Indoktrination im Vipassana

  • Ich hatte vor einiger Zeit mal erwogen, an einem Vipassana-Kurs teilzunehmen (habe bis jetzt nur Praxiserfahrung im Zen). Als ich mir die Regeln für solche Kurse dann aber genauer durchgelesen habe, hielt ich das für keine so gut Idee mehr:


    IMC-Austria: Vipassana Meditation in der Tradition von der Sayagyi U Ba Khin


    Besonders fragwürdig finde ich, dass sämtliche persönliche Gegenstände abgegeben werden müssen und die Kommunikation mit anderen Kursteilnehmern untersagt ist. Man ist also nicht nur nach außen hin völlig isoliert, sondern auch innerhalb der Gruppe. Ich sehe nicht wieso eine so weitreichende Entmündigung irgendwie im Sinne des Dhamma sein sollte. Noch zwielichtiger wirkt es, wenn man sich mal einen solchen Erfahrungsbericht durchliest:


    Sekten-Info NRW - Gestern bin ich aus so einer Art Sekte geflohen...


    Den Teilnehmern wird offenbar jede Selbstbestimmung entzogen (natürlich um ihrer selbst Willen) und der einzige der zu ihnen spricht, ist der tote Guru vom Tonband. Irgendwie ziemlich gruselig.


    Ich hatte zuvor eigentlich einen sehr positiven Eindruck vom Vipassana, der Wikipedia-Artikel liest sich so, als handle es sich dabei um eine buddhistische Reformbewegung gegen verkrustete Institutionen und Monopolanspräche der Klöster. Jetzt bin ich mir da allerdings nicht mehr so sicher. Wie seht ihr das?

  • Vorab: ich habe selber keine Praxiserfahrung mit U Ba Khin oder Goenka.


    U Ba Khin ist der Lehrer von Goenka, und was ich gelesen habe ist, dass sich ihre Retreats unterscheiden. Du solltest also von Goenka nicht auf U Ba Khin schliessen. Und von den beiden auch nicht auf die Vipassana-Bewegung oder vipassana als Praxis.


    Besonders fragwürdig finde ich, dass sämtliche persönliche Gegenstände abgegeben werden müssen und die Kommunikation mit anderen Kursteilnehmern untersagt ist...


    Dies finde ich jetzt für ein freiwilliges Retreat ganz normal. Man geht für die wenigen Tage nicht dorthin, um mit anderen zu kommunizieren, zu lesen oder mit seinem Smartphone, die Zeit zu vertreiben. Sondern um jeden Augenblick, achtsam bei Körper, Gefühle, Geist und dhamma zu sein. Jegliche Ablenkung ist zu vermeiden.


    Goenka hat, wie ich finde, tatsächlich einen "komischen Ansatz" in seinem vipassana und Retreats. Ich würde zu einem Goenka-Retreat wohl nur raten, wenn jemand schon ein vertieftes und stabiles Wissen hat über Buddhismus. Dann muss man nicht alles glauben, was dort erzählt wird, und kann selber urteilen.


    Vipassana, der Wikipedia-Artikel liest sich so, als handle es sich dabei um eine buddhistische Reformbewegung gegen verkrustete Institutionen und Monopolanspräche der Klöster.


    Das bewerte ich jetzt pauschal als Blödsinn.

  • Ist es nicht so, das es zig verschiedene Vipassana Schulen gibt und jeder etwas anders lehrt? Von der sehr systematischen Herangehensweise eines Mahasi Sayadaw bis zur Ajahn Chahs Meditation ohne System, beinahe "Shikantaza-artig". Aber mal davon abgesehen, muss man glaube ich in jedem Retreat die Acht Ethikregeln (Sila) auf sich nehmen und mindestens das Handy auf vibrieren stellen:lol: (Muss man doch in Zen-Kreisen oder Dojos auch)


    Das Goenka leicht verschrien ist, habe ich auch mitbekommen, ob da was dran ist, weiß ich nicht. Hier äußert sich z.b Ajahn Mettiko zu Goenka und kritisiert manche seiner Punkte:


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  • Es geht doch bei so einem Kurs darum, ganz bei SICH zu sein, nicht bei den anderen.

    Ich habe vor einigen Jahren zwei Goenka Kurse mitgemacht.

    Sie waren hart, ich wollte gefühlte hundertmal abbrechen.

