Tenzin Palmo über Fleisch-essende (Laien), was haltet ihr davon?

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    Damit haben wir doch schon geklärt, dass du nicht der Adressat des Sutras bist.

    Oh, das ist mir jetzt zu kleinkariert. Dieses Sutra ist eine der Grundlagen des Buddhismus überhaupt. Es richtet sich an Mönche wie an Laien gleichermaßen, auch wenn es ursprünglich vielleicht für Mönche formuliert wurde. Damals hat der Laien-Buddhismus aber auch noch nicht so eine Rolle gespielt wie später im Mahayana oder Zen. Auf die universelle Verantwortung für die Mitlebewesen, wie sie im Metta-Sutra aufscheint, beruft sich z.B. auch auf der Dalai Lama heute in seiner säkularen Ethik, die sich nicht einmal an Buddhisten oder sonst wie religiöse Menschen, geschweige denn an Mönche, richtet.


    Aber niemand zwingt Dich, diese Sichtweise anzunehmen. Aber wenn Du Dich mit der Metta-Meditation befasst, wie sie z.B. im tibetischen Buddhismus gelehrt wird (für Laien und Mönche übrigens), geht es dabei um die Entfaltung genau dieser Geisteshaltung, die im Metta-Sutra entworfen wird. Darauf bezieht sich der Eingangspost. Wenn diese Form der Meditation mittelfristig kein Mitgefühl und daraus resultierend auch keine Bereitschaft, Dein Verhalten zu ändern zum Wohle aller Wesen, erwächst, ist diese Praxis sinnlos, führt maximal zu einem falschen Selbstbild und Selbstbetrug.


    In allen buddhistischen Richtungen, die ich bisher kennengelernt habe, spielt Metta eine grundlegende Rolle, sowohl für Mönche als auch für Laien. Aber wie gesagt, letztlich zwingt Dich ja niemand, die Haltung anzunehmen. Auch ahimsa kannst Du natürlich für Dich als Laie ablehnen – oder was sonst noch nicht so gut in Dein Weltbild und Wohlbefinden passt. Aber es ist unsinnig, diese Basis der buddhistischen Lebensführung wegreden zu wollen. Dafür ist sie viel zu umfassend und konstituierend für die Lehre des Buddha.

    • Offizieller Beitrag

    Zudem gehört mettā, wie karuṇā, muditā und upekkhā zu den Brahmavihāra, den vier unermesslichen Geisteshaltungen, die grundlegender Bestandteil der buddhistischen Ethik und bezeichnend für die buddhistische Geisteshaltungen anderen Wesen gegenüber ist. Abwegig zu denken, diese Ethik wäre nur für Mönche verbindlich.

  • In dem Metta-Sutta wird dazu aufgefordert, "wie eine Mutter ihr Kind mit dem eigenen Leben" Wesen zu schützen.


    Auch da steht nichts vom Fleischessen. Was da steht würde von dir erfordern, dein Leben für Tiere einzusetzen. Weder du noch Mönche tun dies. Damit ist aufgezeigt, dass die Interpretation solcher Suttas immer wieder vom Leser abhängt. Der pickt sich da raus, was ihm passt. Er macht erst eine "Light"-Version aus dem Gesagten, dann passt er es seiner eigenen Weltanschauung an. Denn Tatsache ist, dass ich genau die darin geforderte Güte auch als Fleischesser auf alle Wesen ausdehnen kann. Denn viel konkreter als das von jedem nachlesbare wird es nicht. Was also praktiziert werden kann, ist Wohlwollen gegenüber den Wesen. Und es ist völlig unnötig, ein Tier, das man isst, zu hassen oder Abneigung gegen es zu hegen, vielmehr ist Wohlwollen und Dankbarkeit auch gegenüber dem aufgetischten Fleisch nicht allzu schwer.


    Auch der Buddha hat - außer in den jataka - mit diesem Sutta nicht ernst gemacht, sonst wäre er nicht so alt geworden. Er hat sein Leben nicht für Tiere eingesetzt. Er hat also auch schon eine Light-Version darunter verstanden.


    Was die brahmavihara angeht, die sind im Visuddhi Magga erläutert, wo mehrfach von Mönchen die Rede ist. Aber selbst wenn das keine Rolle spielen soll, ist leicht zu verstehen, warum selbst Töten und Mitleid sich nicht ausschließen. Man stelle sich nur einen Freund vor, der nur noch Schmerzen hat, sterben will und einen um Assistenz bittet. Oder den Hund, den man einschläfern lässt. Damit ist gesagt, dass auch eine Übung von Güte usf. möglich ist, wenn man Fleisch isst. Allerdings ist sie kaum möglich, solange man da einen Dualismus konstruiert.


    Ach, und mir fällt doch noch was ein. Der Dalai Lama ist auch so einer, der aus gesundheitlichen Gründen (Gallenprobleme) Fleisch isst.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

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  • Was die brahmavihara angeht, die sind im Visuddhi Magga erläutert, wo mehrfach von Mönchen die Rede ist.

