• Offizieller Beitrag

    Hallo Monika.


    Zitat

    Was also willst Du, Thorsten, eigentlich mit der Zerpflückung der Texte erreichen? Hilft es Dir irgendwie weiter? Macht es Dich gelassener, friedvoller?


    Wieso zerpflücken? Ich folge dem Ratschlag des Buddha. Ich prüfe, ob seine Lehre, seine Auffassung von Wirklichkeit für mich stimmen. Ich durchdenke die Konsequenz dessen, was er gesagt hat, und versuche das auf mein Leben anzuwenden und es in der Meditation nachzuempfinden. Und ich frage mich, wie andere damit umgehen. Ich finde das wichtig, um mir nicht einen Buddhismus zurechtzulegen, der dann irgendwie schon passen wird, indem ich das ausblende, was mir nicht passt. Und ja, es hilft mir weiter, sehr sogar. Zwischendurch regt es mich auf, weil mich die buddhistische Lehre beschäftigt. Lies mal hier, nichts anderes mache ich:


    Majjhima Nikāya 95


    Zitat

    Aber was, Meister Gotama, ist am hilfreichsten für das endgültige Erlangen der Wahrheit? Wir fragen Meister Gotama nach der Sache, die am hilfreichsten für das endgültige Erlangen der Wahrheit ist."

    "Bemühen ist am hilfreichsten für das endgültige Erlangen der Wahrheit, Bhāradvāja. Wenn man sich nicht bemüht, wird man die Wahrheit nicht endgültig erlangen; aber weil man sich bemüht, erlangt man die Wahrheit endgültig. Deshalb ist Bemühen am hilfreichsten für das endgültige Erlangen der Wahrheit."

    23. "Aber was, Meister Gotama, ist am hilfreichsten für das Bemühen? Wir fragen Meister Gotama nach der Sache, die am hilfreichsten für das Bemühen ist."

    "Genaues Prüfen ist am hilfreichsten für das Bemühen, Bhāradvāja. Wenn man nicht genau prüft, wird man sich nicht bemühen; aber weil man genau prüft, bemüht man sich. Deshalb ist genaues Prüfen am hilfreichsten für das Bemühen."

    24. "Aber was, Meister Gotama, ist am hilfreichsten für genaues Prüfen? Wir fragen Meister Gotama nach der Sache, die am hilfreichsten für genaues Prüfen ist ist."

    "Die Anwendung des Willens ist am hilfreichsten für genaues Prüfen, Bhāradvāja. Wenn man seinen Willen nicht anwendet, wird man nicht genau prüfen; aber weil man seinen Willen anwendet, prüft man genau. Deshalb ist die Anwendung des Willens am hilfreichsten für das Bemühen."

    25. "Aber was, Meister Gotama, ist am hilfreichsten für die Anwendung des Willens? Wir fragen Meister Gotama nach der Sache, die am hilfreichsten für die Anwendung des Willens ist."

    "Eifer ist am hilfreichsten für die Anwendung des Willens, Bhāradvāja. Wenn man keinen Eifer hervorbringt, wird man seinen Willen nicht anwenden; aber weil man Eifer hervorbringt, wendet man seinen Willen an. Deshalb ist Eifer am hilfreichsten für die Anwendung des Willens."

    26. "Aber was, Meister Gotama, ist am hilfreichsten für den Eifer? Wir fragen Meister Gotama nach der Sache, die am hilfreichsten für den Eifer ist."

    "Ein reflektives Annehmen der Lehren ist am hilfreichsten für den Eifer, Bhāradvāja. Wenn man kein reflektives Annehmen der Lehren erlangt, wird kein Eifer hervortreten; aber weil man ein reflektives Annehmen der Lehren erlangt, tritt Eifer hervor. Deshalb ist ein reflektives Annehmen der Lehren am hilfreichsten für den Eifer."

    27. "Aber was, Meister Gotama, ist am hilfreichsten für ein reflektives Annehmen der Lehren? Wir fragen Meister Gotama nach der Sache, die am hilfreichsten für ein reflektives Annehmen der Lehren ist."

    "Untersuchen der Bedeutung ist am hilfreichsten für ein reflektives Annehmen der Lehren, Bhāradvāja. Wenn man ihre Bedeutung nicht untersucht, wird man kein reflektives Annehmen der Lehren erlangen; aber weil man ihre Bedeutung untersucht, erlangt man ein reflektives Annehmen der Lehren. Deshalb ist Untersuchen der Bedeutung am hilfreichsten für ein reflektives Annehmen der Lehren."

  • Thorsten Hallscheidt

    Wenn ich Deine "Argumentation" so lese, sehe ich viel von mir vor 40 Jahren. Auch ich las die Texte der Alten wie völlig zu begreifende Regeln und Vorschriften. Auch ich kam damit zu Vorstellungen wie Du sie hier schreibst. Ich "verstand" es im Intellekt und was (für mich) unlogisch war lehnte ich ab.

    Erst später, als ich mich von den Worten verabschiedet hatte und zum Wissen durch Erfahrung kam, öffnete sich mir die wahre Weisheit des Dhamma.

    Doch dies ist nicht allein erreichbar, sondern nur in einer Gemeinschaft mit einem wahren Freund, der Lehrer sein kann.


