Die weltlich Genießenden

  • Also, könnte es dann bedeuten, dass wenn ich nur die schöne Frau anschaue, dann ich sie schon begehre?.... Oder wenn ich die Tafel Schokolade sehe, dann der Wunsch passsiert wie "automatisch"?


    Ja.

    Denn der Buddha hat das abhängige Entstehen gelehrt, und zwar lückenlos, 100 %. Ich glaube, das mit dem 100 % abhängigen Entstehen wollen manche nicht wahrhaben.

    "Wenn dieses ist, so folgt jenes" bedeutet, wenn solche und solche äußeren Bedingungen (eine Frau von individueller Gestalt) und solche und solche inneren Bedingungen (dein Charakter, deine Triebe, deine momentane gesundheitliche Verfassung usw.) vorhanden sind, folgt das Ergebnis automatisch, d.h. determiniert.

    Zu den inneren Bedingungen gehören aber auch Erfahrung und Erinnerungen und Weisheit, die du zur Zeit hast. dadurch kann - wie schon öfter bemerkt worden hier - ein milderes, ein vorsichtigeres Verlangen entstehen.

    Auf jeden Fall erfolgt die Wirkung vollkommen ohne Ausnahme immer gemäß der Ansammlung aller äußeren und inneren Ursachen und Bedingungen.


    Ach, noch eins. Du schreibst im anderem Beitrag so etwa, man sollte doch es nichts "zwingen". Also es reicht nur, dieses manchmal sehr subtiles Gefühl einfach klar zu sehen, und es sollte wie "aufgelöst" sein? Von selbst?


    Ja.

    Und genauso erfolgt auch die Befreiung. Der Achtfache Pfad bedeutet: wenn diese Pfade, diese Übungen vollständig und richtig durchgeführt werden, dann tritt Nirvana ein, automatisch und unabwendbar.

    :rainbow:

  • Bei unangenehmen Gefühlen fällt es mir weniger schwer mich zu distanzieren, nur zu beobachten ohne mich zu involvieren bis sie wieder vergehen, sozusagen "auf Durchzug schalten". Bei angenehmen Gefühlen ist das schwieriger. Triebe und Gewohnheiten ziehen einen leicht ins Geschehen hinein und schon ist man wieder der Genießer.


    Der Buddha hat ja mehrere Methoden zum Überwinden der Triebe gelehrt. Z.B. überwinden durch Sehen, Kontrolle, Gebrauch, Erdulden, Vermeiden, Entfernen, Entfalten. (M.2.) Die Aufmerksamkeit auf was heilsames lenken, sich bewusst machen wie Dukkha entsteht, unheilsame Regungen nicht beachten (wegschauen), die Regungen zur Ruhe bringen, und wenn das alles nicht funktioniert mit Willenskraft niederzwingen. (M.20.)


    Ich denke es wäre gut alle Methoden auszuprobieren und herauszufinden welche in einer bestimmten Situation am Besten funktioniert. Allerdings ist das höhere Schulung für Bikkhus, einstweilen ist es ja auch ein edles Ziel der beste der weltlichen Genießer zu sein, mit der unverlierbaren Sittlichkeit und Einsicht eines Sotapanna.

  • Bei unangenehmen Gefühlen fällt es mir weniger schwer mich zu distanzieren, ... Bei angenehmen Gefühlen ist das schwieriger.

    Ich öffne meine Hände, und "spende" Glück und Freude allen Lebewesen, die so etwas dringend benötigen. Der gute Wille, zu geben, ist da, doch das einzige, was ich tatsächlich spenden kann, ist Zeit und ein offenes Ohr.

    Das ist eine sehr wichtige Form der Freigebigkeit.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Bei unangenehmen Gefühlen fällt es mir weniger schwer mich zu distanzieren, nur zu beobachten ohne mich zu involvieren bis sie wieder vergehen, sozusagen "auf Durchzug schalten". Bei angenehmen Gefühlen ist das schwieriger. Triebe und Gewohnheiten ziehen einen leicht ins Geschehen hinein und schon ist man wieder der Genießer.


    Der Buddha hat ja mehrere Methoden zum Überwinden der Triebe gelehrt. Z.B. überwinden durch Sehen, Kontrolle, Gebrauch, Erdulden, Vermeiden, Entfernen, Entfalten. (M.2.) Die Aufmerksamkeit auf was heilsames lenken, sich bewusst machen wie Dukkha entsteht, unheilsame Regungen nicht beachten (wegschauen), die Regungen zur Ruhe bringen, und wenn das alles nicht funktioniert mit Willenskraft niederzwingen. (M.20.)


