Unterschied Zazen und Vipassana

  • Wie würdest du Geist beschreiben und als was?


    Wir hatten wo anders ja letztens schon die Diskussion. Hier nochmal Wiki:


    Zitat

    Geist (altgriechisch πνεῦμα pneuma, altgriechisch νοῦς nous und auch altgriechisch ψυχή psyche, lat. spiritus, mens, animus bzw. anima, hebr. ruach und arab. rūh, engl. mind, spirit, franz. esprit) ist ein uneinheitlich verwendeter Begriff der Philosophie, Theologie, Psychologie und Alltagssprache. ...

    Interessantes Detail: Im Griechischen steht 'pneuma' sowohl für Geist, als auch für Atem. Man muss also nur den Atem beobachten, um dem Geist auf der Spur zu sein ;)

  • Mit religiösen Vorstellungen von einer Seele bis hin zu Jenseitserwartungen verknüpft, umfasst „Geist“ die oft als spirituell bezeichneten Annahmen einer nicht an den leiblichen Körper gebundenen, nur auf ihn einwirkenden reinen oder absoluten, transpersonalen oder gar transzendenten Geistigkeit, die als von Gott geschaffen oder ihm gleich oder wesensgleich, wenn nicht sogar mit ihm identisch gedacht wird. Heiliger Geist wird in der christlichen Vorstellungswelt dagegen der „Geist Gottes“ genannt, der als Person der göttlichen Dreieinigkeit verstanden wird.

    Ich habe den zu erreichenden Geisteszustand in der Zen-Meditation ähnlich verstanden, wie es hier im Wiki Artikel dargestellt wird. Als transpersonal oder auch transzendent.

    Wobei man das umstrittende "göttliche" ja außen vor lassen kann.

    Man kann sich dann als reinen Geist oder reinem Bewusstsein (ohne Gedanken) als Essenz des Geistes/Bewusstsein verbleibene Art von Präsenz betrachten.

    Schwer zu erklären.

    Liebe Grüße Schneelöwin


    Ein Geist, der an eine Idee gebunden ist, an ein Konzept, an eine Wertvorstellung macht Handlung immer korrupt. Wenn man an einen Glauben gebunden ist, wird die eigene Handlungsweise glaubensgemäß und daher korrupt sein. Wenn man nach seinem eigenen Erfahrungswissen handelt, wird die Begrenztheit des Wissens die Handlung immer korrupt sein lassen.

    Jiddu Krishnamurti




  • Interessantes Detail: Im Griechischen steht 'pneuma' sowohl für Geist, als auch für Atem. Man muss also nur den Atem beobachten, um dem Geist auf der Spur zu sein ;)



    Das kann man verschieden sehn. Wiki weißt ja im Pneuma-Artikel auch auf die Ähnlichkeit zum Konzept des Qi hin. Also ein eher energetisches Prinzip. Etwas, was funktioniert, aber eben keine Bewusstheit braucht. Im Daoismus (aber dann wirds ja noch komplizierter) leert man den Herz-Geist und kehrt zurück zum Qi, das Qi wartet leer auf die Dinge. Qi wäre da ursprünglicher als Geist (was für mich mehr ein Überbegriff für verschiedene Funktionen ist, kein Ding an sich). Es ist aber insofern interessant, weil Zen aus meiner Sicht Anschluß an beide Traditionen (die buddhistische und die daoistische) hat, aber das ist sicher umstritten.

    Aber sicher hat Atem auch Anschluss an die Prana und Atemseele. (Atman klingt zumal fast wie Atem).

    Zum Thema plötzliches vs. allmähliches Erwachen siehe auch: Zum Disput über allmähliche und plötzliche Erleuchtung (nimmt u.a. auch auf den Meinert-Artikel Bezug).

    Zitat

    In der Bodhidharma zugeschriebenen „Abhandlung über die zwei Eintritte und vier Übungen“ (Erru sixing lun) werden der Eintritt durchs Prinzip (liru) und durch Übungen (xingru) aufgeführt, also die unmittelbare Erkenntnis der Buddha-Natur gegenüber der Praxis im Alltagsleben, zwei Methoden, die später von Hong-ren bzw. von Shen-hsiu aufgenommen wurden. In der Hong-ren, also der Nordschule, zugeschriebenen „Abhandlung über die Essenz des Kultivierens des Geistes“ (Xiuxin yaolun) spielt – im Gegensatz zum von der Südschule überlieferten Erleuchtungsvers Shen-hsius vom Polieren des Spiegels – nicht das Beseitigen von Hindernissen des Geistes die entscheidende Rolle, sondern dessen eigentliche Strahlkraft.