    Dir erklären, wie ich es sehe? Mit Worten unmöglich. Schon allein die erste Edle Wahrheit wirklich nur mit Worten zu verstehen ist Imho nicht moglich. Sich bei dukkha nicht vom Intellekt in die Irre führen zu lassen. Sich bei Dukkha nicht in Negativismus zu verlieren. Dukkha nicht als das "absolute" zu erkennen. Usw... Usf...

    "Anhaften" ist ebenso schwierig zu erkennen.


    Und die "schrecklichste" und am schwersten zu überwindende Anhaftung ist die Anhaftung an der Lehre.


    _()_

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Das stimmt so nicht. Ich den meisten Reden die Buddha für Hausleute hält ist die gesamte Lehre bis zu ihrem "höchsten" Punkt erläutert.

    ja, hier ist eine Rede an Hausleute, wo am Schluß auch der höchste Punkt vorkommt:

    Majjhima Nikaya 41-42


    Allerdings ist diese Rede an die Hausleute gar nicht pessimistisch. Nicht so wie Thorsten die Lehre des Buddha sieht. Das meine ich.


    Viele Grüße

    Rudolf

    :rainbow:

    • Offizieller Beitrag

    Das Gegenteil von "Freude" ist Freudlosigkeit. Wenn man im Thesaurus nach sieht, dann findet man folgende Synonyme:

    Die Idee, dass Buddha zur Freudlosigkeit aufruft, ist nur ein Missverständnis.


    Der Punkt ist ja dass man seine heitere Stimmung nicht durch bestimmte Situationen und Anlässe bedingen lassen soll. Und dann geknickt und bekümmert ist, wenn die Anlässe nicht vorliegen.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Jianwang.


    Ich weiß, ich weiß... Es gibt einige Buddhisten, die schon so weit fortgeschritten sind, dass sich bei Ihnen "die Weisheit des Dharma" bis zur totalen Sprachlosigkeit hin geöffnet hat (Ich gehöre auch zuweilen dazu)... Schwer allerdings sich mit diesen "großen Weisen" zu unterhalten. ;)


    Ich neige alle paar Jahre mal zu einer vielleicht vergleichbaren Haltung (Ich nenne das für mich persönlich Hybris). Allerdings ist es nach meiner Erfahrung nicht gut, sich auf der einmal erlangten "Weisheit" auszuruhen. Für mich ist die Lehre ein Weg, der aus drei gleichzeitigen Formen der Reflexion – intellektuellem Verstehen, kontemplativem Begreifen, meditativem Erfahren – besteht, die alle drei gleich wichtig sind – und es zeitlebens bleiben.


    Die "Sprachlosigkeit der Weisheit" schützt mich unter Umständen davor, Verständnisfehler, Trugschlüsse und Illusionen bei mir selbst entdecken zu müssen. Etwa nach dem Motto: "Ich weiß Bescheid und muss mich nicht mehr um das intellektuelle Verständnis der Lehre kümmern."


    Tja. Pustekuchen!


    Selbst die ganz alten Mönche kommen immer wieder zum Buddha, um sich die Lehre erklären zu lassen. Und das nicht etwa, weil sie in jungen Jahren nicht gut aufgepasst hätten. Die Themen wiederholen sich, das intellektuelle und intuitive Verständnis wandelt sich immer wieder mit den Jahren.


    Zum Thema Logik. Es geht mir nicht um Logik. Ich frage mich, ob ich die pauschale Bewertung des Lebens als Leiden, für mich so stehen lassen kann. Ich habe eine kleine Tochter, sie ist sieben Jahre alt und sehr fröhlich. Sie liebt den Wind, die Tiere, die Natur, die Sonne, sie freut sich auf ihren Geburtstag, weil sie Geschenke bekommt, oder auf den Winter, weil sie da Schlitten fahren kann. Ich schaue sie an und frage mich, ob Freude am Dasein immer eine Freude am Leiden bedeutet, in welchem Falle sie das nicht tut. Welche Anteile daran Anhaftung sind. Was hat das mit Logik zu tun? Es geht um lebendige Erfahrung mit der Lehre.


    Warum kannst Du nicht erklären, was in Deinem Leben Freude, Leiden und den Umgang damit bedeutet? Würdest Du die Lehre auf Dein konkretes Leben anwenden, würde es Dir keine Probleme bereiten, über Deine Erfahrungen in dieser Sache zu schreiben. Sooo schrecklich kompliziert ist das nun auch nicht. Immerhin habe ich Dich ja nicht nach einer Erklärung der Leerheit oder des Nirvana gefragt!


    Aber ich kenne das auch schon aus anderen buddhistischen Kontexten. Ein wirklicher Austausch über die Lehre anhand des eigenen Lebens findet eher selten statt. Entweder die Diskutanten sind schon zu "weise", zu weit fortgeschritten, um über solche Dinge überhaupt reden zu können (oder zu wollen), oder sie haben Angst, sich offentlich eine Blöße zu geben, oder sie trennen Leben und Lehre überhaupt komplett.


    Irgendwie nervt das, und nicht nur mich alleine...


    Viele Grüße


    T

  • Falls mal Reden von Buddha pessimistisch rüberkommen sollten wird es Zeit das Du den Dorn suchst. Auch bei Thorsten muss du nur in Gedanken die Seite wechseln und schon ich alles neutral zeigend.