    Ich denke es wäre gut alle Methoden auszuprobieren und herauszufinden welche in einer bestimmten Situation am Besten funktioniert. Allerdings ist das höhere Schulung für Bikkhus, einstweilen ist es ja auch ein edles Ziel der beste der weltlichen Genießer zu sein, mit der unverlierbaren Sittlichkeit und Einsicht eines Sotapanna.

    Tja, das ganze Arsenal war schon längst da. Jetzt man benutzt so scheisskluge Worte wie die Kognitive Therapie mit dem Aufmerksamkeits-Training ( Nach Beck), oder so ähnliches.... Sie sollten doch nur sehr aufmerksam Suttas lesen , mehr nichts.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Und dann hat man natürlicherweise irgendwann den Wunsch oder den intuitiven Drang Samsara zu überwinden. Man muß sich dann nichtmal zwingen, wenn man Dukkha deutlich sieht und fühlt in seinem breiten Spektrum und nicht nur einzelnen Ausprägungen.


    ja, das ist der Trick, das "know how".


    Das sehe ich auch immer wieder in Buddhas Reden.

    :like: Ja. :)


    Aber das Erkennen von Dukkha wäre ja nur die erste edle Wahrheit. Es macht doch Sinn, wenn man durch genug Einblick in Dukkha, genug Motivation zur Praxis hat, sich dann auch tatsächlich ran macht Dukkha zu vermindern oder gar für immer zu überwinden. Solange man noch gute Möglichkeiten/günstige Umstände dafür hat.


    Oder? Was meinst du?


    Also sich dann die zweite edle Wahrheit vornehmen, wo nach Palikanon das Begehren nach Sinnlichkeit/Sinnesintensität und Begehren nach Dasein und Nichtdasein der Ursprung von Dukkha ist. Begehren ist hier das Paliwort tanha und wird auch mit Durst übersetzt.


    In meiner Interpretation und Erfahrung ist dieses Begehren zweifach. Einmal das Begehren etwas haben zu wollen (Gier) und einmal das Begehren etwas weg haben zu wollen (Ablehnung).


    Und wenn man das versteht, sich bewußt macht, dass es sinnvoll ist, dieses Begehren loszulassen. Also weder haben wollen (Gier) noch weg haben wollen (Ablehnung). Wäre das dann die dritte edle Wahrheit vom Aufhören von Dukkha.


    Und da für die meisten Menschen das allein noch nicht ausreichend ist, gibt es den edlen achtfachen Pfad der die konkrete Umsetzung/konkrete Übungen zeigt, wie man dieses Begehren, dieses haben wollen (Gier) und weg haben wollen (Ablehnung) vermindert oder gar für immer überwindet.


    Das wäre dann die vierte edle Wahrheit vom Weg zum Überwinden von Dukkha. Wozu für mich auch jede Sutta gehört, da sie ja auf verschiedene Aspekte des edlen achtfachen Pfad eingehen und so hoffentlich für möglichst viele Menschen etwas dabei ist.


    Und da schließt sich für mich der Kreis zu dieser Sutta des Threads. Auch sie gehört zum edlen achtfachen Pfad und soll helfen, haben wollen (Gier) und weg haben wollen (Ablehnung) zu vermindern oder für immer zu überwinden.


    Mir hilft sie insoweit als dass die alleinige Konzentration auf Dukkha und Entsagung für mich als sehr angehafteten Weltling viel zu krass wäre.


    Ich brauche als Ausgleich auch Glück, Freude und Genuß. Ich hätte sonst garnicht die Kraft diese Wahrheit von diesem allumfassenden Dukkha auszuhalten und damit konstruktiv umzugehen.


    Von daher denke ich dass Glück, Freude und Genuß weise eingesetzt und mit möglichst wenig Anhaftung für viele Nicht-Mönche ein guter Ansatz ist um schrittweise Dukkha zu vermindern oder es gar ganz zu überwinden.


    So wie man sich von schwerer Arbeit erholen muß, so muß ich mich auch von der schweren Arbeit der Dukkha-Betrachtung erholen.


