Wiedergeburt im Buddhismus

  • FRAGE ZUR WIEDERGEBURT IM BUDDHISMUS



    Im Text „ANATTA¯ UND WIEDERGEBURT“ von Buddhadasa wird die zentrale buddhistische Lehre des Anatta, also des Nicht-Selbst, behandelt. Buddhadasa argumentiert, dass die Vorstellung eines festen „Ichs“ oder „Selbst“ (atta) im Buddhismus nicht existiert. Er stellt die Frage: „Wenn es kein atta gibt, was oder wer wird dann wiedergeboren?“ und bezeichnet diese Frage als absurd. Seiner Ansicht nach ist die Idee einer Wiedergeburt, die auf einem unveränderlichen Selbst basiert, nicht mit den grundlegenden Lehren des Buddhismus vereinbar. Wenn es hier und jetzt kein festes Selbst gibt, kann es auch niemanden geben, der wiedergeboren wird. Stattdessen beschreibt er, dass es ständig Veränderungen und Geburten von verschiedenen Phänomenen (na-ma-ru-pa; khandha; dha-tus) gibt, die jedoch nicht mit der Vorstellung einer Reinkarnation eines „Ichs“ oder einer Person verbunden sind.


    Im Gegensatz dazu vertritt der tibetische Buddhismus eine andere Sichtweise. Hier wird die Lehre von der Wiedergeburt als ein Kontinuum des Bewusstseins verstanden. Das Bewusstsein wird als etwas betrachtet, das über verschiedene Leben hinweg fortbesteht und sich in einem ständigen Fluss befindet. Diese Sichtweise impliziert, dass es tiefere Schichten des Gewahrseins gibt, die nicht an ein festes Selbst gebunden sind, sondern dennoch eine Art von Kontinuität und Identität über verschiedene Inkarnationen hinweg ermöglichen.


    Wie erklärt Buddhadasa in seinem Text die Abwesenheit eines ‚Ichs‘ oder ‚Selbst‘ in Bezug auf die Wiedergeburt, und wie steht diese Sichtweise im Kontrast zur tibetischen Auffassung von Reinkarnation als Kontinuum des Bewusstseins?


    VG Thomas

    :nosee: :nospeak: :nohear:

  • Der Unterschied ist doch der Begriff des Bewußtseins ( viññāṇa, vijñāna)


    Und da ist der Unterschied der zwischen der klassischen Sicht in der viññāṇa eines der khanda ist, also etwas Temporäres und Vergängliches und der Sicht des Vijñānavāda von Ansanga und Vasubandhu:

    Nach der Lehre des Vijñānavāda bestehen alle Dinge nicht im Sinn manifester Wirklichkeit, sondern nur als geistige Phänomene des Bewusstseins (vijñāna)

    Indem die subjektive/geistige Warte als etwas Grundsätzliches gesehen wird, gelangt man neben dem normalen Bewußtseins zu einer Art grundsätzlichen ( aber nicht individuellen) Bewußtseins - gleich dem leeren Raum ( siehe auch Speicherbewußtsein )


    Auch wenn die Vijñānavāda Schule selber unwichtiger wurde ( in Japan gibt es noch die Hossō-shū ) hatte sie großen Einfluß.

  • In der klassischen buddhistischen Lehre wird viññāa als eines der fünf Skandhas (Khandha) betrachtet, die die menschliche Existenz ausmachen. Diese Sichtweise betont, dass das Bewusstsein temporär und vergänglich ist. Dies könnte als Argument gegen die Idee der Reinkarnation interpretiert werden, da es nahelegt, dass das individuelle Bewusstsein nicht dauerhaft ist und somit nicht in einem neuen Körper wiedergeboren werden kann. Die Vijñānavāda-Schule, vertreten durch Ansanga und Vasubandhu, argumentiert, dass alle Dinge nur als geistige Phänomene des Bewusstseins existieren. Diese Sichtweise könnte darauf hindeuten, dass die materielle Welt und die individuelle Identität nicht die ultimative Realität sind. Wenn alles nur im Bewusstsein existiert, könnte man argumentieren, dass die Vorstellung von individueller Wiedergeburt irrelevant ist, da es kein festes, individuelles Selbst gibt, das wiedergeboren werden könnte. Das Konzept des Speicherbewusstseins (alayavijñāna) in der Vijñānavāda-Lehre könnte als Argument gegen die Reinkarnation verwendet werden. Wenn das Speicherbewusstsein als eine Art kollektives oder universelles Bewusstsein betrachtet wird, könnte man argumentieren, dass individuelle Erfahrungen und Identitäten nicht in einem neuen Leben fortbestehen, sondern vielmehr in einem größeren, gemeinsamen Bewusstsein aufgehen.

    Im tibetischen Buddhismus wird die Wiedergeburt als ein fortlaufender Zyklus von Geburt, Tod und Wiedergeburt verstanden, der als Samsara bezeichnet wird. Dieser Zyklus ist geprägt von Leiden und Unwissenheit, und das Ziel des Buddhismus ist es, aus diesem Kreislauf auszubrechen und Nirvana zu erreichen, einen Zustand der Befreiung und des inneren Friedens. Zudem ist doch ein zentrales Konzept, das die Idee der Wiedergeburt stützt, das Karma. Karma bezieht sich auf die Handlungen eines Individuums und deren Konsequenzen. Gute Taten führen zu positiven Ergebnissen, während schlechte Taten negative Folgen haben. Diese karmischen Handlungen beeinflussen die Umstände der nächsten Wiedergeburt. Das Verständnis von Karma ist entscheidend, da es den Menschen Verantwortung für ihr Handeln gibt und sie motiviert, ethisch zu leben. Das Bewusstsein wird als etwas betrachtet, das über den physischen Tod hinaus existiert. Es wird angenommen, dass das Bewusstsein nach dem Tod in einen neuen Körper übergeht, basierend auf den karmischen Verdiensten und dem geistigen Zustand des Individuums. Diese Sichtweise wird durch die Lehren des Bardo unterstützt, einem Zustand zwischen Tod und Wiedergeburt, in dem das Bewusstsein die Möglichkeit hat, sich zu orientieren und die nächste Geburt zu wählen. Die Lehren der Lamas und der tibetischen Meister, wie Padmasambhava und Tsongkhapa, haben die Vorstellung von Wiedergeburt und Reinkarnation weiter gefestigt. Diese Lehrer betonen die Bedeutung der spirituellen Praxis, um das Bewusstsein zu reinigen und sich auf die nächste Wiedergeburt vorzubereiten. Die Idee der Wiedergeburt kann als widersprüchlich angesehen werden, wenn man sie mit den buddhistischen Lehren von "Anatta" (Nicht-Selbst) kombiniert. Anatta lehrt, dass es keine permanente, unveränderliche "Ich"-Essenz gibt. Wenn es jedoch kein festes "Selbst" gibt, stellt sich die Frage, wie genau etwas von einem Leben ins nächste übergehen kann, ohne eine konstante Entität zu haben, die sich fortsetzt.