    Da wäre das notorische Kalamer-Sutta ja dann doch naheliegender. Eine Lehrrede Buddhas für Menschen, die sich um einen heilsamen Lebenswandel bemühen wollen ohne nun eine bestimmte Lehre annehmen zu wollen - sei es nun als Ordinierter oder Laie.

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    Danke für den Hinweis, Sudhana . In diesem Sutra sind die Brahmavihara explizit für Laien als wesentlicher Teil des Pfades genannt:

    Zitat

    Derart von Begierde und Übelwollen befreit, unverwirrt, wissensklar und achtsam, durchdringt der edle Jünger mit einem von Güte von Mitleid von Mitfreude von Gleichmut erfüllten Geiste die eine Himmelsrichtung, ebenso die zweite, ebenso die dritte, ebenso die vierte. So durchdringt er oben, unten, quer inmitten, überall, allerwärts, die ganze Welt mit einem von Güte, Mitleid, Mitfreude oder Gleichmut erfüllten Geiste, einem weiten, umfassenden, unermesslichen, von Hass und Übelwollen befreiten.


    Quelle

  • vielmehr ist Wohlwollen und Dankbarkeit auch gegenüber dem aufgetischten Fleisch nicht allzu schwer.

    Entschuldige, aber das klingt ja fast schon ironisch.... Totes Fleisch benötigt weder Wohlwollen, noch Dankbarkeit.

    Das Essen von Fleisch (als "Gaumenkitzel", also vorwiegend zu Genusszwecken) ist ethisch, heutzutage (und in westlichen Industrieländern), kaum noch zu rechtfertigen, anders, wenn es aus gesundheitlichen Gründen (Dalai Lama) konsumiert wird.

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


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    • Offizieller Beitrag

    vielmehr ist Wohlwollen und Dankbarkeit auch gegenüber dem aufgetischten Fleisch nicht allzu schwer.

    Warst Du schon einmal in einer Massentierhaltung oder in einem Schlachthof?


    Zudem geht es nicht um das Fleisch-Essen als isoliertes Phänomen. Sicher gibt es Gegenden auf der Erde, in denen Tierhaltung deutlich ökologischer und nachhaltiger zu bewerten als der Anbau oder der Import von Gemüse, so z.B. im Hochland von Tibet oder von Nepal. Aber das trifft auf uns in Deutschland und auch die meisten anderen Länder, in denen massenhaft Tier gegessen wird, nicht zu.


    Der Konsum von Fleisch ist längst kein solches isoliertes Phänomen mehr. Darum greift Deine Argumentation auch immer weniger. Ich würde sagen, es ist an der Zeit, dass Du Dich einmal gründlich informierst, was für Auswirkungen der Konsum von Fleisch derzeit global hat:


    Der Appetit auf Fleisch und seine Folgen | WWF

    Der Einfluss des Ernährungsverhaltens auf die Rechte künftiger Generationen am Beispiel des Fleischkonsums in Deutschland

    EconStor: Warum essen wir so viel Fleisch?


    Diese Auswirkungen sind mit der Ausübung von Metta nur sehr schwer und unter dem Symptom massiver kognitiver Dissonanz zu vereinbaren, wie ich aus eigener Erfahrung sagen kann. (:


    Übrigens esse ich auch alle paar Wochen etwas Fleisch. Ich habe auch schon einige Jahre ganz ohne Fleisch gelebt. Milch, Butter, Eier und Käse gab es aber noch, was nicht viel besser ist.


    Warum lebe ich nicht völlig vegan?

    Weil es ich nicht immer hinbekomme, nein zu sagen, z.B. wenn wir eingeladen sind.

    Weil wir unsere Tochter in ihrer Entscheidung zum Fleischkonsum nicht drängen oder unter Druck setzen wollen.

    Weil ich manchmal von unglaublicher Gier nach Fleisch überfallen werde, die ich kaum in den Griff bekomme.


    Eisentabletten haben die Gier etwas gesenkt und Vitamin B12 Tabletten (von beiden gibt es auch vegane Alternativen).


    Aber es wird immer weniger, und es gelingt uns im Alltag immer mehr tierische Produkte durch vegane Alternativen gut und sogar mit Gewinn zu ersetzen. Ich ertrage meine eigene kognitive Dissonanz auch immer weniger, kotze mich selbst an, wenn ich mit windigen Erklärungen und Rechtfertigungen komme, wo es keine mehr gibt. Fleischkonsum, tierische Produkte insgesamt, Fliegen, unnötige Autofahrten, etc. sind einfach immer weniger und schwieriger zu rechtfertigen angesichts der ökologischen Krise, auf die wir zusteuern – in der wir uns schon befinden.


