Was zieht Menschen am Buddhismus an?

  • Was entgegnet man den so (oder ähnlich) Argumentierenden?

    Mal ganz ehrlich, warum willst Du da etwas entgegnen? Wenn man Dukkha nicht als Problem empfindet, dann ist doch alles super! (Keine Ironie, kein Sarkasmus).


    Eine Frage zur Überprüfung wäre: Bist so glücklich, wie Du sein könntest, oder machst Du Dir das Leben künstlich schwerer, als es sein müsste. Wenn die Antwort ist: "Ja, ich bin so glücklich, wie ich sein kann", dann ist doch alles paletti. Es ist weder notwendig, ein Problem zu konstruieren, noch jemanden davon zu überzeugen, einen bestimmten Weg zu gehen,.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • :idea: Genau das mache ich hier im Buddhaland und mit meinem PC. Ich erschaffe "Probleme und Wahrheiten".

    In der Wirk-lichkeit betreffen sie nur mich. Es ist ein Streit von Bewusstsein des Seins (Ich) mit den Gedankenmustern des Gewahrsein (Nicht-Ich/Persönlichkeit). Also dem Ich mit dem Nicht-Ich.


    Um aber Wirkung zu haben, ist mir schon früh klar geworden, dass nur das Schreiben eine Verarbeitung von diesem Streit ermöglicht. Buchstaben sind materiell gewordene Gedankenmuster des Gewahrseins und von denen kann sich mein Nicht-Ich nicht mehr distanzieren, muss seine Meinungen aufgeben.


    Ich schreibe, wenn ich frei schreibe das, was ich gerade konstruiert habe, das weiß ich aber erst, wenn ich Korrektur lese. Nur Korrektur, geändert wird nichts, sonst kann ich meine Welten nicht erkennen. Ich bin also dann nur ein User im Forum.


    Das ist vollkommen anderes, wenn ich übersetze, dann gehe ich in Konfrontation mit dem, der seine Gedankenmuster seines Gewahrseins freigegeben hat. Genauso ist es, wenn ich hier lese und doch reagiere.

    Was zieht mich zum Buddhismus? Die Konfrontation mit den Gedankenmustern der Buddhisten.

    Aber verbunden bin ich mit den Worten des Buddha, daran scheitern meine Gedankenmuster. Wie sollten sie auch bestehen bleiben können bei einem, der genau weiß, dass seine nur Nicht-Ich sind?

  • Zur buddhistischen Lehre bin ich gekommen, während ich meinen Selbstmord geplant hatte.

    Ich habe nach einer schmerzfreien Methode gesucht, um mein Leben zu beenden.

    Ich war damals ungefähr 23 Jahre alt und mein Leben war ein Trümmerhaufen.


    Probleme mit den Frauen, Schulden ohne Ende und mit der Polizei und Familie hatte ich auch Probleme.


    Kurz darauf sah ich im Fernsehen einen Reisebericht über die Karibik.

    Mehrere Monate später bin ich dann dorthin geflogen.

    Obwohl die Menschen sehr arm waren, hatten sie eine unglaubliche Lebensfreude.

    Das hat mir zum Denken gegeben.


    Ein Jahr später bin ich in China gelandet, wo ich Shaolinmönch werden wollte 😂, weil ich früher gerne die Serie Kung-Fu mit David Carradine geschaut hatte


    Ich wurde zwar dann kein Mönch, durfte aber mehrere Monate lang in einer Schule leben und lernen, die von einem Shaolin Mönch geleitet wurde.


    Dort mussten wir neben dem Training auch Chinesisch lernen und zum Buddhismus unterricht .


    Dort gab es einen Mönch der einen unglaublichen Frieden ausgestrahlt hat.


    Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass es einen Ausweg für mich gibt.


    Bin dann zurück nach Hause und habe versucht mein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen.


    Nach etwa zwei Jahren bin ich nach Thailand gereist um mein erstes Retreat zu machen.

    Eine westliche Nonne hat für mich übersetzt und alles organisiert.


    Aus den geplanten 7 bis 10 Tagen im Retreat wurden 112 tage in einem Waldkloster.


    Es hat dann noch eine Zeit lang gedauert, aber irgendwann hatte ich alle Probleme gelöst.


    In den Jahren danach habe ich unzählige Retreats in verschiedenen Traditionen gemacht und habe eine Zeit lang als Mönch in Thailand gelebt.


    Inzwischen bin ich wieder zurückgekehrt ins alte Leben, und praktiziere kaum noch.


    Es passt wie es ist, und was jetzt noch kommt ist mehr oder weniger nur noch eine Art von zugabe für mich.

    Ich habe genug, ich bin genug, und es ist genug.


    Lg Martin

  • Hallo, lieber Martin, :)

    herzlichen Dank für deinen Beitrag, schön wieder mal von dir zu "hören"! _()_

    Verstehe ich das richtig, dass du "kaum noch praktizierst", weil du (im - inneren - Frieden) angekommen bist?


