Nicht-Ich und Wiedergeburt

  • nicht einmal die grundlegendsten Begriffe sind geklärt


    Was gibt's daran zu lachen? Das ist doch was völlig Gewöhnliches. In welche anderer Philosophie oder Wissenschaft sind die grundlegendsten Begriffe denn eindeutig geklärt?

    :rainbow:

  • Was gibt's daran zu lachen? Das ist doch was völlig Gewöhnliches. In welche anderer Philosophie oder Wissenschaft sind die grundlegendsten Begriffe denn eindeutig geklärt?

    Naja ... in der Wissenschaft sind Begriffe schon recht eindeutig. 1 + 1 = 2


    Aber wenn man in einer Lehre wie dem Buddhismus noch drüber streitet, ob es so etwas wie ein "Ich" oder "Selbst", welches ja irgendwie die Grundlage des Ganzen ist überhaupt gibt ... oder wenn nach der Erlösung aus dem Rad der Wiedergeburten gestrebt wird und auf der anderen Seite gar nicht klar scheint, ob es eine Instanz gibt, die den Tod überdauert um sich wieder zu inkarnieren ... dann ist das schon ein bisschen zum Schmunzeln ...

  • "Ego" und "Wiedergeburt" gehören zu den kniffligsten Begriffen überhaupt. Es ist ja auch zum Teil mehr Philosophie als Wissenschaft. Frag mal einen Philosophen, was "das Gute" oder "das Seiende" sind - da geht's genauso ab.

  • Frag mal einen Philosophen, was "das Gute" oder "das Seiende" sind - da geht's genauso ab.

    Davon bin ich überzeugt :) ... die Philosophie hab ich schon immer als eine eher unklare Disziplin verstanden. Mir war nicht bewusst, dass es sich beim Buddhismus ähnlich verhält ...

  • Wenn man über Wiedergeburt spricht, dann ist man halt eher im philosophischen Bereich. Es ist nichts ,das man mal schnell erforschen und klar definieren kann.

  • Naja ... in der Wissenschaft sind Begriffe schon recht eindeutig. 1 + 1 = 2


    Das habe ich mir gedacht. (Wirklich) Da kommt ein Beispiel aus der Mathematik. Eine Wissenschaft a priori, die auf Definitionen beruht.

    1+1=2 braucht man nicht zu klären, sondern das wird definiert.


    Ich habe nach einem Begriff aus den Wissenschaften gefragt, der von Wissenschaftlern erklärt wird.

    Lass doch erst mal die Mathematik und rein logische Grundsätze weg. Denn diese beiden Wissenschaften betreffen nur das Formale, nicht den Inhalt der Realität.

    :rainbow:

  • Das habe ich mir gedacht. (Wirklich) Da kommt ein Beispiel aus der Mathematik. Eine Wissenschaft a priori, die auf Definitionen beruht.

    Hmmm ... ok ... evtl. ein nicht so gutes Beispiel. Aber wenn Buddhisten über das Beenden des Karmas reden und gleichzeitig die Existenz einer fortdauernden Seele negieren, die die ganze Nummer ja erst mit Sinn erfüllt ... dann ist das so, als ob der Arzt meinen Schnupfen mit Antibiotika behandelt, aber gleichzeitig die Existenz von Bakterien in Frage stellt. Oder noch besser - in Frage stellt, ob ich überhaupt einen Schnupfen habe (das Medikament aber trotzdem verschreibt). Macht das Sinn?

  • Wenn man davon spricht, dass das Ich nicht existiert, dann ist damit gemeint, dass es nicht aus sich heraus vorhanden ist. Das Ich ist also eine Zusammensetzung verschiedener Dinge wie z.B. der Umstände, Erfahrungen, Erziehung, etc etc. Dementsprechend unterliegt es auch einem stetigen Wandel. Um das auf die Schnupfen-Sache zu übertragen:

    Die Bakterien sind auch durch verschiedene Umstände entstanden und durch weitere Umstände hat man überhaupt dann erst den Schnupfen bekommen (z.B. kalte, feuchte Umgebung und man hat im Bus am Morgen etwas zu viel mit den anderen Pendlern gekuschelt). Die Medikamente helfen, da sie die Umstände verändern.