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    Einmal editiert, zuletzt von ThoH ()

  • Der Unterschied ist doch der Begriff des Bewußtseins ( viññāṇa, vijñāna)

    Nein, bei Buddhadasa bestimmt nicht in diesem Sinne, wie es nur die Geist-Schule erklärt.

    Das Bewusstsein entsteht bei ihm – wie alle Khandha – tausendmal pro Tag. Über die Wiedergeburt sagt er null Komma null. Das Wichtigste für ihn ist die bedingte Entstehung, also diese Kette zu unterbrechen. Und es heißt bei diesem Autor: ohne „Ich“ und „Mein“, also keine Identifikationen mehr. Das ist der Kern dessen, was er lehrt. Mit dem traditionellen Theravada-Buddhismus sowie dem tibetischen Buddhismus, egal welcher Richtung, hat das nichts zu tun.


    So :


    Zitat

    Was die Lehre der Reinkarnation anbelangt, so gibt es sie in der buddhistischen Lehre nicht, oder genauer, es handelt sich dabei nicht um eine echte buddhis-tische Lehre, weil sie mit der vorupanishadischen kamma-Lehre verbunden ist. Zu dieser Zeit lehrte man, dass Lebewesen ständig sterben und wiedergeboren werden, dass es eine ewige Seele gibt, die fortwährend in Samsara, dem Kreislauf von Tod und Wiedergeburt, kreist und dass sie dabei eine Vielzahl von Bestimmungsorten (unterschiedlich, je nach Lehrmeinung), entsprechend der guten und schlechten Taten des Individuums durchwandert. Es ist absurd zu behaupten, dass es sich dabei um eine buddhistische Lehre handelt.


    Sehr klare Positionierung, scheint mir.


    Auch das Konzept von Karma verneint er:


    Zitat

    Zwar spricht der Buddhismus in der Tat von kamma, aber sein Zweck ist es, über diese Lehre hinauszugehen; zu zeigen, dass die Früchte von kamma maya - substanzlos - sind und weiter, dass es eine dritte Kategorie von Handlungen gibt, welche die Schubkraft der guten und schlechten Taten neutralisieren können, so dass man über oder jenseits von kamma leben kann. Diese dritte Art von Handlungen ist die Praxis, die zu Nibbāna führt. Dies also ist die wahre buddhistische Lehre von kamma, weil das Ziel des Buddhismus darin besteht, die Menschen aus der Knechtschaft von kamma zu befreien.


    Zitat

    Die Lehre des Buddha zu verbreiten heißt also, die Wahrheit zu verbreiten, dass es so etwas wie „Ich“ oder „Mein“ nicht gibt und dass sich Geburt und Tod allein auf ein vermeintliches „Selbst“ beziehen. Wenn man diese Wahrheit durchdrungen hat, hören die Probleme von Geburt, Alter, Krankheit, Tod und Samsara sofort auf.


    Also, ohne „Ich“ kein Problem – Anatta. Das ist seine Lehre. Ich hänge die Datei an.



    AUF DEN PUNKT GEBRACHT Texte zu „Ich-und-Mein“ von Buddhadāsa Bhikkhu BGM 2015

  • Wenn ich das zusammenfassend richtig verstanden haben: Buddhadasa betonte, dass die Begriffe "Ich" (atta) und "Mein" (mama) nicht als feste, unveränderliche Entitäten betrachtet werden sollten. Er argumentierte, dass die Identifikation mit einem permanenten Selbst zu Leiden führt, da sie die Vergänglichkeit und die wahre Natur des Daseins verleugnet. In seiner Sichtweise entstehen die Vorstellungen von "Ich" und "Mein" durch den Prozess des Abgreifens, bei dem das Bewusstsein an bestimmte Wahrnehmungen und Gefühle haftet. Dieses Anhaften führt zur Entstehung des "Ich"-Gefühls, das jedoch in Wirklichkeit keine feste Grundlage hat. Durch die Erkenntnis der Nicht-Selbst-Natur (Anatta) und das Loslassen dieser Anhaftungen kann man zur Befreiung (Nibbana) gelangen. In Bezug auf die Wiedergeburt vertrat Buddhadasa doch immer eine unorthodoxe Auffassung, die von der traditionellen Vorstellung einer unsterblichen Seele oder eines permanenten Selbst abweicht. Er betrachtete die Wiedergeburt als einen fortlaufenden Prozess der Entstehung und des Vergehens von Bewusstseinsmomenten, die durch das Gesetz des Karmas miteinander verbunden sind. Seiner Ansicht nach gibt es keine konstante Entität, die von einem Leben zum nächsten übergeht. Vielmehr ist es das Karmische Potenzial, das bestimmte Tendenzen und Neigungen beeinflusst, die in verschiedenen Daseinsformen zum Ausdruck kommen. Diese Sichtweise betont die Kontinuität des Karmas und der mentalen Prozesse, ohne die Notwendigkeit einer permanenten Seele oder eines festen Selbst.

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  • Er betrachtete die Wiedergeburt als einen fortlaufenden Prozess der Entstehung und des Vergehens von Bewusstseinsmomenten, die durch das Gesetz des Karmas miteinander verbunden sind. Seiner Ansicht nach gibt es keine konstante Entität, die von einem Leben zum nächsten übergeht. Vielmehr ist es das Karmische Potenzial, das bestimmte Tendenzen und Neigungen beeinflusst, die in verschiedenen Daseinsformen zum Ausdruck kommen. Diese Sichtweise betont die Kontinuität des Karmas und der mentalen Prozesse, ohne die Notwendigkeit einer permanenten Seele oder eines festen Selbst.

