Hallo liebe Mitbuddhisten,
ich möchte diejenigen unter euch, die den Weg schon ein Stück gegangen sind, fragen, ob ich denn in die richtige Richtung gehe. Dazu möchte ich euch kurz das letzte Jahr meines Lebens beschreiben, da ich im letzten Dezember auf den Buddhismus gestoßen bin und ich finde, dass das ein guter Zeitpunkt ist, um das Jahr Revue passieren zu lassen.
Dieses Jahr könnte vom weltlichen Standpunkt aus nicht besser laufen. Ich habe mein Studium mit Sehr Gut abgeschlossen, habe mit einer einzigen Bewerbung einen tollen Job gefunden und ziehe demnächst mit meiner Partnerin in eine schicke Wohnung. Mein "Ich" vor einem Jahr (Prä-Buddhimus Ära) hätte sich darüber vielleicht noch gefreut, aber meinem aktuellen "Ich" ist das alles fast schon egal. Das aktuelle "Ich" sieht das alles, zuckt mit der Schulter und meint "ich sterb ja sowieso". Versteht mich nicht falsch, das sind keine Depressionen, eher eine Gleichgültigkeit. Als mein Computer kaputt gegangen ist war mir das ähnlich egal, das "wäre ja sowieso irgendwann passiert". Und genau diese Einstellung frustriert mich! Ich kann mich für nichts mehr begeistern. Das Essen ist fad, weil es weder gut noch schlecht schmeckt, kein Computerspiel kann mich mehr fesseln und staunen lassen und selbst einen tollen Sonnenaufgang quittiere ich mit "sehen....sehen....sehen....". Wann kommt denn das weise buddhismus typische Lächeln, dass ich immer an den Mönchen sehe?
Ich werde nun sehr viel seltener aggressiv und bin allgemein viel ruhiger geworden, meint meine Freundin. "Ganz daneben wirst du dann ja wohl auch nicht liegen", meint mein Verstand. Der folgende Gedanke ist dann: "Moment mal. Bist du eigentlich wirklich ruhige geworden oder hast du nur riesige Angst davor, dass das eines Tages auf dich zurückfällt?"
Der Zweifel wird immer größer. Sollte das nicht genau andersherum sein?
Ich verstehe immer besser wie die Dinge laufen. Ich beobachte Gefühle, wie sie kommen und gehen, selbst der Zweifel und die Angst. Ich zerlege den Bussitz in seine Bestandteile und sehe den Sitz plötzlich gar nicht mehr. Ich habe eine gute Vorstellung davon, was Meditation ist. Ich erreiche auch teilweise ganz angenehme Zustände, die mich tatsächlich zum Lächeln bringen, auch wenn ich nicht verstehe, warum. Einen Meilenstein, wie etwa ein Jana, vermisse ich bis heute. "Du übst jetzt schon ein ganzes Jahr lang. Hast du dich wirklich genug bemüht, das Jana nicht zu wollen, damit du das Jana erreichst? Meditierst du überhaupt genug?"
Ich erlebe hier täglich einen Kampf zwischen meiner "denkenden" Seite und der Seite, die loslassen will von dieser kaputten Welt. Leider habe ich das Gefühl, dass ich immer mehr Dinge freilege, die ich überhaupt nicht sehen will.
Soll ich vor oder zurück?