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  • Das Ich ist also eine Zusammensetzung verschiedener Dinge wie z.B. der Umstände, Erfahrungen, Erziehung, etc etc. Dementsprechend unterliegt es auch einem stetigen Wandel. Um das auf die Schnupfen-Sache zu übertragen:

    Dann überdauert es aber ganz sicher nicht den Tod (das Ende der erfahrenden Struktur) und muss daher auch nicht von irgendeiner Wiedergeburt erlöst werden ... oder? Macht alles keinen Sinn ...

  • Apropos Mathematik . Zu Zeiten Buddhas kannte man wohl noch keine "Null". Die taucht das erste mal nur 100 Jahre nach Buddha auf... ausgerechnet in Indien. Ich will damit nicht sagen, dass Buddha die 0 erfunden hat. Aber es könnte doch durch aus sein, dass seine Lehre Gelehrte dazu inspiriert hat, die 0 in die damaligen Rechensysteme aufzunehmen. Es zeigt auch, wie revolutionär die Anatta Lehre seiner Zeit eigentlich war.

    die-zahl-null-ist-aelter-als-gedacht.html

  • Dann überdauert es aber ganz sicher nicht den Tod (das Ende der erfahrenden Struktur) und muss daher auch nicht von irgendeiner Wiedergeburt erlöst werden ... oder? Macht alles keinen Sinn ...

    Das ist eine sehr komplizierte Sache, das wirklich ausklamüsern zu wollen. Es gibt verschiedene Positionen innerhalb des Buddhismus.


    Wenn du "ich" sagst, meinst du wohl eher Seele.


    Der traditionelle Buddhismus lehrt, dass es keine unsterbliche Seele gibt, welche wiedergeboren wird. Es gibt aber das sog. bedingte Entstehen, sprich, die Verkettung von Ursachen und Auswirkungen. Man spricht manchmal vom "Kontinualnexus" - es bedeutet, dass es eben gewisse Dynamiken gibt, die sich über mehrere Geburten hinweg erstrecken können.


    Aber, ja. Die Hindus glauben eben an die unsterbliche Seele, und mit so einer Idee im Hinterkopf ist eine Wiedergeburt natürlich sehr viel einfacher zu erklären. Der tibetische Buddhismus hat sich dem in einer gewissen Weise auch wieder angenähert, auch wenn man das keinesfalls gleichsetzen darf.


    Andere Strömungen wie z.B. der Zen-Buddhismus, sind da skeptischer. Manche Zenler glauben an die Wiedergeburt, manche nicht. Und viele säkulare Buddhisten wollen davon gar nichts wissen.


    So, jetzt kannst du dir was aussuchen ;)

  • @Korx, es geht bei der Begrifflichkeit Wiedergeburt nicht um die wörtliche Bedeutung, sondern um die Folgen des Wirkens. Vielleicht verdeutlicht es das hier etwas mehr:


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  • So, jetzt kannst du dir was aussuchen ;)


    Vielleicht kriegt man ja das, an was man glaubt? Wer weiß das schon ... wo doch keiner wirklich Ahnung zu haben scheint ...


    xiaojinlong


    Danke für den Beitrag ... darüber muss ich etwas nachdenken - nicht ganz einfach zu verstehen!

  • Das Ich ist also eine Zusammensetzung verschiedener Dinge wie z.B. der Umstände, Erfahrungen, Erziehung, etc etc. Dementsprechend unterliegt es auch einem stetigen Wandel. Um das auf die Schnupfen-Sache zu übertragen:

    Dann überdauert es aber ganz sicher nicht den Tod (das Ende der erfahrenden Struktur) und muss daher auch nicht von irgendeiner Wiedergeburt erlöst werden ... oder? Macht alles keinen Sinn ...

