Meditation und Wein

  • Mitgefühl ist Intellekt, denn Du DENKST, kein Leid zu verursachen.


    Wenn Du nicht tötest aus der Einsicht und der Erfahrung des Alles-Eins, das ein Mensch, ein Tiger oder ein Käfer auf der absoluten Ebene Eins sind, dann kann es was werden.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • jianwang:

    Sehe ich aus wie ein Theravadin?


    Nein.


    jianwang:


    Aus meiner eigenen Erfahrung und aus Worten derer, die vor mir diesen Weg gingen.


    Darf man noch erfahren von wem die Worte stammen, wer deinen Weg vor dir gegangen ist?

  • jianwang:

    Mitgefühl ist Intellekt, denn Du DENKST, kein Leid zu verursachen.


    Wenn Du nicht tötest aus der Einsicht und der Erfahrung des Alles-Eins, das ein Mensch, ein Tiger oder ein Käfer auf der absoluten Ebene Eins sind, dann kann es was werden.


    _()_


    Ganz schön kompliziertes Mitgefühl, wenn man so um drei Ecken denken muss.. oder Alles-Eins erfahren muss...

  • jianwang:

    Mitgefühl ist Intellekt, denn Du DENKST, kein Leid zu verursachen.


    Na sagen wir Gefühl und Intellekt sind miteinander verbunden.


    jianwang:


    Wenn Du nicht tötest aus der Einsicht und der Erfahrung des Alles-Eins, das ein Mensch, ein Tiger oder ein Käfer auf der absoluten Ebene Eins sind, dann kann es was werden.


    _()_


    Na wenn du meinst. Das wäre wieder eine lange Diskussion für sich.


  • Das ist der Unterschied. Man muss nicht mehr denken.

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend


  • Aber def nicht im Anfängerbereich

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • jianwang:

    Wenn Du nicht tötest aus der Einsicht und der Erfahrung des Alles-Eins, das ein Mensch, ein Tiger oder ein Käfer auf der absoluten Ebene Eins sind, dann kann es was werden.


    Was kann was werden?

  • Ich denke, es ist sinnvoll, die Frage systematisch zu behandeln, wobei ich mich hier auf den Palikanon als Grundlage beschränken möchte. Da fängt man am besten beim Wortlaut des "Gebots" an, das in dieser Formulierung sowohl als (5.) der Laiengelöbnisse wie auch als Gelöbnis für Novizen und Vollordinierte identisch ist: Surā-meraya-majja-pamādaṭṭhānā veramaṇī sikkhāpadaṃ samādiyāmi.

    Um von hinten anzufangen: was ich da auf mich nehme (samādiyāmi), ist eine Übungsregel (sikkhāpadaṃ), kein Gebot. Es handelt es sich also um eine Form des Trainings oder der Schulung - work in progress. Ein Laie, der am Beginn der Übung steht und sich regelmäßig (etwa jedes Wochenende) einen Vollrausch antrinkt, folgt dieser Regel schon, wenn er seinen Alkoholkonsum deutlich reduziert. Da ist seine Übung zunächst das Reduzieren, wenn er ein radikales Aufhören nicht schafft (dass das bei Alkoholkranken nicht funktioniert, ist mir selbstredend bekannt). Die Rede ist von alkoholischen Getränken (majja), gleich ob sie aus fermentierter Getreidestärke hergestellt sind (surā - wie etwa Bier) oder aus vergorenen Früchten bzw. Honiglösung oder Zuckerrohrlösung (meraya - also Wein, Met usw.). Der Grund dafür ist, dass diese 'pamādaṭṭhānā' sind, d.h. Grund / Ursache / Anlass für pamāda. Pamāda wiederum kann man mit 'Achtlosigkeit' übersetzen, was nun allerdings nicht direkt etwas mit Achtsamkeit (insbesondere 'Rechter Achtsamkeit', samma sati) zu tun hat, sondern eher im Sinne von 'Enthemmung' zu verstehen ist - die dann zu unerwünschten, leidhaften Folgen führt. Verwerflich / leidhaft ist also nicht der Alkoholkonsum selbst, sondern es sind die durch die mit dem Alkoholkonsum verbundene Enthemmung (potentiell) daraus entstehenden Folgen.