    • Offizieller Beitrag

    Normalerweise nennt wir ja etwas "Leiden", wenn es im Vergleich zum " Normalzustand" schlecht ist, und "Freude" wenn es den Normalzustand übersteigt.


    Der Nullpunkt dieser Skala ist aber ziemlich beliebig festgelegt. So wie auf der Celsius Temperaturskala der 0 Wert einfach beim Gefrierpunkt festgelegt wurde.


    Daneben gibt es aber ja die Kelvin Temperaturskala die vom absoluten Nullpunkt ausgeht. Und so geht eben auch Buddha der das vollkommene Versiegen von Leid erreicht hat, von einer Skala aus, wo dies der Nullpunkt ist. Und von dieser Skala aus ist eben das was wir als Normalzustand sehen und von dem wir Freud und Leid bemessen, schon sehr leidvoll.


    Wenn man diese verschiedenen Skalen nicht im Kopf hat, kommt Buddha wahrscheinlich als pessimistisch und einseitig negativ rüber.

  • Also ich bin jedenfalls mit diesen Aussagen nicht einverstanden. Wäre Buddha ein heutiger, zeitgenössischer Philosoph oder Religionsstifter, würde ich alleine schon die Zielsetzung bezweifeln. Was soll das für eine Heilslehre sein, die alles, was existiert, als Krankheit bezeichnet, und die Heilung darin sieht, sich von allem abzuwenden?! Auch die Ängstlichkeit, mit der in allem, was im Moment an freundlichen und freudigen Aspekten besteht, die Vergänglichkeit betont wird, erinnert mich an meine vollkommen desillusionierte und frustrierte Oma, die bei allen Plänen und Hoffnungen, die mich in meiner Jugend bewogen haben, meine Leben zu gestalten, kopfschüttelnd sagte: Komm erst einmal in mein Alter, dann kommt der Ernst der Lebens, dann wirst Du Deine Flausen schon verlieren...

    Vielleicht war deine Oma ja auch einfach weiser als du glaubst. :moon:


    Der Buddhismus ist in seinem Kern ganz klar eine weltverneinende Lehre, die tatsächlich alles bedingt existierende als Krankheit ansieht, die es zu kurieren gilt. Aber natürlich gewinnt man damit in unserer heutigen Spaßgesellschaft keinen Blumentopf mehr, deshalb verkauft man die Buddhalehre lieber unter einem seichten Wellness-Etikett mit "Wir-haben-uns-alle-ganz-doll-lieb"-Aufkleber. Mit dem paradoxen Resultat, dass es zahlreiche Buddhisten gibt, die mit dem eigentlichen Buddhismus nichts anfangen können.

  • Ich bin der Ansicht, dass die Lehre des Buddha weder weltverneinend noch pessimistisch ist. Er hat auch nicht gelehrt, dass alle bedingt existierenden Phänomene wie eine Krankheit sind, die es auszumerzen gilt. Dann wären auch die wahren Pfade (4.Edle Wahrheit) eine auszumerzende Krankheit, weil sie abhängig bestehen. So hat es der Buddha aber nicht gelehrt. Wenn man die Suttas liest, in denen Buddha die vier Wahrheiten erläutert hat, wird man weder Pessimismus noch Weltverneinung finden, aber man wird auch keine Gleichsetzung von Leben und Leid finden. Es gibt Leid im menschlichen Leben. Das wissen wir alle. Aber es gibt mehr als nur Leid in unserem Leben.


    Ich finde, die Lehre des Buddha ist sehr optimistisch, weil sie aufzeigt, wie wir die Leiden, die es nun mal in unserer Welt gibt, überwinden können, um einen Zustand zu erlangen, in dem es die Leiden und ihre Ursachen nicht mehr gibt. Dieser Zustand wird in der 3.Edlen Wahrheit beschrieben.


    So kann man aus den vier Wahrheiten eine langfristige, positive Perspektive gewinnen, die man dann dem eigenen Denken und Handeln zu Grunde legen kann. Schritt für Schritt können dann die unheilsamen Handlungen reduzieren werden und dementsprechend kann man den eigenen Geist durch heilsame Handlungen umwandeln kann. So wird er dann ruhiger und friedvoller und mitfühlender.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Bei dieser Gelegenheit, Arthur 1788, lass und doch mal erwähnen - denn das wissen vielleicht nicht alle hier - dass es wenigstens den einen westlichen Philosophen gibt, der ebenfalls gelehrt hat, dass es nur Leiden gibt und die vorrübergehende Befriedigung des Leidens, welches letztere in der Regel als "Glück" bezeichnet wird. Und Schopenhauer hat das auch begründet.


    Bei Schopenhauer habe ich auch das Zitat aus der Nikomachischen Ethik des Aristoteles gelesen: "Nicht nach dem Vergnügen, nach der Schmerzlosigkeit strebt der Vernünftige". Puh, das darf man auch nicht jedem Menschen heutzutage sagen.

    Und wenn man mal diese Stelle im Kontext nachliest, dann macht es den Eindruck, als halte Aristoteles das für völlig selbstverständlich, das sagt er quasi nur so nebenbei.


