Alter - im Buddhismus

  • Es scheint auch ein Thema des Alter(n)s zu sein, dass man die Neigung entwickelt, bestimmte Sichtweisen, die man sich u.U. hart im Laufe seines Lebens erarbeitet hat, für die einzig richtigen zu halten und den "Jungspunden" zu oktroyieren.

    Diese bestehen allerdings, wie ich meine zu Recht, darauf, (auch) eigene Erfahrungen zu erleben.

    Mag sein, daß das vorkommt - Alter schützt bekanntlich vor Torheit nicht.

    Mir scheint es aber viel öfter so zu sein, daß im gleichen Maße, wie das Alter voranschreitet und das Verständnis der Lehre zunimmt, im Gegenzug das Geltungsbedürfnis und damit der Drang zur Rechthaberei abnimmt. Das wachsende Verständnis für den Wert der eigenen Erfahrungen der jüngeren Generation, sehe ich da eher als positiven Nebeneffekt. ;)

    Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und doch kein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)

  • Ist man als Buddhist im Alter besser dran?

    Im Kontext der religionsbezogenen Forumsabteilung "Allgemeines zum Buddhismus" muss die Antwort sicherlich lauten "ja".

    Und außerhalb dieses Kontextes?

    Wer sollte das wissen ohne sich einen anderen alternativen Kontext zurecht zu zimmern?

    mankind ... must act and reason and believe; though they are not able, by their most diligent enquiry, to satisfy themselves concerning the foundation of these operations, or to remove the objections, which may be raised against them [Hume]

  • Mir scheint es aber viel öfter so zu sein, daß im gleichen Maße, wie das Alter voranschreitet und das Verständnis der Lehre zunimmt, im Gegenzug das Geltungsbedürfnis und damit der Drang zur Rechthaberei abnimmt.

    Wenn du in deinem Umfeld diese Beobachtung machen konntest/kannst, ist das natürlich wunderbar und ein Grund zur Freude ( und Hoffnung...). :)

    Meine Aussage bezog sich auch nicht auf Buddhisten, da ich - bis zur Entdeckung des "Buddhalandes" vor 10 Monaten - kaum Kontakt zu älteren Übenden hatte, dafür umso intensiveren/persönlicheren zu älteren Christen und Agnostikern/Atheisten.


    Immerhin nahmen z.B. die "Missionierungsversuche" meiner Mutter ( 83 J., Katholikin) in den letzten Jahren deutlich ab, im höheren Alter investiert man seine Energie wohl nicht mehr in aussichtslose Projekte... :?

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Immerhin nahmen z.B. die „Missionierungsversuche" meiner Mutter ( 83 J., Katholikin) in den letzten Jahren deutlich ab, im höheren Alter investiert man seine Energie wohl nicht mehr in aussichtslose Projekte...

    Das ist aber nicht gewollt, es ist ein zurückziehen. Z.B., dass der Gott des Christentums nicht DER Gott ist, wird nicht verstanden. Man stößt auf die Grenze.


    Man muss etwas sein! Man muss dem vom anderen aufgeklebten Etikett entsprechen!!!


    Davon hat man irgendwann die Schnauze so voll, dass man aufgibt und nicht mehr über die wichtige Arbeit an den Verminderungen, des behindernden Glaubens des anderen, jedes Glaubens auch ohne Religion, mit ihm arbeiten will.

    Man muss nicht etwas sein.

    Der Glaube etwas sein zu müssen, ist das Hindernis, das die meisten Menschen überhaupt nicht erkennen. Die Etikettierenden schon gar nicht.

    Die Alten lernen das, meist schmerzhaft, nicht das man nicht etwas sein muss, sondern das es wahr ist.

    Man kann nicht mal mehr Gott sein, weil man immer Gott war und das "Gott sein oder Dasein“ nur ein Hemmschuh ist, den man Jahrelang mit sich herumgeschleppt hat. Das bring mal einem Glaubenden bei, sei er ein Religiöser oder ein Atheist.