    Liebe Grüße, Anna :) _()_ :heart:

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

    Einmal editiert, zuletzt von Anna Panna-Sati ()

  • Hallo, lieber Martin, :)

    herzlichen Dank für deinen Beitrag, schön wieder mal von dir zu "hören"! _()_

    Verstehe ich das richtig, dass du "kaum noch praktizierst", weil du (im - inneren - Frieden) angekommen bist?


    Liebe Grüße, Anna :) _()_ :heart:

    Irgendwie bin ich wieder im “normalen " Leben wie vor meinen ganzen Retreats, und ja da ist Angst, Hass, Wut , Glück usw , aber ich bin dem nicht mehr ausgeliefert beziehungsweise leide ich nicht mehr unter diesen Erscheinungen der Welt.

    Die Praxis ist für mich wie eine Art von Heimkehr in das stille Meer des Friedens.

    Ein Friede der nicht geboren wird oder sterben kann.

    Und jetzt lebe ich dieses Leben, wo mir jeder weitere Tag, wie eine art von Zugabe erscheint .

    Bis die Elemente diese form nicht mehr halten können.


    Da gibt es wohl Menschen die mich nicht ausstehen können und kritisieren , oder die mich mögen und loben , aber ich weiß dass da niemand ist.


    Mögen wir alle Frieden finden!


    Lg Martin

  • Und jetzt lebe ich dieses Leben, wo mir jeder weitere Tag, wie eine art von Zugabe erscheint .

    Bis die Elemente diese form nicht mehr halten können.


    Da gibt es wohl Menschen die mich nicht ausstehen können und kritisieren , oder die mich mögen und loben , aber ich weiß dass da niemand ist.

    Das ist die Essenz... Danke sehr , Martin. Die Form wandelt sich, die entsteht und vergeht jeden Augenblick, aber hinter diesem eiwigen Fliessen ...niemand da ist.

    Nur die "Elemente", wenn die auseinandergehen ( lösen sich), es gibt niemanden " der diese Form halten kann".

    Und jeder Tag wie das Geschenk, als "Zugabe". ( Darlehen)

    So war auch meine eigene Erfahrung, aber ich erzähle es niemandem. Du sprichst mir wie aus meiner Seele, Martin. Aus dem :heart: -en.

    LG, Igor.

    _()_ _()_ _()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Da gibt es wohl Menschen die mich nicht ausstehen können und kritisieren , oder die mich mögen und loben , aber ich weiß dass da niemand ist.

    Mehr ist nicht zu wissen. Aber wie ich festgestellt habe, gibt es auch nicht Mehr.

    _()_ _()_ _()_

  • Ich weiß nicht mehr, ob du das mal irgendwo betont hattest, dass man ja hier seine Worte bedenken und abwägen kann, bevor man sie niederschreibt und anschließend sendet?

    Achtsamkeit ist auch ein wichtiges Thema in der buddhistischen (Alltags-)Praxis, aber im "Eifer des Gefechtes" verabschiedet die sich auch schon mal, mitsamt der "rechten Rede".... :shrug:


    Liebe Anna Panna



    Gerade beim Schreiben hat man mehr Zeit um abzuwägen, nocheinmal in sich zu gehen, auf das Gefühl zu hören. Was will man genau sagen und vor allem: warum. Wie ist die Energie die die man aufgreifen will, die man vermitteln will und in dem Moment auch sein will.


    So esoterisch schreibe ich das mal :) Weil ich es wirklich so (gross) sehe, dass man gerade beim Schreiben diese Möglichkeit hat, rechtes Denken (sich zu konzentrieren, Worte und mögliche Formulierungen gegeneinander abzuwägen) auszuüben. Und damit gewissermassen auch einen Fussabdruck im Geist manchmal sogar spürbar für die kommenden Stunden hinterlässt. Insbesondere wenn man sich mal tiefer konzentriert um zu einer Frage etwas Hilfreiches beizutragen. Die Verziehung des Gehirns dabei hat manchmal auch unmittelbar positive Folgen.


    Der Vorsatz zum Rechten Denken und Sprechen (oder der Vorsatz zum angemesseneren/besseren/heilsameren Denken und Sprechen) ist ja einer den man sich selber vornimmt und je nach Situation als geglückt oder nicht geglückt bewertet. Inwieweit man sagen will, ein anderer hat diesen Vorsatz aus den Augen verloren, ist auch eine Frage an die eigene Achtsamkeit. Ich finde es eher schade, dass die Moderation ich sage mal ausdrucksstärkere Posts löscht, wenn es mal an die Gefühle geht. Andererseits hat Rechte Rede auch etwas damit zu tun, sich konzentrieren zu wollen, beim Thema bleiben zu wollen und - und da muss ich hier selber noch üben (denke dabei aber auch an andere hier :grinsen:) - zu verlockend sind manche Gedanken anderer in diesem Forum, um sich einfach auf sie zu stürzen und sie zerreissen oder vertiefen zu wollen.



    Vermutlich hatte ich da überzogene Erwartungen an "Buddhisten" (besonders schon länger praktizierende), meine immer, man müsse doch einen Unterschied zu Nichtpraktizierenden bemerken.... :?