    Nun kann man das 'Surā-meraya-majja-pamādaṭṭhānā veramaṇī sikkhāpadaṃ samādiyāmi' auf zweierlei Art übersetzen. Zum einen so, dass man dem Konsum alkoholischer Getränke als Ursache von pamāda entsagt und zum anderen so, dass man dem Konsum alkoholischer Getränke entsagt, wenn sie zur Ursache von pamāda werden. Die erste Übersetzung impliziert eine grundsätzliche Abstinenz, die zweite eine Begrenzung der Menge auf ein Level, auf dem keine Enthemmung (von schwereren Bewusstseinstrübungen wie einem Alkoholrausch ganz zu schweigen) auftritt.


    Für einen Vinaya-Ordinierten (nicht nur im Theravada, in anderen Vinayas ist das genau so) ist die Auslegung eindeutig: absolute Abstinenz. Dass diese Auslegung nicht zwangsläufig ist, zeigt schon, dass explizit festgelegt wurde, dass für einen Bhikku schon das Trinken einer Menge, die ein Grasblatt halten kann, als pācittiyādhammā (dazu gleich) gilt. Übrigens ist dessenungeachtet vernünftigerweise Alkohol als Bestandteil einer Medizin zulässig. Übrigens wurde die Regel erst eingeführt, als ein Bhikku (auf Betreiben einer Gruppe von sechs anderen Bhikkus) beim Bettelgang so viel Alkohol gespendet wurde, dass er danach sturzbetrunken war (Dana durfte er nicht zurückweisen) und sich entsprechend daneben benahm.


    Man sollte sich ruhig auch einmal anschauen, welchen Stellenwert der Vinaya einem Verstoß gegen dieses Gelöbnis beimisst - insbesondere im Vergleich zu den anderen vier auch für Laien geltenden Gelöbnissen. Die 227 Regelverstöße, die im Therāvāda Patimokkha gelistet sind, sind nach Schwere des Verstoßes bzw. der daraus folgenden Sanktion in acht verschiedene Gruppen eingeteilt. Die kleinste dieser acht Gruppen umfasst die vier schwersten Regelverstöße (pārājikādhammā), die dann auch zum Ausschluss aus dem Orden führen: Töten, Stehlen, sexuelles Fehlverhalten und Lüge - wobei die Lüge allerdings eine bezüglich des eigenen spirituellen Entwicklungsstandes sein muss. Ansonsten findet man den Bruch der Übungsregel des Nicht-Lügens in der größten und am wenigsten schwerwiegenden Gruppe (92 der 227 Verstöße) - als ersten der Verstöße, die eine Buße erfordern (pācittiyādhammā). In dieser Gruppe findet sich dann auch der Bruch der Alkoholabstinenz - an 51. (!) Stelle. Unmittelbar vor solch schandbaren und schweren Vergehen, wie dem Anstoßen einer anderen Person mit dem Finger (Nr. 52) oder dem spasshaften Spritzen mit Wasser (Nr. 53). Aus dieser Perspektive scheint mir das Thema in der vorangegangenen Diskussion gelegentlich deutlich zu hoch gehängt.


    Ob man nun als Laie die Regel leichter nehmen kann als ein Bhikku (im Sinn der zweiten möglichen Übersetzung der Regel, "wenn sie zur Ursache von pamāda werden"); man also lediglich Trunkenheit bzw. Enthemmung durch Alkohol vermeiden sollte, sollte wohl jeder für sich entscheiden. Dagegen spricht im Palikanon mW nur eine einzige Stelle: Sutta Nipata II.14.398-399. In KEN'S schwülstiger Übersetzung:

    Wer sich nicht für einen Toren hält und / oder gelegentlich zu bestimmten Gerichten gerne ein Gläschen Wein trinkt oder nach körperlicher Anstrengung in der Sommerhitze ein Glas Radler, der möge sich damit beruhigen, dass in A.X.176 (dem Cunda Sutta), wo die zehn unheilsamen Wirkensfährten, die sich wiederum aus drei Unlauterkeiten in Werken, vier in Worten und drei im Denken speisen, aus den vier ersten Übungsregeln abgeleitet werden. Von der fünften ist da bezeichnenderweise nicht die Rede. Dabei sollte man allerdings nicht vergessen, dass die Missachtung der fünften Übungsregel (was in dem Falle heisst: das Überschreiten der Grenze zur Enthemmung) häufig zum Beschreiten einer oder mehrerer der zehn unheilsamen Wirkensfährten führt. Das wiederum kann geringfügigen Alkoholkonsum durchaus zu einer interessanten Übung in Achtsamkeit machen.