    Ich halte Thorstens Tadel an die "Logiker" hier für nicht gerechtfertigt. Wie schon andere gesagt oder angedeutet haben, ist es ja nicht möglich, hier in einem Forum, seine Erfahrungen mitzuteilen. Hier können nur Worte stehen, es ist ja sogar mündlich, wenn man jemandem gegenüber steht, sehr schwierig, einem anderen seine Erfahrungen annähernd adäquat mitzuteilen. Wie mir ein bestimmtes Bonbon schmeckt, wie soll ich das erklären?


    Daher hat ja auch der Buddha darauf verzichtet seine Gefühle oder seine früheren Leiden und Gefühle und (vielleicht) Verwirrungen und Sehnsüchte ganz persönlich zu schildern. Beim Buddha findet man Logik (z.B. Leerheit), oder er fordert uns auf seine generellen Aussagen selbst zu überprüfen durch unsere eigenen Erfahrungen, nur die können wir genau erfassen.

    :rainbow:

  • Der Punkt ist ja dass man seine heitere Stimmung nicht durch bestimmte Situationen und Anlässe bedingen lassen soll. Und dann geknickt und bekümmert ist, wenn die Anlässe nicht vorliegen.


    Mir ist auch schon der Audruck vorgekommen: "Freude der Entsagung".

    Nicht, dass ich diese aus eigener Erfahrung kenne (vielleicht mal punktuell ahnungsweise), aber es ist gut, wenn man schon mal hört was die Weisen und Yogis so sagen, was es gibt, was man erleben kann.

    So ist es ja mit Nirvana. Behauptet der Buddha, dass dies möglich ist.

    Manche Lamas lehren, dass es ohne Vertrauen nicht möglich ist Nirvana zu erreichen.

    :rainbow:

  • Wie konnte ich das bisher vergessen?

    Klar, weil ich (noch) kein Bodhisattva bin. ;)

    Es gibt da zusätzlich noch die Freude eines Bodhisattvas, die der Buddha in den Reden geschildert hat, die unter "Mahayana" einsortiert werden.

    Ganz überschwenglich, mit keiner anderen sogenannten Freude zu vergleichen, schildert z.B. Shantideva diese Freude (bodhicitta) im ersten Kapitel seines Bodhicaryavatara.


    Wer diese Freude hat, ist "über den Berg". Oder: hier ist der Weg schon das Ziel. Der Weg eines Bodhisattvas.


    Aber Vorsicht: bitte nicht aus Eigennutz Bodhicitta anstreben, sonst klappt es nicht. So wird's gelehrt.

    :rainbow:

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Daher hat ja auch der Buddha darauf verzichtet seine Gefühle oder seine früheren Leiden und Gefühle und (vielleicht) Verwirrungen und Sehnsüchte ganz persönlich zu schildern. Beim Buddha findet man Logik (z.B. Leerheit), oder er fordert uns auf seine generellen Aussagen selbst zu überprüfen durch unsere eigenen Erfahrungen, nur die können wir genau erfassen.


    Es gibt im Palikanon zahllose Gleichnisse, die sehr genau beschreiben können, wie sich etwas anfühlt. Die ganze Literatur (weltlich wie religiös) besteht aus mehr oder weniger gelungenen Versuchen, Erfahrung vermittelbar zu machen. Eine Erfahrung wird das nicht ersetzen. Aber das muss es ja auch nicht.


    Wenn ich Dir sage, ein Bonbon schmeckt nach Orange, wirst Du eine Vorstellung bekommen, auch wenn die eigentliche Erfahrung nie mit der Sprache, die sie beschreibt, identisch ist oder sein kann.

  • Wenn ich Dir sage, ein Bonbon schmeckt nach Orange, wirst Du eine Vorstellung bekommen, ...

    Vorausgesetzt dein Gesprächspartner weiß wie eine Orange schmeckt, weil er schon mal das Fruchtfleisch einer Orange gegessen hat.


    Gruß Helmut

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Im Samyutta Nikaya 35.19 sagt Buddha folgendes:


    Zitat

    "Wer, ihr Mönche, sich am Auge freut, an Ohr, Nase, Zunge, Körper, Geist und Formen, Tönen, Düften, Säften, Gegenständen, Dingen, der freut sich am Leiden.

    Wer sich aber, ihr Mönche, nicht daran freut, der freut sich nicht am Leiden. Wer sich nicht am Leiden freut, der ist befreit vom Leiden, sag ich."



    Ach, so. Das kennt ihr also aus eigener Erfahrung?

    Okay

    Aber einige hier im Thread scheinen das nicht zu kennen.

    Eben. Und wie soll man ihnen das in diesem Forum erklären, was der Buddha da sagt?

    :rainbow:

    • Offizieller Beitrag

    Das ist doch eigentlich sehr einfach:


    "Wenn man seine Freude an Bedingungen fesselt, freut man sich nicht, wenn die Bedingungen nicht erfüllt sind. "


    "Wenn nur happy wenn A, nicht happy wenn nicht A."


    Probleme entstehen nur, wenn man Worte so aufassst, als fordern sie einen dazu auf, unfroh und unglücklich zu sein.