    Glück und Freude ist dabei das Wichtigste. Wenn man sinnlichen Genuß reduzieren kann ist das natürlich hilfreich und steigert letztendlich sogar die innere Freude und das Glück. Schon allein durch die zunehmende Unabhängigkeit von sinnlichem Input aber auch durch die Stärkung des Herz-Geistes.


    Aber nur (m)eine Meinung dazu. Können auch Fehler dabei sein.


    Die Frage am Anfang des Post ist zwar an Rudolf gerichtet, aber wenn sonst noch jemand mag, kann natürlich darauf eingegangen werden.


    Liebe Grüße

    2 Mal editiert, zuletzt von Raphy ()

  • Hört sich ziemlich mittig an, finde ich. Schreibe ich gern mal kurz aus der Pause. Steckt so viel drin, in deinem Post Raphy , möchte da evtl heut Abend noch ein paar Sachen zu sagen/ergänzen.



    Geniess den Tag ☀️

  • Ich brauche als Ausgleich auch Glück, Freude und Genuß. Ich hätte sonst garnicht die Kraft diese Wahrheit von diesem allumfassenden Dukkha auszuhalten und damit konstruktiv umzugehen.


    Von daher denke ich dass Glück, Freude und Genuß weise eingesetzt und mit möglichst wenig Anhaftung für viele Nicht-Mönche ein guter Ansatz ist um schrittweise Dukkha zu vermindern oder es gar ganz zu überwinden.

    Glück und Freude spielt auch für mich eine große Rolle, ich glaube für alle Wesen. Nibbana ist das höchste Glück heißt es und auf dem Weg dorthin kommt es wohl darauf an woraus man sein Glück zieht, woran man sich erfreut und in welchem Maß.


    Z.B. gutes Essen ist eine Freude, aber es weckt Verlangen nach mehr, man will es möglichst lange genießen. Und wenn man dann zuviel isst muss man leiden. So scheint mir das Maßhalten eine Bedingung für alle Freuden zu sein.


    Weiters ist wohl die Sittlichkeit sehr wichtig. Wenn man sich auf unmoralische Weise Freude verschafft führt das auch zu Leid. Etwa wenn man etwas auf rechtmäßige und gewaltlose Weise erwirbt hat man viel mehr Freude daran als wenn man es stiehlt oder sich gewaltsam aneignet. Und die Freigiebigkeit ist auch ein Thema bei dieser Lehrrede des Threads, es ist eine Freude etwas zu teilen, Geiz erzeugt kein wirkliches Wohlgefühl.


    Dann ist auch die Frage an welchen Objekten man sich erfreut. Neben den sinnlichen Genüssen gibt es ja auch solche die mehr ins Geistige gehen, etwa wenn man sich bei einem guten Roman an der Gestaltung der Sprache und am Einfallsreichtum erfreut, oder an guter Musik und allgemein an Kunst. Oder Freude am Forschen und Entdecken, Freude am Wissen, Freude an altruistischer Tätigkeit oder Tierschutz. Eine große Freude ist es die Lehre des Buddha zu verstehen.


    So lässt sich Freude sublimieren, je feiner, edler oder reiner, desto größer ist sie. Ein Problem ist dass sich lange Gewohnheiten nicht so einfach durch bessere Gewohnheiten ersetzen lassen, auch wenn diese mehr Freude bereiten. So können Leiden durch schwer zu überwindendes Suchtverhalten entstehen wenn man nicht rechtzeitig gegensteuert, so dass sich ein bestimmtes Verhalten allmählich tief in den Geist eingräbt.


    Naja das ist mir spontan dazu eingefallen, hoffe es ist nicht allzu banal oder fehlerhaft.

  • Von daher denke ich dass Glück, Freude und Genuß weise eingesetzt und mit möglichst wenig Anhaftung für viele Nicht-Mönche ein guter Ansatz ist um schrittweise Dukkha zu vermindern oder es gar ganz zu überwinden.


    So wie man sich von schwerer Arbeit erholen muß, so muß ich mich auch von der schweren Arbeit der Dukkha-Betrachtung erholen.


    Glück und Freude ist dabei das Wichtigste. Wenn man sinnlichen Genuß reduzieren kann ist das natürlich hilfreich und steigert letztendlich sogar die innere Freude und das Glück. Schon allein durch die zunehmende Unabhängigkeit von sinnlichem Input aber auch durch die Stärkung des Herz-Geistes.

    Das ist sehr schön ausgedrückt.