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  • jianwang:

    Befolgst (oder auch missachtest) Du Gebote (wieder +/-) weil Dein So-Sein entsprechend ist, nur so folgst Du wirklich der Lehre...


    Und Ja, auch ein "Brechen" von Geboten ist Folgen, da es in diesem Moment Dein Sein ist.
    Wichtig ist imho nur, das Du dieses "Brechen" erkennst und anerkennst...


    Aus meiner eigenen Erfahrung und aus Worten derer, die vor mir diesen Weg gingen.


    Dass dies kein Weg ist, den man mit Theravadin und Frühbuddhisten gemeinsam gehen kann, ist klar. Ich kann auch nicht sehen, wie diese Unterschiede lediglich kulturspezifische Ausprägungen der selben Essenz sein sollen. Dies sind ganz einfach andere Praxisanweisungen und Lehrmeinungen.

  • Stawrogin:

    Tja, nach der Analyse von Sudhana, sollte diese Frage nun als beantwortet gelten.


    Wie hast du denn Sudhanas Antwort verstanden?


    Ich muss sagen, Sudhanas Argumentation scheint mir auf ganz wackligen Beinen daherzukommen und torkelt Richtung Straßengraben.

  • pamokkha:

    Wie hast du denn Sudhanas Antwort verstanden?


    Ich muss sagen, Sudhanas Argumentation scheint mir auf ganz wackligen Beinen daherzukommen und torkelt Richtung Straßengraben.


    Ich finde seine, sagen wir mal "breitere" Sicht interessant. Zum einen seinen Gedanken, das die Regeln nicht Gebote im Sinne Abrahamitischen Religionen sind sondern viel mehr als ein Feld der "Selbstprüfung" verstanden werden können. In Worten von Sudhana:


    "...ist eine Übungsregel (sikkhāpadaṃ), kein Gebot.Es handelt es sich also um eine Form des Trainings oder der Schulung - work in progress."


    Zum anderen die Sichtweise, wann erst überhaupt "Pamāda" anfängt oder endet. Mann kann ja tatsächlich ein Glas Wein trinken und nicht unachtsam werden. Allerdings, nach dem zweitem mal lesen, werde ich auch ein wenig skeptisch, denn ich denke das "Patimokkha" auf "nur" geistige "Selbst-Analysen" zu beschränken, könnte in die Irre führen, trotz der Aussage Buddhas, das man nicht nur nach Lehrmeinungen gehen sollte und selber prüfen sollte. Denn wenn ich lüge und mir dessen nicht bewusst bin, könnte ich ja meinen ich lüge nicht und würde somit keinen Regelverstoß verüben, trotz des Faktes der Lüge.


    So ähnlich könnte man diese "Selbstanalyse" auch auf das trinken berauschender Substanzen erweitern, denn nach ein paar Gläser Alkohol könnte ich ja genauso behaupten ich wäre immer noch Achtsam ohne zu wissen das ich es nicht bin. Also es ist ein kniffliges Spielchen. Man könnte eben, wie davor schon erwähnt, Vertrauen in die Lehre bzw Pali-Kanon Texte haben und zum Beispiel auf denn von Sudhana geposteten KEN Text, die Eindeutigkeit akzeptieren das die Berauschung zum Unheil führt, ohne zu versuchen sich aufzuhängen an Wörtern, wie "Thor" um daraus eine zweideutige Schlussfolgerung zu schaffen. Aber vielleicht habe ich einfach Sudhanas Text falsch verstanden bzw zu wenig Ahnung über denn Pali-Kanon.


    Was denkst du Pamokkha? Was wäre denn deine Sichtweise zu Sudhanas Text?

  • Stawrogin:

    Was denkst du Pamokkha? Was wäre denn deine Sichtweise zu Sudhanas Text?


    Klar, wenn man die Klappe aufreißt sollte man auch liefern können, wenn Rückfragen kommen. :grinsen: Ich gehe eine Antwort mal am Wochenende an.


    Jetzt nur kurz und flapsig: hält ein Serienmörder auch die Tugendregel ein, wenn er anstatt 3 Leute nur noch 1 pro Woche ermordet und es nicht schafft, gleich cold turkey zu gehen.