    Ich habe durchgehalten und es war für mich eine gute Schule im langen Sitzen, in Ausdauer, Schmerzen aushalten, sich selbst aushalten.


    Es ist bei Retreats völlig normal, dass man so wenig wie möglich ins Aussen gehen soll.

    _()_

  • Das Wichtigste wurde ja schon gesagt: Die Goenka-Schule ist nicht identisch mit "Vipassana", sondern eben nur ein Ansatz von mehreren.


    Meine Erfahrung dazu:

    Für mich war das eine zwiespältige Erfahrung (Kurs vor 5 Jahren). Ich habe zwar bis zum Schluss durchgehalten und es hat mir tatsächlich auch eine wertvolle Einsicht gebracht. Allerdings ist die übermäßige Betonung der Disziplin, die ständige (hypnoseartige) Indoktrination vom Tonband und das gesamte gefängnisartige Setting schon sehr grenzwertig.

    Vor allem hat das Personal und auch die dort tätige Lehrerin immer nur die Worte Goenkas wiederholt.

    Mir erschien das nicht sehr qualifiziert. Ich empfand den Ansatz insgesamt als autoritär und manipulativ, möchte aber auch sagen, dass ich Menschen kenne, für die dieser Ansatz anscheinend nützlich ist.

  • Das bestreitet ja niemand. Es ist nur die Frage, ob man Kursteilnehmern in dieser Hinsicht ein gewisses Maß an Eigenverantwortung zutraut, oder ob man sie behandelt wie einen Haufen verzogener Kinder. Das Handy für 10 Tage abgeben zu müssen halte ich für maßlos übertrieben, es kann ja auch mal ein Notfall in der Familie oder sowas sein. Und wenn (wie in dem mir verlinkten Bericht) ein Teilnehmer fest entschlossen ist, den Kurs abzubrechen, kann es nicht sein, dass man darum betteln muss, gehen zu dürfen und vorher seine Sachen zurückzubekommen. Das sind entwürdigende Sektenmethoden (sofern es sich denn tatsächlich so zugetragen hat).

  • Witzig, für mich wäre es sehr befremdlich sein Handy bei so einem Kurs nicht abzugeben.


    Zum Thema "betteln müssen um abbrechen zu dürfen": Ich kenne das auch von manchen Einrichtungen für stationare Psychotherapie. Man konnte dem Personal sagen dass man abbrechen will und von diesem Zeitpunkt an musste man 24 Stunden abwarten, bevor man seine persönlichen Sachen bekam (dazu zähte auch die Geldbörse inklusive diverser Karten und Ausweise, die hatte man in der Regel nicht bei sich, ebenso kein Bargeld). Ich fand den Ansatz - wenn auch etwas radikal - gut, und ein großer Teil der Bewohner hatte es sich innerhalb dieser 24 Stunden tatsächlich nochmal anders überlegt.

  • Ok, ob man bei Goenka Kursen sein Handy abgeben muss, weiss ich nicht.

    Ich hatte damals noch keins.

    Bei späteren Retreats, im Kloster, musste man nichts abgeben und es wurde an die Eigenverantwortung appelliert.

    Aber manche haben das mit der Eigenverantwortung nicht so ernst genommen und damit auch andere Teilnehmer gestört.


    Aber ich gebe Dir recht, persönliche Sachen abgeben zu müssen, wäre auch nicht so mein Fall.

  • Es gibt ja noch die Meinung das Retreats im Prinzip für denn Weg keine große Rolle spielen, da ja so oft nach denn paar Wochen die Praxis wieder aufgegeben wird, da der Umschwenk von 0 auf 100 in so einer kurzen Zeit passiert, wird es nur als quälend und unerreichbar empfunden. Man sollte lieber sich in Geduld üben und die Praxis so gut wie möglich in denn Alltag integrieren und das aber für eine lange Zeit..Es gibt ja auch Berichte von denn Erfahrungs-Geilen Neo-Hippies aus der ganzen Alternativ-Goa-Szenen, die im Prinzip nur diese Retreats machen um "Glückszustände" zu erreichen, also nach einem legalen High suchen... da muss man nicht blind sein um selber zu verstehen das es nichts mit dem Dhamma zu tun. Ich bin überzeugt das ein Retreat sehr gut sich für die Praxis auswirken kann, aber dafür muss man schon sehr ernst an die Sache rangehen.

