Zen-Priester unter Missbrauchsverdacht

  • Tychiades:

    Manche haben da eine Blauäugigkeit, die ist für die Opfer auch fatal.

    Das habe ich, während dieser Ereignisse in Worms lebend, aus ziemlicher Nähe einmal exemplarisch mitbekommen. Wobei speziell die Rolle von 'Wildwasser' in dem verlinkten Artikel noch sehr beschönigt ist. Glücklicherweise hat man gerade aus den Wormser Prozessen gelernt, behutsamer und mit weniger emotionalem Engagement und dafür mehr Professionalität mit solchen Tatvorwürfen umzugehen. Es ist zu hoffen, dass dies in Augsburg bei den Ermittlungen so gelaufen ist.


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  • void:
    Tychiades:

    Wenn man schwache Nerven hat, sollte man Menschen nicht zu nahe kommen. Der Abgrund, in den man dann blicken darf, macht schwindelig.


    Wenn man pädophil ist, dann wird man ja sehr darunter leider, dass in einem Triebe sind, die beständig in einer Richtung zerren, von der man weiss, dass sie falsch und schädlich ist. Von daher ist ja verständlich, wenn man sich für Spiritualität interessiert. Diese erschient ja wie ein Versprechen, inneren Frieden zu erlangen und Begierde zum Erliegen zu bringen. Von daher dürfte man doch erwarten, dass man, wenn man einen guten Lehrer hat und sich hineinkniet nach über 30 Jahre schaffen kann, da auch solche tiefen Prägungen zu überwinden.


    Tja - es ist gut möglich, dass in dem katholischen Milieu von Altötting jede Menge pädophile Erfahrungen zu machen waren und dass man dann sich auf die Seite der Opfer stellte, um als Polizist im Namen des Gesetzes handeln zu dürfen. Dann passte das aber irgendwie nicht und man wählte was kulturell sehr fremdes und das sehe ich schon als einen weiteren Akt der Verdrängung auch an. Durch das Internet ließen sich solche Neigungen unbemerkt aber erfahren und das wiederum führt zu weiterer Gier. Das ist m.E. ein schönes Lehrstück von Verblendung, Gier und Avesion. Aber - ich vermute mal, er hatte keine Hilfe, war letztlich allein mit seinem Leben und wenn man es nicht in den Griff kriegt und zurück fährt, dann kommt irgendwann doch aus dem vergangenen Leben die Rechnung. Das ist Karma.

    Zitat


    Natürlich kann man man jetzt sagen, dass jemand, bei dem jetzt solche Sachen ans Licht kommen, dann da wohl irgendwie falsch praktiziert haben muss. Ist es einfach so, dass da "Zen nicht funktioniert hat"? Oder liegt in der Idee eines "funktionierenden Zen" das man wie eine Autowaschanlage benutzten kann, und hinten weiss rauskommt, nicht schon ein grauenhaftes Missverständnis?


    Zen ist zu nichts nütze. Es funktioniert nicht, wenn man es für irgendwas gebauchen will. Z.B. um seine Gier - Begierde - zu bewältigen und seine Wut und Rechthaberei. Das Schlimmste was so jemandem passiert ist, wenn er auch noch der Vorsteher wird und Meister. Dann ist er wirklich ohne Hilfe, sofern er nicht erkennt, dass Meister sein, die Arschkarte ist.
    Die Zen-Übung ist eine Zeit, in der man klären kann, was für ein Trottel man ist. Man kann aber auch die Zeit durchdösen. Und sich für einen riesigen goldenen Buddha halten. Das ist ja das Oberübel mancher Rinzai-Zen-Traditionen - sie meinen, man sei Buddha - klar ist man Buddha - eben ein pädophiler Buddha. Kanshiketsu.


    Zitat


    Mir ist so letztens gekommen, dass Praxis viel sowas ist, was "demütigt" und demütig macht, also statt Abgründe zu überbrücken runterführt, wo man dann überhaupt nicht mehr tiefer fallen kann.


    Das muss aber einer wollen. Wenn er nicht sehen will, dann sieht er nicht.


    Zitat


    Aber auf der anderen Seite, wird man doch eher nur solche spirituellen Autorritäten akzeptieren wollen, die weiss aus der Waschanlage kommen und keine Abgründe mehr haben.