    Ich hätte dazu meine eigene These und gerade was Internetforen angeht muss man auf diese These nochmal anderes draufrechnen. Ich würde es so sagen: viele Menschen, die sich Buddhisten nennen, oder sich von ihm angezogen fühlen, sehnen sich Frieden, wollen innerliche Ruhe und Gelassenheit und freundliche Kommunikation - (ge-)rechte Rede von anderen. Manche Menschen sehnen sich gar nicht danach, die haben das.


    Das "buddhistische Bekenntnis" der DBU sollte eigentlich alle zusammenbringen... :)


    Das hört sich so schön an, wie du das schreibst. Mich grausts davor aber ein wenig :grinsen: Ich kann weiter an mir arbeiten. Und versuchen, gute Energien zu verbreiten bzw keine schlechten. Auch gegenüber Äusserungen, die mir nicht passen/die ich ungut finde oder grundfalsch. Ich muss keine schlechten Absichten sehen und nichts was ich hasse. In dieser Erkenntnis, die ich noch mehr in mir reifen lassen möchte liegt der Schlüssel für meinen inneren Frieden :) (unabhängig mal davon was andere ... sagen nach Hörensagen oder nicht ;))


    Freilich ( :)!) gut ist es mit freundlichen und friedlichen Menschen. Ich bin mir sicher, hier sind eigentlich alle ziemlich nett und jeder möchte auf seine Weise auch Liebe und Aufmerksamkeit und den anderen hier auch nichts Böses. Aber beim Thema Buddhas Lehre wird man sich, und wenn es nur kurz währt, auch mal zum Feind. Das liegt daran, dass da mitunter viel Liebe dranhängt und Stolz auf eigene Erfahrungen und Erkenntnisse/Einsichten/Fortschritte. 'Buddhismus' ist ja eine zutiefst persönliche Erfahrung. Hierüber zu schreiben heisst auch, sich angreifbar zu machen bzw das unangenehme Gefühle im Zusammenhang mit Vorstellungen aufgrund Worte anderer auftauchen (was nicht sein muss).


    Ich bin mir sicher, wenn das hier ein Forum für Kaninchenzüchter und Kaninchenzüchterinnerinnen :) wäre, gäbe es auch gewisse Themen wo man sich in die Haare käme. Aber potentiell nicht so sehr wie ein Forum, in dem es ja im Kern um die Person geht. Also um den Umgang mit Körper und Geist, Gefühl, Wahrnehmung, Bewusstsein, Wille.



    Nen guten Start in den Tag wünsche ich :sunny: - ich nehme an, diese Zeilen werden zur zum Gruss passenden Zeit gelesen :)

  • Herzlichen Dank, liebe(r) eitelpfuetze , für deinen berührenden, wertvollen Beitrag! _()_ :like: :heart:

    Tiefschürfend, klar, auf den Punkt gebracht und trotzdem "lässig" :grinsen: , das empfinde ich als sehr inspirierend.... ;) :)


    Einen schönen Tag auch für Dich und alle anderen hier! :) _()_ :heart:

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    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

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  • Vielleicht doch eine Antwort zu finden, warum ich so bin wie ich bin. Wie wurde ich so wie ich bin? Warum leide ich, obwohl ich nicht krank bin? Einer, der mich mir erklären kann, damit ich Leiden vermindere.


  • Herzlichen Dank an euch alle hier, für eure Beiträge zum Thema! _()_ :heart: :)


    Der größeren Übersicht wegen, habe ich noch mal die direktesten Antworten auf die Ausgangsfrage zusammengefasst (Reihenfolge des Eingangs):


    Die Menschen suchen halt nach Antworten auf die Fragen des Daseins, vielleicht ist auch der Reiz des Fremden für manche ein Grund.


    Der Buddhismus ( für mich) stellt die "existenzielle " Antwort dar, was das Leben und die "Befreiung " von Leid (Dukkha) anbelangt.


    Für mich es ist ( und war ) das innere Erlebnis, als die unmittelbare Erfahrung, und wenn mir total dreckig geht, das ist der einzige Anker, warum ich weiter lebe, atme, denke, spüre .. und auch hier schreibe.


    Die Frage: Wer, was, bin ich, konnte nur Buddha beantworten, da war selbst Buddhismus eine fette Enttäuschung.


    Vielleicht doch eine Antwort zu finden, warum ich so bin wie ich bin. Wie wurde ich so wie ich bin? Warum leide ich, obwohl ich nicht krank bin? Einer, der mich mir erklären kann, damit ich Leiden vermindere.


    Wie es oft so im Leben ist, kommt das, was man unbewusst anzieht.


    Zum passenden Zeitpunkt einerseits (es gibt noch ein andererseits ...) stiess ich in vertrauenserweckender näherer Umgebung zu anderer Literatur und anderen Schriften auf einen mittlerweile historisch zu nennenden Rezeptionsversuch der Lehre Buddhas.