    "Freue dich nicht an Blumen sondern funkle sie grimmig an, die garstigen Geschöpfe. "

  • Ich bin der Ansicht, dass die Lehre des Buddha weder weltverneinend noch pessimistisch ist. Er hat auch nicht gelehrt, dass alle bedingt existierenden Phänomene wie eine Krankheit sind, die es auszumerzen gilt. Dann wären auch die wahren Pfade (4.Edle Wahrheit) eine auszumerzende Krankheit, weil sie abhängig bestehen. So hat es der Buddha aber nicht gelehrt. Wenn man die Suttas liest, in denen Buddha die vier Wahrheiten erläutert hat, wird man weder Pessimismus noch Weltverneinung finden, aber man wird auch keine Gleichsetzung von Leben und Leid finden. Es gibt Leid im menschlichen Leben. Das wissen wir alle. Aber es gibt mehr als nur Leid in unserem Leben.


    Ich finde, die Lehre des Buddha ist sehr optimistisch, weil sie aufzeigt, wie wir die Leiden, die es nun mal in unserer Welt gibt, überwinden können, um einen Zustand zu erlangen, in dem es die Leiden und ihre Ursachen nicht mehr gibt. Dieser Zustand wird in der 3.Edlen Wahrheit beschrieben.

    DANKE für deine klugen Worte!

  • Probleme entstehen nur, wenn man Worte so aufassst, als fordern sie einen dazu auf, unfroh und unglücklich zu sein.


    "Freue dich nicht an Blumen sondern funkle sie grimmig an, die garstigen Geschöpfe. "

    Auf mich wirkt es hier so, als ob einige Teilnehemer den Buddhismus, insbesondere den Palikanon, als ständig neue Rechtfertigung für ihre negative Weltsicht missbrauchen. Da mischen sich Fatalismus, Nihilismus mit zum Teil deutlichen Depressionen ... Wie praktisch, dass man eine Religion als Rechtfertigung dazu benutzen kann, nicht die eigene negative Weltsicht überprüfen und ändern zu müssen. Wenn man wirklich lange Zeit nur Negatives erfährt und keine Kraft mehr hat, die positiven Dinge des Lebens zu entdecken, würde es Zeit, eine Therapie zu machen, statt sich hier im Forum als besonders Erkenntnisreicher darzustellen.

  • Zum Thema Logik. Es geht mir nicht um Logik. Ich frage mich, ob ich die pauschale Bewertung des Lebens als Leiden, für mich so stehen lassen kann.

    Nein, kannst du nicht, musst du nicht und sollst du nicht. Das klingt dir hier aus fast jedem Beitrag entgegen :). Wünsche dir ein freudvolles Wochenende.

  • Zunächst einmal ist es sinnvoll, sich dem Thema 'Freude' in Buddhas Lehre auf Grundlage einer ernsthaften Auseinandersetzung mit dem Begriff duhkha zu nähern. Was wiederum nichts anderes heisst, als sich um ein korrektes Verständnis der sog. 'ersten Wahrheit' zu bemühen. Dazu ist das Studium der schriftlichen Überlieferung nur die halbe Miete. Besser gesagt: nur ein Drittel. Es ist vielmehr erst der trialektische Ansatz śīla-samādhi-prajñā, der hier mit der Zeit zu einem tieferen Verständnis dessen führt, was duḥkha ist, was die erste Wahrheit ausdrückt. Der Buddhadharma ist nun einmal keine Philosophie, sondern ein Yoga. Duḥkha einfach mit 'Leiden' zu übersetzen hilft wenig.


    Unter dem Vorbehalt, dass eine rein intellektuelle Annäherung an duhkha bestenfalls eine Andeutung geben kann, was dieser Begriff beinhaltet (und im ungünstigsten Fall irreführend ist) möchte ich auf den hier schon erwähnten ersten deutschen 'Budhaisten' Arthur Schopenhauer verweisen, der mE einen trotz seiner Unzulänglichkeit (insofern rein theoretisch) sehr erhellenden Blick auf das Problem, um das es hier geht, eröffnet: zensplitter: Duhkha. Ergänzend dazu sei hier angemerkt, dass Schopenhauers Pessimismus in keiner Weise mit seiner auf Platos Ideenlehre beruhender Ästhetik kollidiert (die viele Künstler insbesondere des 19. Jahrhunderts inspirierte) und dass er selbst insbesondere Musik nicht nur zu schätzen wusste (insbesondere Rossini) sondern auch ausübte. Man geht sicher nicht fehl in der Annahme, dass er am Musizieren Freude hatte ...


    Eines der tiefergehenden Missverständnisse ist es, aus Buddhas Pessimismus (im philosophischen Sinn) einen Nihilismus abzuleiten. Buddhas Darlegung der ersten Wahrheit stützt sich zum einen auf eine Analyse des Seins, die zu den drei allen Seinsmomenten (dharmas) gemeinsamen Seinsmerkmalen (trilakṣaṇa) führt - anitya, duḥkha, anātman. Diese 'Merkmale' stehen nicht jeweils für sich, sondern bedingen einander - insbesondere bedingen anitya und anātmanduḥkha, das das durchgehende Merkmal der Erfahrungsqualität des Seins ist. Bemerkenswert ist dabei, dass anātman Merkmal aller Seinsmomente (dharmas) ist, während anitya und duhkha Merkmale aller bedingten (oder zusammengesetzten) Seinsmerkmale / dharmas sind. Was im Umkehrschluss bedeutet, dass ein nicht-bedingtes dharma nicht das Merkmal der Leidhaftigkeit trägt. Hier deutet sich der 'Ausweg' aus der Leidhaftigkeit des Seins an und daher ist es auch ein Grundthema insbesondere der frühen buddhistischen Philosophie, die dharmas zu identifizieren und da zwischen bedingten und nicht-bedingten dharmas zu unterscheiden. Es gab da verschiedene Modelle, die insoweit übereinstimmen, als nirvāṇa als nicht-bedingtes dharma klassifiziert wird. Im Theravada ist nirvāṇa das einzige nicht-bedingte dharma - historische Systeme unterschieden z.T. zwischen verschiedenen Formen des nirvāṇa oder zählten auch den Raum als nicht-bedingtes dharma.