    Solche Autoritäten gibt es nicht. Und ich kann nur jedem raten, mit der Suche nach einer Autorität Schluss zu machen. Einen Freund zu suchen, das ist vernünftig. Einen, der einem raten kann, was man bei solcherart Neigungen machen soll.

    Zitat


    Mich beunruhigt auch, dass der Tempel in Dinkelscherben da seinen Gründer so kommentarlos von der Seite gelöscht hat. So als möchte man den Abgrund schliessen und wieder hin zum abgrundlosen Zen kommen.


    Wer weiß, wie lange es den Tempel noch gibt.

    Zitat


    Ich habe das Gefühl, ich verstehe da was Grundlegendes nicht.


    Ja - wahrscheinlich ist dir die Wurzel des ganzen Übels nicht wirklich klar. Verblendung - nicht sehen wollen, dass man eine arme Socke ist und Hilfe braucht.

  • Waldler:


    Das ist richtig. Worauf es mir ankommt: In diesem Thread bemühen sich viele um Verständnis und Erklärungen für die Tat des Täters. Kaum jemand aber erwähnt das oder die Opfer. Zumindest so kommt das bei mir rüber.


    Wir wissen über die Opfer auch so gut wie nichts.


    Zitat


    Und ein Opfer kann nicht verzeihen lernen, wenn es das Gefühl hat, das Interesse liegt bedeuten näher am Täter als an ihm. Ein Opfer kann nur aus seiner Opferrolle, wenn die Tat des Täter als TAT deutlich benannt und verurteilt wird.


    Da gibt es aber keinen Zusammenhang. Der Prozess ist ja bereits die Benennung der Tat und da hat ja auch einer Anzeige erstattet. Wir wissen aber nicht, wer und warum. Kinder werden überwiegend in allen Gesellschaften instrumentalisiert - und sind so fast immer Opfer. Erst mit der Rechtsmündigkeit kommt man aus dieser Rolle heraus.
    Vergebung hat mit Interesse nichts zu tun. Vergebung ist eine Lösung für eine massive Verstrickung und deshalb arbeitet man in der Traumatherapie auch mit Methoden des Löschens von Erinnerung, in dem man schnell die "Festplatte" überschreibt. Damit hat man eine Emotion von der Handlung entkoppelt, was sehr wichtig ist, um gesund zu bleiben.

  • Waldler:

    Worauf es mir ankommt: In diesem Thread bemühen sich viele um Verständnis und Erklärungen für die Tat des Täters. Kaum jemand aber erwähnt das oder die Opfer.

    Wir kennen die Opfer nicht bzw. wissen nur sehr wenig über sie aus den Medien - aus gutem Grund. Unser Interesse (in solchen Fällen fast immer ein voyeuristisches) hilft den Opfern am wenigsten. Sein Mitgefühl hingegen versagt den Opfern hier sicherlich niemand. Dass irgend jemand hier versucht hätte, die Tatvorwürfe zu verharmlosen, wirst Du ja wohl nicht behaupten wollen. Niemand hier versucht, die Leiden der Opfer weg oder auch nur klein zu argumentieren.


    Über den Angeklagten ist hingegen eine Menge bekannt, manche hier kennen ihn persönlich. Zum Thema ist er hier geworden, weil er ein bekannter und bis vor einem Jahr auch hoch geachteter Dharmalehrer ist. Das ist hier on topic. Die Opfer sind hier allenfalls on topic als Opfer eines Zenpriesters - aber ich denke, das spielt im Vergleich mit anderen Opfern sexuellen Missbrauchs keine Rolle und wohl deswegen wird es hier nicht groß diskutiert. Für die Opfer spielt es keine Rolle, ob der Täter Zenpriester oder Kaplan, der freundliche Nachbar, nette Onkel oder die eigene Großmutter ist.


    Wenn Du eine Diskussion über sexuellen Kindesmissbrauch und den Umgang mit seinen Folgen haben willst, gibt es geeignetere Plattformen als ein buddhistisches Forum. Wenn Du eine Diskussion darüber haben willst, wie ein Dharmalehrer zum Kinderschänder werden kann und wie der vierfache Sangha - also die Gemeinschaft der Buddhisten - damit umgeht, bist Du hier richtig.

    Waldler:

    Ein Opfer kann nur aus seiner Opferrolle, wenn die Tat des Täter als TAT deutlich benannt und verurteilt wird.