  • Lieber Arthur,

    Ich hatte vor einiger Zeit mal erwogen, an einem Vipassana-Kurs teilzunehmen (habe bis jetzt nur Praxiserfahrung im Zen). Als ich mir die Regeln für solche Kurse dann aber genauer durchgelesen habe, hielt ich das für keine so gut Idee mehr

    mir scheint, das Angebot hat Dich recht geschockt! ;) Aus Vipassana-Sicht ist das schon mal gut!


    Ein paar Bemerkungen aus meiner eigenen Praxis und den Retreats (ich habe Vipassana-Praxis, aber nicht mit Goenka oder Khin).

    und die Kommunikation mit anderen Kursteilnehmern untersagt ist.

    Das halte ich bei einem Schweigeretreat für unvermeidlich. ;) Oder war Dir nicht klar, dass der Retreat im Schweigen statt findet?

    Besonders fragwürdig finde ich, dass sämtliche persönliche Gegenstände abgegeben werden müssen

    Das ist in "meiner" Richtung nicht üblich, religiöse Symbole sind aber "verpönt". In der Vipassana-Bewegung ist es ja gerade eine Idee, nicht-relgiöse buddhistische Praxis zu üben.


    Selbstverständlich übt man nicht im Schweigen, wenn man sein Handy benutzt, und sei es nur, um seine Retreaterfahrungen auf Buddhaland zu teilen. :) Für unvermeidliche Nachrichten von außen und nach außen ist der Retreatmanager zuständig; Retreat heißt ja nicht zufällig Rückzug. Abgegeben wird das Handy bei uns nicht.


    Gleiches gilt für lesen, schreiben, Musik hören. Das sind alles Ablenkungen, die einen davon abhalten, sich mit dem eigenen Geist und Wahrnehmungen zu beschäftigen.

    Ich sehe nicht wieso eine so weitreichende Entmündigung irgendwie im Sinne des Dhamma sein sollte.

    Ich kann noch nicht nachvollziehen, warum Du das als Entmündigung ansiehst. Wenn Dir der Lehrer auf dem Retreat sagt: Sitze eine Stunde, gehe eine Stunde, und dann von vorn, würdest Du das auch als Entmündigung ansehen? (echte Frage, kein Sarkasmus).


    Es geht um Nicht-Ablenkung; darum, ein Ausweichen auf Gewohnheiten zu vermeiden, sondern das Hier und Jetzt anzunehmen, ohne zu flüchten. Also tatsächlich für Dein Wohl, wie Du etwas süffissant bemerkst. Dafür, Deinen Retreat so erfolgreich wie möglich zu machen.

    Es ist nur die Frage, ob man Kursteilnehmern in dieser Hinsicht ein gewisses Maß an Eigenverantwortung zutraut, oder ob man sie behandelt wie einen Haufen verzogener Kinder.

    Naja, wenn man Buddhas Spruch mit den "wilden Affen, die leichter zu zähmen sind, als der eigene Geist" hernimmt, dann passt das mit dem "verzogenen" (ich hasse dieses Wort) Kind doch ganz gut! ;)


    Zu dem zitierten "Sektenartikel":

    Ich fand die Beschreibungen ihrer Qualen wirklich unterhaltsam (sorry, nicht nett :oops:), weil die Jede und Jeder kennt, der einen längeren Retreat gesessen hat. Mein Lehrer sagt immer in den ersten zwei oder drei Tagen: "Ich weiß, wie anstrengend der Start ist, bis man wirklich angekommen ist. Da kommen dann solche Gedanken wie: "Wäre das toll, wenn jetzt jemand anrufen würde, und meine Oma wäre gestorben, und ich müsste nach Hause fahren. Ach nee, nicht gestorben, aber wenigstens schwer krank."


    Wenn sich der Abschied so abgespielt hat, wie in dem Artikel berichtet wurde, hätte der Autorin und dem Retreat wohl ein kompetenterer Retreatmanager gut getan!


    Wenn Dich die Beschreibung der Retreatumgebung so verschreckt, könntest Du zwei Dinge tun:

    Auf keinen Fall so einen Retreat besuchen, oder

    auf jeden Fall einen Vipassana-Retreat besuchen, um herauszufinden, was hinter dem Schrecken stecken könnte. :)


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Ich kann noch nicht nachvollziehen, warum Du das als Entmündigung ansiehst. Wenn Dir der Lehrer auf dem Retreat sagt: Sitze eine Stunde, gehe eine Stunde, und dann von vorn, würdest Du das auch als Entmündigung ansehen? (echte Frage, kein Sarkasmus).