    Na ja, er spricht doch nicht über Karma, man kann das Buch bestellen. Siehe hier:


    Zitat

    UNTER DEM BODHI BAUM ist eine leicht verständliche, klare und praktische Erklärung der natürlichen Gesetzmäßigkeit des Bedingten Zusammenentstehens (paṭiccasamuppāda).

    Buddhadāsa Bhikkhu gab diese Belehrung für die Teilnehmer eines Meditationskurses in Suan Mokkh, die keine oder nur geringe Vorkenntnisse der buddhistischen Lehren besaßen. In seinen Vorträgen legt er die Verständnisgrundlage für das zentrale Anliegen des Buddha: „Freunde, sowohl früher wie auch jetzt verkünde ich nur dukkha und das rückstandslose Erlöschen von dukkha.“

    Betrachtet wird dieses Kernanliegen durch das Prisma des tiefgründigen Verstehens der Konditionalität, dass alles, was immer auch entstehen, sich verändern und vergehen mag, das nur in Abhängigkeit von anderen, gleichermaßen essenzlosen Dingen tun kann.

    Wenn wir uns selbst und unsere Welt auf diese Weise betrachten, als Prozesse, die entsprechend der natürlichen Gesetzmäßigkeit ablaufen statt als Entitäten, dann sehen wir den Dhamma, dann sehen wir den Buddha.


    bgm@buddhismus-muenchen.de


    Bücher - Dhamma Dana


    Er spricht nur über die Konditional-Nexus-Gesetz , mehr nicht.


    Zitat

    Wenn diese Gelehrten diese Prinzipien in den buddhistischen Schriften nicht klar dargelegt finden, entweder weil sie nicht genug studiert oder weil sie das, was sie studiert haben, nicht verstanden haben, nehmen sie einfach die upanishadischen Grund-sätze für kamma und Wiedergeburt und fügen sie in Büchern mit dem Titel „Buddhismus“ oder „Wahrer Buddhismus“ ein. Das ist gefährlich, sowohl für den Buddhismus als auch für die Leser, die aufrichtig mehr darüber erfahren wollen.


    Eindeutiger geht es doch nicht! Oder?


    Zitat

    Von viel größerer Bedeutung ist jedoch die Tatsache, dass die Menschen überhaupt nichts lernen werden, gleich wie viel Dhamma sie lesen oder hören, solange sie dukkha nicht wirklich verstehen. Schlimmer noch, je mehr sie an Worten anhaften, desto mehr werden diese Worte zu einem Hindernis für ihr Verständnis des Buddhismus.


    Also nur Dukkha und das Ende des Dukkha – die falsche oder verkehrte Vorstellung, dass es ein „Ich“ und „Mein“ gibt. Sehr praktisch, finde ich.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • ThoH . Sorry.


    Ich habe sehr aufmerksam nachgelesen, was du geschrieben hast. Das stimmt absolut, aber nicht bei diesem Autor. Die Wiedergeburt ist, rein traditionell gesehen, bei ihm die Fehlanzeige. Ich hänge nur eine Datei von seinem Schüler an, die zeigt, wie der Mensch das Ganze besser verstehen kann. Mit dem deutschen Übersetzer hatte ich viel mal kontaktiert. Respekt! :like:

    Alles Gute dir! _()_



    Santikaro / Viriya

    Paticcasamuppāda. Variationen und Reflektionen zur Bedingten Zusammenentstehung

    Kategorie(n): Bedingte Zusammenentstehung

    veröffentlicht Mai 2017

  • Die Idee der Wiedergeburt kann als widersprüchlich angesehen werden, wenn man sie mit den buddhistischen Lehren von "Anatta" (Nicht-Selbst) kombiniert. Anatta lehrt, dass es keine permanente, unveränderliche "Ich"-Essenz gibt. Wenn es jedoch kein festes "Selbst" gibt, stellt sich die Frage, wie genau etwas von einem Leben ins nächste übergehen kann, ohne eine konstante Entität zu haben, die sich fortsetzt.

    Der Widerspruch kann im "eigenen" Geist gelöst werden.

    Deshalb ist aus meiner persönlichen Sicht Meditation, vor allem zu Beginn, absolute Prio 1.


    "

    The strong emphasis in Mahāmudrā is the practice of settling the mind in its natural state, śamatha. In contrast to the common approach of first studying Madhyamaka treatises on emptiness, Mahāmudrā encourage us first to achieve śamatha, and then to be introduced to the Madhyamaka view of emptiness ...

    When the many veils that obscure the essential nature of the mind have been ... removed ..., the nature of conditioned consciousness is seen nakedly.

    "


    (Aus Alan Wallace, "Fathoming the mind")


    Samata (Samadhi) zuerst, Studium danach.


    In Samadhi wird die von allen Schleiern, auch den Schleiern der Jhanas, befreite ursprüngliche Existenz an sich, konkret erfahren, das unsterbliche Bewusstsein ohne Selbst.

    "Wiedergeburt" ergibt sich dabei als konkrete Erfahrung, eine Erfahrung im Bewusstsein.

    Klingt kompliziert oder unerreichbar, ist aber einfach.

    Samadhi ist einfach, ungeheuer kompliziert ist das menschliche Alltagsbewusstsein mit seinen Schleiern.

    Der Weg vom Komplizierten zum Einfachen.


    Mahamudra ist "tibetisch", aber mit (Za-)Zen gut kombinierbar und erleichtert das Verständnis der klassisch-buddhistischen Lehren ungemein.


    Danke an Thorsten Hallscheidt für den Hinweis auf Alan Wallace.


    :angel:

  • In Samadhi wird die von allen Schleiern, auch den Schleiern der Jhanas, befreite ursprüngliche Existenz an sich, konkret erfahren, das unsterbliche Bewusstsein ohne Selbst.

    "Wiedergeburt" ergibt sich dabei als konkrete Erfahrung, eine Erfahrung im Bewusstsein.

    Klingt kompliziert oder unerreichbar, ist aber einfach.

    Na dann: Was sind deine Erfahrungen?

  • Der Unterschied ist doch der Begriff des Bewußtseins ( viññāṇa, vijñāna)

    Nein, bei Buddhadasa bestimmt nicht in diesem Sinne, wie es nur die Geist-Schule erklärt.