    Hast Du denn den Eindruck, das wäre hier nicht der Fall?


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  • void:

    Zitat

    Mich beunruhigt auch, dass der Tempel in Dinkelscherben da seinen Gründer so kommentarlos von der Seite gelöscht hat. So als möchte man den Abgrund schliessen und wieder hin zum abgrundlosen Zen kommen.


    Glaub ich nicht. Der Tempel ist ja gleichzeitig das Wohnhaus der Familie. Die Frau scheint ' s war ganz früh informiert und entsetzt. Garantiert war ja auch Hausdurchsuchung. Ich glaube, da waren auch nur zwei Foto, eines davon zeigte ihn mit einem Kleinkind, vielleicht seine Tochter.
    Dem Verein und der Frau war und ist einfach klar, dass da nichts mehr geht. Kein Priester, kein Dharmalehrer - kein Porträt.


    Die Frage ist halt in welcher Form das fortgeführt wird. (Die Ehefrau gibt weiter Seminare, ich war auch bei ihr, Tee, und Ikebana, ausgezeichnet) Die von Hozumi oder Genpo Beauftragten Praxisleiter, haben ja nun in den Gemeinschaften Dinkelsscherben und München "studiert". Die Form wird erst mal dieselbe sein. Tam Tam haben die übrigens noch nie gemacht. Das es jetzto nicht nur verhalten, sondern völlig still ist, ist verständlich, kein Zeichen von Deckel drauf.

  • Vatis Worte:
    1.Finger weg von Waffen, wenn einer sagt du sollst eine nehmen, dann sag nein und leb mit den Konsequenzen.
    2. Verletze niemanden.
    3. Denk jeden Morgen aufs neue daran.


    Würden sich nur alle daran halten anstatt jahrelang stupide rumzuhocken auf ihren Pupskissen ;)

  • mkha':


    Euer Mitgefühl gilt ja auch den Familienangehörigen, daher werdet Ihr bestimmt bald überlegen, wem die Fortsetzung dieser Diskussion in diesem Forum nützen soll.


    Mein Anliegen ist es, die Aspekte des Buddhismus zu untersuchen, die zu solchen Fällen führen, in der Hoffnung, dass wenn man zB die leeren Versprechungen des Zen und die unhaltbaren Erwartungen an Zen-Meister möglichst durchleuchtet, das Verhalten von Zen-Lehrern sich in Zukunft auch verbessern wird.


    Mitgefühl mit allen Betroffenen darf ja nicht verhindern, etwaige Lehren aus diesem "Super-GAU" des deutschen Buddhismus für die Zukunft zu ziehen. Übrigens finde ich, dass die Diskussion hier sowieso außerordentlich sensibel und vernünftig verläuft.


    Sudhana:

    Zum Thema ist er hier geworden, weil er ein bekannter und bis vor einem Jahr auch hoch geachteter Dharmalehrer ist. Das ist hier on topic.


    Eben!

  • christoph:

    Zitat

    Mein Anliegen ist es, die Aspekte des Buddhismus zu untersuchen, die zu solchen Fällen führen, in der Hoffnung, dass wenn man zB die leeren Versprechungen des Zen

    Herjeh, wer sollte sich denn noch als Lehrer oder als Schüler hergeben, wenn Zen seit eh nur leere Versprechungen macht ? Woraus schlussfolgerst du das überhaupt. Doch nicht etwa aus Sätzen wie: Zen bringt überhaupt nichts. :) Dann wird das eh nichts:
    Wenn Du den Zen Buddhismus nicht verstehst, wo willst du dann anfangen nach Fehlern zu suchen ?

  • Lucy:

    @Tychiades:


    Zitat

    Vergebung ist eine Lösung für eine massive Verstrickung und deshalb arbeitet man in der Traumatherapie auch mit Methoden des Löschens von Erinnerung, in dem man schnell die "Festplatte" überschreibt. Damit hat man eine Emotion von der Handlung entkoppelt, was sehr wichtig ist, um gesund zu bleiben.


    Welche Art Therapie meinst du hier? Link? Autor? Schule?