    Letztlich war es vielleicht sogar eine Person, die mit Buddha oder buddhistischen Lehren gar nichts am Hut hat, die mich komischerweise dazu inspiriert hat wirklich mehr Freundlichkeit und weniger schlechte Energien in meine Umgebung bringen zu wollen und dahingehend bewusster sein zu wollen. Dazu will ich aber auf jeden Fall auch eingestehen, dass ich durch dieses Forum nicht wenig mir weise und mittig erscheinende Erklärungen kennengelernt habe.


    Den Buddhismus gibt es ja nicht. Es gibt Traditionen und damit kulturelle Unterschiede, die sich durchaus von der Lehre Buddhas unterscheiden.


    Deshalb unterscheide auch ich zwischen Buddha und Buddhismus.


    ich bin zum Buddha- Dharma gelangt durch eigenes Erkennen dadurch Neugier und dadurch zu einem Video von HP.

    Es zieht mich an, dass es einiges an Überlieferungen, Übertragungen vom Buddha in Schrift gibt und viele LehrerInnen, viele Übende und im Dharma alles erklärt wird, was ich wissen möchte und wie man dorthin gelangt zu Erkenntnissen / Weisheit.

    Und weil mir meditieren üben manchmal Spaß macht und es auch viel darum geht ( das zu üben ). Weil es heilsam ist zu meditieren.


    Das Wichtigste für jemanden der leidet ist, vom Leiden frei zu werden. Dafür weist der Buddha den Weg und dafür ist es unwichtig, warum es etwas und nicht nichts gibt, ob das Bewußtsein und das Universum endlich oder unendlich sind und wie es mit dem Buddha nach seinem Tod ausschaut.


    Ich denke, dass der Buddhismus (für ein westlich geprägtes Individuum) die individuelle Freiheit mehr betont als die individuelle Verpflichtung und dass der Buddhismus sich deshalb in der westlichen Welt einer solchen Beliebtheit erfreut (ich nehme auch ein grundsätzliches Nicht-Verstehen des Buddhismus im "Westen" an).


    Wenn man Dukkha nicht als Problem empfindet, dann ist doch alles super! (Keine Ironie, kein Sarkasmus).


    Zur buddhistischen Lehre bin ich gekommen, während ich meinen Selbstmord geplant hatte.


    Dort gab es einen Mönch der einen unglaublichen Frieden ausgestrahlt hat.


    Ab diesem Zeitpunkt wusste ich, dass es einen Ausweg für mich gibt.


    Die Praxis ist für mich wie eine Art von Heimkehr in das stille Meer des Friedens.

    Ein Friede der nicht geboren wird oder sterben kann.

    Und jetzt lebe ich dieses Leben, wo mir jeder weitere Tag, wie eine art von Zugabe erscheint .

    Bis die Elemente diese form nicht mehr halten können.



    Der Thread ist damit natürlich NICHT abgeschlossen, es soll nur eine Art Zwischenbilanz sein, wäre schön, wenn weitere Beiträge kämen...(alles kann, nichts muss.... ;))


    Liebe Grüße, Anna :) _()_ :heart:

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Die Frage "Was zieht Menschen am Buddhismus an" trägt in sich viel an Widersprüchlichkeit, weil es ja oftmals - vom Dharma aus gedacht - ganz nebensächliche Aspekte sind die anziehen.


    Nach Japan wurde der Buddhismus geholt, weil mit ihm die kulturelle Bindung nach Korea und China gestärkt wurde und weil man sich von den Buddhas einen besseren Schutz vor Seuchen und Naturkatastrophen erhoffte als von einheimischen Göttern. Und auf der individuellen Ebene sieht es nicht besser aus. Da erhoffte man sich oftmals ebenfalls ganz konkrete materielle Vorteile.


    Ich denke, dass die Hinwendung der Menschen zum Buddhismus In den letzten Jahrzehnten Teil eines größeren Trends war und eng mit der 68iger Bewegung zusammenhängt. Grob gesagt, verlangt der moderne Kapitalismus den Menschen so einiges ab. Max Weber sprach vom "stahlharten Gehäuse der Moderne" und von der "Entzauberung der Welt". Die Menschen müssen immer besser funktionieren und verlieren von daher den Kontakt zu sich selber und ihren Emotionen. Sie sind überfordert, entfremdet und gestresst. Weil sie beständig beschleunigt werden suchen sie nach Entschleunigungsoase, wo sie Kraft tanken, Ruhe finden und zu sich finden können. In der Natur, beim Yoga, in Hippies oder eben auch im Buddhismus


    Der Buddhismus wurde also als "Gegenmittel gegen Entfremdung" geschätzt was ihn in die Nähe von Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung rückte.

