe gegeben hätte.


    Es ändert sich was. Die Skandale zeigen, was des Kaisers neue Kleider wirklich sind.


    Ich hoffe, dass viel mehr solche Diskussionen entstehen.


    Sudhana:
    Ayudha:

    Es stellt sich für mich die Frage, ob es denn einen "authentischen Buddhismus so wie Buddha Shakyamuni" ihn lehrte überhaupt geben kann.

    Das hängt davon ab, was man unter "authentisch" versteht bzw. verstehen möchte. Da macht es Sinn, sich zunächst zu verdeutlichen, was Buddhismus eigentlich ist.


    Und natürlich kann es in einem bestimmten Sinn keinen authentischen Buddhismus geben. In dem Sinne nämlich, wie man sich ihn und seine Traditionen als Baumstruktur denkt. Dieses Muster liegt dem Authentizitätsdenken fast überall zu Grunde: Es gibt eine Wurzel und aus ihr entfaltet sich dann der ganze Rest. Das ist falsch. Also Buddhismus kann sich zu allererst in dem was er "eigentlich" ist, nicht auf die eine Wurzel, den einen Impuls usw. beziehen.


    Diese Gedanken sind auch in der Geschichtsforschung, so weit ich weiss, überholt, in der Evolutionstheorie ebenso, selbst in der Genetik. Man merkt wie weit das Denken im Buddhismus hinten dran ist, wenn man ihn so mit anderen Bereichen vergleicht.


    K-Dorje:

    Niemand würde heute die Meinung vertreten, bezüglich der Mathematik sei alles das, was nicht von Adam Ries gelehrt wurde, keine authentische Mathematik. Nach Ries kamen viele große Mathematiker. Manche Weiterentwicklung hätte Adam Ries vielleicht selbst abgelehnt. Ob das später Beigesteuerte tatsächlich 'reine' Mathematik ist, entscheidet die Gemeinschaft der Mathematiker heute anhand fachspezifischer Vereinbarkeitskriterien und nicht nach der Rückführbarkeit auf den Gründer.


    Danke, schönes Beispiel für das was ich gerade meinte.


    K-Dorje:

    Ebenso sollte der Buddhismus von uns Westlern nicht mit Authentizitätszuschreibungen begrenzt werden, sondern damit, ob Aussagen/Praktiken vereinbar sind mit einem akzeptierten Kanon von Aussagen, wie z.B. dem Buddhistischen Bekenntnis der DBU.


    Oh je, das Buddhistischen Bekenntnis der DBU. Das Fass machen wir in diesem Thread lieber nicht auf. Aber gut auch das mal anzusprechen und evtl. anderswo einer kritischen Würdigung zu unterziehen.


    Morpho:

    'Bodenlosigkeit' jedenfalls ist nur ein Gedanke und es macht nun gar keinen Sinn, eine Ethik auf derartige Gedanken oder Gefühle zu gründe. Das ist ganz realitätsfern. Das wäre so eine konstruierte Ethik, abhängig davon, dass potent. Annehmer und Prediger selbige Gefühle und Gedanken hegen.


    Lies die entsprechenden Passagen bei Garfield auf die ich mich beziehe. Und dann versuch's noch mal.


    K-Dorje:

    Der Autor des Threads argumentierte ja, dass der Dharma keine reine, authentische, originale, von Einflüssen unberührte Lehre mehr sei.
    Ich stimme ihm weitgehend zu und argumentiere, dass das nicht zwangsläufig negativ sei.


    Das ist ein kaum tot zu kriegendes Missverständnis, dass der Verzicht auf den Gedanken vom einen Schönen Wahren Guten Original negativ sei. Im Gegenteil. Es ist eine Befreiung. Aber leider wird dieser Gedanke, dass sich da etwas Neues öffnet, übersehen. Man könnte das Prozessdenken anführen, dass das dann zum tragen käme. Aber leider ist auch hier die Diskussion im Buddhismus häufig soooo rückständig.