  • Auf jeden Fall kaschieren Dogmatiker vor sich selbst Schwachstellen. Und der Fahrlässige tändelt mit dem Joker.

  • pamokkha:

    Jetzt nur kurz und flapsig:

    Mal genauso kurz und flapsig: hält ein Theravadin oder Frühbuddhist auch die "Tugendregel" des Nicht-Tötens ein, wenn er sich mit einem Auto durch die Gegend kutschieren lässt, auf dessen Windschutzscheibe hunderte von Insekten sterben? Wenn er über die Straße geht und dabei Lebewesen zertritt? Wenn er bei einer Erkrankung ein Antibiotikum schluckt? Wenn er Fleisch als Essensspende annimmt? Nicht, dass nicht auch bei der Produktion vegetarischer Lebensmittel Myriaden von Lebewesen getötet würden ...


    In meiner Tradition ist man etwas bescheidener. Man übt sich in den sikkhāpada im Wissen, dass es sich um Ideale handelt, denen man sich als Lebewesen allenfalls annähern kann. Und genau darum bemüht man sich nach Kräften. Entscheidend ist die Bemühung, das Üben - und das endet nie.


    Btw - ich hoffe, Du trinkst nur Wasser. :) Fruchtsäfte enthalten in der Regel um die 0,3 % Alkohol. Da kommt schon bei einem halben Liter deutlich mehr reiner Alkohol zusammen, als ein Grasblatt fassen kann. Früchte sind eh gefährlich - vor allem Bananen. Überreife können bis zu 1 % Alkohol enthalten. Dagegen ist Sauerkraut (0,5%) fast harmlos. Von Backöfen sollte man sich übrigens auch fernhalten - beim Brotbacken wird Alkohol freigesetzt und womöglich von zuchtlosen Toren eingeatmet. Aber nicht alles verdampft - Roggenbrot enthält 0,3 %, Weißbrot 0,2 % Alkohol ... Wie man sieht - moralischer Rigorismus schafft jede Menge Probleme, wenn man ihn denn wirklich ernst nimmt.


    Wieauchimmer - bin ab Samstag im Ausland und weitestgehend afk. Werde mich also dann in die Diskussion wahrscheinlich nicht mehr einschalten können.


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  • Sudhana:


    Wieauchimmer - bin ab Samstag im Ausland und weitestgehend afk. Werde mich also dann in die Diskussion wahrscheinlich nicht mehr einschalten können.
    ..


    Schade (für's Forum). Dir eine schöne Abwesenheit. Und mach danach Wieauchimmer weiter munter mit.


    Ich finde es sehr bedauerlich, das recht einfache bio-chemische oder lebensmittelrechtliche Informationen hier einfach ignoriert werden. Bisher kenne ich das nur aus extrem-evangelistischen oder islamistischen Gruppen :?


    Was ist so schwer daran zu verstehen, daß alkoholfreie Produkte durchaus Alkohol enthalten können/dürfen? Daß bei vielen Produkten, bei denen es niemand vermutet Alkohol als Desinfektionsmittel oä. zu gesetzt wird? Daß Alkohol selbst bei den absoluten Abstinenzlern ein normales Nebenprodukt unserer Körperchemie ist?

  • Zitat

    Wenn du aber an deiner Wohnung viel mehr anhaftest, als an einem Glas Wein. Was machst du dann?


    Was soll ich dann machen? Verstehe die Frage nicht.


    Aber falls du auf das heraus möchtest, was ich denke:


    Man kann schon "Stufen" konzipieren, bezugnehmend auf die Frage nach Schädlichkeit, Ethik, Vorbildfunktion und Leidentwicklung. So würde ich für mich feststellen, dass, wenn ich an meiner Wohnung anhaften würde, das "besser" ist, als wenn ich am Wein anhafte.


    Und wie gesagt, dieses "ein Glas Wein" ist doch nur Selbstverarsche. Das wäre genauso, wenn ich als Raucher sagen würde: "Was hast du denn gegen eine Kippe einzuwenden?"


    Gegen EIN Glas Wein oder EINE Kippe wäre bestimmt nichts einzuwenden. Aber dabei bleibt es ja nicht. Und da dies so ist, ist es leidvoll und sollte vermieden werden. Wem das nicht gelingt, der kann sich darin üben. Wer tief drin steckt, der kann Achtsamkeit einüben. Vielleicht kommt einer sein Leben lang nicht weg von bestimmten Substanzen und ich wäre der Letzte, der dies verurteilen würde. Nur sollte man sich nicht selbst auf die Schulter klopfen, wenn einem der vorgeschriebene Weg nicht gelingt, aus welchen Gründen auch immer.