  • Ich denke, dass die Hinwendung der Menschen zum Buddhismus In den letzten Jahrzehnten Teil eines größeren Trends war und eng mit der 68iger Bewegung zusammenhängt. Grob gesagt, verlangt der moderne Kapitalismus den Menschen so einiges ab. Max Weber sprach vom "stahlharten Gehäuse der Moderne" und von der "Entzauberung der Welt". Die Menschen müssen immer besser funktionieren und verlieren von daher den Kontakt zu sich selber und ihren Emotionen. Sie sind überfordert, entfremdet und gestresst. Weil sie beständig beschleunigt werden suchen sie nach Entschleunigungsoase, wo sie Kraft tanken, Ruhe finden und zu sich finden können. In der Natur, beim Yoga, in Hippies oder eben auch im Buddhismus


    Der Buddhismus wurde also als "Gegenmittel gegen Entfremdung" geschätzt was ihn in die Nähe von Selbstentfaltung und Selbstverwirklichung rückte.

    void . Ich gehe tiefer. Was Kant als "Ding als Erscheinung " nennt, so nennt Schopenhauer als "die Welt als Vorstellung". Wenn Kant über das "Ding an sich" redet, So Schopenhauer --"Der Wille im Menschen", die die ganze Welt als die Vorstellung (er)-schafft. Man kann sehr gut die Parallelen zum Buddhismus ersehen.

    Wir nehmen die Welt nur durch/ dank unsere Wahrnehmung ( Sinne, khandha, usw) wahr. Aber die täuscht uns. Alle Dinge er-scheinen uns nichts so, wie sie wirklich sind. So wäre die Brücke wie zu Quanten-Physik, so auch zu Nagarjuna.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • void . Ich gehe tiefer. Was Kant als "Ding als Erscheinung " nennt, so nennt Schopenhauer als "die Welt als Vorstellung". Wenn Kant über das "Ding an sich" redet, So Schopenhauer --"Der Wille im Menschen", die die ganze Welt als die Vorstellung (er)-schafft. Man kann sehr gut die Parallelen zum Buddhismus ersehen.

    Wir nehmen die Welt nur durch/ dank unsere Wahrnehmung ( Sinne, khandha, usw) wahr. Aber die täuscht uns. Alle Dinge er-scheinen uns nichts so, wie sie wirklich sind. So wäre die Brücke wie zu Quanten-Physik, so auch zu Nagarjuna.

    Die Frage war die was Leute am Buddhismus anzieht und ich habe darauf geantwortet, dass es ab dem späten 20Jahrhundert als "Gegenmittel zur Entfremdung" benutzt wird.


    Ich denke, dies bedeutet vor allem dem "Gefühl der Entfremdung" zu entkommen und sich angekommen, in Friede usw zu fühlen.


    Während es nicht unbedingt bedeutet auch einem "Ding an sich" zu nähern oder Illusionen anzubauen, weil eine Ernüchterung uns ja manchmal sogar noch verlorener und unglücklicher macht. Von daher ist es mir wichtig das zu unterscheiden.

  • void . Wahrscheinlich, ich hatte mich nichts korrekt ausgedrückt.

    Ich wollte nur damit sagen, dass der Buddhusmus die "universelle Gesetze " ( des Daseins) offenbart.

    Was heute in die moderne Zeit die Leute an ihn anzieht, das war im Prinzip dasselbe in der Zeit , wo der Buddha lebte. In verscheidene Epochen der Geschichte man konnte diese Wahrheit unter vielen Verkleidungen finden, aber der Grund dahinter war identisch.

    Man wollte immer frei von Dukkha leben, in der inneren Harmonie mit dem eigenen Innerem . Egal, vor 2500 Jahren, oder heute.

    Die Drei Daseins-Merkmale sind immer gültig, unabhängig von der Zeit.

    Wie der unbändige Wunsch der Menscheit das "Todlose " zu erleben.

    So hatte ich gemeint.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Was "Menschen" am Buddhismus anzieht, weiß ich nicht. Aber ich habe über diese Frage nachgedacht, was mich am Zen-Buddhismus angezogen hat und immer noch anzieht.

    Es ist offenbar dieser Ausdruck der körperlichen Haltung, der mich so beeindruckt hatte, dass ich spontan wusste: das ist es.

    Die Haltung des Buddha drückt Gleichmut, Unerschütterlichkeit, Mitgefühl, offene Weite aus. Es ist zwar dann noch eine lange Zeit der Übung bis sich der äußere Ausdruck im Sitzen auch mit dem Inneren übereinstimmen lässt, aber mit Gleichmut, Unerschütterlichkeit, Mitgefühl und so weiter, kommt es zur Beruhigung aller Wahrnehmung und Entfaltung (Nagarjuna MMK 25.24).

    :zen:

  • Hallo, liebe Leonie ,

    vielen Dank für deinen klaren, erhellenden Beitrag! _()_ :heart:


    Es ist offenbar dieser Ausdruck der körperlichen Haltung, der mich so beeindruckt hatte, dass ich spontan wusste: das ist es.

    Ich konnte dadurch erst wirklich erkennen, dass auch bei mir, die Anziehungskraft des Buddhas und seiner Lehre von der Haltung/Ausstrahlung ausging - sogar, zunächst, rein optisch, von der künstlerischen Darstellung in Skulpturen aus....

    (Gleichzeitig konnte ich Darstellungen von Jesus Christus am Kreuz, diesen Ausdruck des tiefen Leides, immer weniger ertragen - mit eigenem Dukkha "überfrachtet", empfand ich es als "Zuviel" - was sich inzwischen wieder geändert hat.)