    Dukkha-Betrachtung ist definitiv schwere Arbeit. Das alleine ist ja schon der Beginn von Erwachen, aber es ist zunächst auch eine Desillusionierung und in sofern auch ein hartes, unbequemes Erwachen.

    Ich jedenfalls brauche auch Pausen / Auszeiten davon, in denen ich mich einfach Dingen zuwende, die erfrischend, erfreulich sind, auch wenn sie zu Samsara gehören. Dann muss man eben aufpassen und wachsam bleiben. Ich kann nicht auf einen Schlag alles loslassen, so bin ich nicht "gestrickt". Es gibt mir auch Kraft, Dinge im Leben schön zu finden, angenehm zu finden.


  • Glück und Freude ist dabei das Wichtigste.


    Ja, klar.

    das wird niemand leugnen und das ist der Leitfaden aller Praktizierenden im Buddhismus, die ich kenne.

    Und ich lebe auch so.

    (Hoffentlich glaubt ihr mir das)


    "Samsarische Freude ist jedoch mit Anhaftung und Leid verbunden"

    "Samsarisches Glück wird auch 'Leid des Wandels' genannt"

    "Was unbeständig ist, ist leidhaft"

    "Wer sich an Sinnengenüssen erfreut, erfreut sich am Leiden. Wer sich am Leiden erfreut, wird nicht befreit."


    Diese Einsichten befinden sich dann als Mix in unserem Geist, ich meine als Mix aus Theorie und Praxis. Bei manchen mag es mehr Theorie sein, bei anderen auch schon mit deutlichem Geschmack eigener Erfahrung.


    Jedenfalls haben wir immer noch die Sehnsucht nach Genüssen - ab und zu.


    Und nun gibt es aber bei manchen das Phänomen (ich kenne persönlich jemanden), und im Forum hier gibt's die auch:

    da scheint irgendwie ein schlechtes Gewissen aufzukommen beim Genießen (zumal wenn oft genossen wird) oder was auch immer aufkommt, dann heißt es nämlich:


    Aber man kann doch auch ohne Anhaftung genießen!

    Hat der Buddha gesagt.


    Und so liest sich ja erst mal auch der Eingangspost von Raphy


    Eingangspost

    Hallo ihr Lieben.


    Es gibt sogar eine Sutta dazu. Genießen ohne Anhaften:




    Warum bleiben wir nicht ehrlich:

    wir brauchen noch Freude und Glück.

    Was ist schlimm daran zuzugeben, dass wir noch Anhaftung an Freude und Glück in Samsara haben?

    :rainbow:

  • Selbstverständlich ist genießen auch Anhaftung, sonst gibt es kein genießen.

    Das Genießen ist von ihrer Natur her eine angenehme Empfindung, weil sie die Wirkung einer früheren heilsamen Handlung ist. Deshalb kann sie von ihrer Natur her keine Anhaftung sein.


    Die Anhaftung an die angenehme Empfindung des Genießens ist ja etwas was wir auf das Genießen aufgrund unserer Unwissenheit hinauf projizieren. Diese Projektion entsteht, weil wir das Genießen nicht als bedingt und damit vergänglich auffassen wollen oder können.


    Das Problem ist nicht das Genießen, sondern dass wir die Vergänglichkeit des Genießens nicht akzeptieren, weil wir glauben, dass das Genießen aus sich heraus etwas Angenehmes ist, das beständig sei.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.


  • Raphy .


    Mein Lieber, was verstehst du unter den Begriff "Glück"? Hm?

    Danke.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zitat

    Aber man kann doch auch ohne Anhaftung genießen!


    Wow, das war toll!!! Rudolf .


    Ich denke, gerade deswegen, weil wir es allmählich erkennen, dass es alles vergänglich, ohne wie die feste Existenz , und wie uns wie nichts gehört, nur so wie "geliehen", ( ich vermeide die buddhistische begriffe absichtlich....lol...), gerade dewegen wir können wirklich geniessen.

    Die schöne Blume ist gerade deswegen schön, weil sie in nächsten Augenblick werwelkt.

    Ich mache nur einen Schritt weiter. Wir sind imstande zu geniessen, echt zu genissen, nur wenn wir nichts an das "Glück"(?) klammern.