  • Ich habe den zu erreichenden Geisteszustand in der Zen-Meditation ähnlich verstanden, wie es hier im Wiki Artikel dargestellt wird. Als transpersonal oder auch transzendent.

    Wobei man das umstrittende "göttliche" ja außen vor lassen kann.

    Man kann sich dann als reinen Geist oder reinem Bewusstsein (ohne Gedanken) als Essenz des Geistes/Bewusstsein verbleibene Art von Präsenz betrachten.

    Schwer zu erklären.


    Die Frage ist: Geht es Zen um einen besonderen Geisteszustand? (Ist Dharmata ein Geisteszustand? Ist Leerheit ein Geisteszustand?) Geht es um etwas transzendetes, wird nicht eher immer wieder zurück auf das allereinfachste verwiesen? Wenn du hungrig bist, iss. Wenn du müde bist, schlaf. Wenn du gefrühstückt hast, spül deine Schalen.
    Gibt es so etwas wie reinen Geist? Ist Geist nicht nur eine Bezeichnung von abhängig verstandenen Phänomenen?
    Ist die Idee eines reinen Geistes nicht deckungsgleich mit der Idee des Atmans?

  • wenn man Zazen und Vipassana als Meditationstechniken vergleicht, was sind die grundlegenden Merkmale dieser Methoden?

    Man kann natürlich alles mögliche miteinander vergleichen, muss sich aber dann um einen gemeinsamen Nenner bemühen. Hier wurde bereits schon gesagt, dass Zazen KEINE Meditationstechnik oder - methode sei.

    Meditation, Technik oder Methode - das könnte man als Nenner ansehen, um was zu vergleichen. Genau darin liegt aber der Unterschied von Zazen und Meditationstechniken, wie Vipassana. Zazen hat nicht diesen Nenner - das ist was wesentlich anderes als Vipassana.

    Rumsitzen wäre da evtl. das einzige Merkmal, eine Äußerlichkeit neben anderen Äußerlichkeiten.

    :zen:

  • Aber gerne! Ich dachte, meine letzten Beiträge wären auch eher konstruktiver Natur gewesen...


    Wenn die Diskussion von Details von Dir als Erstellerin speziell in Diesem Faden nicht das sind, was Du Dir vorstellst, dann mach ich mich einfach vom Acker, das will ich gerne respektieren!

    Lieber Aravind, ich bedaure es, falls ich mit zu viel Emotion gelesen und geantwortet habe. So war es keinesfalls gedacht. Will dich keinesfalls hier raushaben! Ich meinte, nur, dass die Diskussion, ob man Zazen als Ding überhaupt mit Vipassana als Ding vergleichen sollte, vom Thema wegführt, weil es halt das ist, was in dem Faden versucht wird. Also, sei so nett, mach dich nicht vom Acker. :)


    Und Leonie, das ist natürlich eine interessante Ansicht. Ich stimme nicht zu. Letztlich hat Sudhana ja schon einen ähnlichen Einwand gemacht. Ich behaupte, dass es eben Teil der Zen-Philosophie ist, zu sagen, einfach sitzen, nichts erreichen wollen. (Insb. im Soto-Zen) Das heißt aber nicht, dass einfach rumsitzen heißt, dass man Zazen macht. Die Geisteshaltung ist eine ganz andere als in vielen Vipassana-Schulen, aber ich behaupte: Was die Praktizierenden tun und besonders, was sie erreichen wollen / sollen, ist doch eng verwandt.

    S. Suzuki würde vielleicht sagen: Zu sagen, im Zazen müsse man sich anstrengen und man würde meditieren, ist falsch. Zu sagen, im Zazen müsste man sich nicht anstrengen und man würde nicht meditieren, ist auch falsch.


    Ich schrieb es bereits, ich seh diese Mentalität als philosophischen Anteil, und um überhaupt vergleichen zu können, muss man es weglassen und Zazen als Meditationstechnik zu betrachten. Dabei bleibt natürlich einiges auf der Strecke, das ist unvermeidlich bei Reduzierung und Zuspitzung.