    Die Haltung des Buddha drückt Gleichmut, Unerschütterlichkeit, Mitgefühl, offene Weite aus.

    Ja und dieser innere Frieden, das Einverstandensein mit den Gegebenheiten, und eine "Seligkeit", die in vielen Gestaltungen durch ein zartes Lächeln gezeigt wird, wirkt wie Balsam auf eine wunde "Seele"...



    Wie geht es dann weiter?

    Ich habe mir erlaubt, deinen Beitrag aus dem aktuellen "Wiedergeburts-Thread" hier zu posten, weil er einen wichtigen Teil der Praxis - und das Ergebnis - noch mal deutlich macht:


    Bedingung für Gefühl oder Empfindung ist Kontakt. Dabei gibt es die aktive ( durch Verlangen oder Aversion) und passive ( durch Verblendung ) induzierte Version. Dogen sagt im Shobogenzo "Empfinden ist Leiden" - wobei eben die Empfindung - also Leiden - eine sehr wichtige Information ist und ich Gefühle erst dann los lasse, wenn ich so viel wie möglich darüber erfahre, d.h. die Bedingungen mir bewusst mache.

    Wenn Gier und Hass aufgehört haben, sind Gefühle kein Problem, d.h. Leiden wird dann unpersönlich und es findet keine Identifikation mehr statt. Dann kann man sich Gefühle sehr lange ansehen bis sie ganz kleine Wellen im Geist geworden sind.

    Genau das, dieses "unberührte", nüchterne Betrachten der Gefühle, mit denen man nicht mehr identifiziert ist, macht wohl die Ausstrahlung/Haltung des Buddhas aus.


    Wobei es mir noch ein Rätsel ist, wie man - aktives - Mit"gefühl" praktiziert, wenn man nicht mehr mit"leidet".... :?

    (Wie fühlt es sich für einen Leidenden an, wenn sein helfendes Gegenüber das Leid - völlig ernüchtert (ohne innerliche "Beteiigung") - "zur Kenntnis nimmt" ? )


    Gleichmut wirkt möglicherweise - auf Außenstehende - mehr wie Gleichgültigkeit; den Unterschied machen wohl die anderen Brahmaviharas: Liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude, welche dem Gleichmütigen innewohnen, nicht aber dem Gleichgültigen?

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


    Oh wünsche nichts vorbei und wünsche nichts zurück!

    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

    Einmal editiert, zuletzt von Anna Panna-Sati ()

  • (Wie fühlt es sich für einen Leidenden an, wenn sein helfendes Gegenüber das Leid - völlig ernüchtert (ohne innerliche "Beteiigung") - "zur Kenntnis nimmt" ?)

    Das ist es das Menschen, die Leiden von mir wollen. Von mir, weil sie wissen, dass ich sehr schmerzhaft sein kann. Niemals ohne Mitgefühl, aber ganz ohne Mitleid bin.


    In privaten Gespräche, sprechen über persönliches Leid, sind immer sehr intim, höre ich mir an, was gesagt wird und decke einfach auf das wirklich zu sehen ist.


    Das ist und muss eine Emotionale Reaktion auslösen. Aber ich bleib bei Mitgefühl, damit der andere sein Leid rauslassen kann. Das kann er nicht, wenn er bei mir Mit-leid spürt, das hält ihn davon ab offen zu sein, er wird bestärkt in seinem Glauben, dass ich ihn verstehe. In so einem Gespräch kommt es dazu, dass mich der Leidende zu Mitleid rüberziehen will und weil das nicht klappt, wird er immer emotionaler, ich bleibe bei Mitgefühl.


    Ich habe oft gezweifelt, ob das richtig so ist, obwohl ich im Nachhinein befreites Auftreten und Änderung der Handlungsweisen beim Anderen erlebte. Das führt nicht zu Freundschaft, das Wissen, dass der andere Mitgefühl lebt, verhindert das. Und, von mir aus breche ich die Regel nicht und verwandle mein Mitgefühl in Mitleid.

    Der Zweifel wurde durch meine vieles lesen im Palikanon beseitigt. Buddha machte es genau so. Geht natürlich nur dann, wenn schon bewusst ist, dass meine Persönlichkeit nicht Ich ist und Ich nicht meine Persönlichkeit. Persönlichkeiten bleibt nur Mitleid und geteiltes Leid ist halbes Leid ist eine Illusion. Es ist wie bei geteiltem Glück.

  • Wobei es mir noch ein Rätsel ist, wie man - aktives - Mit"gefühl" praktiziert, wenn man nicht mehr mit"leidet"

    Mitgefühl ist Mitempfinden und ist Mitleiden, d.h. du siehst und erfährst das Leiden, weil es ja das Daseinsmerkmal ist. Es ist nicht dein Leiden, doch kannst du es ganz frei dir zu eigen machen, was dann zu Handlungen führt, die dem Leidenden angemessen sind. Die beste Hilfe ist dabei der Dharma.