    Wie schon erwähnt, ist duḥkha als Seinsmerkmal eine Erfahrungsqualität - mithin hat dieses Merkmal außer objektiven Bestimmungen, die es bedingen (anitya, anātman - bemerkenswerterweise negative Bestimmungen) auch eine subjektiv-psychologische, die dann zur zweiten Wahrheit überleitet: tṛ́ṣṇā, (Pali tanha) - den 'Durst', das Begehren. Genau hier ist dann auch der therapeutische Ansatz Buddhas zur dauerhaften Überwindung von duḥkha. Tṛ́ṣṇā ist seinerseits bedingt durch die komplementären Geistesantriebe lobha und dveṣa, 'Gier' und 'Hass' (auch diese Begriffe sind, wie duḥkha,Leiden, Fachbegriffe und nicht einfach im umgangssprachlichen Sinn zu verstehen), die wiederum avidya, 'Unwissen', als gemeinsame Wurzel haben.


    Beim Verständnis von tṛ́ṣṇā ist es von besonderer Bedeutung, das Prinzip des mittleren Weges zu beachten, weil man sonst leicht in den oben erwähnten Nihilismus abgleitet. Bei tṛ́ṣṇā lassen sich drei Grundformen unterscheiden, die verschiedene Formen von Verlangen, von Durst in zunehmender Subtilität sind: kama-tṛ́ṣṇā, bhava-tṛ́ṣṇā und vibhava-tṛ́ṣṇā. Ihr gemeinsamer Oberbegriff ist samudaya, meist als 'Ursache des Leidens (duḥkha)' übersetzt, also die zweite Wahrheit. Samudaya ist das, was mit duḥkha untrennbar verbunden ist – das 'Mitaufsteigende' ('sam' = mit, 'du' = auf). Ohne samudaya kein duḥkha und umgekehrt. Im Grunde ist samudaya Unterscheiden, Messen, Werten und dies ist wiederum nichts Anderes als das Aufsteigen von Gier und Hass, Zu- und Abneigung, Lust und Unlust.


    kama-tṛ́ṣṇā steht für das Verlangen(!) nach sinnlichem Input, nach Reizung der Sinnesorgane zur Auslösung angenehmer Empfindungen. Das leidverursachende Problem sind dabei nicht die Empfindungen selbst, sondern eben das Verlangen danach - das notwendig nur zeitweise befriedigt werden kann und immer wieder frustriert wird. Etwas subtiler ist nun bhava-tṛ́ṣṇā, der Wunsch nach Werden. Dieses Verlangen kann durchaus eine Falle für den Übenden auf dem Weg Buddhas sein - es ist z.B. der Wunsch nach Anerkennung, der Wunsch, die eigene Übung und Tiefe des Erkennens anerkannt zu sehen, sei es durch die Mitübenden oder durch den Lehrer. Die Überwindung dieses Wunsches nach Selbst-Bestätigung bedarf einer Einsicht (und damit ist keine intellektuelle Einsicht gemeint) in die Natur dieses Selbst - in anātman. Der Wunsch nach einem 'Werden' ist im tiefsten Grunde der nach einem ewigen 'Sein' - und scheitert damit auch an der 'objektiven' Bedingung anitya.


    Eine noch subtilere Falle - und definitiv ein Abweichen vom mittleren Weg - ist nun vibhava-tṛ́ṣṇā, das man zu Recht einen Vernichtungswillen nennen kann. Dabei kann der Vernichtungswille auf die als leidhaft erfahrenen Objekte gerichtet sein oder scheinbar tiefergehend auf das Subjekt der Erfahrung, so dass dann von einem 'Selbstvernichtungsbegehren' gesprochen werden könnte. Doch ist dies nur eine künstliche Unterscheidung – konkret existent sind weder Subjekt noch Objekt als voneinander getrennte Dinge; konkret existent ist lediglich die beides umfassende Erfahrung, auf die der Vernichtungswille gerichtet ist. Vibhava-tṛ́ṣṇā ist die ins Negative gewendete Gier, anders gesagt: Hass, dveṣa. Eine Gier, die sich durchaus auch auf das Erwachen oder auf nirvāṇa richten kann.


    Ohne Aufgabe und Loslassen des Wunsches nach Weltüberwindung, nach persönlicher Überwindung von duḥkha, erfüllt sich jedoch dieser Wunsch nicht. Dies ist der eigentliche Kern der Lehre vom mittleren Weg – die Übung nicht auf ein 'Sein' bzw. 'Werden' zu richten, aber auch nicht auf ein 'Nicht-Sein' / 'Beenden'.