    Nein, würde ich nicht. Kritisch wirds aber bei Eingriffen in die Intimspähre. Wenn der Lehrer kontrolliert, was ich außerhalb der Praxiszeiten auf meinem Zimmer mache, anstatt einfach darauf zu vertrauen, dass ich seinen Empfehlungen nach bestem Wissen und Gewissen folge, würde ich das als Bevormundung empfinden. Die Empfehlung auszusprechen, das Smartphone so wenig wie möglich und am besten gar nicht zu benutzen, ist etwas völlig anderes, als es einzukassieren und selbst auf ausdrücklichen Wunsch nicht wieder auszuhändigen.


    Besonders stört es mich, dass abreisewillige Personen anscheinend gegen ihren Willen festgehalten werden. Auch hier ist es wieder etwas völlig anderes, ob der Kursleiter die Gründe hinterfragt und der betreffenden Person empfiehlt, den Entschluss nochmal zu überdenken, oder ob er sagt: "Die nächsten 24 Stunden bleibst du mindestens noch hier, ob du willst oder nicht!" Denn das wäre ein eklatanter Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung und durch nichts zu rechtfertigen.

  • Ja, man muss schon unterscheiden zwischen den normalen Regeln der Disziplin, die in den meisten Klöstern oder Retreats gelten - und den verschärften Bedingungen auf Goenka Retreats.

    Nicht zufällig wurden das Format der Letzteren in Gefängnissen erprobt. Es herrscht nach meinem Empfinden dort schon eine starke Form von Gängelung und Bevormundung. Man muss sich vor dem Retreat schriftlich mit diesen Bedingungen einverstanden erklären und damit quasi unterwerfen.

    Aber, wie gesagt, für manche Menschen scheinen das gute Praxisbedingungen zu sein.


    Eine andere Sache sind die suggestiven Beeinflussungen durch hypnoseähnliche Dauerberieselung durch das Tonband, von morgens bis abends.

    Mir ist das immer noch im Ohr.

    Man wird da schon sehr auf Goenkas Stimme und auf seine Botschaften konditioniert.

    (Allerdings glaube ich nicht, dass Goenka das aus schlechten Absichten so aufgebaut hat. Ich halte ihn durchaus für einen ehrenwerten Menschen, der mit allen Tricks versucht hat, das zu verbreiten und möglichst unwiderruflich in den Menschen zu verankern, was er für Dhamma hielt. Vieles davon ist ja auch inhaltlich sinnvoll. Aber die Methoden halte ich für problematisch.)

  • Zum Thema "betteln müssen um abbrechen zu dürfen": Ich kenne das auch von manchen Einrichtungen für stationare Psychotherapie. Man konnte dem Personal sagen dass man abbrechen will und von diesem Zeitpunkt an musste man 24 Stunden abwarten, bevor man seine persönlichen Sachen bekam (dazu zähte auch die Geldbörse inklusive diverser Karten und Ausweise, die hatte man in der Regel nicht bei sich, ebenso kein Bargeld). Ich fand den Ansatz - wenn auch etwas radikal - gut, und ein großer Teil der Bewohner hatte es sich innerhalb dieser 24 Stunden tatsächlich nochmal anders überlegt

    Ich finde dieser Vergleich passt nicht so recht. Ein stationärer Aufenthalt im psychotherapeutischen Umfeld ist schon etwas anders. Auch weil zum einen ganz klar ist mit wem man es zu tun hat, was die Hintergründe der Personen sind und weil man von vorne herein weiß auf was man sich einlässt.


    Es wäre natürlich durchaus ein legitime Bitte / Frage, die Person nochmal zum überdenken anzuregen, ob das Verlassen des Retreats wirklich der eigentliche Wunsch ist - ein aktives abhalten ist aber ein absolutes No-Go.

    _()_

  • Ich kann noch nicht nachvollziehen, warum Du das als Entmündigung ansiehst. Wenn Dir der Lehrer auf dem Retreat sagt: Sitze eine Stunde, gehe eine Stunde, und dann von vorn, würdest Du das auch als Entmündigung ansehen? (echte Frage, kein Sarkasmus).