    Das hast du jetzt falsch verstanden. Die Frage war doch die nach dem Unterschied zwischen Budhadasa und dem Verständnis im tibetischen Buddhismus. Und meine Antwort ist die, dass es einen Unterschied im Verständnis von Bewusstsein ( viññāṇa, vijñāna) gibt. Während Budhadasa in der Tradition des Theravada steht, wo unter viññāṇa Schlucht das khanda verstanden wird, knüpft das tibetische Verständnis an die Vijñānavāda Sicht an.


    Ich hoffe jetzt ist klar, was ich meine.

  • Ist das so richtig?


    Samadhi und Befreiung von den Schleiern: Samadhi ist ein Zustand tiefen meditativen Einsseins, der mit einer Erfahrung von innerer Stille und Einheit verbunden ist. In vielen spirituellen Traditionen, insbesondere im Buddhismus und im Yoga, bezieht sich Samadhi auf einen Zustand, in dem der Meditierende von den weltlichen Ablenkungen (den „Schleiern“) befreit wird und ein tiefes Verständnis der Realität erlangt. Die Vorstellung, dass in Samadhi die „ursprüngliche Existenz an sich“ erfahren wird, bezieht sich auf einen Zustand des Einsseins mit der universellen Wahrheit oder dem unmanifestierten Bewusstsein, das unabhängig von individuellen Konzepten und Identitäten existiert.

    Jhanas: Jhanas sind meditative Zustände im Buddhismus, die tiefere und intensivere Erfahrungen von Konzentration und Glückseligkeit beschreiben. Es wird oft gesagt, dass in den höchsten Zuständen von Samadhi die Erfahrung der Jhanas überwunden wird, sodass der Meditierende die wahre Natur des Bewusstseins direkt erfährt, frei von allen mentalen und emotionalen Filtern, die durch die Jhanas erzeugt werden könnten. Die Aussage, dass „die Schleier der Jhanas“ in Samadhi überwunden werden, könnte daher als zutreffend angesehen werden, wenn man davon ausgeht, dass diese Zustände schließlich transzendiert werden.

    Das unsterbliche Bewusstsein ohne Selbst: Die Idee, dass Samadhi eine Erfahrung des „unsterblichen Bewusstseins ohne Selbst“ ist, lässt sich mit vielen spirituellen Traditionen in Einklang bringen, insbesondere mit dem buddhistischen Konzept des „Nicht-Selbst“ (Anatta). In diesem Zustand soll der Meditierende die Erfahrung von Bewusstsein ohne das „Ich“-Konzept machen, was zu einer Einsicht in die wahre, unsterbliche Natur des Seins führen kann.

    Wiedergeburt als konkrete Erfahrung im Bewusstsein: Dies ist der umstrittenste Teil der Aussage. Die Vorstellung von „Wiedergeburt“ in vielen spirituellen Traditionen bezieht sich auf den Zyklus von Geburt, Tod und Wiedergeburt als fortlaufenden Prozess. In einem tiefen Zustand wie Samadhi könnte der Meditierende eine Erfahrung von Karma und der Kontinuität des Bewusstseins in verschiedenen Lebensformen oder auf verschiedenen Ebenen der Existenz haben, was als „Wiedergeburt“ erlebt werden könnte. Im Buddhismus etwa wird „Wiedergeburt“ weniger als ein konkretes, wiederholtes Geborenwerden eines „Selbst“ verstanden, sondern als ein fortwährender Prozess von Veränderung und Bedingungseinflüssen. Daher könnte die „Wiedergeburt“ in diesem Zusammenhang eher metaphorisch gemeint sein, als eine konkrete Erfahrung, die im Bewusstsein auftaucht, aber nicht unbedingt in der gleichen Weise, wie wir es aus alltäglichen Vorstellungen von Leben und Tod verstehen.

    :nosee: :nospeak: :nohear:

  • Ich habe noch mal darüber nachgedacht und komme für mich, wenn ich jetzt mal Theravada und den tibetischen Buddhismus vergleiche, zu folgendem Schluss - nicht nur bezogen auf die Wiedergeburt - sondern allgemeiner.


    Wäre es richtig, wenn jetzt mal Theravada und den tibetischen Buddhismus vergleiche, folgendes anzunehmen:


    Theravada bleibt in seiner Essenz der Lehre des Buddha treu, da es die ursprünglichen Schriften des Pali-Kanons als maßgeblich ansieht. Allerdings gibt es im Laufe der Zeit Interpretationen und Ergänzungen, die vor allem als kulturelle und kontextuelle Anpassungen oder als vertiefte Auslegungen der ursprünglichen Lehren betrachtet werden. Diese „Hinzufügungen“ betreffen hauptsächlich die Praxis und die Vermittlung der Lehren, nicht jedoch die grundlegenden Prinzipien des Buddhismus. So bleibt der Theravada-Buddhismus eine lebendige Tradition, die sowohl mit der Vergangenheit verwurzelt ist als auch in der Lage ist, sich den Herausforderungen der Gegenwart zu stellen.


    Der tibetische Buddhismus entstand erst Jahrhunderte nach dem Tod des Buddha und wurde im 7. Jahrhundert n. Chr. nach Tibet gebracht. Er integrierte viele Elemente des indischen Buddhismus, aber auch vor-buddhistische tibetische Praktiken und Vorstellungen. Der tibetische Buddhismus umfasst vier Hauptschulen: Nyingma, Kagyu, Sakya und Gelug. Jede dieser Schulen hat ihren eigenen Ansatz und ihre eigene Interpretation der Lehren Buddhas, aber sie teilen viele grundlegende Prinzipien. Im tibetischen Buddhismus gibt es zahlreiche Elemente, die als „hinzugefügt“ oder als Weiterentwicklungen im Vergleich zu den frühen Lehren Buddhas verstanden werden können. Eine der auffälligsten dieser Ergänzungen ist die Ausweitung der buddhistischen Praxis durch tantrische Rituale und mystische Praktiken. Diese tantrischen Elemente, die sich auf die Verehrung von Gottheiten, Visualisierungen und Meditationstechniken stützen, spielen im tibetischen Buddhismus eine zentrale Rolle. Diese Praktiken sind weitgehend auf den tantrischen Buddhismus zurückzuführen, der später in Indien und Tibet entstand. Das tantrische System im tibetischen Buddhismus ist nicht in den ursprünglichen Lehren des Buddha enthalten, sondern stellt eine spätere Entwicklung dar. Tantrische Praktiken beinhalten komplexe Meditationstechniken, die den Körper und Geist vereinen, um spirituelle Einsichten zu erlangen und letztlich die Erleuchtung zu erreichen. Tantras wurden als Schriften verfasst, die nicht nur die philosophische Bedeutung der Lehren des Buddha weitergibt, sondern auch detaillierte Anweisungen zur Durchführung von Ritualen und Meditationen enthalten. Tantra ist eine Form der esoterischen Lehre, die als „höhere Praxis“ im Buddhismus angesehen wird und in der Regel nicht an alle Gläubigen weitergegeben wird, sondern nur an diejenigen, die als geeignet angesehen werden. Die Praxis umfasst komplexe Symbole, Meditationen und Rituale, die als Mittel zur Beschleunigung des spirituellen Fortschritts dienen. Solche Praktiken sind ein markanter Unterschied zu den eher minimalistischeren und pragmatischen Lehren des frühen Buddhismus.