    K-Dorje:

    Gerade wir als westliche Buddhisten könnten einen Beitrag zu dieser Weiterentwicklung leisten, indem wir Buddhismus und Dharma eben nicht mehr abgrenzen mit überkommenen Werten wie Authentizität, Originalität und Unberührter Reinheit. Sondern dass wir mit moderneren Begriffen und Kriterien arbeiten.


    Ja, bitte, mehr davon.


    fotost:

    Über die Problematik, diese erste Lehre herauszuarbeiten haben wir mehr als genug Threads im Forum gehabt.


    Gut, aber gab es Threads in denen diskutiert wurde, dass nicht nur die Lehre sich anpasst, verändert, dass hinzugefügt und weggelassen wird, sondern dass etwas geschieht was McMahan diskutiert: dass die Lehre in einem anderen Kulturkreis unter Umständen auf Strukturen stößt, die sie völlig verkehrt. Ein Beispiel ist der christliche Erlösungsgedanke bzw. die Geschichte von der Ursprünglichen Reinheit (Paradies), vom Fall in die Verwirrung namens Samsara (Sündenfall) und schliesslich die Erleuchtung (3. Einsicht derjenigen die was davon verstehen). Wenn man buddhistisches Denken im Westen untersucht, findet man oft, dass das christliche Schema vom Paradies, dem Sündenfall und der Erlösung unbewusst buddhistischen Begriffen unterlegt wird. Ich habe das in einem englischsprachigen Buchbeitrag am Beispiel Chogyam Trungpa heraus gearbeitet.


    Das betrifft wieder auch den Begriff von der Episteme....


    Also, falls sowas hier schon mal diskutiert wurde, bitte ich um Hinweise.


    K-Dorje:

    Da wäre z.B. aktuelle Diskussion in einem anderen Thread um die Forderung im tib. Buddhismus, bei bestimmten Tantras alles, was der Lehrer tut, als rein anzusehen.


    Ja, und hier wäre eben, wie Ayudha anmahnt, Quellenstudium angesagt. Und zwar ein solches, dass sich auch damit befasst, wie Begriffe bzw. Konzepte aus einer anderen Kultur zu übersetzen sind, für die es in unserer evtl. überhaupt kein semantisches Equivalent gibt. Tibetisch kadag z.B. einfach mit deutsch rein zu übersetzen und dann darüber zu diskutieren, ob nun der Guru so oder so zu sehen sei, geht an der Sache völlig vorbei.


    Genau diese furchtbaren Vereinfachungen – sprich Verzerrungen – geschehen aber und werden dann zu allem Überfluss, wie z.B. bei Rigpa, als "authentische Lehre" verkauft.


    Da sind wir wieder an der 'Wurzel' des Problems angelangt, dass die Inkulturation des Buddhismus die bei uns passiert, die Verzerrungen die sie selbst verursacht, nicht sieht. Da wäre eine gehörige Portion Epistemologie angesagt, um das Problem zu beheben.


    jianwang:

    und dieser Thread ist hier im BL?


    Erstaunlich, nicht wahr. Es geschehen noch Zeichen und Wunder.


    Morpho:
    Zitat

    Da wäre z.B. aktuelle Diskussion in einem anderen Thread um die Forderung im tib. Buddhismus, bei bestimmten Tantras alles, was der Lehrer tut, als rein anzusehen.


    Und warum ist das so? Weil es auf Deutsch z.B. keine Bücher zu lesen gibt, die sich mit dem hier jetzt mehrfach und in verschiedenen Schattierungen skizzierten Übersetzungsproblem befassen. Es gibt keinen Markt dafür. Interessiert zu wenig Leute. Wohl dem, der Englisch kann.