    3 Mal editiert, zuletzt von Grashuepfer ()

  • Da muss ich mal drüber nachdenken, wie das genau ist, interessante Frage. Sicher ist: Geist ist nicht identisch mit Verstand.


    Wie würdest du Geist beschreiben und als was?

    Oh, ich meinte das gar nicht philosophisch. Nur: Geist ist ja viel mehr als nur der Verstand: Intuition, Erinnerungen, Interpretation der Wahrnehmungen, ...


    Ich dachte, der Verstand säße weder bei Vipassana noch im Zen auf dem Kissen (wenn es gut läuft :) ) .


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Hmm.. soweit ich das verstanden habe, habt ihr beide Recht :) Ich würde behaupten, beide Ansätze sollen den Verstand überwinden und direkte Erkenntnis bringen. Insofern stimme ich dir zu, Aravind.

    Ich stimme aber auch dem Daoisten zu, weil ich schon sagen würde, dass in den üblichen Vipassana-Techniken durch die Stufen, Methoden etc. mehr mit rationalem Denken gearbeitet wird. Es heißt, perfektioniere die Methode, schule deinen Geist, und so weiter. Das echt zu verwirklichen, heißt, den Verstand überwinden, aber man nutzt ihn erstmal als Mittel.

    Zen verweigert sich zu großen Teilen solchen Aussagen, Zielen und Anweisungen. Da wird der Verstand eher so lange frustriert, bis man aufgibt und sich Erkenntnis einstellt.


    Weiß nicht, ob das für euch Sinn macht. Vermutlich seht ihr es als zu zugespitzt.

  • Hmm. Wie sollte man es denn formulieren? Natürlich meinte ich darüber-hinausgehen (hab mir tatsächlich "transzendieren" verkniffen) und nicht "hergeben" :)

    Ausgehend davon, dass man ja normalerweise großteils mit dem Verstand die Welt um sich herum wahrnimmt. Durch die Verwirklichung des Pfades sollte man ja dann darüber hinausgehen, bzw. hinausschauen.

  • Ich hoffe, dass nicht der Verstand überwunden wird, sondern nur das Festklammern. Ich bin zu jung für Demenz.

    :like::like::like::):):)

    Keine Angst, ist ja auf bestimmte, willentlich herbei geführte Zustände begrenzt. Sonst reicht Achtsamkeit.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Hmm.. soweit ich das verstanden habe, habt ihr beide Recht :) Ich würde behaupten, beide Ansätze sollen den Verstand überwinden und direkte Erkenntnis bringen. Insofern stimme ich dir zu, Aravind.

    Ich stimme aber auch dem Daoisten zu, weil ich schon sagen würde, dass in den üblichen Vipassana-Techniken durch die Stufen, Methoden etc. mehr mit rationalem Denken gearbeitet wird. Es heißt, perfektioniere die Methode, schule deinen Geist, und so weiter. Das echt zu verwirklichen, heißt, den Verstand überwinden, aber man nutzt ihn erstmal als Mittel.

    Zen verweigert sich zu großen Teilen solchen Aussagen, Zielen und Anweisungen. Da wird der Verstand eher so lange frustriert, bis man aufgibt und sich Erkenntnis einstellt.


    Weiß nicht, ob das für euch Sinn macht. Vermutlich seht ihr es als zu zugespitzt.

    Nee, kann ich voll zustimmen.

    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Was mich interessieren würde (ganz ehrlich, um mir selbst über einige Sachen klar zu werden):


    Glaubt Ihr, als Vertreter unterschiedlicher Schulen und damit 'Techniken' (Zazen und Vipassana), das gleiche Ziel anzustreben?


    Glaubt Ihr, dass es einen einheitlichen 'Buddhismus' gibt, der mit unterschiedlichen Methoden das gleiche Ziel anstrebt?


    Glaubt Ihr, dass sich irgendwann einmal die Ziele differenziert haben und deshalb auch die Methoden?

