Enge Schüler von Sogyal Rinpoche erheben schwere Vorwürfe gegen ihn

  • Samten:


    was den "Lehrer" nicht aus der Verantwortung entlässt, die er seinen "Schülern" gegenüber hat.


    Es gehören halt zwei dazu - Lehrer und Schüler.

    Samten:


    das:
    "jeder kriegt den Lehrer den er verdient."


    erscheint mir doch eher wie "schwarze Pädagogik",
    zumindest bezogen auf das Thema hier.


    Wie gesagt ist das etwas unschön oder radikal anmutend ausgedrückt, aber natürlich liegt es auch am Schüler, was er zulässt und warum.


  • ich seh erstma nur die "Verführer" in der Pflicht...die vertreten ja ihr "System" und agieren,
    ist uU nicht so schnell durchschaubar was die "im Schilde" so führen.

  • mukti:

    Es gehören halt zwei dazu - Lehrer und Schüler.
    [...] natürlich liegt es auch am Schüler, was er zulässt und warum.

    Etwas weniger "unschön" ausgedrückt: natürlich "gehören halt zwei dazu" - jemand, der angreifbar ist und jemand, der dies ausnutzt. Insofern "liegt es auch am Schüler, was er zulässt und warum". Was aber ja wohl kaum bedeuten kann, dass der Schüler für seine Angreifbarkeit in gleicher Weise verantwortlich ist wie der Lehrer für das Ausnutzen derselben - und somit beide gleiche Verantwortung für die übergriffige Situation haben.


    Genau das, eine solche Sichtweise ("die will es doch auch"), ist klassisches victim blaming.


    ()

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  • Samten:


    ich seh erstma nur die "Verführer" in der Pflicht...die vertreten ja ihr "System" und agieren,
    ist uU nicht so schnell durchschaubar was die "im Schilde" so führen.


    Sie haben wegen der größeren Verantwortung schon mehr Schuld daran. Wie ist das nun mit dem verführt werden? Kann man so naiv sein sich Leidenschaften gefallen zu lassen in der Annahme das gehörte zum Weg der Befreiung? Ich meine jeder kann sich zumindest ein allgemeines Bild davon machen was Buddha-Dhamma bedeutet, so es ihm nur ein wenig ernst damit ist. Es ist ja nicht wie bei einem gewöhnlichen Betrug, etwa dass man aus heiterem Himmel an der Straßenecke abgepasst und mit einem schäbigen Trick um Geld erleichtert wird. Man stolpert gewöhnlich nicht ohne jede Kenntnis in eine buddhistische Gesellschaft und beschränkt sich ausschließlich auf den Lehrer dort, den man vielleicht für einen Heiligen hält. Man hat eine Vorstellung was man dort will, was man überhaupt in seinem Leben erreichen will, welchen Sinn man darin sieht. Es gibt auch massenhaft Informationen über die Lehre, da wird schon an den Eckpunkten schnell klar, worum es geht.


    Aber ich kann es auch nur aus meiner Perspektive sehen und nach eigener Erfahrung. Ohne ein gewisses Misstrauen allgemein den Menschen gegenüber kommt man sowieso nicht unbeschadet durch die Welt. Und wie ich nicht jedem Lehrer von vornherein bedingungslos vertrauen würde, so auch nicht einem Schüler, der an einem offensichtlich schlechten Lehrer festhält. Man kann da schon zuerst mal ein bisschen auf die Nase fallen, aber schon die ersten begründeten Zweifel über die Integrität eines Lehrers sollten doch zu Vorsicht mahnen.