    Befreiung ist das sich befreien von dem Glauben das es irgendetwas Beständiges gibt, einschließlich Ich. Wenn das erreicht ist, erfahren das es nichts Beständiges gibt, löst sich die Frage nach Wiedergeburt in nichts auf. Wie Buddha sagt ist das eine Frage die nicht beantwortet werden kann weil keiner jemals davon berichtet hat. Buddha sagt aber auch das es besser für dein Leben sein kann das Du glaubst wieder geboren zu werden, denn dann wirst Du dein Leben so Leben das es eine glückliche Wiedergeburt werden kann. Also dich an die Sila halten wirst so gut es eben geht.


    Natürlich entspricht mein Erkennen Nicht dem Buddhismus sondern den Reden des Buddha. Mich hat das befreit von dem Festhalten an eine unbedingte Wiedergeburt. Es ist oder ist nicht, noch lebe ich.

  • Korx,


    du müsstest etwas offenen sein.

    Ein offener Geist ist nicht etwa zu denken ....wo doch keiner wirklich Ahnung zu haben scheint ... sondern: ich verstehe es noch nicht, ich möchte nun bei 0 anfangen ;)


    Dann überdauert es aber ganz sicher nicht den Tod (das Ende der erfahrenden Struktur) und muss daher auch nicht von irgendeiner Wiedergeburt erlöst werden ... oder? Macht alles keinen Sinn ...

    Vielleicht ist nicht das Verständnis was "Ich" im Buddhismus bedeutet dein Problem, sondern was der Buddha mit "Wiedergeburt" meinte.

    Das sieht auch xiaojinlong so, denke ich.


    Du hast anscheinend ein Vorurteil was Wiedergeburt sein muss. Versuch erst mal alles zu vergessen, was du bisher über Wiedergeburt gedacht hast und nähere dich diesem Thema erneut über die "Zwölf Glieder des Bedingten Entstehens".

    :rainbow:

  • Du hast anscheinend ein Vorurteil was Wiedergeburt sein muss.

    Gut möglich ... (habe eine Waldorfschule besucht :) ) ... aber auch abgesehen davon finde ich, dass das Wort Wiedergeburt etwas sehr persönliches hat. Werde das aber überdenken!

  • Bin heute etwas arg früh aufgewacht und habe mir diesen Thread zu Gemüte geführt. Musste lachen ... auch nach 2500 Jahren noch herrscht Verwirrung ... bei allen ... in allem :) ... nicht einmal die grundlegendsten Begriffe sind geklärt. Immerhin bin ich nicht alleine in meiner Unwissenheit ... ob mir das hilft, weiß ich noch nicht so genau.


    Es geht weniger um Begriffe und mehr um ein Wissen. Das kann ja vielfältig ausgedrückt und formuliert werden.


    Grundlegende Aussagen und auch Begriffe gibt es in der BuddhaLehre schon. Inwieweit man das für erklärt oder nicht erklärt befindet ist ja auch abhängig von der Wahrnehmung.

  • Der Buddhismus ist eine Lehre die erfahren werden muss.

    Da kann man noch so viel versuchen etwas zu beschreiben.

    Das ist, wie wenn man versucht, den Geschmack eines Apfels zu erklären.

    Man muss selbst reinbeissen, erleben.

  • Ich wollte noch schnell eines zum Thema Wiedergeburt loswerden (auch wenn ich davon ausgehe, dass dergleichen hier im Forum schon zig-mal diskutiert wurde). Habe jetzt bloß keine Lust, tausende von Beiträgen durchzublättern ;)


    Es gibt dazu halt verdammt viele Meinungen (und auch Erfahrungen). Von Menschen mit Nahtoderlebnissen über indianische Kulturen, die sogar mit ihren Ahnen sprechen und teilweise völlig selbstverständlich von einer persönlichen Wiedergeburt ausgehen, bis hin zu Leuten mit Drogenerfahrungen (ich rede jetzt nicht von Junkies, sondern von Pragmatikern wie Albert Hofmann, Christian Rätsch u.Ä.) oder eben auch "Geisteswissenschaftlern" wie Rudolf Steiner. Auch Stan Grof wäre hier zu nennen.