    Ein weiteres Merkmal des tibetischen Buddhismus ist die Betonung auf die Verehrung von Bodhisattvas. Im tibetischen Buddhismus werden Bodhisattvas als erleuchtete Wesen verehrt, die darauf verzichten, in das Nirwana einzugehen, um allen fühlenden Wesen zu helfen. Diese Praxis der Verehrung und Fürsprache von Bodhisattvas hat sich aus den frühen Mahayana-Lehren entwickelt, die sich später in Tibet verbreiteten. Im traditionellen Theravada-Buddhismus wird der Fokus eher auf die eigene Erleuchtung gelegt, während im Mahayana und tibetischen Buddhismus der Altruismus und das Streben nach der Erleuchtung für das Wohl aller Wesen im Mittelpunkt stehen.


    Ein weiterer bedeutender Unterschied zwischen tibetischem Buddhismus und der ursprünglichen buddhistischen Lehre ist die Rolle des Lamas. Im tibetischen Buddhismus sind Lamas spirituelle Lehrer, die eine zentrale Rolle bei der Führung und Anleitung der Gläubigen spielen. Das Konzept des Lamas, das eine Art spirituelle Autorität innerhalb der Gemeinschaft darstellt, hat keine Entsprechung im frühen Buddhismus. Während der Buddha selbst als Lehrer und Wegweiser fungierte, lag die Verantwortung für das Lehren und das Praktizieren der Lehre meist bei den Mönchen oder in späteren Traditionen bei den Sanghas (Gemeinschaften).


    Die philosophischen Hinzufügungen im tibetischen Buddhismus können als eine Weiterentwicklung und Erweiterung der ursprünglichen Lehre betrachtet werden, die im Kontext des kulturellen und historischen Umfelds Tibet’s entstanden sind. Die Praxis des tibetischen Buddhismus kann als eine Synthese aus den ursprünglichen Lehren und späteren Entwicklungen verstanden werden, die sowohl der ursprünglichen Botschaft des Buddha treu bleibt, als auch die Bedürfnisse und spirituellen Herausforderungen der Menschen in einer sich wandelnden Welt berücksichtigt.

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  • Die philosophischen Hinzufügungen im tibetischen Buddhismus können als eine Weiterentwicklung und Erweiterung der ursprünglichen Lehre betrachtet werden, die im Kontext des kulturellen und historischen Umfelds Tibet’s entstanden sind.

    Das ist so nicht ganz richtig. Der Begriff "tibetischer Buddhismus" führt leicht zu einer Fixierung auf Tibet.


    Der Vajrayana ist größtenteils in Indien entstanden und hatte zu einer bestimmten Zeit eine große räumliche Ausdehnung ( z.B Indonesien) Zentral war da die Universitäten Nalanda und Vikramashila. Von letzterer kam z.B Atisha der für die Gelug-Schule zentral wurde. Dieser lernte unter anderen auf Sumatra.


    Erst durch den Niedergang des Buddhismus in Indien und Indonesien wurde Tibet als Rückzugsgebiet immer wichtiger. Natürlich hab es auch dort dann noch viel an kultureller Entwicklung aber ich würde sagen, das meiste entstand vorher.

  • Theravada bleibt in seiner Essenz der Lehre des Buddha treu, da es die ursprünglichen Schriften des Pali-Kanons als maßgeblich ansieht. Allerdings gibt es im Laufe der Zeit Interpretationen und Ergänzungen, die vor allem als kulturelle und kontextuelle Anpassungen oder als vertiefte Auslegungen der ursprünglichen Lehren betrachtet werden. Diese „Hinzufügungen“ betreffen hauptsächlich die Praxis und die Vermittlung der Lehren, nicht jedoch die grundlegenden Prinzipien des Buddhismus. So bleibt der Theravada-Buddhismus eine lebendige Tradition, die sowohl mit der Vergangenheit verwurzelt ist als auch in der Lage ist, sich den Herausforderungen der Gegenwart zu stellen.

    Mir fällt hier auf, dass sich der tibetische Buddhismus nicht auf den Pali-Kanon als Quelle bezieht, sondern auf Sanskrit-Texte. Dabei geht es um das Hinayana. Es gibt viele Gemeinsamkeiten mit dem Theravada-Buddhismus, jedoch verläuft die Verbreitung der Lehre auf unterschiedliche Weise.


    Norbu AL:


    Zitat

    Question: "Mir fällt auf, dass sich der tibetische Buddhismus nicht auf den Pali-Kanon als Quelle bezieht, sondern auf Sanskrit-Texte. Dabei geht es um das Hinayana. Es gibt viele Gemeinsamkeiten mit dem Theravada-Buddhismus, jedoch verläuft die Verbreitung der Lehre auf unterschiedliche Weise.