  • Ich stimme Dir grundsätzlich zu, aber der gesamte Kontext macht es auch ein bischen schwierig. Es ist in Teilen des tibetischen Buddhismus möglich, dass merkwürdiges Verhalten wirklich als geschicktes Mittel dient. Tibetische Meister die besonders verehrt werden wie Milarepa, Marpa, Tilopa usw. hatten alle eine sehr krasse und direkte Art, Dinge bewusst zu machen oder auszulösen. Und so kann ein Lama relativ glaubhaft vermitteln, dass sein Verhalten in so einem Kontext steht. Als Schüler sollte man sich dann aber anschauen, wie sich die so "behandelten" Schüler entwickeln. Sind sie auf Dauer eher verstört oder eine Entwicklung findet kaum statt, stimmt was nicht. Geschickte Mittel sollen ja gerade spontane Einsichten und gar Durchbrüche in die Erleuchtung ermöglichen. Finden diese grundsätzlich nicht statt, war es dann wohl meist doch eher eine faule Ausrede und damit auf einer spirituellen Ebene missbräuchliches Verhalten.

  • Sudhana:

    ... Insofern "liegt es auch am Schüler, was er zulässt und warum". Was aber ja wohl kaum bedeuten kann, dass der Schüler für seine Angreifbarkeit in gleicher Weise verantwortlich ist wie der Lehrer für das Ausnutzen derselben - und somit beide gleiche Verantwortung für die übergriffige Situation haben.


    Genau das, eine solche Sichtweise ("die will es doch auch"), ist klassisches victim blaming.


    ()


    Nein da ist wohl nicht gleiche Verantwortung und gleiche Schuld und keine Entlastung des Lehrers, wenn die Verführung von ihm ausgegangen ist.

  • Du nimmst mir die Worte aus dem Mund, sudhana.


    Das mit dem "Zulassen" ist nicht so einfach.
    Auch stabile und selbstbewusste Menschen können in solche Situationen kommen.
    Das geht ja nicht von einem Moment zum anderen, sondern da findet mehr oder weniger subtile Indoktrination über längere Zeiträume statt.
    Es gibt mittlerweile so viele Versuche, die zeigen, wie anfällig wir alle sind, weil es eben gewisse, vermutlich angeborene Mechanismen gibt, die ohne dass wir es durchschauen zum Einsatz kommen. In der Marktforschung und dann im Verkauf wird das derart ausgearbeitet angewendet, dass sich dem niemand wirklich entziehen kann, es sei denn, er kennt alle diese Tricks und nimmt die Mühe auf beim Gang durch den Supermarkt alle genau anzuschauen und sich dem entgegenzustemmen.


    Mit der Manipulation in Sanghas ist es nicht anders. Ich glaube nicht, dass sich diese Lehrer eine Strategie zurechtlegen und alles bis ins Kleinste planen, wie es der Supermarkt macht. Ich glaube, dass sich so ein Lehrer allmählich herantastet und ein Gefühl dafür entwickelt, was geht und was nicht geht. Natürlich gehört dazu neben mangelnder Selbstreflexion eine Portion Talent dazu. Charisma ist wohl nicht einfach zu erlernen. Jedenfalls scheint es mir so, dass es sich um eine selbstregulierendes System handelt, eine Art soziale KI. Nur eben dysfunktional, aber erschreckend gut funktionierend.


    Und so wächst die Sangha mit dem Wachstum der Manipulationsfähigkeit des Lehrers mit. Korrektive werden umgedeutet und/oder verworfen. Zweifler werden erst sanft und dann aggressiver herausgedrängt. Die Gruppe fängt an sich zu isolieren und in einer selbstreferenziellen Blase zu leben. Auch dafür wird eine ideologische Erklärung gefunden, Abgrenzung halt.
    Wenn jemand Zweifel äußert, dann wird er verunsichert, z.B. indem ihm suggeriert wird, dass seine Zweifel, Teil seiner Krankheit oder Verblendung seien.


    Ich könnte ewig weiter aufzählen, was ich da so beobachtet habe …


    Wenn jemand einen Leidensdruck entwickelt, der ihn dann dazu bringt die Gruppe zu verlassen, kann er bei der Aufarbeitung nachträglich seine eigene Verwicklung erkennen. Aber die ist nicht schuldbehaftet und dient in erster Linie dazu, wieder einen klaren Kopf zu bekommen und künftig sensibler für die Signale zu werden.