    Da ist einmal die EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) z.B. Arne Hofmann. Zum anderen die Forschungen von Eric Kandel, die zeigen, wie Erinnerung sich durch Proteine im Gehirn aufbaut und das man daher auch wieder Gedächtnisinhalte löschen kann.
    Ebenso gibt es Körperpsychotherapien, wie die Hakomi-Methode oder die Formative Psychologie von Stanley Keleman. Da geht man davon aus, dass Emotionen in einer Art Körpergedächtnis gehalten werden.
    Auch Kognitive Verhaltenstherapie kann sinnvoll sein, da ja Denken und Fühlen verkoppelt sind und man durch Denken (Gedanken) Gefühle verstärken, erzeugen und auslöschen kann.
    EMDR ist auch bei Kindern möglich.
    Außerdem hier:
    http://www.psychotraumatologie.de/selbsthilfe/kinder.html


    Und auch die Arbeiten von Peter A. Levine
    https://www.traumahealing.ch/index.php?id=0214&l=de

  • mkha:

    Zitat

    Ich habe nichts Gegenteiliges behauptet, doch ich weiß, es besteht die Möglichkeit, unsagbarem Leid zu nahe zu treten - es mit Nichtssagendem breit und flach zu trampeln.


    Naja, dann schweigen wir halt; gefordert, Gefühle und emotionalisierte Gedankenketten aufwühlen oder Mettasutren zu zitieren, ansonsten stillschweigen zu bewahren, weiß nicht, ist kein Zen Ding. Kommt uns unecht vor. "Das da" sind unsägliche Geschehnisse und es gibt keine wahrhaft angemessenen Worte dazu.

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  • Ne Meinung ist halt ne Meinung. Egal, was da nun " Zusatz" ist. Die Meinung ist raus. :)
    Dann muss man halt auch mit den Assoziationen dazu klar kommen. Alles ne Übungsfrage oder nicht ?! 8);)

  • mkha':

    "Seufz" ... Ich ziehe mich dann mal wieder in die Abgeschiedenheit zurück.


    (Zuvor verrate ich aber noch mein Rezept zur Gelassenheit: die alte Frau verinnerlichte im Laufe der Jahrzehnte, dass es von ausgesprochenem Vorteil ist, sich von den multiplen Assoziationen der Mitmenschen allenfalls peripher tangieren zu lassen. ;))


    LG mkha´


    Jetzt mal im Ernst: dein Rezept ist egoistisch. Auf Vorteil bedacht - und warum hast du dich hier dennoch eingebracht? Irgendeine Assoziation hat dich da bewegt. Denk' mal drüber nach.
    Gelassenheit - Gleichmut - ist erst dann gegeben, wenn man sich von seinen Mitmenschen mitten ins Herz treffen lassen kann und das offene Herz kann das zulassen.


    http://www.palikanon.com/visuddhi/vis09_4.htm


    Er ist inmitten des Lärms und Geschrei der Welt in Frieden. Das nennt sich Gestilltsein.

  • Christopher:


    Mein Anliegen ist es, die Aspekte des Buddhismus zu untersuchen, die zu solchen Fällen führen, in der Hoffnung, dass wenn man zB die leeren Versprechungen des Zen und die unhaltbaren Erwartungen an Zen-Meister möglichst durchleuchtet, das Verhalten von Zen-Lehrern sich in Zukunft auch verbessern wird.


    Der einzige Aspekt des Buddhismus, der mir hierzu einfällt, besteht darin, selbst ein "leeres Versprechen" zu sein und eine unbegründete Hoffnung ist es, zu meinen, die Bestätigung eines Satori mache einen Menschen tugendhaft. Dabei bedarf es der beständigen, rechten Anstrengung, um aus dem unheilsamen Tun heraus zu finden. Das hat bereits Brian Victoria aufgezeigt.
    Alle Erwartungen sind unhaltbar - sie müssen es sein, denn der Pfad zerstört alle Erwartungen.
    Jeder kann sich zum Zen-Lehrer erklären und Anhänger sammeln. Das lässt sich nicht verhindern.


    Die Lehren, die man aus dem "Super-Gau" ziehen könnte: auch eine Zertifizierung durch einen Japaner (was ganz "heiliges") hat keinen Wert. Japaner sind auch Menschen.
    Wenn man aber etwas will von einem Zen-Lehrer, dann sitzt man in der Falle, denn dann geht man seiner Erwartung auf den Leim.