    K-Dorje:

    Der Autor des Threads hat zu Fundamentalkritik aufgerufen, da können wir ihm den Thread nicht mit
    Detailfragen zukleistern. Also bitte wieder die Flughöhe vergrößern und hier die ganz großen Fragen stellen. Auch wenn sie vage erscheinen.



    Vielleicht wäre eine Zusammenfassung der Ergebnisse angesagt, um festzuhalten, wohin wir gekommen sind...


    Dann schliessen wir den Thread, meditieren ein wenig, lernen Englisch um die wirklich wichtigen Sachen zu lesen (oder gründen einen Klub in dem die wirklich wichtigen Sachen wenigstens auszugsweise übersetzt werden) und machen uns Gedanken darüber, wie es nun weiter gehen soll, nachdem klar ist, dass uns der Teppich des Originals unter den Füssen weggezogen ist.

  • Hmmm Unbuddhist


    Ich kann mich nicht entsinnen, nach meinen Schriftstudien ohne Wissen je auf einem Teppich Platz genommen oder Sicherheit gesucht zu haben.


    _()_

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    wird erst das Auge klar.


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  • jianwang:

    Hmmm Unbuddhist


    Ich kann mich nicht entsinnen, nach meinen Schriftstudien ohne Wissen je auf einem Teppich Platz genommen oder Sicherheit gesucht zu haben.


    _()_


    Take it easy. Ich meinte damit nicht, ich könne beurteilen wie es ist in deinen Schuhen zu laufen.

  • Der Unbuddhist:


    Und natürlich kann es in einem bestimmten Sinn keinen authentischen Buddhismus geben. In dem Sinne nämlich, wie man sich ihn und seine Traditionen als Baumstruktur denkt. Dieses Muster liegt dem Authentizitätsdenken fast überall zu Grunde: Es gibt eine Wurzel und aus ihr entfaltet sich dann der ganze Rest. Das ist falsch. Also Buddhismus kann sich zu allererst in dem was er "eigentlich" ist, nicht auf die eine Wurzel, den einen Impuls usw. beziehen.


    Diese Gedanken sind auch in der Geschichtsforschung, so weit ich weiss, überholt, in der Evolutionstheorie ebenso, selbst in der Genetik. Man merkt wie weit das Denken im Buddhismus hinten dran ist, wenn man ihn so mit anderen Bereichen vergleicht.


    Für mich ist der Buddhismus nichts anderes als ein Wegweiser der auf die Wurzel weist. " Hier findest du die Wurzel, hier kannst du graben um sie herauszureißen "


    Und viele viele "Buddhisten" sehen das glaube ich nicht sehr viel anders.

  • Zitat

    Lies die entsprechenden Passagen bei Garfield auf die ich mich beziehe. Und dann versuch's noch mal.


    Hattest du schon mal entsprechendes zitiert ? (und nicht dass mir ein Übersetzungsproblem vorliegt: "Bodenlosigkeit" ;) ) Nee, ich denke da zuerst an Leerheitsfetischismus ( das ist so ein Begriff von mir ) & ich weiß wirklich nicht warum ich all diese Wissenschaftler lesen sollte. Wenn einer was zum Dharma veräußert, ist die einzige Frage die sich mir stellt, inwiefern er Staub auf den Augen hat-(Kensho?) wie gut seine Praxis ist, wie intensiv seine Anstrengung. Was soll ich mich mit Nicht-Praktikern befassen ?


    Zitat

    Tibetisch kadag z.B. einfach mit deutsch rein zu übersetzen und dann darüber zu diskutieren, ob nun der Guru so oder so zu sehen sei, geht an der Sache völlig vorbei.


    Ja, das hatte ich mir schon gedacht, denn Tibetisch ist eine transparente Sprache, wie Pali, aber nicht mehrdeutig; Vielleicht bedeutet es sowas wie lauter. Man sollte häufiger "altdeutsche" Begriffe bemühen. Darum vermutlich auch die Annahme grundsätzlicher Anständigkeit der Handlung: Purity.