    Wir haben in Deutschland eine ganz massive Manipulation erlebt, die zu einer Katastrophe ungeahnten Ausmaßes führte. Da ist nicht viel anderes geschehen, nur dass der Maßstab und die Folgen verheerender und ungeheuerlich waren. Dennoch würde ich es nicht harmloser machen als es ist. Man denke nur an die Sonnentempler, an Jonestown u.a. Scientology ist auch so gestrickt. Jeder fragt sich, wie das geschehen konnte, und ob die Leute das nicht gemerkt haben. Aber im Grunde handelte es sich um dasselbe Phänomen mit denselben Mechanismen, und fast jeden kann es treffen.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • kilaya:

    Ich stimme Dir grundsätzlich zu, aber der gesamte Kontext macht es auch ein bischen schwierig. Es ist in Teilen des tibetischen Buddhismus möglich, dass merkwürdiges Verhalten wirklich als geschicktes Mittel dient. Tibetische Meister die besonders verehrt werden wie Milarepa, Marpa, Tilopa usw. hatten alle eine sehr krasse und direkte Art, Dinge bewusst zu machen oder auszulösen. Und so kann ein Lama relativ glaubhaft vermitteln, dass sein Verhalten in so einem Kontext steht. Als Schüler sollte man sich dann aber anschauen, wie sich die so "behandelten" Schüler entwickeln. Sind sie auf Dauer eher verstört oder eine Entwicklung findet kaum statt, stimmt was nicht. Geschickte Mittel sollen ja gerade spontane Einsichten und gar Durchbrüche in die Erleuchtung ermöglichen. Finden diese grundsätzlich nicht statt, war es dann wohl meist doch eher eine faule Ausrede und damit auf einer spirituellen Ebene missbräuchliches Verhalten.


    Ist nicht Tantra im Tibetischehn auch eine Sexualpraktik? Ich kenne das aus dem Hinduismus, wo sich unter diesem Begriff besonders im Westen freier Sex rasant ausgebreitet hat. Soviel ich weiß war diese Methode ursprünglich nur zulässig wenn dabei keinerlei körperliche Anhaftung im Spiel war. Weil man davon meistens nicht ausgehen kann, würde ich das Ganze als so gut wie hinfällig sehen. Bei dem grassierenden Missbrauch wäre es wohl besser das abzuschaffen.
    Ist nur meine Meinung und vielleicht auch an der Zeit mich aus diesem Thema des tibetischen Forums zurückzuziehen.

  • Doris Rasevic-Benz:

    Man denke nur an die Sonnentempler, an Jonestown u.a. Scientology ist auch so gestrickt. Jeder fragt sich, wie das geschehen konnte, und ob die Leute das nicht gemerkt haben. Aber im Grunde handelte es sich um dasselbe Phänomen mit denselben Mechanismen, und fast jeden kann es treffen.


    Fast jeden glaube ich nicht, es werden schon bestimmte Voraussetzungen und Veranlagungen dazu nötig sein. Andererseits, wenn man bedenkt dass sich sogar große Teile einer Bevölkerung von einem Diktator zu unfassbaren Dingen hinreißen lassen, sind diese unheilsamen Anlagen wohl nicht gerade selten.

  • mukti:
    Doris Rasevic-Benz:

    Man denke nur an die Sonnentempler, an Jonestown u.a. Scientology ist auch so gestrickt. Jeder fragt sich, wie das geschehen konnte, und ob die Leute das nicht gemerkt haben. Aber im Grunde handelte es sich um dasselbe Phänomen mit denselben Mechanismen, und fast jeden kann es treffen.


    Fast jeden glaube ich nicht, es werden schon bestimmte Voraussetzungen und Veranlagungen dazu nötig sein. Andererseits, wenn man bedenkt dass sich große Teile einer Bevölkerung von einem Diktator zu unfassbaren Dingen hinreißen lassen, sind diese unheilsamen Anlagen wohl nicht gerade selten.


    Du kennst doch das berühmte Milgrim-Experiment. Es gibt viele ähnliche. Die Teilnehmer sind liebe, nette Leute, die sich nie was zuschulden kommen ließen und das wohl auch nie wieder tun würden. Mit Sicherheit waren sie entsetzt über sich selbst.