  • Und Leonie, das ist natürlich eine interessante Ansicht. Ich stimme nicht zu. Letztlich hat Sudhana ja schon einen ähnlichen Einwand gemacht. Ich behaupte, dass es eben Teil der Zen-Philosophie ist, zu sagen, einfach sitzen, nichts erreichen wollen. (Insb. im Soto-Zen)



    Sicher hat es mehrere Aspekte. Zum einen ein rein philosophischer: Der Glaube, daß das Nicht-Bedingte durch Bedingungen erreicht wird, hat für mich etwas unlogisches. (aus meiner Sicht ein Punkt, der besonders im Shin dann existentiell stark gemacht wird).
    Zum zweiten: Wenn ich etwas erreichen will, ist eben dieser Eigenwille, der dafür sorgt, daß ich es nicht erreichen kann. (Ein Ich will ist immer letzlich ein Akt des Ichs).
    Zum dritten: Die Ausrichtung: Ein Ziel ist etwas, was in einer imaginären Zukunft erreicht wird, das Zen ist aber eher auf das Jetzt ausgerichtet.
    zum vierten: Man kann hinterfragen, ob Nirvana und Leere ein Ziel sein kann. Auch Wu Wei (jemand übersetzte es einmal mit nichtwillentliches Leben, das meint ja eben Ziellosigkeit) und Absichtslosigkeit scheint im Zen eine gewissen Bedeutung zu haben. Außerdem scheint mir ein Ziel immer mit der Vorstellung des Ichs zu tun zu haben. Daher im Seon immer die Frage: Wer will, wer praktiziert, wer rezitiert?

    Zitat

    Beim Lernen wächst jeder Tag um Tag, beim Üben des Weges
    schrumpft er Tag für Tag. Es mindernd und immer mehr mindernd, gelangt einer
    schließlich zum Nicht-Handeln.



    Wuzhu/Laozi

    Zitat

    Absichtslosigkeit ist der Weg, Nicht-Besinnen ist Chan.
    Weder ergriffen noch abgewiesen, kommen die Dinge an und sind doch nicht
    erzeugt.



    Wuzhu

    zum fünften: Aus meiner Sicht etwas pragmatisches (vielleicht ähnlich Punkt 2): Will ich etwas mit dem Sitzen erreichen, dann ist es nicht stimmig. Sitz ich einfach so, so ist da einfach Sitzen. Es ist stimmiger. Da ist es eben nicht nur ein Spruch, sondern erfahrbare Realität.

    Hmm. Wie sollte man es denn formulieren? Natürlich meinte ich darüber-hinausgehen (hab mir tatsächlich "transzendieren" verkniffen) und nicht "hergeben" :)

    Ausgehend davon, dass man ja normalerweise großteils mit dem Verstand die Welt um sich herum wahrnimmt. Durch die Verwirklichung des Pfades sollte man ja dann darüber hinausgehen, bzw. hinausschauen.

    Es ist die Frage: Ist ein darüber hinausgehen? (Das Herzsutra würde sagen ja). Oder ist es ein zurückkehren zum Einfachen, Natürlichen, Leeren. (Das klingt zu sehr nach Daoismus). Die Frage wäre: Ist es ein Überschreiten: Ich erlange einen Megageist, ein transzendentales, oder ist es vielleicht ein Zurückkehren zu Intuition, zum Leeren etc. Mehr ein Loslassen als ein Erlangen. Mehr ein Anverlieren als ein Ansammeln. ;)
    Eine andere Frage wär: Wie sehr muß ich mich bemühen (die Jiriki/tariki-Diskussion zwischen Zen und Shin). Da denk ich auch, daß es da im Zen verschiedene Ansätze gibt, einerseits die Praxis als Kampf auf Leben und Tod, andererseits ein "Sei weich in deiner Übung. Lass dich ergreifen" (leicht abgewandelt von Shengyan).


    Ich sage auch ungerne "transzendieren", das klingt immer nach zaubern, aber im Sinne von "durchlässig" passt es imho schon irgendwie.

    Ja durchlässig ist wesentlich treffender aus meiner Sicht. Im Kegon-Buddhismus gibt es so die Vorstellung, das alles alles durchdringt.

  • Das sind natürlich sehr gute Fragen, Axel. Meine Position dazu:

    1) Letzten Endes ja - Ziel ist immer das Verwirklichen der vier edlen Wahrheiten. Aber was die Formulierungen und Methoden angeht, gibts natürlich enorme Unterschiede.

    2) Weiß nicht, was du damit meinst. Wenn es unterschiedliche Methoden gibt, dann ist der Budddhismus ja nicht mehr einheitlich.