    Sogar Physiker wie Hans-Peter Duerr hatten Vorstellungen in diese Richtung (wenn auch in seinem Fall ausdrücklich unpersönlich).

    Was ich damit sagen möchte - es fällt mir sehr schwer, da die Wahrheit (so es denn eine gibt) herauszukristallisieren ohne der typisch menschlichen Überheblichkeit "ich weiß es besser!" anheim zu fallen. Und selbst die Buddhisten sind sich ja alles andere als einig, bei dem Thema.


    Schon komisch eigentlich ... nach soviel Jahrtausenden der Erforschung dieses bewegenden Themas ... null Klarheit ... null Ahnung ... von niemandem ... verrückt :)

  • Ich würde mit den vier edlen Wahrheiten beginnen und da erstmal mit numero 1. Da herrscht in der BuddhaLehre absolute Klarheit.


    Zitat

    Übet Sammlung, ihr Mönche! Der gesammelte Mönch, nämlich, ihr Mönche, erkennt die Dinge der Wirklichkeit gemäß. Und welche Dinge erkennt er der Wirklichkeit gemäß?

    ,Dies ist das Leiden’ erkennt er der Wirklichkeit gemäß. ,Dies ist die Entstehung des Leidens’, erkennt er der Wirklichkeit gemäß. ,Dies ist die Erlöschung des Leidens’, erkennt er der Wirklichkeit gemäß. ,Dies ist der zur Erlöschung des Leidens führende Pfad’, erkennt er der Wirklichkeit gemäß.

  • Naja ... in der Wissenschaft sind Begriffe schon recht eindeutig. 1 + 1 = 2

    Mathematik ist wohl die EINZIGE Wissenschaft überhaupt, die stringent logisch ist und weitestgehend ohne Interpretationen auskommt. Schon in den Naturwissenschaften wird es streckenweise schwierig mit den Begriffen und wenn Du in die Geisteswissenschaft gehst, dann ist Uneindeutigkeit von Begriffen so normal, dass man einem Text oft erstmal voranstellen muss, welche Bedeutung ein Begriff haben soll, damit er überhaupt verständlich wird. Nicht selten weichen diese Definitionen vom Alltagsverständnis der Begriffe so weit ab, dass die Texte ansonsten für Laien gar nicht mehr lesbar wären. Noch einen Schritt weiter geht es in der Philosophie, die per Definition dazu da ist, alles in Frage zu stellen, was nicht niet- und nagelfest ist - und darüber hinaus.

  • Mathematik ist wohl die EINZIGE Wissenschaft überhaupt, die stringent logisch ist und weitestgehend ohne Interpretationen auskommt. Schon in den Naturwissenschaften wird es streckenweise schwierig mit den Begriffen und wenn Du in die Geisteswissenschaft gehst, dann ist Uneindeutigkeit von Begriffen so normal,

    True ... aber Geisteswissenschaften und Religion (sofern sie nicht Erfahrungsreligion ist) finde ich sowieso recht ähnlich. In den Naturwissenschaften (nicht nur in der Mathematik) herrscht schon ziemlich viel Klarheit und Übereinstimmung. Zumindest die Grundannahmen sind überall gleich. Das kriegen Buddhismus und andere Religionen nicht hin. Das zeigt mir, dass das viele Lesen nicht taugt und nur die Erfahrung zählt.

  • Die Lehre dreht sich alles um das Beenden vom Leiden. Es haben viele versucht das Entgültige zu erforschen, aber dadurch wurden immer nur mehr Fragen aufgeworfen und man kommt damit nicht weiter. Buddha sagt, dass das Absolute nicht aufgefunden werden kann und distanziert sich damit von jeglicher Spekulation bzw. Ansicht. Das ewige Suchen hat damit ein Ende.

  • Buddha sagt, dass das Absolute nicht aufgefunden werden kann und distanziert sich damit von jeglicher Spekulation bzw. Ansicht.

    Finde ich nen absolut vernünftigen Ansatz! Schade, dass die Gefolgschaft so viel spekuliert ... aber macht halt auch manchmal Spaß :)