    Das wird ganz sicher als Missionieren verstanden. Es muss ja Etwas sein.


    Zitat

    die „Missionierungsversuche" meiner Mutter ( 83 J., Katholikin) in den letzten Jahren deutlich ab,

    Mein sofortiger Gedanke beim ersten Lesen:

    Na endlich ist sie still, brauch ich nicht mehr drüber grübeln.

    Zweiter: Ich bin ja Buddhist!

  • Interessant, lieber Noreply , was du aus den wenigen Sätzen, die ich schrieb, so alles "herausholst".... :) _()_


    Zitat

    die „Missionierungsversuche" meiner Mutter ( 83 J., Katholikin) in den letzten Jahren deutlich ab,

    Mein sofortiger Gedanke beim ersten Lesen:

    Na endlich ist sie still, brauch ich nicht mehr drüber grübeln.

    Zweiter: Ich bin ja Buddhist!

    Nur zum Verständnis: Schlüpfst du hier in meine Haut und denkst als "Anna" oder würdest du als Ellviral/Helmut so empfinden, wenn jemand DICH immer "missionieren" wollte und dann damit aufhört?


    Meine Mutter war übrigens ursprünglich evangelisch und musste, zu ihrem Ärger (ihr Vater entstammte einem ev. Pfarrhaus), zum Katholizismus konvertieren, um meinen kath. Vater ehelichen zu dürfen.

    Aus einem gewissen Trotz heraus, besuchte sie aber nach der Eheschließung meistens die evangelische Kirche und brachte auch meinen Bruder und mich später im evangelischen Kinderchor unter.

    Etiketten spiel(t)en bei ihr immer eine große Rolle und erst im fortgeschrittenen Alter, identifizierte sie sich verstärkt mit der katholischen Lehre, trat für sie ein.... (: :erleichtert:


    Man muss etwas sein! Man muss dem vom anderen aufgeklebten Etikett entsprechen!!!


    Davon hat man irgendwann die Schnauze so voll, dass man aufgibt und nicht mehr über die wichtige Arbeit an den Verminderungen, des behindernden Glaubens des anderen, jedes Glaubens auch ohne Religion, mit ihm arbeiten will.

    Sprichst du hier von DIR?

    Was ist mit den Etiketten, die man sich selbst aufklebt, es liegt doch in unserer Natur, irgendwo dazugehören zu wollen?

    Und gerade im Alter hat man Angst vor Ausgrenzung....GLAUBE (im Sinne von Religion) verbindet.

    Man muss nicht etwas sein.

    Der Glaube etwas sein zu müssen, ist das Hindernis, das die meisten Menschen überhaupt nicht erkennen. Die Etikettierenden schon gar nicht.

    Die Alten lernen das, meist schmerzhaft, nicht das man nicht etwas sein muss, sondern das es wahr ist.

    Wie sollte man es auch erkennen, wenn es einem von klein auf "eingeimpft" wurde?


    Unter den Belastungen des Alters ( welches u.a. in steigendem Maße das Loslassen von Gewohntem, Liebgewonnenem erzwingt) relativiert sich vieles, das kann auch Erleichterung bedeuten und für zunehmende Gelassenheit sorgen.


    Bei manchen tritt aber auch ein gegenteiliger Effekt auf: abnehmende Toleranz, zunehmende "Sturheit", "Granteligkeit", Festhalten-Wollen (Angst)...

    Dessen müsste man sich bewusst werden, um sich besser zu fühlen, aber oft fehlen dazu der Wille, die Flexibilität und/oder die Kraft.

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • im höheren Alter investiert man seine Energie wohl nicht mehr in aussichtslose Projekte... :?