    Manche denken: "Ach, ich wäre in so einer Diktatur dann ohnehin in der Opposition. Mir kann da nix passieren." Aber solche Mechanismen findet man auch in der Opposition, sogar im Gefängnis, in den Lagern und auch unter den Gefangenen. Und vergessen wir nicht, das sich Scientology beispielsweise als oppositionell definiert, als Widerstand gegen das etablierte System.
    Es werden einfach bestimmte menschliche, angeborene Mechanismen ausgelöst. Deshalb muss jeder auf sich achten und seinen Verstand benutzen. Es gibt Situationen, in denen wir in Gefahr laufen unseren Verstand und unser Mitgefühl zu verlieren. Ich finde es hochmütig, sich da nicht selbst zu hinterfragen.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • mukti:

    Ist nicht Tantra im Tibetischehn auch eine Sexualpraktik? Ich kenne das aus dem Hinduismus, wo sich unter diesem Begriff besonders im Westen freier Sex rasant ausgebreitet hat. Soviel ich weiß war diese Methode ursprünglich nur zulässig wenn dabei keinerlei körperliche Anhaftung im Spiel war. Weil man davon meistens nicht ausgehen kann, würde ich das Ganze als gut wie hinfällig sehen. Bei dem grassierenden Missbrauch wäre es wohl besser das abzuschaffen.


    Es ist leider so gut wie abgeschafft, und das ist Teil des Problems. Erstmal grundlegend: buddhistisches Tantra bezieht sich auf jegliche Art der Beziehung zu jemand oder etwas. Zuallererst zur "Buddhanatur". Sexuelle Übungen mit einem Partner sind eine spezielle "fortgeschrittene" Praxis die normalerweise nur von Paaren in einem langen Retreat durchgeführt werden. Dazu sind hier nur wenige Leute bereit oder in der Lage.


    Warum ich sage, dass es Teil des Problems ist, ist dass in der Entwicklung des Buddhismus in Tibet vom "wilden Yogitum" zum monastischen Staatssystem diese Übertragungen teilweise auf ungeeignete Weise von den Klöstern weiter gehalten wurden. Gleichzeitig findet eine geeignete Umwandlung natürlicher sexueller Energien anscheinend immer weniger statt. Wenn nun ein Lama als Kind schon zum Tulku erklärt wird, nicht aus eigenem Wunsch in diese Rolle gedrängt wird, sexuelle Gefühle hat und diese unterdrücken muss, dann ist eine unterbewusste Neigung, die aufgedrängte Rolle zu nutzen um sich auf der Ebene Möglichkeiten zu verschaffen, schon leicht psychologisch nachvollziehbar. Den normalen Umgang mit Frauen haben solche Lamas nie gelernt, und nun kommen sie mit westlichen Frauen in Kontakt, die eine ganz andere Haltung dem Lama gegenüber haben. Das soll nichts rechtfertigen (!!), aber einen kleinen Ansatz einer Erklärung liefern.


    Gut finde ich daher, wenn Lamas gesunde partnerschaftliche Beziehungen mit einem festen Partner führen oder gar die entsprechenden Gelübde ablegen und heiraten. Eine bessere Möglichkeit, die Gefahr von Missbrauch zu verringern gibt es wohl kaum, um es gibt z.B. keinen besonderen Grund, warum ein Lama mit einer vorwiegend westlichen Laien-Sangha selbst Mönch sein sollte.


    Der Verlogenheit des Systems und Tabuisierung von Missständen könnte man durch grundlegende Änderungen des Systems entgegenwirken, aber das geht natürlich nicht von heute auf morgen und muss jeweils gewollt sein.

    • Offizieller Beitrag
    mukti:

    Fast jeden glaube ich nicht, es werden schon bestimmte Voraussetzungen und Veranlagungen dazu nötig sein. Andererseits, wenn man bedenkt dass sich sogar große Teile einer Bevölkerung von einem Diktator zu unfassbaren Dingen hinreißen lassen, sind diese unheilsamen Anlagen wohl nicht gerade selten.