    Besonders stört es mich, dass abreisewillige Personen anscheinend gegen ihren Willen festgehalten werden. Auch hier ist es wieder etwas völlig anderes, ob der Kursleiter die Gründe hinterfragt und der betreffenden Person empfiehlt, den Entschluss nochmal zu überdenken, oder ob er sagt: "Die nächsten 24 Stunden bleibst du mindestens noch hier, ob du willst oder nicht!" Denn das wäre ein eklatanter Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung und durch nichts zu rechtfertigen.

    Ich habe mehrere solcher Kurse mitgemacht.

    Und ich wollte damals auch abhauen. Ich war in Retreats wo 50 % der Leute abgehaut sind.

    Niemand stoppt dich im Endeffekt, aber diese Flucht ist meistens ein Akt der Hilflosigkeit.

    Man vermisst sein Handy, Bett, "Freiheit".


    Hätte man mich nicht gestoppt, dann hätte ich heute nichts mehr zu tun mit der buddhistischen Lehre.


    Was wir in Thailand anders gemacht haben, war den Zugang zu den Retreats erheblich zu erschweren.


    In Nordthailand gibt es ein Kloster, das diese Retreats anbietet.

    Und weil es auch Gratis ist, wollen viele Westler mitmachen.

    Aber inzwischen erwartet dich dort niemand mehr mit offenen Armen.


    Man lässt dich stundenlang im Büro sitzen und sagt dir durch die Blume, dass es eigentlich keinen Platz für dich gibt.


    Wer nach 2 bis 6 Stunden noch im Büro sitzt, bekommt dann meistens einen Platz.

    Gleichzeitig nimmt man niemanden auf, der weniger als 9 Tage bleiben kann oder möchte.


    Aber niemand wird im Endeffekt gegen seinen Willen festgehalten.


    Wenn man dort dann nämlich einen Weg findet, die Umstände zu akzeptieren und das geistige Leiden zu überwinden, dann kann einem nicht mehr so viel passieren im Leben.


    Das was wir als Freiheit und Selbstbestimmung ansehen, ist meistens nur eine Täuschung die uns in den brenzligen Situationen nicht helfen kann.


    Freiheit ist eine Herzensangelegenheit.



    Mögen wir alle Frieden finden!


    Martin

  • Lieber Martin_1980,

    Und ich wollte damals auch abhauen. Ich war in Retreats wo 50 % der Leute abgehaut sind.

    hast du mal in Erfahrung gebracht, was aus den "Abbrechern" wurde? 50 % ist ja eine hohe Quote....

    Wie viele von ihnen wohl danach der buddhistischen Lehre den Rücken gekehrt haben?

    Hätte man mich nicht gestoppt, dann hätte ich heute nichts mehr zu tun mit der buddhistischen Lehre.

    Das wäre wirklich schade gewesen, aber bei Anderen war es vielleicht gerade umgekehrt?....


    Ich dachte auch mal daran, an einem solchen Retreat teilzunehmen, nachdem ich ein Buch über die "Vipassana-Meditation nach S.N. Goenka" gelesen hatte. Letztlich überwogen die Zweifel (und Ängste), sodass ich verzichtete.

    Zum Glück fand sich eine Alternative.... :)

    Danke für deinen Erfahrungsbericht!

    Liebe Grüße, Anna Panna _()_

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Was aus den Leuten damals wurde, weiß ich nicht.

    Ich persönlich hätte wohl keinen Kontakt mehr zur buddhistischen Lehre. Mein Plan b war nämlich Urlaub am Strand 😂



    Mein Einstieg in diese Retreats in Thailand war sehr schwierig für mich, aber ich hatte Lehrer die ich irgendwie bewundert und sehr gern hatte, weil sie mich besser kannten als ich mich selbst.

    Und ich konnte ihr Mitgefühl spüren.

    Wir nennen diese Lehrer (einfach übersetzt) Vater-Mutter-Lehrer


    Das hat mir sehr geholfen.


    Ich persönlich würde zum Beispiel meine Mutter nicht mit so einem Retreat anfangen lassen.

    Ich möchte hier übrigens keine Werbung für solche Retreats machen, sondern nur klarstellen, dass man gehen kann, aber nicht innerhalb von ein paar Minuten.

    Und warum man nicht sofort aufgeben sollte.


    Niemand wird dort gefangen gehalten.

    Ich habe mindestens 20 solcher Retreats/ Kurse in Thailand, Nepal, Deutschland mitgemacht.