    Was dabei die Freude angeht - wenn sie kommt, kommt sie. Ob man sie herbeiwünscht oder nicht. Wenn sie geht, geht sie. Ob man das nun bedauert, ob man daran leidet, oder nicht. Daran, Freude zu empfinden, ist nichts Verkehrtes. Verkehrt - leiderzeugend - ist es, sie herbeizusehnen oder ihr nachzutrauern. Suchtverhalten - und um dies zu vermeiden, darf man das suchterzeugende Potential der Freude nicht verleugnen. Wem das nicht asketisch genug klingt, der mag in Buddhas Namen halt statt Freude von angenehmen Empfindungen reden. Angenehme Empfindungen als angenehme Empfindungen wahrzunehmen, unangenehme Empfindungene als unangenehme, neutrale als neutrale - das hat Buddha ausdrücklich empfohlen. Es ist der 7. Aspekt des achtfachen Pfades, der zur Beendung von duḥkha führt.


    _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

    2 Mal editiert, zuletzt von Sudhana ()


  • hallo void,


    der Buddha sagt, wer sich an Blumen erfreut, der freut sich am Leiden (dukkha).

    Das möchte ich erklärt haben.

    Es geht hier um eine Erfahrung, die der Buddha dukkha nennt. Erkläre das bitte. Du kannst dukkha ja auch mit "Unzulänglichkeit" oder "nicht zufrieden stellend" übersetzen. Obwohl dukkha das Wort ist, welches er auch für körperliche Schmerzen und Geburt, Altern, Krankheit und Tod verwendet.


    An dieser Stelle der Threads ging es um das Thema, ob man seine eigenen Erfahrungen adäquat anderen Menschen in Worten mitteilen kann.

    Der Buddha hat es offenbar nicht getan. Er hat es bei dem bloßen Statement belassen.


    Ich wundere mich die ganze Zeit, wie hier einige diesem Statement ständig widersprechen und sogar behaupten, so wie es da steht, hätte der Buddha es nicht gemeint. Woher wollen die das wissen?

    :rainbow:

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen.


    Danke, Sudhana, für Deine detailreichen Ausführungen.


    Ich habe eine interessante Passage im Samyutta Nikaya gefunden:


    S.35.97 Lässig weilen - 4. Pamādavihārī Sutta


    Zitat

    Hat man, ihr Mönche, den Sinn des Sehens, Hörens, Riechens, Schmeckens, Tastens, Denkens nicht gezügelt, dann wird das Herz bei den durch das Auge, das Ohr, die Nase, die Zunge, den Körper, den Geist ins Bewußtsein tretenden Formen, Tönen, Düften, Säften, Gegenständen und Dingen ausgetrocknet. Ist das Herz trocken, dann hat es keine Freude. Ist da keine Freude, dann ist es nicht entzückt. Ist da kein Entzücken, dann ist da keine Gestilltheit. Ist da keine Gestilltheit, dann verweilt er in Leiden. Dem Leidenden einigt sich das Herz nicht. Ist das Herz nicht geeinigt, kommen die Dinge nicht zum Vorschein.


    Hellmuth Hecker schreibt in einer Fußnote zu dieser Passage:


    Zitat

    Die Austrocknung an innerlichem Wohl ist ein Aspekt für sinnlichen Durst. Durst ist Trockenheit. Der innerlich Trockene ist wie ein Schwamm, der von außen alles aufsaugt und so "reizüberflutet" wird.


    Das kennen wahrscheinlich viele von uns, ich zumindest kenne es gut: Je leerer ich mich innerlich fühle, desto mehr muss ich im mich hineinstopfen (Essen, Medien, Unterhaltung, Beschäftigung, etc.), was mich noch leerer und ausgedörrter empfinden lässt.

    "Ist das Herz trocken, dann hat es keine Freude", auch wenn man noch so viel Genuss über die sechs Sinnesbereiche in sich hineintrinken mag. Aber auch umgekehrt: Wenn man andauernd Genuss über die sechs Sinnesbereiche in sich hineintrinkt, wird das Herz immer trockener, weil etwas wesentliches fehlt: Eine Einigung des Herzens, die aus der Gestilltheit erwächst.


    Ich kenne das gut: Es gibt dieses rastlose Suchen und Fressen und Suchen und Fressen und Suchen und Fressen, das immer leerer, das immer hungriger macht. Erfolg im Beruf, gutes Essen, sich was schönes Kaufen, einen spannenden Film anschauen, interessante Gespräche führen, Sex, alles gut und schön... aber die zunehmende Leere im Herzen wird davon nicht oder zeitlich nur sehr begrenzt gefüllt, und danach kommt der Kater, die Frustration, gerade nach "großen Erfolgen". Nach Ausstellungseröffnungen, in denen meine Werke gut präsentiert wurden, mit guter Resonanz in wichtigen Institutionen habe ich mich immer besonders leer gefühlt, dass ich bei den Vernissagen um so mehr Wein in mich hineingeschüttet habe.


    Hingegen gibt es eine Freude, die der Ruhe und der Stille entspringt, wenn man die Füße einmal still hält, aufhört zu suchen und zu fressen, die in mildem, klaren Licht strahlt und das Fieber des Suchens und Fressens allmählich abklingen lässt. Meiner Erfahrung nach wird alles Erleben aus dieser Stille heraus kühler, weniger fiebrig, wie ein kühlender Windhauch nach einer anstrengenden Arbeit in großer Hitze.