  • Morpho:

    Mit "Selbstergründung" ist das auch so ein Sache. Erzählst du einem Denker davon, dann kommt der entweder gar nicht zu Potte oder er gleitet ins analytisch-konzeptionelle ab. Deswegen heißt es dann so was wie: den eigenen Geist schauen.


    Genau. Ein solches Sich-Einlassen auf die unmittelbar gegebene Soheit kann ja schon per Definition nicht an bedingte Inhalte geknüpft sein, auch nicht an ethische. Und doch lebt zumindest in vielen koan-orientierten Zenschulen eine Art Mythos, als würde einen das Erfahren solch gegenstandsloser 'Geistesschau' zu einem im herkömmlichen Sinn des Wortes selbstloseren Menschen machen; zu einem, der tut, was zu tun ist und authentisch das Bodhisattwa-Ideal verwirklicht. Und in gewissem Sinne stimmt das wahrscheinlich sogar, nämlich insofern das 'Glück' des Satori einen Menschen meist erst mal weicher, mitfühlender und anspruchsloser macht. Überdies sollte Koanpraxis mit zunehmendem Erkennen der momentanen Gedanken und ihrer Auswirkungen einhergehen (Elviral hat ja bereits auf die Verbindung zwischen Vorstellung und Tat in diesem Zusammenhang hingewiesen).


    Wie nachhaltig sich solche Einsichten und Erlebnisse dann aber tatsächlich auf die Integrität eines Menschen auswirken, bleibt fraglich. Die komplizierte Entwicklung zu einem moralisch gefestigten Menschen muss der Praktizierende auch unabhängig von seiner Zenpraxis vollziehen. Fälle wie der hier besprochene sind sicher die Spitze des Eisberges. Neben den von Christopher erwähnten, zusätzlichen Beispielen sind in den letzten Jahrzehnten ja auch noch so viele andere Fälle schweren Fehlverhaltens buddhistischer Lehrer ans Tageslicht getreten, dass ich die Frage schon berechtigt finde, was zu einer solch ungünstigen Entwicklung beitragen kann.


    Ich zähl mal ein paar Punkte auf (just out of my head):


    - Viele Lehrer im Westen werden in ihrer Position als Leiter einer Sangha von außen kaum kontrolliert (Sudhana hat diesen Aspekt weiter unten bereits erwähnt).


    - Aus Mangel an geeigneteren Kandidaten werden (zumindest meiner Einschätzung nach) mitunter Menschen zu Lehrern ernannt, für deren persönliche Entwicklung es weitaus besser gewesen wäre, noch eine Zeitlang unbeschwert von Lehrerverantwortung als Schüler zu praktizieren.


    - Durch Übertragungslinien suggeriert, werden die heutigen Lehrer im Zen von ihren Schülern (und sie selber waren ja auch mal Schüler mit möglicherweise ähnlichen Ansprüchen) an völlig überdimensionierten Vorbildern gemessen. Im ungünstigen Falle kann das Schlüpfen in eine nach außen vorgetragene Rolle, die von der inneren Realität erheblich abweicht, der Beginn einer fatalen Selbstentfremdung sein.


    - Ein Lehrer, dessen Praxis nicht mehr so gut läuft (und es ist angesichts vielfältiger Verantwortlichkeiten, Aufgaben und der Auseinandersetzung mit Menschen gar nicht so unwahrscheinlich, dass früher oder später genau das passiert) kann sich oft nur sehr schwer und unter erheblichem Gesichtsverlust für ihn als Lehrer und für die Sangha aus der Lehrtätigkeit zurückziehen. In vielen Schulen steht auch keine geeignete monastische Alternative des Rückzugs zur Verfügung.


    - Nonnen und Mönche haben sich per Definition ganz dem Buddhismus verschrieben. In einer westlichen Laiensangha kann es mitunter schon schwerer sein, einen Lehrer oder Nachfolger aufzutreiben, der die gebotene Hingabe mitbringt. Nicht selten sind die ergeizigsten Schüler aber von einem gewissen Narzissmus getrieben, wie auch bei nicht wenigen der heutigen Lehrer ein gewisser Narzissmus kaum zu übersehen ist. Für einen Lehrer ist Narzissmus eine sehr nachteilige Disposition, die alle zuvor von mir gebrainstormten Aspekte ungünstig verstärken kann.