    Und ich habe nie so etwas gesehen, erlebt oder gehört.


    Ich freue mich für dich, dass Du eine Alternative gefunden hast.


    Metta und Mudita!


    Martin

  • Was wir in Thailand anders gemacht haben, war den Zugang zu den Retreats erheblich zu erschweren.


    In Nordthailand gibt es ein Kloster, das diese Retreats anbietet.

    Und weil es auch Gratis ist, wollen viele Westler mitmachen.

    Aber inzwischen erwartet dich dort niemand mehr mit offenen Armen.


    Man lässt dich stundenlang im Büro sitzen und sagt dir durch die Blume, dass es eigentlich keinen Platz für dich gibt.

    Hallo Martin,

    woran könnte das liegen, weißt du woran es liegt ?

    Ich finde es beschämend, wenn da welche, die genug Geld haben,

    ( sicher nicht jeder der dort Urlaub macht ) alles mitnehmen meinen zu müssen, was gratis ist.

    Oder geht / ging es dabei um Menschen, welche mit Buddhas Lehre sonst nichts zu tun hatten, noch keinen

    Zugang dazu hatten ? Dann könnte ich es verstehen, wenn sie so ein Retreat nur gratis mitmachen, da sie nicht das Risiko

    eingehen wollen, das nachher bezahlt zu haben es ihnen aber nicht gefällt, sie abbrechen.

    Als du dort warst, hat man die Westler noch mit offenen

    Armen empfangen ?

    Du hast mindestens 20 Retreats im Ausland mitgemacht ? Wow ! :)

    Wieso hast du sie lieber im Ausland besucht und nicht hier ?


    Ich bewundere Menschen, die lange in einem buddh. Kloster im Ausland waren

    oder auf Retreats im Ausland.

    Da ist ja zum einen das fremde Land eine Herausforderung und zum anderen

    das Leben im Kloster oder der Retreat- diesen durch zu halten.


    War es bei dir erst später so, dass du ins Ausland gehen wolltest, hast aber zunächst

    in DE Retreats mitgemacht oder Dhamma - Vorträge- Abende besucht ?


    Besonders stört es mich, dass abreisewillige Personen anscheinend gegen ihren Willen festgehalten werden. Auch hier ist es wieder etwas völlig anderes, ob der Kursleiter die Gründe hinterfragt und der betreffenden Person empfiehlt, den Entschluss nochmal zu überdenken, oder ob er sagt: "Die nächsten 24 Stunden bleibst du mindestens noch hier, ob du willst oder nicht!" Denn das wäre ein eklatanter Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung und durch nichts zu rechtfertigen.

    Haben die Menschen ihr Geld dann zurück erhalten ? Das wäre dann einleuchtend, warum versucht wurde sie am Abbrechen zu hindern.

    Wenn die Teilnehmer das Geld nicht zurück bekamen ( oder einen Teil zurück ), verstehe ich so ein Verhalten nicht.

    Wer das wirklich nicht will, den sollte man nicht zwingen dort zu bleiben ( ok man sollte nie jemanden zu etwas zwingen ), wenn dann nur wie du beschrieben hast, eine Empfehlung geben seinen Entschluss nochmal zu überdenken, aber ich glaube das ging um das Geld.

    Es hat ja keinen Sinn jemanden gegen seinen Willen fest zu halten, so jemand lernt dann doch nichts, meistens. Der macht seine Ohren zu. Oder wird dadurch verstört und kann sich nicht mehr auf den Dhamma - Vortrag und die Meditation konzentrieren. :)

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

  • Dhamma soll meiner Meinung nach für alle zugänglich sein.

    Viele junge Menschen machen vor dem Studium eine längere (Welt) reise.

    Und weil man viel zu viele Reiseziele einplant, und nicht immer die nötigen finanziellen Mittel hat, kommt so ein gratis Retreat sehr gelegen.

    Und man hat dann auch was zum erzählen.

    Ich mache diesen Menschen gar keinen Vorwurf, schließlich war ich vor einer halben Ewigkeit auch Jung.



    Und Dana sagt einem Westler am Anfang auch nichts.


    Nur sollte man nicht sofort aufgeben.

    Das ist meine Botschaft.


    Zum Rest werde ich später einen Beitrag in meiner Chronik verfassen.