    Die Wirklichkeit wird friedvoller, eine Schönheit offenbart sich, bei der der Nutzen der Dinge für mein Wohlbefinden seine Bedeutung verliert, so dass diese Schönheit bei den Dingen bleibt, ohne dass ich sie zum Füllen meines leeres Herzens benutzen müsste. Im Gegenteil: Es scheint, als würde die "Einigung des Herzens" und die Freude, die daraus resultiert, den Dingen ihr eigenes, wirkliches Gesicht zurückgeben, weil sie nicht mehr durch meinen unstillbaren Durst verzerrt sind.


    Sobald ich allerdings eine Begierde nach diesem Zustand entwickel, sobald mit dieser Erfahrung der Durst danach wiederkehrt, ist der Zauber vorbei. Dann falle ich wieder zurück in den Durst, in das große Fressen und Suchen:


    S.35.96 Rückfall - 3. Parihānadhamma Sutta


    Zitat

    Hat da, ihr Mönche, der Mönch mit dem Auge eine Form erblickt, mit dem Ohr einen Ton gehört, mit der Nase einen Duft gerochen, mit der Zunge einen Saft geschmeckt, mit dem Körper einen Gegenstand getastet, mit dem Geiste ein Ding erkannt, und es steigen ihm böse, unheilsame Dinge auf, Entschlüsse und Erinnerungen, die ihn fesseln, - wenn er sie duldet, nicht verleugnet, nicht vertreibt, nicht beendet, nicht vernichtet, dann ist bei diesem Mönch, ihr Mönche, zu merken: 'In heilsamen Dingen falle ich zurück"'. Dies wird vom Erhabenen Rückfall genannt.


    Ich ertappe mich oft dabei, wie ich anhand bestimmter Erinnerungen, anhand bestimmter positiver wie negativer Erfahrungen, beginne, mein Erleben zu planen, um bestimmte Emotionen erleben zu können. Verbunden ist das mit Vorstellungen, wie etwas sein sollte, damit es bestimmte Gefühle in mir auslöst. Das ist auch Durst, weil ich wieder versuche, mit der Wirklichkeit, die Trockenheit meines Herzens zu kompensieren. So gehe ich manchmal spazieren, um bestimmte Naturstimmungen zu sehen, bei denen ich mich an intensive Erfahrungen erinnert habe. Sinnlos. Sich auf diese Weise der Natur zu erfreuen, ist nicht als eine Ausprägung des Durstes.


    Die Kultivierung einer inneren Freude, die das Herz nicht austrockenen lässt, die das Herz füllt und satt macht, führt dazu, dass diese Freude in allen Dingen sichtbar wird, ohne dass ich sie besitzen oder begehren muss. Es ist tatsächlich ein Wahn, wenn man glaubt, das Suchen und Fressen dessen, was die sechs Sinnesgebiete bieten, würde das Herz satt machen. Das ist wirklich eine Krankheit, wie ich am eigenen Leibe immer wieder erfahren muss. Allerdings sind die Ausformungen dieser Krankheit so gewaltig und zugleich so subtil, dass sie wie ein Pilzmyzel ALLES durchdringen.


    S.35.74 Krankheit I - 1. Paṭhama-gilāna Sutta


    Zitat

    Die Entreizung vom Reiz ist nämlich der Sinn der von mir verkündeten Lehre.


    Es ist schwer, als Alkoholiker in einer Kneipe "trocken" zu werden. Es ist schwer in dieser Welt, das Herz von seinem Durst frei zu machen. Wenn es aber gelingt, und Meditation ist ein Weg, das wächst eine innere Freude, die die ganze Wirklicheit durchdringt. Dann kommt die Freude von mir in die Dinge und nicht von den Dingen in mich.


    Das große Suchen und Fressen aber verdunkelt die Sinne:


    Zitat

    Alles, ihr Mönche, ist verdunkelt. Und was ist verdunkelt?

    • Das Auge ist verdunkelt, das Ohr, die Nase, die Zunge, der Körper, der Geist ist verdunkelt.
    • Die Formen sind verdunkelt, die Töne, die Düfte, die Säfte, die Gegenstände, die Dinge sind verdunkelt
    • Das Sehbewußtsein, das Hörbewußtsein, das Riechbewußtsein, das Schmeckbewußtsein, das Körperbewußtsein, das Geistbewußtsein sind verdunkelt.
    • Die Augberührung, die Ohrberührung, die Nasenberührung, die Zungenberührung, die Körperberührung, die Geistberührung sind verdunkelt.
    • Und was durch die Berührung bedingt an Fühlbarem aufsteigt, sei es Wohl oder Wehe oder Weder-wehe-noch-wohl, auch das ist verdunkelt.

    Inwiefern ist es verdunkelt? Durch Geburt, Alter und Sterben, durch Kummer, Jammer, Schmerz, Trübsinn und Verzweiflung ist es verdunkelt, sag ich.



    Je gestillter das Herz in desto größer die innere Freude, desto lichter auch alle Sinne, alles Bewusstsein. Aber dieses Lichtwerden kommt nicht von Außen! Im Gegentei: Je stärker Begierde und Abneigung, desto größer und brennender sind Lust und Leid. Wie bei einem Süchtigen können schon geringe Mengen Begierde und Abneigung das Herz wieder austrockenen lassen, und "Ist da keine Gestilltheit, dann verweilt er in Leiden."


    Viele Grüße


    Thorsten