    NORBU: Der tibetische Buddhismus und der Theravada-Buddhismus haben tatsächlich unterschiedliche textuelle Traditionen, aber teilen die grundlegenden Lehren. Hier sind die wichtigsten Punkte:


    Textuelle Tradition:

    - Tibetischer Buddhismus nutzt hauptsächlich Sanskrit-Quellen (übersetzt ins Tibetische)

    - Theravada basiert auf dem Pali-Kanon

    - Beide Versionen enthalten die ursprünglichen Lehren des Buddha


    Zum Begriff "Hinayana":

    - Dieser Begriff wird heute als problematisch angesehen

    - Besser ist es, von "Grundfahrzeug" oder direkt "Theravada" zu sprechen

    - Der Begriff entstand später in der Mahayana-Tradition


    Gemeinsamkeiten:

    - Die Vier Edlen Wahrheiten

    - Der Achtfache Pfad

    - Die Drei Merkmale der Existenz

    - Die Grundlagen der Ethik


    Hauptunterschiede:

    - Unterschiedliche Betonung der Bodhisattva-Praxis

    - Verschiedene meditative Techniken

    - Unterschiedliche rituelle Traditionen


    Die Verbreitung erfolgte tatsächlich auf verschiedenen Wegen:

    - Theravada: Südlicher Weg (Sri Lanka, Südostasien)

    - Tibetischer Buddhismus: Nördlicher Weg (Tibet, Himalaya-Region)


    Beide Traditionen sind authentische Übermittlungen der Buddha-Lehre, die sich in unterschiedlichen kulturellen Kontexten entwickelt haben.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zum Begriff "Hinayana": Das erste Fahrzeug, die Grundkonstruktion in allen anderen Fahrzeugen?

  • Die Sache ist unlösbar. Man kann nur für sich selbst einen Weg finden. Der von mir zu verlegende Tangen Harada hatte in einem Teisho die ganz wesentliche Einsicht, dass die Dôgen-Schulen irren, wenn sie meinen, man müsse nicht erwachen - indem er einfach Dôgens Eihei Kôsô Hotsuganmon heranzog und zitierte. Leider schreibt er gleich darauf: "Das Leben setzt sich fort; es wird eine Wiedergeburt geben."


    Buddhadasa Bhikkhu hatte nicht umsonst eine Affinität zum Zen, er übersetzte sogar Huang-po. Und der meinte bekanntlich, es gäbe nicht mal einen "Weg" zu studieren und da wir alle ursprünglich "bodhi" besäßen, bräuchten wir es nicht zu suchen.


    Wenn Harada das auch noch erkannt hätte, wäre für ihn die Wiedergeburt so unerforderlich gewesen wie für Buddhadasa. Das zu erstrebende Erwachen hätte dann lediglich in der Einsicht in die ursprüngliche Erwachtheit (bodhi) bestanden - und nicht im Sitzen wie bei Dôgen, der im obigen Text ebenfalls an die Wiedergeburt glaubt. Sein einzig bedeutsamer Satz darin: "Auch die Buddhas waren vor ihrem Erwachen Menschen wie wir" heißt ja nichts anderes als: Sie waren genau in diesem EINEN Leben Menschen wie wir. Shakyamuni war genau in seinem überlieferten Buddha-Leben zunächst ein irrender Mensch wie wir. Was davor war, ist völlig unerheblich. Ein Leben reicht aus.



    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Zu den Hauptunterschieden - meditative Techniken:


    Rückbezug auf den Buddha

    Theravada: Im Theravada-Buddhismus gehen die Meditationen direkt auf die Lehren des Buddha zurück. Der Buddha selbst lehrte verschiedene Meditationstechniken, die dazu dienen, den Geist zu schulen, das Leiden zu überwinden und schließlich das Nirvāṇa zu erreichen. Die Schwerpunkte in der Theravada-Praxis (wie Achtsamkeit und Einsicht) beruhen auf den Pali-Sutras, in denen der Buddha detaillierte Anweisungen zu den Methoden gibt.

    Vajrayana: Obwohl die tantrischen Meditationen im Vajrayana nicht direkt aus den ursprünglichen Lehren des Buddha im Pali-Kanon stammen, so basieren sie dennoch auf den Buddhas Erleuchtungserfahrungen und den Bodhisattva-Idealen des Mahāyāna. Der Vajrayana-Buddhismus sieht sich als eine erweiterte, tiefere Lehre, die durch den historischen Buddha selbst angestoßen wurde, aber durch den Tantra-Buddhismus und nachfolgende Meister (wie Padmasambhava und Vajrayāna-Meister) weiterentwickelt wurde. In diesem Kontext kann man sagen, dass auch der Vajrayana-Buddhismus letztlich auf Buddha zurückgeht, jedoch durch die speziellen tantrischen Praktiken und die Bedeutung von Guru und Initiation weiter differenziert wurde.

    Das Fazit wäre doch: Theravada-Meditationen basieren direkt auf den Lehren des Buddha, insbesondere auf den Praktiken, die im Pali-Kanon überliefert sind, wie Samatha und Vipassanā. Vajrayana-Meditationen sind eine Erweiterung der Mahāyāna-Lehren und beinhalten tantrische Praktiken, die nicht direkt auf den historischen Buddha zurückgehen, aber auf den späteren Lehren beruhen.

    :nosee: :nospeak: :nohear:

  • Sorry, aber das kann ich mir nicht verkneifen.



    Der Vajrayana-Buddhismus sieht sich als eine erweiterte, tiefere Lehre, die durch den historischen Buddha selbst angestoßen wurde,

    Wo steht das? Dass der historische Buddha im Theravada, also im Pali-Kanon, so lehrte oder es sogar andeutete? Bitte um eine Quelle, denn so gibt es das doch nicht.


    In diesem Kontext kann man sagen, dass auch der Vajrayana-Buddhismus letztlich auf Buddha zurückgeht, jedoch durch die speziellen tantrischen Praktiken und die Bedeutung von Guru und Initiation weiter differenziert wurde.

    Auf welchen? :?: Buddha?


    Danke für die Antwort. Im Voraus. LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Schon OK, dass du das nicht so stehen lässt. Das sind meine Interpretationen oder mein Verständnis. Ob das in irgendeinem Buch steht weiß ich nicht.... Ihr könnt das ja zerflücken, widerlegen und richtig stellen :) :like: Ich lerne gerne dazu :!: :!:

    :nosee: :nospeak: :nohear:

  • Ich halte das für unerheblich, eher von akademischem Interesse. Buddha ist hier nur eine Metapher. Es wäre mir völlig schnuppe, wenn Zen/Chan, das mir viel gegeben hat, auf Laozi, Jesus, Mohammed oder XY zurückzuführen wäre. Wenn man sich den Leuten anschließt, die aus dem Palikanon die "echtesten" Lehrreden extrahieren wollen, finde ich da trotzdem noch mehr Unsinn als im Chan. Aber im Tantrismus dann noch mehr. Es wird also auch nicht alles besser, nur weil es neuer ist. Letztlich wird einen irgendwas in diesen Schulen ansprechen. Weil es nicht eine Wahrheit gibt und nicht mal einen Erwachten, dessen "Nicht-Ich" dem Nicht-Ich eines anderen gleich wäre, hört das Auftauchen neuer Zweige und Schulen nicht auf.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Ich lerne gerne dazu

    Danke!