    @ Waldler: All dies hier kann in keiner Weise eine Entschuldigung für die schrecklichen, systematisch ausgeübten Verbrechen sein, die Anlass dieser Diskussion sind. Und doch müssen wir uns gerade angesichts solcher Abgründe die Frage stellen, wie kann so etwas in heimischen buddhistischen Schulen möglich sein und was können wir institutionell verändern, um dem entgegenzuwirken.


    _()_
    Tai

  • Liebe Mkha,
    Es ist lediglich so, dass der Tugendzeigefinger selten gut an kommt. Wenn es bis dahin geht: Darüber reden "wir" jetzt nicht, das fügt Schaden zu- hat das etwas Zwingendes und etwas von Selbsterhöhung, die Schattenseite ist das kritische Herabsetzen der moralischen und ethischen "Einstellung" des Gegenüber. Jedenfalls ist das meine Beobachtung. Weiterhin, kann es dazu kommen, ich erleb(te) das selber ab und zu, dass über unheilsame, schwere oder auch sensible Dinge ein Mantel geworfen wird: Sehe, höre ich nicht, geht mich nichts an. Aber ist das integer ? Dass du findest, den Kindern der Familie könnte weiterer Schaden zugefügt werden; im Falle Spekulation und Vorverurteilung sehe ich das genauso. Die eigenen Gedanken und Gefühle auf die Wesensart anderer zu übertragen, find ich aber unangemessen. Sowas kann auch jemandem die heils-notwendige Freiheit des individuellen Ausdrucks nehmen. Aber: Ja: "Wir" labern drum herum, ja, wir labern zu viel, ja, Schwätzen ist unheilsam, Selbstdarstellung, alles das. Okey ?
    Ich verlange :) darob von dir, dass du "uns" das nächste mal geschickter auf uns selbst zurückwirfst. Weniger werfen und lenken, mehr so schlicht durch Nichts-Tun :D

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • mkha':


    Ja, ich habe mir etwas gedacht beim Schreiben meines Beitrags:


    Ich denke, dein Beitrag ist völlig ok. Und ich glaube, dass das Thema auch jetzt durch ist - jedenfalls für mich. Ich warte jetzt auf die Verhandlung und das Urteil.


    Mich interessiert bei dem ganzen Fall vor allem die Frage, wie es kommt, dass jemand, der als verantwortungsvoll geachtet war, selbst nicht an seine Familie und den Schaden bei allen gedacht hat. Wie stark da wohl diese Triebe sein mögen, wenn man sie nicht immer wieder im Keim erstickt.
    Das ist mir dann auch eine Lehre und ich sehe jetzt auch wieder, wie gefährlich solche Lehren des säkularen B. sind oder Lehren, die mit den Begierden spielen, wie tantrische Praktiken.


    Zitat


    Nicht alle (Zen-)Lehrer erwarten, dass der (potentielle) Schüler etwas von ihnen will.


    Es wird ja gefragt, was man vom Zen und der Lehre will - und da gibt es unterschiedliche Antworten, wie Erleuchtung, Entspannung, und da gibt es auch eine Einteilung in fünf Kategorien von gedo, bompu, shojo, daijo und saijojo. Und in vielen Koans fragt der Meister, was denn der Ankömmling will.
    Nun kann er ja nicht beurteilen, welches geistige Potential so ein Meister hat - er tappt also, ganz gleich, was er tut, immer in die Falle. Eines Tages dann sitzt er nur noch ohne Erwartung.
    Davon erzählt das Shodoka -



    https://www.zen-guide.de/zen/texte/id/286&titel=Shodoka

  • Tychiades:

    Zitat

    Das ist mir dann auch eine Lehre und ich sehe jetzt auch wieder, wie gefährlich solche Lehren des säkularen B. sind oder Lehren, die mit den Begierden spielen, wie tantrische Praktiken.


    Wir kommst du drauf, es handle sich im Falle Bodaisan, Myoshinji oder Hakuin Gemeinschaft um säkularistische Gepflogenheiten ? Ich war da. Ich benutz heute noch das Sutrenbuch. Alles andere als säkular. Das ist tatsächlich was was mir auf den Keks geht, dass die Soto Fraktion sich so Sachen ausdenkt, manchmal wie: zurecht legt, zur Form, zu den Gepflogenheiten usw. _()_ ( muss ja nicht) Aber brauchst nicht antworten, bin dann erst mal weg. _()_

  • @Lucy


    Du hattest mich um Quellenangaben gebeten hinsichtlich von Therapien.

