Simo:
Na ja ich sagte ja, dass ich Vajrayana in dem Kontext hier als Tradition verstehe, ebenso wie Theravada und also verstehe ich Diamantweg ebenso als die dynamische Zusammenballung von Individuen, also als Grupppe, aber ich verstehe Diamantweg nicht als Tradition. Du hebst dagegen wohl auf die bloßen Methodensammlungen und Vorstellungswelten ab. In diesem dynamischen Bedeutungs-Feld zwischen der Vorstellung von "Tradition als historisch etablierter menschlicher dynamischer Organisation" und "Methodensammlung und Vorstellungswelt" (die zu Traditonen gehören) bewegen sich die ganzen Missverständnisse in diesem Thread. Natürlich kann man Methoden unterschiedlicher Traditionen kombinieren, aber man kann nicht gleichzeitig in dem Lehr-und Methodengebäude zweier unterschiedlicher Traditionen "wohnen" (Achtung Metapher), das ist unmöglich.
Eine Tradition hat eine Geschichte und Lehrauslegungen, hat ein Gedankensystem und ein Methodensystem.
Wenn ich sage Vajrayana ist "die Tradition" und Diamentweg ist nicht Vajaryana, weil Diamantweg keine Tradition ist, was bedeutet das? Wenn ich sage Vajrayana verstehe ich als "Tradition", dann ist der Begriff "Tradition" als Mengenbezeichner zu verstehen und "die Tradition" ist als Bezeichner einer Menge also eine Variable, so wie "Baum" Mengenbezeichner vieler Baumarten ist und "der Baum" als eine Variable verwendet werden kann. Wenn ich also sage Vajrayana ist eine Tradition, dann sage ich dass der Begriff "Vajrayana" der Menge "Traditionen" zuzuordnen ist. Das beinhaltet, dass es unterschiedliche Vajrayana-Traditonen gibt, welche alle als Tradition gelten.
Wenn ich dann sage, dass Diamentweg keine Tradition ist, was bedeutet das? Das bedeutet, dass ich der Ansicht bin, dass Diamantweg meines Verständnisses (sie oben, Diamantweg = ON-Organisation) nicht die Merkmale aufweist, die den Begriff "Diamantweg" der Menge "Traditionen" zuordnen und der Teilmenge Vajrayana-Traditionen.
Also geht es letztendlich nur darum, was einer unter Tradition versteht. Was gehört dazu? Kontinuität, menschliche Organisation, Heilslehre, Lehrauslegung (Gedankensystem, Kern-Literatur wie Sutren und Tantras inkl. Kommentarliteratur), Methodensystem (inkl. Literatur). Lehrauslegung, Methodensystem sind die Festschreibungen der Heilslehre, sind innerhalb einer Tradition verbindlich. Wer einer Tradition folgt, richtet sich danach, hält sich dran.
Das unterscheidende Merkmal ist also die Kontinuität, die Weitergabe über Generationen. Deswegen kann einer, der plötzlich vieles anderes macht oder interpretiert (Lehre und/oder Methoden), nicht der Tradition zugehörig genannt werden. Er kann zwar am Anfang einer neuen Tradition stehen, wenn er genügend Anhänger findet und sein System über seinen Tod hinaus weiterlebt, aber er spaltet sich ab und die Gruppe die er um sich schart repräsentiert nicht "die Tradition", was - da "die Tradition" hier als Variable zu verstehen ist, welche mit unterschiedlichen Elementen der Menge "Traditionen" belegt werden kann - heißt "ist nicht eine Tradition [der Traditionen]" bzw "ist keine Tradition"