  • Stawrogin:

    Was denkst du Pamokkha? Was wäre denn deine Sichtweise zu Sudhanas Text?


    Da Sudhana bald Pause macht, antworte ich jetzt schon einmal provisorisch. Ohne große Zitate und Quellenangaben. Vielleicht bekomme ich so noch interessanten Input, wenn ich meine Meinung dazu besser ausformuliere.


    Sudhana:

    Es handelt es sich also um eine Form des Trainings oder der Schulung - work in progress. Ein Laie, der am Beginn der Übung steht und sich regelmäßig (etwa jedes Wochenende) einen Vollrausch antrinkt, folgt dieser Regel schon, wenn er seinen Alkoholkonsum deutlich reduziert. Da ist seine Übung zunächst das Reduzieren, wenn er ein radikales Aufhören nicht schafft (dass das bei Alkoholkranken nicht funktioniert, ist mir selbstredend bekannt).


    Der klassische Kommentar zum Khuddakapatha macht in der Analyse der Novizenregeln die deutliche Aussage: man nimmt die Regeln auf sich, um sie nicht zu brechen. Dies gilt aber so auch für Laien. In der theravadischen Praxis ist es auch so, dass man nicht alle 5 Tugendregeln nehmen muss oder es nur für eine bestimmte Zeit tut. Kann man sie nicht einhalten, nimmt man sie erst einmal nicht.


    Sudhana:

    Nun kann man das 'Surā-meraya-majja-pamādaṭṭhānā veramaṇī sikkhāpadaṃ samādiyāmi' auf zweierlei Art übersetzen. Zum einen so, dass man dem Konsum alkoholischer Getränke als Ursache von pamāda entsagt und zum anderen so, dass man dem Konsum alkoholischer Getränke entsagt, wenn sie zur Ursache von pamāda werden. Die erste Übersetzung impliziert eine grundsätzliche Abstinenz, die zweite eine Begrenzung der Menge auf ein Level, auf dem keine Enthemmung (von schwereren Bewusstseinstrübungen wie einem Alkoholrausch ganz zu schweigen) auftritt.


    Was gegen die 2. Interpretation spricht ist u.a. die Formulierung der 3. Regel für Laien: Abstehen von sexuellem Missbrauch. Der Buddha spricht hier nicht von kompletter Keuschheit, sondern erlaubt explizit gesunde, einvernehmliche Sexualität. Der Missbrauch der Sexualität wird verboten. So eine Formulierung hätte der Buddha auch wählen können, wenn er keine grundsätzliche Abstinenz gemeint hätte.


    Die 3. Regel wird für Novizen auch umgeschrieben, die 5. Regeln ist, wie Sudhana bereits hinwies, identisch bei Novizen und Laien. Entweder ist das Feierabendbierchen für Novizen okay oder Abstinenz für beide. Letzteres ist richtig.


    Sudhana:

    Man sollte sich ruhig auch einmal anschauen, welchen Stellenwert der Vinaya einem Verstoß gegen dieses Gelöbnis beimisst ... Aus dieser Perspektive scheint mir das Thema in der vorangegangenen Diskussion gelegentlich deutlich zu hoch gehängt.


    Sudhana hat bereits mehrfach auf den Begriff pamada verwiesen. Ich finde, dieser Begriff wird auch gut durch sein Gegenteil erklärt: appamada.


    Die letzten Worte des Buddhas an seine Nachfolger waren: seid appamada! Die Ehrwürdigen Yuttadhammo und Thanissaro sind daher auch der Ansicht, Buddhas Lehre würde sich am besten in diesem einen Wort zusammenfassen lassen. Demzufolge ist der Stellenwert alles zu unterlassen, was zu pamada führt entsprechend hoch. U.a. wird dies im Suttanipata deutlich:



    Ist der buddhistische Neuling ein wenig mit der rechten Sicht (sammaditthi) vertraut, insbesondere dem Karma-Prinzip, wird er die rechte Absicht (sammasankappa) entwickeln und die Tugendregeln einhalten wollen. Hier stehen ihm die beiden Welthüter (lokapala) Schamgefühl und Gewissensscheu helfend zur Seite. Diese zu entwickeln ist sehr wichtig und trägt dazu bei, die Tugendregeln einzuhalten.