    Sehr interessant ist Harald Welzers Buch: "Täter: Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden" in dem es um das Reserve-Polizeibataillons 45 geht. In diesem befand sich ein ganz normaler Querschnitt der Gesellschaft und diese "ganz normalen Männer" wurden dazu verdonnert, Juden zu ermordern.


    Den Leuten war es möglich, sich wenn sie die Arbeit nicht tun konnte, sich wegversetzten zu lassen. Man galt da zwar als Memme und als jemand der die anderen mit der Arbeit allein lies, aber hatte mit keinen weiteren Sanktionen zu rechnen ( war also kein Deserteur oder Befehlverweigerer) Allerdings machten nur 15% der Leute von dieser Möglichkeit Gebrauch. Unheilsame Anlagen, also in dem Sinne das sie kaltblütig Leute umbringen konnten hatten nur so weitere 15%. Die grosse Masse der Täter erledigte die Tötungsarbeit weiderwillig und litt an Traumata und psychosmatischen Krankheiten.


    Aber so wie sich 90% aller deutschen Männer als überdurchschnittlich gute Autofahrer sehen, wird an sich wohl auch selber sehr schnell bei den ethischen 15% sehen.

  • Kilaya:

    Zitat

    Gut finde ich daher, wenn Lamas gesunde partnerschaftliche Beziehungen mit einem festen Partner führen oder gar die entsprechenden Gelübde ablegen und heiraten.


    Ich glaube nicht, dass die Gefahr von Missbrauch durch "regemäßigen Sexualverkehr mit festen Partner" abgemildert oder verhindert wird.

  • Doris Rasevic-Benz:


    Du kennst doch das berühmte Milgrim-Experiment. Es gibt viele ähnliche. Die Teilnehmer sind liebe, nette Leute, die sich nie was zuschulden kommen ließen und das wohl auch nie wieder tun würden. Mit Sicherheit waren sie entsetzt über sich selbst.


    Manche denken: "Ach, ich wäre in so einer Diktatur dann ohnehin in der Opposition. Mir kann da nix passieren." Aber solche Mechanismen findet man auch in der Opposition, sogar im Gefängnis, in den Lagern und auch unter den Gefangenen. Und vergessen wir nicht, das sich Scientology beispielsweise als oppositionell definiert, als Widerstand gegen das etablierte System.
    Es werden einfach bestimmte menschliche, angeborene Mechanismen ausgelöst. Deshalb muss jeder auf sich achten und seinen Verstand benutzen. Es gibt Situationen, in denen wir in Gefahr laufen unseren Verstand und unser Mitgefühl zu verlieren. Ich finde es hochmütig, sich da nicht selbst zu hinterfragen.


    Ja das ist traurig, und wer weiß ab welchem Punkt man Vernunft, Mitgefühl oder den Mut verliert solange man nicht in eine entsprechende Situation gerät, das stimmt ja. Immerhin bin ich, auch bei Integration in eine Yoga-Gesellschaft, noch keinem falschen Guru auf den Leim gegangen. Aber es haben halt nicht alle die Dummheit an der gleichen Stelle, bei mir ist sie anderswo.

  • kilaya:


    ........
    Gut finde ich daher, wenn Lamas gesunde partnerschaftliche Beziehungen mit einem festen Partner führen oder gar die entsprechenden Gelübde ablegen und heiraten. Eine bessere Möglichkeit, die Gefahr von Missbrauch zu verringern gibt es wohl kaum, um es gibt z.B. keinen besonderen Grund, warum ein Lama mit einer vorwiegend westlichen Laien-Sangha selbst Mönch sein sollte.


    Danke für die Erklärungen zum Tantra. Den monastischen Stand sehe ich schon als sehr wertvoll an, vielleicht wäre es eine Lösung es bei Lamas freizustellen welchen Weg sie da nehmen möchten, wie es auch bei Priestern der Katholiken diskutiert wird. Jedenfalls erzwingt der am Dhamma nagende Zahn der Zeit wohl überall zu Veränderungen.

  • mukti:

    Danke für die Erklärungen zum Tantra. Den monastischen Stand sehe ich schon als sehr wertvoll an, vielleicht wäre es eine Lösung es bei Lamas freizustellen welchen Weg sie da nehmen möchten, wie es auch bei Priestern der Katholiken diskutiert wird.