    Wenn es ins "Besitzen-Wollen" übergeht, dann leiden wir, und zwar eindeutig. Und hart.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zitat


    Das Problem ist nicht das Genießen, sondern dass wir die Vergänglichkeit des Genießens nicht akzeptieren, weil wir glauben, dass das Genießen aus sich heraus etwas Angenehmes ist, das beständig sei.---Zitat Rudolf .


    Aber ausgerechnet diese "Vergänglichkeit" er-möglicht uns das echte Geniessen. Es macht das Mysterium des Lebens aus, ....zugespirtzt ausgedrückt, nur weil wir bestimmmt tod-sicher sterben, wir können doch überhaupt das Leben geniessen.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Vergänglichkeit nicht akzeptieren ist doch festhalten von Genießen, obwohl es schon vergangen ist. Aber während des Genießen ist anhaften.

  • Vergänglichkeit nicht akzeptieren ist doch festhalten von Genießen, obwohl es schon vergangen ist. Aber während des Genießen ist anhaften.

    Wenn man die Vergänglichkeit des Genusses / des Genießens nicht akzeptiert, dann ist dies erst einmal Unwissenheit. Und auf ihr basiert das Anhaften, das eine Form der Begierde ist.


    In den meisten Fällen eines samsarischen menschlichen Lebens ist es wohl so, dass es dieses Anhaften an Genussobjekte gibt. Aber dieses Anhaften ist eine geistige Projektion unsererseits, die gegeben sein kann oder nicht. Ist dieses Anhaften nicht gegeben, dann besteht während des Genießens keine Anhaftung, selbst man sich selbst noch in Samsara befindet.


    Man kann dann ein Genussobjekt genießen ohne das Leid des Wandels zu erleben. Das ist aber wohl nicht der Normalfall einer samsarischen menschlichen Existenz.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Mein Alltag ist immer mehr geprägt von Gleichmut.

    Es ist nicht so eine vergängliche Sache wie Samadhi.

    Ich mag es, wenn an einem verregneten Tag, die Katze zu mir kommt und schnurrt.

    Ich mag den Sonnenuntergang am Strand.

    Ich mag die Treffen mit der Familie, wo meine Mutter was leckeres kocht.


    Das war früher nicht viel anders.


    Aber jetzt spielt es für mich keine Rolle mehr wenn ich das nicht habe und bekomme.

    Diese Momente sind wertvoll für mich, weil ich weiß dass sie nicht lange dauern.


    Der Besuch beim Zahnarzt war früher ein horror für mich.

    Jetzt empfinde ich dort den gleichen Frieden, die gleiche Freiheit, als wenn ich meine Katze streichle, oder mein lieblingsessen essen darf.

    Diese Dinge sperre ich nicht aus meinem Herzen, aber ich halte sie auch nicht fest.

    Ich lebe mit diesen Erscheinungen, aber mein Frieden hängt nicht mehr von diesem Dingen ab.


    Für mich ist die Welt eine Art von Kinoleinwand. Manchmal lächele ich noch, vielleicht werde ich auch noch mal ein paar Tränen vergießen, aber mir ist klar, dass das ganze nicht echt ist und nicht ewig dauert.

    Deshalb kann ich die Dinge genießen ohne dass ich daran anhafte.


    LG Martin

  • Zu diesem Themenkomplex gehört auch die Betrachtung von unheilsamen Handlungen, hier, die unheilsamen Handlungen des Geistes, nämlich:


    -Habgier

    -Böswilligkeit

    -falsche Anschauung


    Das meiste, was wir wohl "weltlich genießen" nennen können, wird mal mehr, mal weniger verunreinigt sein durch Begierde. Diese Vermischung ist das eigentliche Problem und führt geradewegs in Richtung "unheilsame Handlung", denn:


    Heilsame Handlungen sind vollkommen frei von Begierde, Hass und Unwissenheit.


    Somit haben wir hier auch ein weiteres Werkzeug zur Untersuchung unseres eigenen Verhaltens.

  • 'Entsagen' spielt sich auch ohne eine Lehre schon immer ab. Man kann dumm (instinkthaft, unerkennend eher ablehnen) oder bewusster 'entsagen'.

    Und das machen alle mehr oder weniger wach/bewusst sowieso schon immer.


    Und dafür gibts viele Ratschläge und Bücher und sog Professionelle. Da wird uA thematisiert: 'Von welchen Handlungen abstehen'. Also denen zu 'entsagen'. Also denen Tschüss sagen sozusagen.