    LG Martin

  • Hallo,

    kurz zu meiner Vipassana Erfahrung:

    ein 10 Tages Seminar in Triebel - Deutschland,

    ein paar Tages Seminare in Westösterreich,

    und in ein paar Wochen mein zweites in Niederösterreich.



    Meine Sichtweise zu Vipassana:


    Der Geist hüpft immer umher:


    Er ist in der Gegenwart, fühlt sich wohl und klammert fest.

    Er ist in der Gegenwart, fühlt sich unwohl und will weg.


    Er ist in der Zukunft. Hat Wünsche und klammert sich fest.

    Er ist in der Zukunft. Hat Angst und will weg.


    Er ist in der Vergangenheit. Hat Wünsche und klammert sich fest.

    Er ist in der Vergangenheit. Hat Sorgen und bereut es.



    Eure Bedenken zu dem 10 Tages Kurs:


    Smartphone und Notfall:

    • Du kannst dir eine Notfallnummer geben lassen und diese deiner Familie geben. Also bei Krankheit und Todesfall bist du erreichbar.


    Smartphone und Abgeben, bzw. Bevormundung.

    • Du meditierst, hast ein gutes Erlebnis und während dem Meditieren denkst du gleich, dass du deinen Bekannten dies in der nächsten Pause tippen kannst. -> Dein Affe ist während dem Meditieren in der Zukunft und klammert sich da fest.
    • Du meditierst, möchtest aber wissen, wie deine Fußball Mannschaft gerade spielt. -> Dein Affe ist während dem Meditieren in der Zukunft und klammert sich da fest.
    • Du hast Mittagspause und liest noch ein paar private und berufliche Nachrichten. "Ich muss in der Firma, zuhause das machen!" -> Dein Affe ist in der Gegenwart, fühlt sich unwohl und will weg.
    • Es ist Abend, du bist müde und surfst noch ein halbe Stunde. -> Dein Affe ist in der Gegenwart, fühlt sich unwohl und will weg.
    • Es ist Abend und dein Zimmerkollege schaut ein paar Youtube Videos von Modern Talking an. -> Dein Affe dreht durch :)


    Goenka und gebetmühlenartig, kein Widerspruch

    • Du hörst es, bist aber nicht einverstanden. -> Dein Affe ist in der Gegenwart, fühlt sich unwohl und will weg. Sucht vielleicht noch sein Affen Smartphone und möchte mit dem Lehrer diskutieren.
    • Jede Teilnehmerin und jeder Teilnehmer darf in einer Sprechstunde mit dem Lehrer reden.


    Keine Kommunikation zu anderen

    • Du meditierst, hat ein gutes Erlebnis und willst es anderen mitteilen. Analog zum Smartphone. -> Dein Affe ist während dem Meditieren in der Zukunft und klammert sich da fest.
    • Am Abendessen plappert dein Kollege über seine sehr gute Erfahrung. -> Dein Affe ist in der Gegenwart, fühlt sich unwohl und will weg. Weil dein Affe weiß, dass er nicht so gut meditieren kann. (überspitzt gesagt)


    Kein Abbruch vom Kurs

    • Der Kurs basiert auf freiwilligen Spenden und ist somit relativ rasch ausgebucht. Mit dieser Ankündigung werden diejenigen aussortiert, die es wirklich ernst nehmen.
    • Final können keine Teilnehmerinnen und Teilnehmer festgehalten werden. Jemand wo schreit und weint im Meditationssaal. Nein, das würde ja nie funktionieren.


    Ich hoffe, ich konnte ein wenig beitragen,


    be happy,

    Bernd

  • Das mit der zwiespältigen Erfahrung ging mir auch so. Ich habe auch vor ein paar Jahren ein paar Goenka-Retreats gemacht. Problematisch finde ich bei dem Schweigen eigentlich nur, dass man einerseits isoliert wird (nur die nicht objektiven Assistenz-Lehrer kann man kontaktieren) und andererseits der Indoktrinierung von Goenkas Vorstellungen ausgesetzt ist.

    Kritik hierzu kommt aus dem Buddhistischen, aber auch aus dem Christlichen Umfeld und sogar bei einigen Sekteninformationsstellen sind scheinbar schon Informationen gespeichert.