    Leiden wird auch nicht dauerhaft empfunden, es ist auch vergänglich. Und es ist Nicht-Selbst, d.h. ein Leidender weiß nicht, dass die Ursache seines Leidens in ihm selbst liegt.


    Im übrigen gilt das auch für das Kreuz. Der da am Kreuz hängt leidet nicht. Aber der Anblick deckt das eigene Leiden auf und zeigt die Absurdität.

    :zen:

  • Wobei es mir noch ein Rätsel ist, wie man - aktives - Mit"gefühl" praktiziert, wenn man nicht mehr mit"leidet".... :?

    (Wie fühlt es sich für einen Leidenden an, wenn sein helfendes Gegenüber das Leid - völlig ernüchtert (ohne innerliche "Beteiigung") - "zur Kenntnis nimmt" ? )


    Gleichmut wirkt möglicherweise - auf Außenstehende - mehr wie Gleichgültigkeit; den Unterschied machen wohl die anderen Brahmaviharas: Liebende Güte, Mitgefühl, Mitfreude, welche dem Gleichmütigen innewohnen, nicht aber dem Gleichgültigen?

    Genau! Metta sieht nie gleichgültig aus. Ebensowenig Gleichmut und Metta gepaart, gerade deswegen, weil das Leid des anderen keine Bedrohung mehr ist.


    Um das zumindest temporär zu erfahren, reicht konsequente Praxis völlig aus, dazu man muss nach meiner Erfahrung nicht mal annähernd erwacht sein. ( ;) Theravada-Sicht! Aus anderer Sicht wäre man in solchen Momenten bereits erwacht.)


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Mitgefühl ist Mitempfinden und ist Mitleiden, d.h. du siehst und erfährst das Leiden, weil es ja das Daseinsmerkmal ist.

    Es ist nicht dein Leiden, doch kannst du es ganz frei dir zu eigen machen, was dann zu Handlungen führt, die dem Leidenden angemessen sind. Die beste Hilfe ist dabei der Dharma. Mein :idea:

    Leiden wird auch nicht dauerhaft empfunden, es ist auch vergänglich. Und es ist Nicht-Selbst, d.h. ein Leidender weiß nicht, dass die Ursache seines Leidens in ihm selbst liegt.


    Im übrigen gilt das auch für das Kreuz. Der da am Kreuz hängt leidet nicht. Aber der Anblick deckt das eigene Leiden auf und zeigt die Absurdität.

    Zitat

    Mitgefühl ist Mitempfinden und ist Mitleiden, d.h. du siehst und erfährst das Leiden, weil es ja das Daseinsmerkmal ist.

    ... doch kannst du es ganz frei dir zu eigen machen,


    :idea: Sowohl das Mitgefühl als auch das Mitleid. Was zeige ich dem anderen?

    Dem an Objekten, Bedingungen der Welt Leidenden zeige ich Mitleid, auch wenn ich nur mitfühle.

    Dem an den Subjekten, Bedingungen des Verstandes, Geistes, metaphysischem leidenden Mitgefühl, auch wenn ich mitleide.


    Ich bin nicht Mitgefühl oder Mitleid und Mitgefühl oder Mitleid ist nicht Ich.

  • in Zeiten, wo den christlichen Kirchen Tausende Gläubige die Gefolgschaft aufkündigen und austreten, wo die Bedrohungen und Unsicherheiten in der Welt gleichzeitig zunehmen und immer mehr Gewohntes und Vertrautes wegzubrechen scheint, sollte der Buddhismus, als Orientierungshilfe und Ausweg aus all dem Dukkha, vielleicht an Popularität gewinnen, oder was meint ihr?

    Man kann gegen die christlichen Kirchen, insbesondere die katholische, sicher eine Menge vorbringen. Nicht nur denen, auch der EKD laufen die Schäfchen davon, ohne Angst vorm bösen Wolf. Dafür will man sich nicht mehr scheren lassen. Mittlerweile ist der Bevölkerungsanteil von Kirchenmitgliedern (katholische und die EKD-Landeskirchen) unter die Hälfte abgesunken.


    Erst gestern morgen fand sich zur causa Dillinger einiges in meiner Tageszeitung, was diese Menge wieder ein gutes Stück vergrößert hat. Aber okay, ist hier offtopic. Der Punkt ist: die mit der Aufklärung einsetzende Säkularisierung unserer Kultur beraubt sie zunehmend der religiös begründeten Ethik, die in ihrer tradierten Form auf dem Anspruch beruhte, auf durch 'erwählte' Medien geoffenbarten göttlichen (und damit per definitionem nicht hinterfragbaren) 'Geboten' zu beruhen.