    Formal gesehen steht es ihnen frei. Ein Lama muss kein Mönch sein wie es viele demonstrieren. Und er kann auch die als Kind abgelegten Gelübde wieder zurückgeben.


    Hindernis sind die Erwartungen der Familie, Klöster, Sanghas usw. aber eine formale Änderung an den Möglichkeiten braucht es eigentlich nicht.

  • Einer der beiden 17. Karmapas hat kürzlich auch geheiratet. Ich glaube nicht, dass er deshalb kein Karmapa mehr ist.

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Morpho:

    Kilaya:

    Zitat

    Gut finde ich daher, wenn Lamas gesunde partnerschaftliche Beziehungen mit einem festen Partner führen oder gar die entsprechenden Gelübde ablegen und heiraten.


    Ich glaube nicht, dass die Gefahr von Missbrauch durch "regemäßigen Sexualverkehr mit festen Partner" abgemildert oder verhindert wird.

    Vielleicht hilft ein anderer Umgang mit Sexualverkehr. Aber das wird wohl nichts bringen denn die Medien die benutzt werden um die Sexualverkehrsfantasien anzuregen sind nicht aus der Welt zu bringen. Außerdem würde ja ein Aufklären über unangemessenen Sexualverkehr einige anregen dieses Unangemessene auszuleben. Wenn dann Reue auftritt ist der Bann aber schon gebrochen.

  • mukti:

    Wie ist das nun mit dem verführt werden? Kann man so naiv sein sich Leidenschaften gefallen zu lassen in der Annahme das gehörte zum Weg der Befreiung? Ich meine jeder kann sich zumindest ein allgemeines Bild davon machen was Buddha-Dhamma bedeutet, so es ihm nur ein wenig ernst damit ist. Es ist ja nicht wie bei einem gewöhnlichen Betrug, etwa dass man aus heiterem Himmel an der Straßenecke abgepasst und mit einem schäbigen Trick um Geld erleichtert wird. Man stolpert gewöhnlich nicht ohne jede Kenntnis in eine buddhistische Gesellschaft und beschränkt sich ausschließlich auf den Lehrer dort, den man vielleicht für einen Heiligen hält. Man hat eine Vorstellung was man dort will, was man überhaupt in seinem Leben erreichen will, welchen Sinn man darin sieht. Es gibt auch massenhaft Informationen über die Lehre, da wird schon an den Eckpunkten schnell klar, worum es geht.
    Aber ich kann es auch nur aus meiner Perspektive sehen und nach eigener Erfahrung.


    Richtig, man nennt das "Curse of knowledge", eine cognitive Verzerrung, die es einem "Wissenden" schwer macht, sich in die Situation eines "Unwissenden" hineinzuversetzen, ganz häufig gepaart mit "cold-to-hot empathy gap", also der Untersätzung, wie sehr, in diesem Fall, leidende Menschen allein von ihren Emotionen getrieben werden, ohne dass sie viele Valenzen haben, dem entgegenzuwirken.


    mukti:

    Ohne ein gewisses Misstrauen allgemein den Menschen gegenüber kommt man sowieso nicht unbeschadet durch die Welt. Und wie ich nicht jedem Lehrer von vornherein bedingungslos vertrauen würde, so auch nicht einem Schüler, der an einem offensichtlich schlechten Lehrer festhält. Man kann da schon zuerst mal ein bisschen auf die Nase fallen, aber schon die ersten begründeten Zweifel über die Integrität eines Lehrers sollten doch zu Vorsicht mahnen.


    Ich finde, "Misstrauen" bringt da einen falschen Ton rein. Es geht eher um Rationalität im allgemeinen Sinne. Hier beißt sich aber die Katze in den Schwanz. Leute lassen sich ja nun gerade auf auf eine Religion ein, weil sie von der "weltlichen Rationalität" grundlegend enttäuscht sind, und erhoffen sich Erkenntnis und Heilung aus einem Bereich, der angeblich diese übersteigt, iwas "dahinter", "darüber" - und sie kommen in den allermeisten Fällen einfach nicht auf die Idee, daß das, was sie vorher abgestoßen hatte, nur eine korrumpierte Rationalität war, und daß sie nun, so schlecht ausgerüstet, einer ebenso korrumpierten "Überrationalität" (aka "Intuitionalität") in die Fänge laufen.