    Das sagen sogar manche Tiere zueinander. Was jetzt mal besser aufhören sollte an ungutem Verhalten. zB wenn ein Affe nem anderen das Essen klaut. Da kommts in so Affenverbänden (man sagt zu seinen nächsten bio Verwandten nicht 'Rudel' nein also die Affen die bilden Verbände oder Familien oder Gruppen wie die Menschen logisch) schon oft vor, dass dem mit entsprechenden Gesten und Lauten klargemacht wird: ENTSAGE (in Zukunft) diesem Verhalten/so einer Fressklauaktion.


    Und dann gibts auch immer die andere Variante in Form von mach dies oder das oder das musst probieren das geil, oder geh zu dem doc, mach das der ist super. Und da sucht ja jeder vern Mensch nach einem Gleichgewicht sowieso.


    Also. Mit oder ohne eine Lehre sowieso ein Suchen nach einer Mitte. Nach einem Punkt. Nach einer Identität. Nach einem richtig und falsch oder auch das tutet mir gut und das nicht so.


    Das mit der kompletten Entsagung von sinnlichen Genuss (zB Musik, Tanz, Gesang, und vor allem: Entsagung vom anderen Geschlecht - die extremste Sinneshürde) ist eine Aufforderung an die Mönche und Nonnen.


    Überhaupt darf man nicht vergessen, dass Buddha konkret in die Gesichter und Empfindungen der Menschen damals hineinsprach. Dass er nicht schrieb, da fand ich bis vor Kurzem noch das Wort 'weise' angemessen. Heute find ich das Wort 'naturgemäss' anschaulicher. Das Verstehen des anderen vor Augen zu haben, um auch darauf bauend was zu erklären. Das ist die Natur des Vorgangs (einem konkreten ... anderen) 'Erklären'/umfassender bewusst Bedeutung also Vorstellungen/innere Bilder im anderen entstehen zu lassen.

    Da sagen andere didaktische Grundregel zu. Insofern hat Schrift den Makel: Weniger bis nicht naturgemäss.

    Und so passierts dann, dass man x Jahrhunderte später an konkrete damalige Menschen gerichtete Worte liesst, die Buddha dem Leser jetzt evtl nie gesagt hätte. Weil er das (ich glaube daran, dass er das Herz jedes Menschen mit seinem Geist umschliessen, also erkennen konnte) erkannt haben würde, dass bestimmte Worte im Hörer evtl unheilsames Vorstellen und am unheilsamen Gefühl unbewusst klammerndes Verhalten passieren wird.


    Boa. Das lag mir jetzt iwie auf dem Herzen. Das ist ein allgemeines Phänomen: sich (anscheinend gerne?) je nach ausgeprägter Neigung an Vorstellungen über Unangenehmes zu hängen. Und und dann bekommt man plötzlich Buddhaworte von vor x Jahrhunderten in den Geist und dann stellt man sich bedingt durch das Lesen dieser Worte


    (kein Buddha bei dem man wie andere eben nachfragen könnte ist beim Lesen da)


    wie leidig alles ja wirklich alles' wäre und begründet sich (unerkannt) das Anhängen an diesem (sich) Denken (alles leid) damit, dass das eben eine hohe Wahrheit über das Dasein wäre.


    Aber eigentlich hängt man sich (eher bis nur) an das ungute Gefühl, was mit diesem Denken verbunden erscheint. Also man labt sich unerkannt am Leiden/man quält sich selbst. Ich schreibe darüber so aus eigener Erfahrung. Und jeder kennt das wohl auch ein wenig mehr oder weniger.


    Da weiß ich von mir: nicht so klarer, also auch (durch Umstände zB) ermatteter Geist. Trübe -> Da hängt man sich naturgemäss eher an schlechte Botschaften und die schlechteste Botschaft überhaupt ist wohl 'Alles ist Leid'.


    Aber das ist nicht die Botschaft dieser Lehre finde ich. Überhaupt nicht.

    Es ist eine schöne, eine einladende, eine zutiefst menschliche Lehre.



    ☀️


    Wow. Da lag mir was auf der Brust offensichtlich. Ich könnte weitere Aussagen deines Posts kommentieren, aber ich mag es erstmal dabei belassen, lieber Raphy

    Einmal editiert, zuletzt von Alephant ()

  • Vorweg möchte ich mich entschuldigen, weil ich Dir das ganze nicht richtig erklären kann.