    3) Ich würd nicht so sehr die Ziele in den Mittelpunkt stellen. Der Buddhismus hat verschiedene Länder und Zeitalter durchschritten, und sich in verschiedener Weise entwickelt.

    Ich konnte mir nur das Kommentar nicht verkneifen, weil es manche wirklich glauben, dass man dann ein Zombie ist, wo sämtliche Funktionen lahm gelegt sind.

    Es ist verflixt mit der Sprache :D. Ja, genauso, wie mit der Kultivierung von Gleichmut / Nicht-Reaktivität nicht gemeint ist, dass man völlig unpolitisch wird und alle Ungerechtigkeiten geschehen lässt.

    (Nachtrag: Für manche Menschen ist das schon die Konsequenz, und das ist dann ihre Entscheidung. Aber ich sage, das ist keineswegs die einzige mögliche Konsequenz)


    Es ist die Frage: Ist ein darüber hinausgehen? (Das Herzsutra würde sagen ja). Oder ist es ein zurückkehren zum Einfachen, Natürlichen, Leeren. (Das klingt zu sehr nach Daoismus). Die Frage wäre: Ist es ein Überschreiten: Ich erlange einen Megageist, ein transzendentales, oder ist es vielleicht ein Zurückkehren zu Intuition, zum Leeren etc. Mehr ein Loslassen als ein Erlangen. Mehr ein Anverlieren als ein Ansammeln.

    Meine Privatmeinung dazu ist: Das sind verschiedene Ideen, Worte, Konzepte. Sozusagen, verschiedene Boote um den Fluss zu überqueren. Aber sie überqueren alle den selben Fluss, und landen alle auf der selben Insel.


  • Schlaue Fragen. Aber ich weiß nicht mal, ob sie alle unter Nirvana das selbe verstehn. Oder ob irgendjemand überhaupt was darunter versteht.
    Vielleicht ist auch das Was tue ich? weniger wichtig wie das Wie tu ich es?. Vielleicht nicht mal das.

    Aber mir fällt da ein Text von Ram Tzu (das alter Ego von Wayne Liquorman) ein:

    Zitat

    Du meinst der Weg
    wäre ein beschwerliches Klettern,
    immer bergauf.

    Du räumst ein, dass es vielleicht
    viele Wege gibt.
    Aber du bist sicher,
    alle haben das gleiche
    erhabene Ziel.

    Ram Tzu weiß dies...

    Es gibt viele Wege.

    Wie Ströme fließen sie mühelos
    (obwohl nicht unbedingt schmerzlos)
    den Berg hinunter.

    Alle verschwinden im Wüstensand unten.



    Noch zwei Sachen, die mir bei dem Thema immer einfallen. Eine ist eine Übersetzung (von 100 möglichen) von Laozi 1 (Hat aber nix mit Buddhismus zu tun - ist eher für Axel):
    "Der Weg, den man zur Methode machen kann (oder auch: den man wegen kann), ist nicht der natürliche (sich stetig verändernde) Weg."
    In eine ähnliche Richtung scheint mir der Grundkoan von Hisamatsu (Zenmeister und philosophisch in der Kyoto-Schule zu Hause) zu gehen:
    "Wenn alles was du tust, nichts tut (nicht funktioniert), was tust du dann?"
    Und vielleicht noch was ganz Böses von dem Anti-Guru schlechthin, U.G. Krishnamurti:
    Erwachen (Kalamität) geschah nicht wegen, sondern trotz Meditation.


    Meine Privatmeinung dazu ist: Das sind verschiedene Ideen, Worte, Konzepte. Sozusagen, verschiedene Boote um den Fluss zu überqueren. Aber sie überqueren alle den selben Fluss, und landen alle auf der selben Insel.

    Vielleicht ist das ja im Buddhismus so. Es gäbe aber auch die Variante, den Fluß nicht zu überqueren, sondern sich im Fluß treiben zu lassen. Sicher kann man auch am Ufer bleiben und sich sonnen (Ich denk da an Dionysos in der Tonne). Es ist also nicht alternativlos. (Oder vielleicht doch. Mehrere Wege lassen sich nur selten gleichzeitig gehn).