  • Zitat

    Der Dalai Lama gab zu, dass er keinen Lama nennen könne, von dem er denkt, dieser habe diese Ebene der Verwirklichung erreicht. Lediglich große Meister, wie z.B. der Inder Tilopa (988–1069), die alle Anhaftungen an konventionelle Dinge transzendiert haben, seien in der Lagesexuelle tantrische Praktiken zu nutzen, ohne sich selbst oder ihren Schülern zu schaden. Aber solche außergewöhnlichen Individuen, fügte er hinzu, seien sehr selten.


    https://info-buddhismus.de/Tibetischer_Buddhismus.html#GDTB

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • void:
    mukti:


    Sehr interessant ist Harald Welzers Buch: "Täter: Wie aus ganz normalen Menschen Massenmörder werden" in dem es um das Reserve-Polizeibataillons 45 geht. In diesem befand sich ein ganz normaler Querschnitt der Gesellschaft und diese "ganz normalen Männer" wurden dazu verdonnert, Juden zu ermordern.


    Den Leuten war es möglich, sich wenn sie die Arbeit nicht tun konnte, sich wegversetzten zu lassen. Man galt da zwar als Memme und als jemand der die anderen mit der Arbeit allein lies, aber hatte mit keinen weiteren Sanktionen zu rechnen ( war also kein Deserteur oder Befehlverweigerer) Allerdings machten nur 15% der Leute von dieser Möglichkeit Gebrauch. Unheilsame Anlagen, also in dem Sinne das sie kaltblütig Leute umbringen konnten hatten nur so weitere 15%. Die grosse Masse der Täter erledigte die Tötungsarbeit weiderwillig und litt an Traumata und psychosmatischen Krankheiten.


    Naja widerwillig zu töten ist auch töten, die unheilsame Anlage liegt da in der Fahrlässigkeit, schlecht zu handeln aufgrund irgendwelcher Vorteile. Was auch unreflektierte Autoritätshörigkeit mit einschließt, z.B. um sich integriert fühlen zu können. Aber nur 15% haben sich rausgehalten, und ihre Motive wird man nicht kennen, aus rein ethischen Gründen bleibt nur eine kleine Minderheit. Wäre das Heilsame so überwiegend, würde die Welt anders aussehen. Das enthebt die verführte Mehrheit aber nicht restlos von jeglicher Schuld, das wäre nur der Fall wenn man alle zur Teilnahme gezwungen hätte. Oder auch nicht so ganz? Wer selbst unter Zwang nicht mitmacht und koste es das eigene Leben, ist jedenfalls unzweifelhaft unschuldig. Davon gibt es bei sowas noch viel weniger.

  • Ich möchte noch einmal und etwas ausführlicher auf den Punkt 'Prüfen des Lehrers' eingehen. Die meisten buddhistischen Traditionen fordern Vertrauen in den Lehrer, einige gar Hingabe. Auch im weniger die Lehrer-Schüler-Beziehung betonenden Theravada spielt die Überwindung von skeptischem Zweifel (vicikicchā) als eines der Hemmnisse (nīvarana) bzw. Fesseln (samyojana) eine zentrale Rolle. Dies führt in einer Lehrer-Schüler-Beziehung notwendig zu einem starken Autoritätsgefälle. Es ist sicher nachvollziehbar, dass besonders Menschen mit einer Ich-Schwäche (mit konformistischer oder autoritärer Persönlichkeit) diese Beziehung als Unterordnung verstehen und willig akzeptieren, wobei sicher keine geringe Rolle spielt, dass im Kontext Dharma-Schulung Ich-Schwäche häufig als etwas positives, weiter zu entwickelndes (miß)verstanden wird. Das macht dann diese Lehrer-Schüler-Beziehung auch extrem anfällig für Missbrauch, für materielle und sexuelle Ausbeutung des Schülers.