    Differences Between Theravada and Mahayana Buddhism



    Zitat

    Im Unterschied zum Theravada bildet das Mahayana keine eigentliche und einheitliche Lehrtradition und Praxis. Die zahlreichen Schulen orientieren sich auch nicht – wie im Theravada – an dem in den Jahrhunderten nach Buddhas Tod auf drei Konzilien festgelegten Kanon der Lehrreden des Buddha in Pali-Sprache (dem Pali-Kanon, auch Tipitaka), sondern an einem Restbestand an parallel entstandenen und später ins Chinesische oder Tibetische übersetzten, im Original zumeist verloren gegangenen Sanskrit-Sutras, sowie an einer Vielzahl später entstandener und für sich existierender Mahayana-Sutras (in Sanskrit). Diese wurden von den verschiedenen Schulen jedoch nur selektiv anerkannt und zur jeweils eigenen Grundlage gemacht. Es gibt im Mahayana somit keinen gemeinsamen Kanon, wohl aber chinesische (San-ts’ang) und tibetische Sammlungen (Kanjur) von verschiedenen, aus dem Sanskrit übersetzten Texten, plus eigenen chinesischen oder tibetischen Texten.




    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    Einmal editiert, zuletzt von Igor07 ()

  • Igor07

    Wäre diese Formulierung zutreffender ?????


    Der Vajrayana-Buddhismus hat seine Wurzeln im historischen Buddhismus, der von Buddha Shakyamuni, gegründet wurde.


    Allerdings entwickelte sich der Vajrayana-Buddhismus erst viel später, etwa im 7. bis 8. Jahrhundert n. Chr., und integriert viele Elemente, die über die ursprünglichen Lehren des Buddha hinausgehen. Er kombiniert die Lehren des Mahayana-Buddhismus mit tantrischen Praktiken und Ritualen. Der Mahayana-Buddhismus entwickelte sich aus den ursprünglichen Lehren des Theravada-Buddhismus und es kamen neue Ideen und Praktiken hervor und ist in einem kulturellen und sozialen Umfeld entstanden, das von einer Vielzahl von philosophischen und religiösen Strömungen geprägt war. Es wurden neue Schriften, die als Mahayana-Sutras bekannt sind, verfasst. Diese Texte erweiterten die Lehren des Buddha und betonten Konzepte z.B. wie den Bodhisattva-Weg. Vajrayana betont die direkte Erfahrung der Erleuchtung durch z.B. Meditation. Ein zentrales Konzept ist die Idee, dass alle Wesen das Potenzial zur Buddhaschaft in sich tragen.

    :nosee: :nospeak: :nohear:

  • Der Vajrayana-Buddhismus hat seine Wurzeln im historischen Buddhismus, der von Buddha Shakyamuni, gegründet wurde.

    Nein!


    Der Buddha im Pali-Kanon war strikt gegen jegliche Form von Techniken, die mit Mantras oder Sexualität verbunden sind.

    Es ging dort immer um die Unterdrückung der Triebe,--"Erlöschen der Begierden", aber nicht um ihre Nutzung – egal zu welchem Zweck.


    Die Triebe werden in den Lehrreden des Buddha wie folgt aufgeführt:


    SN 47.50 Triebe (Āsavasutta)


    "Drei Triebe, ihr Mönche, gibt es. Welche drei?


    Der Trieb der Sinnlichkeit (kāmāsavo),

    der Trieb des Werdens (bhavāsavo),

    der Trieb des Nicht-Wissens (avijjāsavo).“


    Das Versiegen der Triebe (āsavānaṁ khayā) ist das höchste Ziel in der Schulung des Buddha. Es ist die Voraussetzung dafür, Nirvana zu erlangen. Mit der Erkenntnis über die Vernichtung der Triebe (asavakkhaya nana) wird man zum Arahant!



    Auf der englischen Seite über "Vajrayana" gibt es dazu ebenfalls genügend Informationen.

    Der Buddha im Theravada und der Buddha im Mahayana gehören zwei verschiedenen Strömungen an.

    Das war sogar meine Frage hier, aber im Moment kann ich diese Seite nicht finden.

    Mahayana bezieht sich zwar auf den historischen Buddha, erschafft aber gleichzeitig eine eigene Interpretation von ihm.

    Aber wie du willst – selbst wenn das absolut nicht stimmen sollte.


    Norbu KI:


    Zitat

    Question: Der Buddha im Pali-Kanon war strikt gegen jegliche Form von Techniken, die mit Mantras oder Sexualität verbunden sind.


    NORBU: Ja, das ist korrekt. Im Pali-Kanon finden wir eine klare Position des Buddha zu diesen Themen:


    In Bezug auf Mantras:

    - Der Buddha lehnte brahmanische Rituale und Mantras als Weg zur Befreiung ab

    - Stattdessen betonte er die direkte Erfahrung durch Meditation und ethisches Verhalten


    Bezüglich Sexualität:

    - Für Mönche und Nonnen gilt vollständige sexuelle Enthaltsamkeit

    - Für Laien gilt das dritte Sila (kāmesu micchācāra veramaṇī) - Enthaltung von sexuellem Fehlverhalten

    - In AN 7.47 warnt der Buddha vor der Verstrickung in sinnliche Begierden


    Der Buddha betonte stattdessen:

    - Direkte Einsicht (vipassanā)

    - Ethisches Verhalten (sīla)

    - Geistesschulung durch Meditation (bhāvanā)

    - Den Mittleren Weg zwischen Extremen


    Dies steht im Kontrast zu späteren tantrischen Entwicklungen in anderen buddhistischen Traditionen. Der Pali-Kanon zeigt einen sehr klaren, direkten Weg ohne esoterische Praktiken.


    Oder Hier:


    Zitat

    Der Begriff “Vajrayana-Buddhismus” in lokalen und regionalen Quellen

    Der Vajrayana-Buddhismus stellt eine spätere Entwicklung der buddhistischen Tradition dar, die Tantras und rituelle Praktiken integriert, insbesondere in bestimmten Zentren Andhra Pradeshs [3]. Diese Schule des tibetischen Buddhismus ist bekannt für ihre esoterischen Praktiken und Lehren . Lamaismus, vor allem in Tibet und den Himalaya-Regionen verbreitet, weist markante Unterschiede zu Pali- und Sanskrit-Traditionen auf . Tantrayana, als nicht-perzeptive Form des Buddhismus, impliziert die Lehren des Buddha in der Form des Vajradhara .