  • Zitat

    Die 3. Regel wird für Novizen auch umgeschrieben, die 5. Regeln ist, wie Sudhana bereits hinwies, identisch bei Novizen und Laien. Entweder ist das Feierabendbierchen für Novizen okay oder Abstinenz für beide. Letzteres ist richtig.


    Nu ja, in der Folge nehmen die Laien die Gelübde nur zu Dingens, 8 Precept- Praxistagen, wie heissen die noch mal ? Oder ist das falsch (bin mir nicht sicher)?
    Wenn das korrekt ist, dann ist das wie Weihnachten gehen wir mal in die Kirche. Überspitzt gesagt.



    5. Surā meraya majja pamādatthānā veramani sikkhapadam samādiyāmi
    Ich gelobe, mich darin zu üben, keine berauschenden Substanzen zu konsumieren, die den Geist verwirren und das Bewusstsein trüben.
    Wo steht da was von Verbot ? Es ist mehr ein 'Gelobe Abzustehen von'...


    Zitat

    Demzufolge ist der Stellenwert alles zu unterlassen, was zu pamada führt entsprechend hoch.


    Ja, Nachlässigkeit ist/wäre dann Folge von Abhängigkeit, Neigung, Gewohnheit.
    Bei Alkohol hast du das sehr schnell. Es ist ein Suchtmittel.


    Zitat

    Ist der buddhistische Neuling ein wenig mit der rechten Sicht (sammaditthi) vertraut, insbesondere dem Karma-Prinzip, wird er die rechte Absicht (sammasankappa) entwickeln und die Tugendregeln einhalten wollen.


    Tsjaja. Sudhana spricht eher von den Brahmajalagelübden her, auch wenn er hier den Vinaya einbezieht; Die ersten 5 sind identisch, die weiteren nicht. Die rechte Absicht (Gesinnung) scheint mit im Mahayana doch eine etwas andere "Peilrichtung", insofern jener ist es dem Mahayani auch "erlaubt" situationsbezogen ein Gelübde zu ... Ich sag mal vorsichtig, zu ignorieren.

  • Hallo, ich möchte hier meine Sichtweise zu den Ausführungen von Pamokkha darlegen.
    Im Vajrayana beinhaltet das Laiengelübde auch das strikte Alkoholverbot.


    Kurz zum Töten wegen der Argumentation Suddhanas: Im Laiengelübde des Vajrayana führt nur das Töten eines Menschen und die Absicht zum Bruch des Gelübdes. Die Absicht ist der entscheidende Faktor.
    Ein töten von Tieren ist nur als Regelverstoß zu sehen, führt aber nicht zum Bruch. Ich kann also ohne Probleme mit meinem Auto fahren. Wenn ich mir so einen Zwang auferlege, kann ich mich gleich eingraben.


    Beim Alkohol ist es ein Verbot. Doch genau in diesen strikten Verbot liegt das Problem, wie in allen strikten Verboten. In unserer modernen Welt gibt es unzählige Speisen welche mit Alkholol zubereitet werden, siehe Argumentation von Suddhana. Dies für einen Laien einzuhalten ist quasi unmöglich (das Blatt mit dem Tautropfen). Nicht nur hier in Europa, sondern auch in Asien. Wenn dieses Dogma also für Laien nicht eingehalten werden kann, für was gibt es dann ein Laiengelübde? Wenn ich nur 4 der 5 Tugendregeln nimm, und die 5te doch essentiell ist für die Achtsamkeit, dann macht es auch wieder keinen Sinn. Ohne Laien, keine Mönche, ohne Mönche...
    Übrigens wurde nur von Alkohol gesprochen, es gibt unzählige andere Substanzen.... Würde man hier sinnvollerweise auf Rauschmittel verweisen und die Absicht hinzunehmen, wäre dieses Thema gegessen.

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Sudhana:


    In meiner Tradition ist man etwas bescheidener. Man übt sich in den sikkhāpada im Wissen, dass es sich um Ideale handelt, denen man sich als Lebewesen allenfalls annähern kann. Und genau darum bemüht man sich nach Kräften. Entscheidend ist die Bemühung, das Üben - und das endet nie.