    Über die Fragen, wie man "vergessen" von traumatischen Ereignissen bezeichnet, gibt es sicherlich unterschiedliche Meinungen.


    Wenn du es besser weisst, dann ist es ja gut. Ich brauche da keinen Meinungsaustausch in einem Forum. Und Quellenangaben über deine Ansichten hast du dir ja gleich geschenkt.

  • Presseerklärung


    Hauptverhandlung um mehrfachen sexuellen Missbrauch durch einen Zen-Priester beginnt
    Prozessauftakt vor dem Landgericht Augsburg am 16. Juni 2017


    Ab 16. Juni 2017 hat die Jugendkammer des Landgerichts Augsburg als Jugendschutzkammer einen Aufsehen erregenden Fall zu verhandeln. Angeklagt ist der 62jährige spirituelle Leiter einer buddhistisch orientierten Gemeinschaft mit Sitz in Dinkelscherben. Er soll in 22 Fällen männliche Kinder missbraucht und dabei in etlichen Fällen auch pornografische Aufnahmen gefertigt haben.


    Den Vorsitz hat wie gewohnt der Vorsitzende Richter am Landgericht Lenart Hoesch.


    Die Kammer hat zur Klärung des Falles außer am 16.6. noch Termine für den 30.06., 4.7., 7.7., 11.7., 12.7., 13.7, 31.7., 1.8., 2.8., 3.8., 4.8. und 7.8.2017 festgelegt. Es sind über 40 Zeugen und zwei Sachverständige geladen. Die Termine beginnen regelmäßig um 9 Uhr im Sitzungssaal 170 in der Gögginger Str. 101, 86199 Augsburg. Lediglich am 11.7. beginnt die Sitzung um 14 Uhr, am 3. und 7.8.2017 jeweils um 13:30 Uhr.


    Mit freundlichen Grüßen


    Dr. Claus Pätzel
    VRiLG (w.a.Ri.)
    Pressesprecher


    Laut Auskunft des Gerichts sind die Termine erstmal öffentlich.

    • Offizieller Beitrag
    Morpho:

    Und, gehst'e hin Christopher Harmacher ?


    Also bei den Missbrauchsfällen rund um die katholische Kirche hätte man es wohl als Skandal empfunden, wenn bei so einem Prozess die offizielle Kirche weggeschaut und keinen Prozessbeobachter geschickt hätte. Von daher wäre es gut, wenn da irgendwer für den Myoshinji teilnehmen würde.


    Ich fände es peinlich, wenn die einfach schweigen würden und in der Sache eine private Verfehlung sehen würden, die nichts mit dem Buddhismus zu tun hat.

  • Zitat

    Von daher wäre es gut, wenn da irgendwer für den Myoshinji teilnehmen würde.



    Wieso zitierst du in dem Zusammenhang diesen Satz ?
    Christopher ist kein Mitglied vom Myoshinji, auch Matthias Steingass ('Zen hat keine Moral') nicht, und auch nicht der Hakuin Gemeinschaft.
    Aber derlei "Prozessbeobachter" werden dort garantiert auftauchen.


    Zitat

    Ich fände es peinlich, wenn die einfach schweigen würden und in der Sache eine private Verfehlung sehen würden, die nichts mit dem Buddhismus zu tun hat.


    Sex. Missbrauch und anderweitig missbräuchliches Verhalten kommt weltweit in der Sangha vor bzw. auch innerhalb der anderen Religionen. Wenn man mich fragen würde, was hat 'das Chistentum' damit zu tun, wüsste ich keine Antwort.

  • Passt hier nicht hin, kannst du abtrennen, ich hatte jetzt mal einen kurzen Ausflug auf Facebook Seiten die "Buddhismus Interessierten" gewidmet sind;
    da missbrauchen "Administratoren" Funktion und Begriff - zur Selbstdarstellung, zum Verhöhnen, zum Durchzwingen ihrer Sichtweisen und zum (heimlichen) Aussortieren -und besetzen mit ihren Seiten das ganze Themenfeld. - Gier, Hass und Dummheit, hat was (?) mit "dem Buddhismus"/ dem Buddha Dharma zu tun ?