    Um so höher müssen die Anforderungen an die Vertrauenswürdigkeit des mit einer solchen potentiell destruktiven Autorität ausgestatteten Lehrers sein. Die immer wieder als Remedium angeführte "gründliche Prüfung" eines potentiellen Lehrers durch einen potentiellen Schüler vor Eingehen einer Beziehung ist jedenfalls mE nicht hinreichend. Das mag in den klassischen settings einigermaßen funktioniert haben - d.h. in einem monastischen, in eine buddhistisch geprägte Kultur eingebetteten Kontext, wo es zum einen eine große Auswahl an potentiellen Lehrern gab und zum anderen auch die Möglichkeit, mit diesen jeweils eine hinreichende Zeit zu praktizieren. Hinzu kam in diesem setting eine wechselseitige 'peer control' der Lehrer. Und vor allem: ein solides Grundlagenwissen.


    Dieses setting gibt es hier im Westen allenfalls ansatzweise. Deswegen funktioniert das mit der "gründlichen Prüfung" auch nicht wirklich - allenfalls bei Menschen mit einem gesunden Ego (wem der Ausdruck missfällt, mag ihn gerne mit 'gesunden Menschenverstand' ersetzen). Unser setting im Westen ist charakterisiert durch eine laizistische, durch einen hohen Grad von Arbeitsteilung geprägte Gesellschaft. Da wird selbst die Vertrauensbildung (übrigens auch die Vertrauenszerstörung) 'outgesourced', an Andere delegiert. D.h. das Vertrauen erarbeitet man in der Regel nicht sich selbst, sondern man verlässt sich auf externe Quellen. Deswegen ist Guru-Marketing gerade bei großen Gruppierungen wie Rigpa oder Diamantweg ein ganz zentraler Faktor. Durch Internetauftritte, Zeitschriften, Bücher - der Lehrer wird zur Marke gemacht und das Vertrauen, das so erzeugt wird bzw. werden soll ist ein Markenvertrauen. Eines in das Image des Lehrers, nicht in ihn selbst.


    Das funktioniert vor allem deswegen, weil - auch dies ein Aspekt von Arbeitsteilung - nicht alle den Willen und die Zeit aufbringen wollen, sich selbst zunächst einmal die Kriterien zu erarbeiten, aufgrund derer ein potentieller Lehrer überhaupt beurteilt und ausgewählt werden kann. D.h. es fehlt nur zu häufig an der Bereitschaft, vorab die erforderliche Grundlagenarbeit des Selbststudiums zu leisten. Also der Aufforderung Buddhas zu folgen: "Komm und sieh selbst". Und genau da liegt auch ein erstes Versagen so mancher Lehrer vor - es soll ja auch der Lehrer den Schüler prüfen, ob dieser überhaupt schon bereit für eine Lehrer-Schüler-Beziehung ist. Manchmal habe ich den Eindruck, dass in dieser Beziehung das Prinzip der Prüfung des Schülers noch stärker missachtet wird, als das der Prüfung des Lehrers - wenn ich etwa so etwas sehe.


    Vertraut wird also allzu häufig nicht dem Lehrer, sondern dessen Image. Hier liegt auch die Berechtigung der Kritik. Wenn das Image ein falsches Bild des Lehrers gibt, dann sollte man im wohlverstandenen Interesse von Wegsuchern das öffentliche Image dem Lehrer etwas ähnlicher machen. Das nennt man Aufklärung - auf Englisch: enlightenment.

    Kant:

    Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Leitung eines andern zu bedienen. Selbstverschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht aus Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Mutes liegt, sich seiner ohne Leitung eines andern zu bedienen.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Sudhana:

    Die meisten buddhistischen Traditionen fordern Vertrauen in den Lehrer, einige gar Hingabe.


    Ehrlich gesagt, ist dies noch nie, nie an mich persönlich herangetragen worden - und deshalb wundert es mich auch nicht wenig, wenn davon andernorts immer wieder die Rede ist.