    Sicher ist es so, daß mit abnehmender Lebensenergie auch die Motivation nachläßt, sich mit solchen Fragen auseinander zu setzen aber ich denke, daß auch im höheren Alter jeder Mensch noch lernfähig ist. Ob er es tut, ist eine andere Frage und hängt wohl nicht zuletzt davon ab, inwieweit die Fähigkeit zur Selbstreflektion ausgebildet wurde. Insofern haben Nachfolger der Lehre gute Karten, würde ich meinen.

    Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und doch kein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)

  • Bei mir ist nur eine „Karte“ und die hängt aus eigenem Willen an mir. Leben will ich.

    Diese Karte hilft mir nicht nach Dingen/Objekten zu streben für die ich keine Mittel habe.

    Mittel wie. Körperliche Kraft, Geld, Energie. Oh! Intelligenz erscheint da gerade.


    Was Lernfähigkeit angeht, die ist durch finanzielle Beitrage an die Telekom abgesichert, die ich als Nahrungsmittel sehe. Wenn man Information-Verweigerer ist, wird man viel schneller, alt und gebrechlich. Da hab ich viele Menschen so vergehen gesehen, die nicht auch Bücher und Computer/Smartphones als ihre Freunde erkannt haben.


    Mit meinem alt werden hat die Motivation nach, mich mit sinnlosen Fragen auseinander zusetzen nicht nachgelassen, aber das mache ich schon mein ganzes bewusst denkende Leben lang. Die beste Motivation ist, mit meinen Meinungen zu scheitern oder das erkennen, wie andere unbeirrbar an ihren Meinungen festhalten. Beides erzeugt sowas wie Freude, Zufriedenheit, aber mit diesen Begriffen scheitere ich schon im Augenblick des Schreibens. :grinsen:

  • :idea: Ich wollte immer schon älter sein als ich bin, weil ich das Gefühl hatte, dass ältere ernst genommen werden.

    :rofl: Das ist immer noch nicht vergangen, das ist immer noch DER Wunsch. :rofl:

  • Sicher ist es so, daß mit abnehmender Lebensenergie auch die Motivation nachläßt, sich mit solchen Fragen auseinander zu setzen aber ich denke, daß auch im höheren Alter jeder Mensch noch lernfähig ist. Ob er es tut, ist eine andere Frage und hängt wohl nicht zuletzt davon ab, inwieweit die Fähigkeit zur Selbstreflektion ausgebildet wurde. Insofern haben Nachfolger der Lehre gute Karten, würde ich meinen.

    Hi, lieber Hajobo . Wenn man sich das Leben lang mit dem Buddhismus ( oder anderen Tradition ) beschäftigte, dann man würde bis zum letztem Augenblick in den Tod hinaus zu praktizieren, wenn sogar die Selsbt-Reflektion nächlässt, oder das reine kognitive Vermögen, man würde kämpfen, um das Ziel zu erlangen, sei es Nibbana oder die Erlösung, spielt keine Rolle. Noch mehr, wenn ich mich älter und gebrechlich fühle, und ich weiss es, der Tod ist immer näher, dann es verstärkt meine Motivation, aber ich würde es alles nichts verallgemeinern. Jedem Das Seine.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Je älter ich werde, um so weniger ist Kampf, statt dessen mehr Gelassenheit, Beiseitetreten, entspanntes Schauen (und Wundern). Um so weniger bleibt auch Zeit, mich mit nebensächlichen Dingen aufzuhalten. Die noch bleibende Frist würde ich schon gerne nutzen, um noch etwas mehr über Sinn und Funktion des Daseins und des eigenen Wesens zu erfahren.

    Kritik macht mich nicht schlechter und Lob nicht besser aber daran, in wie weit man davon, sowie von sonstigen äußeren Einflüssen, innerlich bewegt und betroffen wird, läßt sich vortrefflich der eigene Bewußtseinszustand ablesen. Monika hatte es kürzlich an anderer Stelle ähnlich formuliert und ich finde das eine prima Praxis, die sich ständig verwirklichen läßt. "Sich auf den Fersen bleiben" - wohlan - solange der Geist klar genug dazu ist...:)

    Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und doch kein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)