    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    2 Mal editiert, zuletzt von Igor07 ()

  • Wie erklärt Buddhadasa in seinem Text die Abwesenheit eines ‚Ichs‘ oder ‚Selbst‘ in Bezug auf die Wiedergeburt, und wie steht diese Sichtweise im Kontrast zur tibetischen Auffassung von Reinkarnation als Kontinuum des Bewusstseins?

    Was mir dazu einfällt:


    Das „Ich“ ist ja nur eine Illusion: die Fähigkeit des Menschen zur Selbstreflexion, die ihm von anderem getrennt“ erscheinen und sich im Universum mit seinem angehängtem sekündlich ständig veränderndem Körper! sogar bewegen lässt, anders als zB Pflanzen.


    Das „Selbst“ entsteht im Laufe der Zeit durch Konditionierungen und Selbsterfahrungen. Die Ansichten über sich selbst. Ego.


    Schau mal bei Freud nach Ich, ÜberIch, Selbst


    Das wahre Selbst nach zB Dogen handelt dahingehend weitest nur rein intuitiv, und ist wiederum losgelöst von dem konditioniertem Selbst aus der Kindheit:


    Denn Dann gibt es auch noch das mögliche Kensho oder Satori Erlebnis: der spontane direkte tiefste Einblick das „Alles in Wahrheit Eins ist“, ohne Anwesenheit von Ego.


    Damit kann man aber eigentlich nicht im Alltag handeln. Und ist auch selten ein Dauerzustand. Er vergeht nach ein paar Tagen. Spätestens im Alltag. Man müsste stattdessen nichts tun. Nur noch da liegen oder sitzen. Weiter darin nur versuchen zu verweilen.


    Also muss man unter diesem Einfluss auch wieder zurück zum wahren Selbst: Gewinn und Verlust, Du und Ich, sind für dieses wahre Selbst aber weitestgehend völlig unbedeutend geworden. Ihm genügt im Grunde nur noch Essen und Trinken. Das Nötigste. Weil Ego mal endlich komplett weg war. Das sich mit der Zeit aber auch wieder mehr und mehr einschleichen kann.


    Darüber hinaus gibt es dann auch noch die Seele, oder Athman sagt man glaube ich auch dazu? Die den Körper beim Sterben wieder verlässt.


    Und was mit dieser Seele dann geschieht…


    Darüber möchte ich hier besser nicht weiter reden (geht für manche wieder Zuviel ins „Esoterische“)


    „Was es sonst noch alles gibt“ was wir nicht sehen oder wissen, oder nur noch nicht, oder nicht können, ist immens…


    Warum reicht es deshalb nicht, nur das Nötigste zu wissen, zu praktizieren, für ein besseres Miteinander und Verständnis zwischen Menschen, Hier und Jetzt!?


    Mit Mitgefühl und Liebe (Zuwendung) zu sich selbst und anderen.


    Denn wir leben Jetzt und Hier!

    Und nur jetzt und hier können wir etwas tun, und nicht gestern oder morgen: das können wir höchstens planen.


    Wir können jetzt (jederzeit) damit anfangen…


    Auch „ganz allgemein“, ohne große Tiefe spirituelle Erfahrung…


    Was interessiert mich Tod oder Wiedergeburt?


    Vielleicht wenn ich Angst vor dem Sterben habe, dem großen Ungewissen was da kommt…


    Zuviel davon…


    Was wir denn schon wirklich?

    Eigentlich (gar) Nichts…


    Nur das was augenblicklich Da ist…

    Können wir auch anfassen…

    Atmen…


    Darin/damit dieses Geschenk Leben versuchen dankbar und in Demut jeden Tag zu (er)leben…

    Einmal editiert, zuletzt von Samadhi1876 ()

  • Das passt schon irgendwie grob, im Detail gibts aber schon ungenauigkeiten. Ob ich die auch korrigieren kann ohne selbst Fehler einzubauen? Keine Ahnung. Aber meine Hinweise mal hier:


    Theravada-Buddhismus ist eine Schule aus dem Hinayana (kleines Fahrzeug). Es gab auch andere Hinayana-Schulen, insofern ist nicht gesichert ob sich Mahayana aus dem Theravada entwickelte, oder aus anderen Hinayana Schulen. Eine gängige Theorie ist, dass sich der Mahayana als eine Art Unterströmung innerhalb des Hinayana herausgebildet haben könnte. Vielleicht als eine Art Subkultur. Rekonstruierbar ist das kaum noch.


    Lehren wie die von der Buddhanatur (tathāgatagarbha), bodhicitta etc. sind alle schon im Mahayana vorhanden und angelegt.


    Der tantrische Buddhismus entstand in Indien und wurde von dort nach Tibet importiert und weiterentwickelt. Im Heimatland Indien kam der Buddhismus aus vielerlei Gründen erst in die Defensive und verschwand dann letztlich.


    "Erleuchtung" ist ein problematischer Begriff, in den meisten Fällen, eine Fehlübersetzung für Begriffe wie bodhi und nibbana, die so häufig eingesetzt wird dass man sie schon fast als idiomatisch bezeichen könnte. Ich würde aber bevorzugt Begriffe bzw Übersetzungen einsetzen die näher am Original sind, auch um Verwechslungen auszuschließen zwischen Begriffen wie bodhi (erwachen) und pabhassara citta (strahlender Geist).


    Der Tibetische Buddhismus ist vielfältig und hat mehrere Schulen und Unterströmungen. Im Tibetischen Buddhismus wurden einige Lehrtraditionen aus Indien bewahrt und gepflegt wie etwa die philosophische Schule der Madhyamaka . Es wäre verkürzend den tibetischen Buddhismus auf seine tantrischen Aspekte zu verkürzen. Tantra Praxis ist jedoch teil der tibetischen Tradition. Da fehlt mir aber auch der Einblick dass genauer zu beschreiben. Die gängige Verkürzung auf sexuelle Praktiken ist aber in dieser Form nicht richtig oder repräsentativ für den tibetischen Buddhismus.