  • Kurz zur Kegon-Sicht (weil ich faul bin, gibts nur Wiki-Kram):

    Zitat

    Im Avatamsaka Sutra steht: Die Buddhas erkennen mit ihrer Weisheit, daß der ganze Kosmos der Seienden ohne Ausnahme so wie das große „Netz im Indra-Palaste“ ist, so dass alle Seienden wie die Edelsteine an jedem Knoten des „Indra-Netzes“ untereinander unendlich und unerschöpflich ihre Bilder und die Bilder der Bilder u.s.f. in sich spiegeln. (Buch 28, Das Buch von der Wunderbarkeit des Buddha)

    Dieses Prinzip drückt die Sichtweise des buddhistischen Holismus aus. Jeder Gegenstand und jedes Lebewesen existiert nicht isoliert für sich, sondern ist mit allen anderen verbunden und ist selbst in jedem anderen Teil enthalten. Alles ist gegenseitig durchdrungen. Die Kurzform dieses Prinzips lautet: Alles in Einem – Eines in Allem

    Zitat

    Dharma-Dhatu

    Die Theorie der universellen Ursache (Dharma-Dhatu-Pratitya-Samutpada) ist der Kern des Avatamsaka-Sutra. Diese Theorie geht von der perfekten Harmonie und gegenseitigen Abhängigkeit der materiellen und der immateriellen Welt aus. Geist und Materie sind Eins und bedingen einander in unendlicher wechselseitiger Abhängigkeit. Das Symbol dieses Universums ist der Vairocana-Buddha. Diese Realität des ungeteilten Universums wird Bhutatathata genannt und in vier Stufen eingeteilt:

    • Dharma-Dhatu der phänomenalen Welt: unsere Welt, deren Phänomene in gegenseitiger Abhängigkeit entstehen und vergehen (Samsara).
    • Dharma-Dhatu des herrschenden Prinzips: die Welt in der es keine Unterscheidungen gibt und daher nicht mehr entsteht oder vergeht. Dies ist die Welt des Bewusstseins, das keinerlei Anhaftungen an die materielle oder immaterielle Welt kennt. Dies ist die Welt der Madhyama-Shunyata: die Welt der absoluten Gleichheit.
    • Dharma-Dhatu der ungehinderten phänomenalen Welt: Welten der Unterscheidung und Welten der Nichtunterscheidung hängen dennoch von Ursache und Wirkung ab. Sie ändern und bewegen sich ständig, sind aber nur Phänomene der Natur. Dies nennt man Tathagata-Garba, die Welt ohne Hindernisse.
    • Dharma-Dhatu des ungehinderten herrschenden Prinzips: der reine Körper des Universums hat keine Form und keine Grenzen und kein individuelles Bewusstsein. Er durchdringt alles, jeden Zustand und jede Form. Daher ist jeder Aspekt in unserem Universum nichts anderes als eine ungeteilte Wesenheit. Alles ist in Einem, Eines ist in Allem. Dies ist die Welt des Avatamsaka-Sutra, in der vollkommene Gleichheit und Unterschiedslosigkeit herrscht.
    Zitat

    Zentrale Lehren der Kegon-shū betreffen das Konzept der Gesamtheit alles Seienden. So sei alles mit allem verschränkt (事々無礙, jiji muge):
    Jeder Teil der Welt ändert somit den gesamten Rest der Welt, wenn er
    sich selbst ändert. Diesem entspricht eine vierfache Aufteilung der hokkai (Welten der Dharma)

    1. Ji hokkai (Dharmawelt der Phänomene): der gewöhnliche Standpunkt, alle einzelnen Erscheinungen werden als jeweils substantiell vorgestellt.
    2. Ri hokkai (Dharmawelt der Universalen Wahrheit): der intuitive Standpunkt, die Grundlage des gesamten Seins wird als leer vorgestellt.
    3. Riji muge hokkai (Dharmawelt der Einheit der Phänomene mit der Universalen Wahrheit): der erleuchtete Standpunkt, die Leerheit wird als identisch mit den einzelnen Erscheinungen vorgestellt.
    4. Jiji muge hokkai (Dharmawelt der Einheit von Phänomen und Phänomen): der tiefgründige Kegon-Standpunkt, alle einzelnen Erscheinungen sind nicht nur identisch mit der Leerheit (und damit mit der Gesamtheit des tathatā), sondern auch jeweils mit allen anderen einzelnen Erscheinungen.
  • Zum zweiten Punkt:


    Unterschiedliche Methoden gibt es ja zweifellos (z.B. Zazen und Vipassana). Meine Frage war ja, ob diese unterschiedlichen Methoden auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen und deshalb die 'Einheit' des Buddhismus nicht auch eine fromme Illusion sein könnte, die vergleichbar ist mit den drei abrahamitischen Religionen, die eine gemeinsame Wurzel haben und viel Vokabular teilen, aber kaum noch als verschiedene Ausprägungen einer Religion verstanden werden können. Für mich wäre das eine bessere Erklärung für das ständige Aneinandervorbeireden als dafür Bosheit, Engstirnigkeit usw. verantwortlich zu machen.

  • Man braucht gar nicht so viel in Zazen hineinzugeheimnissen. Zu Vipassana als Technik kann ich mich nicht aus eigener Erfahrung äußern. Um Zazen wie eine 'Technik' (was es eben nicht ist) für Außenstehende verständlich zu machen, hilft vielleicht noch em ehesten die Metapher vom Schauen in den eigenen Geist (und eben nicht auf Objekte des Geistes). Aber das reduziert es gleichzeitig auch zur Unkenntlichkeit. Zazen ist der zentrale ruhende Pol, aus dem die (Zen-)Übung fließt und eben daher von der Übung nicht zu trennen ist - und für den Übenden ist diese Übung sein Leben und nicht etwas in seinem Leben.


    Zitat

    Mit ausgeglichenem Geist - warum sich um Gelüde kümmern?

    Mit aufrechter Übung - warum meditieren?


    Um Dankbarkeit zu üben - sei freundlich zu deinen Eltern.

    Um Gerechtigkeit zu üben - hab Mitgefühl mit Anderen, hoch oder niedrig.

    Um Nachgiebigkeit zu üben - seiest du ehrwürdig oder niedrig, lebe in Harmonie.

    Um Nachsicht zu üben, spricht nicht über Fehler Anderer.


    Wenn das Reiben von Holz Feuer erzeugen kann,

    dann wird sicher auch der rote Lotus dem Schlamm entspringen.

    Was bitter schmeckt, ist wirksame Kur,

    was am Ohr kratzt ehrlicher Rat.


    Verbessere deine Fehler und lass Weisheit aufsteigen,

    verteidige deine Mängel und dir fehlt der Geist eines Weisen.

    Täglich ununterbrochen übend, Anderen zu nutzen -

    ein Buddha wird man nicht durch Spenden.


    Erwachen wird im Geist gefunden -

    warum nach dem Außergewöhnlichen dort draußen schauen?

    Höre, was ich gerade sagte und wende es an -

    Amidas Westen liegt vor deinen Augen.


    Huineng, die 'formlose Gatha' im Prajña-Abschnitt des Fa Bao Tan Jing

    _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Nach meiner Forumsbeobachtung hängt es (zumindest im Forum) auch davon ab wie lange man schon praktiziert und wie gut man durchsieht - auch in seiner eigenen Richtung. Also am Anfang kamen mir die Unterschiede grösser vor. Das ist sicher nicht der einzige Grund, aber ich glaube das kommt mit dazu.



    Ich habe aber auch Unterschiede bei den Methoden gemerkt. Als ich am Anfang Atemmeditation gemacht habe und Metta, da wurde es zwar ruhig und ich hatte auch irgendwelche Erkenntnisse über manche Vorgänge, aber als ich dann die Etikettiermethode probiert habe, hat sich erst ab dann eine Art Registrierautomatismus entwickelt. Also bei mir machte die Methode schon einen Unterschied aus.

    Spock

    Dein erster Absatz ist Teil der Fragen, die ich mir stelle:

    Ich erkenne immer mehr Gemeinsamkeiten zwischen Menschen, die eine bestimmte 'Stufe' erreicht haben, egal, ob es der buddhistisch Meditierende, die Oma mit dem Rosenkranz oder der säkulare Weise ist. Umgekehrt können alle auch A....löcher sein...


    Jetzt frage ich mich natürlich, wo bei allen die Gemeinsamkeit ist, da sie ja meiner Beobachtung nach nicht in der richtigen Lehre oder Methode zu liegen scheint.