    Die "besondere" Vipassana-Tradition von S. N. Goenka - und ihre angeblich "reine Technik" des Buddhas - Selbstdenken und Sehende Achtsamkeit (Sati):
    Print, Email, PDF        Die „besondere“ Vipassana-Tradition von S. N. Goenka – und ihre angeblich „reine Technik“ des Buddhas!   Eine notwendige, große…
    www.buddha-heute.de

    Artikel - EZW

    Sekteninfo NRW

    Das heisst nicht, dass die Meditationserfahrungen bei Goenka schlecht sein müssen! Wie gesagt, wie du habe ich ein zwiespältiges Verhältnis. Jemand hat es mal zusammengefasst als "Vipassana: ja, Goenka: nein." Weiss nicht mehr wo ich das gelesen habe. Aber bei der Goenka Schule, bzw. ihrer (oft nicht belgbaren) Inhalte, religiösen Beeinflussung und Ihrer Guru-Verehrung muss man wirklich aufmerksam sein. Wenn man nur die Meditation dort bekäme wäre es meiner Meinung nach ein sehr cooles Konzept!

  • Ich finde den Vergleich zur Psychiatrie auch krass, aber er zeigt meiner Meinung nach ein ganz zentrales Problem der Goenka-Richtung: Die Versprechen, nicht religiös zu sein (nur eine Meditationstechnik) werden nicht eingehalten. Es gibt eine klare hinduistische und buddhistische Indoktrinierung in den verpflichtenden(!) Abendvorträgen und Goenka wird quasi als Guru verehrt. (Du sollst keine anderen Lehrer haben neben mir, höchstens Assistenzlehrer und das auch nur aus meiner eigenen Richtung und ohne, dass sie selbst etwas sagen dürfen - obwohl ich schon seit 10 Jahren tot bin. Die Geschichte, dass Goenka die 2500 Jahre alte Prophezeiung erfüllt, das wahre(!) Vipassana nach Indien zurück zu bringen(!?!), rückt ihn quasi in die Nähe eines Heiligen.)

    Das nicht eingehaltene Versprechne der Neutralität (nur eine Meditationstechnik) ist so, als würdest du auf eine geschlossene Abteilung der Psychiatrie eingewiesen mit dem Versprechen, dass man mit dir über Gesundheit philosophieren wolle. Und dann stellst du (nachdem sich die Türen geschlossen haben) fest, dass du festgehalten und therapiert wirst - auch gegen deinen Willen - und erst nach einer bestimmten Zeit wieder gehen darfst!

    Würde von Anfang an offen kommuniziert, dass Goenka wie ein Guru verehrt wird und man buddhistische udn hinduistischen Religionsunterricht (bzw Indoktrinierung) bekommt, dann könnte man frei entscheiden. So aber leider nicht. Das finde ich sehr sehr bedenklich.

  • Nicht zufällig wurden das Format der Letzteren in Gefängnissen erprobt. Es herrscht nach meinem Empfinden dort schon eine starke Form von Gängelung und Bevormundung. [...]


    Eine andere Sache sind die suggestiven Beeinflussungen durch hypnoseähnliche Dauerberieselung durch das Tonband, von morgens bis abends.

    Mir ist das immer noch im Ohr.

    Man wird da schon sehr auf Goenkas Stimme und auf seine Botschaften konditioniert.

    "Eine andere Sache" ist das nicht wirklich. Ich habe mich mal (ist schon 'ne Weile her) etwas mit Gehirnwäschemethoden beschäftigt, die während des Koreakrieges an amerikanischen Kriegsgefangenen angewandt wurden. Erinnert sehr daran, das ist vor allem kombiniert mit Schafentzug und unangekündigten 'Verhören' ziemlich schnell wirksam, um eine Persönlichkeit zu zerbrechen. Politischer 'Unterrricht', also Indoktrination, war dann das mit Erleichterung der Haftbedingungen verbundene Zuckerbrot zur Peitsche.


    Solche Techniken wurden mittlerweile wohl weitgehend aufgegeben, weil sich zeigte, dass die durch Traumatisierung umprogrammierte Sichtweise sich in Konfrontation mit der 'normalen' Lebenssituation (d.h. nach Gefangenenaustausch und Heimkehr) nicht als nachhaltig erwies. Das Ziel, aus heimkehrenden Kriegsgefangenen eine 'fünfte Kolonne' zu machen, war so nicht umsetzbar.


    Ich finde so etwas als 'geschicktes Mittel' inakzeptabel. Mit dem Erlangen geistiger Freiheit - dem Ziel buddhistischer Praxis - hat das absolut nichts mehr zu tun.

    OM MONEY PAYME HUNG