    Zur zunehmenden Fadenscheinigkeit solcher Gehorsam einfordernder Begründungen tritt der Kontrast; nicht nur manifest in den korrupten Manifestationen der traditionellen religiösen Institutionen, die unübersehbar den von ihnen propagierten ethischen Prinzipien selbst nicht gerecht werden. Manifest auch in der Kompetitivität, mit der die kapitalistische Wirtschaftsform unsere freie, liberale Gesellschaft gesegnet hat und die neben einer beispiellosen Vernichtung natürlicher Ressourcen auch zu einer typischen sozialen Differenzierung führt: das klassische Pyramidenmodell sozialer Hierarchien nimmt mehr und mehr die Umrisse des Eiffelturms an - mit einer stetig weiter nach oben wachsenden Spitze. Kein gutes Biotop für ethische Skrupel. Oben sowieso nicht (sonst wären die nicht da, wo sie sind) und unten gilt, was Brecht knapp so zusammenfasste: "Erst kommt das Fressen, dann die Moral".


    Zusammenfassend: ja, ich denke angesichts zunehmender ethischer Desorientierung unserer weitgehend entsolidarisierten Gesellschaft

    Zitat

    sollte der Buddhismus, als Orientierungshilfe und Ausweg aus all dem Dukkha, vielleicht an Popularität gewinnen

    Wünschen darf man ja, auch wenn's nicht immer hilft. :)

    Wie seid IHR zum Buddhismus gekommen? Habt ihr zuvor einer anderen Religion angehört? Warum habt ihr euch für eine bestimmte Tradition/Schule entschieden? Wie könnte man anderen Menschen den Buddhismus nahebringen, ohne direkt zu"missionieren"?

    Recht altmodisch - aus geistesgeschichtlichem Interesse hatte ich u.a. auch einen Reader von Paul Dahlke studiert, wo er mit ausgewählten Texten aus dem Palikanon den buddhadharma darstellte. Subjektiv / selektiv versteht sich, was ich aber erst später herausfinden sollte. Hatte das Buch zunächst unbeeindruckt beiseite gelegt; aber als ich Schopenhauer gelesen hatte griff ich es mir wieder und las es mit 'anderen Augen'. Und ich war begeistert - das bot mir eine Lebenspraxis, was ich bei Schopenhauer damals vermisste. Heute verstehe ich seine Praxis einer interesselosen Ästhetik (wo er ja auch nie sonderlich konkret wurde) hingegen etwas besser. Denke ich jedenfalls - was immer das wert sein mag. Den Dahlke habe ich vor ca. 40 Jahren verliehen und dann nie wieder gesehen. Ich hoffe, er ist noch durch viele Hände und Herzen gegangen.


    Ich wurde als Kleinkind zwangsgetauft - wie üblich halt. Ich war vielleicht 10 oder 11, als ich nach einigen Bedenken zum Schluss kam, das Gute-Nacht-Gebet könnte ich mir eigentlich sparen. Mit 13 mutierte ich durch die Lektüre des 'Manifests der Kommunistischen Partei' von Marx/Engels (das ich im Bücherschrank meines Vaters gefunden hatte - eine Ausgabe, die das 3. Reich überstanden hatte) zum Sozialisten - meine politische Entwicklung ging dann später, je mehr ich für mich die Gewaltfrage klären konnte, vor allem unter Einfluss von Kropotkin und Landauer in Richtung Anarchopazifismus. Aber zunächst stand mit 14 meine Konfirmation an - und ich weigerte mich, bei dem Unfug mitzumachen. Dem Pfarrer gelang es, meine Eltern zu überzeugen, mir meinen Willen zu lassen. Teilweise, weil er die Sache (anders als die meisten Konfirmanden) ziemlich ernst nahm, aber wohl auch, weil er nach einem Gespräch mit mir wohl die Befürchtung hatte, ich würde bei maximal unpassender Gelegenheit einen peinlichen Skandal auslösen. Das Mofa musste ich mir mit Ferienjobs selbst verdienen und die teure Junghans-Armbanduhr blieb weiter bis zum Schulabschluss in der Schublade liegen. Aber immerhin - meine Eltern respektierten dann auch meinen Willen, als ich ihn mir etwas kosten ließ.


    Dass ich nach einer ersten 'Orientierungsphase' mit Hilfe des Palikanon und des Visuddhimagga zum Mahāyāna kam, lag an Nagārjuna und den Prajñāpāramitā-Sutren - und eine ähnliche Rolle wie Nagārjuna spielte später Dōgen, der mich dann auch eine Übungsgemeinschaft in seiner Übertragungslinie suchen und finden ließ. Das chinesische Chan hatte ich schon vorher durch Gunderts Übersetzung des Bi Yän Lu etwas kennengelernt - mit dem ursprünglichen Daoismus (Yijing, Laozi, Zhuangzi) hatte ich mich schon einige Jahre vorher beschäftigt und praktizierte da auch schon eine Weile Taijiquan und Qigong.


    Anderen Buddhismus "nahebringen" ... Mein 'Rezept': ein guter Nachbar sein. Ansonsten - ich mache kein Geheimnis daraus, dass ich das bin, was ein Soziologe 'Buddhist' nennen würde. Aber ich mache auch keine Reklame dafür. Wenn mich jemand etwas dazu fragt, gebe ich gerne dazu Auskunft. Wenn nicht, auch gut - ich frage ja andere Leute ja auch nicht über ihre Religion aus ...

    OM MONEY PAYME HUNG