  • Ja, da stimme ich dir zu, Sudhana. Mehr als einen ganz überblickshaften Vergleich, ein grobes Umreißen kann man von so einer Fragestellung nicht erwarten. Man sieht ja auch an den vielen interessanten Beiträgen, wie viel Skepsis allein der Versuch auslöst.


    Keine Frage - nur im Praktizieren einer Methode kann man wirklich erahnen, wie sie sich auf einen auswirkt, wie sie sich "anfühlt". Und, davon bin ich zutiefst überzeugt: eine motivierte Praxis, eine gute Anleitung, idealerweise durch eine präsente Lehrperson, und dann wird es auch laufen - ob Zen oder Vipassana, ist dann relativ egal. Was natürlich nicht heißen soll, dass es das Gleiche ist, nur, dass es jetzt für die wenigsten so sein dürfte, dass nur eine von beiden Methoden in Frage kommt. Sind beides gute Wege. Ich hoffe, ihr versteht, was ich meine. Ich hoffe, ich verstehe, was ich meine.


    Meine Frage war ja, ob diese unterschiedlichen Methoden auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen und deshalb die 'Einheit' des Buddhismus nicht auch eine fromme Illusion sein könnte

    Öhm... ich kann mit der Idee einer "Einheit des Buddhismus" ehrlich gesagt nicht wirklich was anfangen, zu groß ist die Vielfalt an Methoden und Wegen. "Die Tore des Dharma sind zahllos. Ich gelobe, sie alle zu durchschreiten."

  • Öhm... ich kann mit der Idee einer "Einheit des Buddhismus" ehrlich gesagt nicht wirklich was anfangen, zu groß ist die Vielfalt an Methoden und Wegen. "Die Tore des Dharma sind zahllos. Ich gelobe, sie alle zu durchschreiten."

    Ach, vergiss' mal so grosse Worte wie 'Einheit des Buddhismus'. Gibt es überhaupt 'Buddhismus' oder handelt es sich dabei nicht inzwischen um viele unterschiedliche Wege, die ein ähnliches Vokabular benutzen, aber eigentlich nicht mehr gemeinsam haben als die Aleviten, die Baha'i und die Zeugen Jehovas?


    Bitte versteh(t)' mich nicht falsch: Es geht mir nicht darum, hier irgendwas schlecht zu machen oder 'am Buddhismus rumzukritisieren', eher im Gegenteil. Ich erlebe hier seit zehn Jahren zutiefst sympathische Leute, die sich alle als Buddhisten bezeichnen, aber dreihundert Posts darüber austauschen, ob 'Banane' jetzt ein Konzept ist, im Geist entsteht, was dieser Geist ist und was überhaupt mit 'Banane' gemeint ist. Irgendwie muss ich immer an Heidegger denken, der über Erkenntnistheorie mal gesagt hat, da werde ständig das Messer gewetzt, ohne je zu schneiden...

  • Danke @mkha', Dich z.B. meine ich mit diesen 'zutiefst sympathischen Menschen', aber ich tue mich inzwischen z.B. sehr schwer mit dieser Trennung zwischen 'innen' und 'aussen'.

  • Ich denke das haben Begriffe so an sich und wir könnten auch über Angelköder reden. Ich kann mir einen schriftlichen Austausch ohne Vergleiche nicht vorstellen.

    Natürlich, Spock, aber da wir nicht über Angelköder, Maggi und Auslegeware reden, sollten wir uns über die Begrenztheit der Sprache klar sein (Laozi 1). Das scheint mir nicht immer der Fall zu sein.

  • ... aber ich tue mich inzwischen z.B. sehr schwer mit dieser Trennung zwischen 'innen' und 'aussen'.

    ... dann gehe ich einfach mal davon aus, dass Dir die Bedeutung des Begriffs Leerheit geläufig ist, ... und somit ganz gewiss auch die Anwendung derselben in Bezug auf Deine Aussage. ;)


    ...........

    Gate, gate, paragte, parasamgate, bodhi, svaha. :rad:

    Ach, meine liebe @mkha'...

    Natürlich ist es mir klar, dass sich innen und aussen bedingen, und natürlich ist mir klar, wie lächerlich es letztendlich ist, anderen ein mangelndes Verständnis dessen vorzuwerfen. Aber es bleibt doch immrr ein 'trotzdem'...