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

    • Offizieller Beitrag
    Morpho:

    Wieso zitierst du in dem Zusammenhang diesen Satz ?
    Christopher ist kein Mitglied vom Myoshinji, auch Matthias Steingass ('Zen hat keine Moral') nicht.
    Aber derlei "Prozessbeobachter" werden dort garantiert auftauchen.


    Matthis Steingass hatte ja den Blog "Der Unbuddhist" den er ja aber ja letzten Oktober aufgegeben hat. Während 'Zen hat keine Moral' ja von Christopher verfasst ist und der "Unbuddhist" Mathias Steingass dessen Beitrag nur auf seiner Website veröffentlicht hat.


    Auch sonst gibt es viele Unterschiede: Während der Unbuddhist ja eher so abgedrehte philosphische Pfade beschritt (spekulativer Non Buddhismus) ist doch Christopher eben kein "Unbuddhist" sondern leitet ein ganz normales Rinzai Dojo am Münchner Ostbahnhof, das glaube ich von dem kaligraphierenden Mönch Kokugyo Kuwahara gegründet wurde.


    Mit dem Myoshinji hat er soweit ich weiss nix zu tun. Außer vielleicht - wenn man das gelten lassen wil - dass Jeff Shore in seinem Dojo mal einen Vortrag gehalten hat. Und dieser ist ja Professor für "Zen im Westen" an der Hanazono Universität ist, die zum Myohinji gehört - wo ja auch Genshō Hōzumi lehrt.


    Naja. Ich mein ja nur, dass irgendwer sich da zuständig fühlen sollte - egal über welche Kanäle jetzt - wobei ich da ja gar keinen Einblick habe, wie Japaner solche Fälle angehen.


    Morpho:

    Sex. Missbrauch und anderweitig missbräuchliches Verhalten kommt weltweit in der Sangha vor bzw. auch innerhalb der anderen Religionen. Wenn man mich fragen würde, was hat 'das Christentum' damit zu tun, wüsste ich keine Antwort.


    Also ich finde das was Chrstopher in 'Zen hat keine Moral' schreibt, nachvollziehbar. Es liegt ein grosses Problem darin "Zen-Meister" zu Übermenschen zu verklären, und so ein Skandal birgt die Chance das zu reflektieren und gerade zu rücken. Während der Versuch die Heiligkeit der Struktur zu bewahren, indem jegliches Fehlverhalten zur Privatsache erklärt wird, genau diese Chance zur Demut verstreichen lässt.

  • Morpho:


    Sex. Missbrauch und anderweitig missbräuchliches Verhalten kommt weltweit in der Sangha vor bzw. auch innerhalb der anderen Religionen. Wenn man mich fragen würde, was hat 'das Chistentum' damit zu tun, wüsste ich keine Antwort.


    Wenn man eine Vertrauensstellung für seine persönlichen Bedürfnisse mißbraucht, so nennt sich das Korruption. Das ist ein "normales" und übliches Verhalten in religiös-feudalen Strukturen. So betrachtet ist es für die Institution beschämend, wenn ein Einzelner dann vor Gericht gestellt wird. Dass in unserer Zeit Korruption überhaupt diskutiert wird und man hier diese weltweiten Strukturen beginnt aufzudecken, ist ein Fortschritt.
    Das Christentum und auch "der" Buddhismus haben sehr viel damit zu tun, da sie sich als religiöse Gemeinschaften vom "normalen" Volk absondern und ihr Ding machen. Für sie gelten ja Sonderrechte. Von außen da hinein zu sehen, gelingt nur, wenn es zu solchen oder auch anderen Fällen kommt, die dann öffentlich verhandelt werden müssen. Aber das wird dann mit radikalem Ausschluß geahndet. Das schwarze Schaf wird in die Wüste geschickt.
    Whistleblower, also solche, die von innen die Vergehen nach außen tragen, werden auch verfolgt. Als Fall, in dem japanische korrupte Strukturen aufgedeckt wurden, zählt da Olympus - http://www.spiegel.de/wirtscha…e-unterwelt-a-801190.html -
    der CEO musste um sein Leben fürchten und das seiner Familie.
    Von den Japanern um den Tempel in Dinkelscherben erwartet man am bestens nichts. Der wird möglicherweise bald geräuschlos dicht gemacht.