    Das klingt interessant. Darf ich fragen, welche Tradition das ist?


    LG


    W.

  • Sudhana:


    Zitat

    Nun kann man das 'Surā-meraya-majja-pamādaṭṭhānā veramaṇī sikkhāpadaṃ samādiyāmi' auf zweierlei Art übersetzen. Zum einen so, dass man dem Konsum alkoholischer Getränke als Ursache von pamāda entsagt und zum anderen so, dass man dem Konsum alkoholischer Getränke entsagt, wenn sie zur Ursache von pamāda werden.
    Die erste Übersetzung impliziert eine grundsätzliche Abstinenz, die zweite eine Begrenzung der Menge auf ein Level, auf dem keine Enthemmung (von schwereren Bewusstseinstrübungen wie einem Alkoholrausch ganz zu schweigen) auftritt.


    Ich glaube, das ist richtig.
    Die Chinesische Variante (BJ)spricht sogar von gewichtigen Verboten, deren Bruch " den Ausschluss verdient". Allerdings nicht in Bezug auf den Eigenkonsum, sondern in Bezug auf ein "ins Verkehr bringen". Man hat da also Gelübdemäßig eine Spannbreit von Übungsregel über Gebot bis Verbot.

  • Waldler:
    Sudhana:


    In meiner Tradition ist man etwas bescheidener. Man übt sich in den sikkhāpada im Wissen, dass es sich um Ideale handelt, denen man sich als Lebewesen allenfalls annähern kann. Und genau darum bemüht man sich nach Kräften. Entscheidend ist die Bemühung, das Üben - und das endet nie.

    Das klingt interessant. Darf ich fragen, welche Tradition das ist?

    Ich übe in einer Gemeinschaft, die zur Soto-Zentradition gehört. Die Form, in der bei uns das 5. Gelöbnis (als Bodhisattvagelöbnis) gegeben und empfangen wird, ist übrigens auf ein breiteres Verständnis als Alkoholabstinenz gerichtet. Es geht da generell darum, den Geist (den eigenen und den Anderer) vor täuschenden und trübenden Einflüssen generell zu bewahren und damit nicht nur um Alkohol oder andere Drogen mit vergleichbaren Effekten, sondern auch beispielsweise um einen achtsamen Umgang mit Medien.


    Ergänzend zur Bedeutung von sikkhāpada: sikkhā ist "Studium, Übung". pada sind "Schritte"; im übertragenen Sinn (den man hier mE nicht unbedingt bemühen muss) ein "Weg".


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  • Morpho:

    Die Chinesische Variante (BJ)spricht sogar von gewichtigen Verboten, deren Bruch " den Ausschluss verdient". Allerdings nicht in Bezug auf den Eigenkonsum, sondern in Bezug auf ein "ins Verkehr bringen". Man hat da also Gelübdemäßig eine Spannbreit von Übungsregel über Gebot bis Verbot.


    Man muss da zwischen dem Dharmaguptaka-Vinaya (四分律, der 'vierfache Vinaya'), der sich inhaltlich nicht wesentlich vom Theravada-Vinaya unterscheidet, und dem (Mahāyāna-) Brahmajāla Sūtra (梵網經, 'Sutra von Brahmas Netz'), in dem es um Bodhisattva-Gelöbnisse geht, differenzieren. Das 5. der gewichtigen Bodhisattva-Gelöbnisse behandelt in der Tat einzig die Proliferation von alkoholischen Getränken. Der Konsum wird im zweiten der 48 sekundären Gelöbnisse behandelt - übrigens durchaus im Sinne strenger Abstinenz.


    Wie an verschiedenen Stellen des Sutra deutlich wird, waren diese Bodhisattva-Gelöbnisse übrigens nicht für Laien konzipiert, sondern sie wurden von Bhikshus zusätzlich zu den Vinaya-Gelöbnissen genommen/empfangen.


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  • Vielen Dank, Sudhana. Dass Ihr in Eurer Gemeinschaft dieses "erweiterte Verständnis" des 5. Gelöbnisses habt, finde ich nicht zuletzt deshalb interessant, weil meine allerersten Lehrer (vor 30 Jahren) dieses erweiterte Verständnis auch hatten. Sie verstanden unter dem 5. Gelöbnis "nüchtern zu bleiben" und zwar im umfassendsten Sinn.


    LG


    W.