    Das liegt aber nicht an Dir, sondern daran, dass man gewisse Dinge schwer in Worte fassen kann.

    Ich tue mir manchmal schwer damit.


    Wir (anwesende Profis ausgenommen) sehen die Dinge nicht wie sie sind.


    Wenn ich zum Beispiel deine Beiträge lese, entsteht ein Bild von dir in meinem Kopf. Es entsteht eine Geschichte von dir.

    Aufgrund dieser Bilder und Geschichten reagiere ich auf Dich.


    In Wirklichkeit kenne ich Dich nicht.

    Ich weiß nicht wie Du aussiehst und wie alt Du bist. Da entsteht manchmal Zuneigung und manchmal Abneigung.


    Mit der Welt ist es ganz ähnlich.

    Durch die Erziehung, Bildung usw bilden wir uns ein Bild von uns und der Welt.


    Wenn wir Dinge sehen, belassen wir es nicht beim sehen.

    Wir greifen auf unsere interne Datenbank zu (Instinkt, Bildung, Erziehung, kulturelles Umfeld).


    Mögen, nicht mögen usw entsteht.


    Wir hinterfragen nicht den Wahrnehmenden.

    Ohne klarblick (Vipassana) sind wir gläubige, oder ungläubige.

    Wir feiern die Geburt und betrauern die Toten, weil wir nicht sehen, dass da eigentlich nur Elemente, Sternenstaub ist, die sich neu formieren.

    Unsere ganze Welt, unser ganzes Leben ist auf einem Irrtum aufgebaut.

    Und dieser Irrtum füllt die Gräber mit Leichen, die Augen mit Tränen.

    Nichts außer Leiden und Unwissenheit wird geboren, und nichts außer Unwissenheit und Leiden stirbt.


    Erleuchtung ist stark vereinfacht ausgedrückt, die Erkenntnis, dass niemand geboren wird und stirbt, und das niemand Befreiung erfährt, weil in Wirklichkeit niemand gefangen ist.

    Da ist ein Pfad, aber niemand der ihn gehen könnte..


    Das alles hört sich kompliziert an und wird noch komplizierter, weil Absolut und Relativ beachtet werden muss.


    Manchmal konzentrieren wir uns auf die Gedanken, Gefühle usw, aber die leere Stille dahinter ignorieren wir völlig.


    Unsere Welt steht und fällt mit der einen Frage : "Wer bin ich? ".

    Wenn diese Frage beantwortet wird, in den Bereichen wo die Gedanken nichts mehr zu sagen haben, und die Stille spricht, werden wir die Welt zum ersten Mal wirklich sehen können.


    Wir werden sehen, dass unseres bisheriges Leben eine Täuschung war.


    Es ist ein schockierender Moment.

    Aber kurz danach werden wir eine Art von Erleichterung fühlen.


    Wir werden uns niemals wieder einsam fühlen und wir werden auch niemals wieder voller Ungeduld auf etwas warten, weil der gegenwärtige Moment alles ist was wir sind und brauchen.


    Wir werden eine Zeit lang eine Art von Verzückung erleben, und die eine oder andere Träne wird fließen, weil wir dann wissen, dass unsere Lieben niemals gestorben sind.

    Erst auf dieser Ebene werden wir wahres Mitgefühl erfahren und entwickelt haben, und wir werden bis zum Zerfall dieses Elementehaufens den anderen Wesen helfen.

    Jene die wenig Staub in den Augen haben, werden wir mit dem Maha-metta, maha-mudita, maha-karuna die Augen ausspülen.


    Ich möchte nicht mehr dazu sagen, weil diese ganzen Worte nicht den Moment der Stille ersetzen können, wo der Geist den Geist erkennt...



    Alles gute für Dich!

  • Heilsame Handlungen sind vollkommen frei von Begierde, Hass und Unwissenheit.


    Nein, weil das hiesse ja nur ein Heiliger oder eine Heilige (Arhant) also jemand der komplett geheilt ist vom Daseinswahn


    (ich sage dieses Wort freundlich, nicht mit mor ZeigeFinger 😵)


    handelt heilsam.

  • Das mit der kompletten Entsagung von sinnlichen Genuss (zB Musik, Tanz, Gesang, und vor allem: Entsagung vom anderen Geschlecht - die extremste Sinneshürde) ist eine Aufforderung an die Mönche und Nonnen.


    Wie sollten das auf dem Dharma Weg nicht so sehen.