    Mein Weg jedenfalls wird zum völligen Verzicht auf tierische Produkte führen, hoffentlich früher als später. Die Website Utopia.de - einfach nachhaltiger leben hat mir dabei schon sehr viel geholfen. Hier am Beispiel veganer Pfannkuchen, das uns so überzeugt hat, dass wir auf Milch und Eier bei diesem Rezept komplett verzichten können: Klick, oder vegane Frikadellen: Klick oder Milch: Klick


    Bei so ziemlich jedem Gericht, das wir kochen, schaue ich dort zunächst nach einer veganen Zubereitungsart und habe so unglaublich viele Tipps, Inspirationen und Ideen bekommen. Es macht mir Freude, auf diesem Weg zu sein, ehrliche Freude, Entdeckerfreude. Verzicht ist das nicht, denn mein Leben bereichert sich durch die Suche nach Alternativen zu tierischen Produkten um ein vielfaches.

  • Ich habe a) meine Kindheit auf einem Bauernhof verbracht, b) kenne ich modernere Massentierhaltung (die wir noch nicht hatten), c) kenne ich die ökologischen Auswirkungen, aber ... d) habe ich keine kognitive Dissonanz durch Fleischkonsum, ich bin also im Reinen mit mir, und warum das so ist - und bei anderen oft nicht so ist -, habe ich dargelegt. Ich würde sogar kurzum sagen: Wenn ich ein Tier töte, hat das keine Auswirkungen auf "mein" Karma oder das eines Tieres. Warum das so ist, habe ich ebenfalls bereits angedeutet, das ist letztlich eine wesentliche Erkenntnis auf dem Pfad, die man anderen nicht durch Erklärungen ersparen kann. Es hängt aber wesentlich damit zusammen, dass es eben keine kognitive Dissonanz bzw. keine Trennung zwischen mir und dem Lebewesen gibt.


    Das Kalama-Sutta ist nach der üblichen Lesart ja genau das, welches zum eigenen Überprüfen des Behaupteten auffordert. Und eben in diesem Prozess wurde für mich klar, was da an Wertvollem gesagt wurde und inwiefern dieses historisch bedingt Gesagte von dem heute aufgrund von bestimmten Überzeugungen Gesagte zu trennen ist. Da der Buddha z.B. eben gerade nicht den Konsum von Schweine-, Hühner-, Rindfleisch untersagte, also genau den Tieren, die in der Massentierhaltung diese Probleme verursachen, hat er also folglich NICHT vorausgesehen, was da einmal auf die Menschheit zukommen kann. Er hatte dieses Problem absolut nicht auf dem Radar. Ich kann mich darum auch nicht in diesen Fragen auf ihn berufen, denn offenbar hat er das gar nicht "gecheckt". Man könnte ihm freilich unterstellen, dass er - da er ja ein zölibatäres Mönchsleben als ideal ansah und damit die Dezimierung der Menschheit - im Grunde das Problem der Überbevölkerung frühzeitig bekämpft hätte. Allerdings dann auch wieder zu radikal, wenn nämlich alle Mönche geworden wären, gäbe es uns schon nicht mehr.


    In Fragen der auf alle Wesen ausgeweiteten Güte ist wie gesagt eine Übung möglich, in der ich dankbar für jedes Nahrungsmittel bin.


    Zu behaupten, dass etwas unethisch sei, weil es aus Genuss geschehe, ist - noch einmal - sehr wahrscheinlich ein Irrtum, den Lehrer zu verantworten haben, die die Messlatte von Ordinierten ihren Dharma-Vorträgen für Laien zugrunde legen und da auch ungenau sind. Wenn man die Sutten liest, ist da oft von einem Zusammenhang buddhistischer Praxis und Glücksgefühlen die Rede ( obwohl ja eigentlich streng genommen alle Sinnesgenüsse auf dem Prüfstand stehen). Der Buddhismus will also durchaus, dass seine Adepten sich wohlfühlen. Im Umkehrschluss dürften ja Vegetarier dann auch keine schmackhaften Pflanzengerichte mehr zubereiten. Das führt alles nur in die Verkopfung.

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    Er hatte dieses Problem absolut nicht auf dem Radar. Ich kann mich darum auch nicht in diesen Fragen auf ihn berufen, denn offenbar hat er das gar nicht "gecheckt". Man könnte ihm freilich unterstellen, dass er - da er ja ein zölibatäres Mönchsleben als ideal ansah und damit die Dezimierung der Menschheit - im Grunde das Problem der Überbevölkerung frühzeitig bekämpft hätte.

    Man kann also Deine Argumentation folgendermaßen zusammenfassen:

    Du hast kein Problem damit, Fleisch zu essen, weil es keine Trennung zwischen Dir und dem geschlachteten Tier gibt und weil sich Deine Güte und Dein Mitgefühl mit diesem Tier in der Dankbarkeit für dieses Nahrungsmittel äußert. Einfluss auf Dein Karma hat das nicht, weil "Du" Dich selbst und das Tier als leer von inhärenter Eigenexistenz erkannt hast im Sinne von Shunyata. Insofern gibt es natürlich auch keine Verantwortung und auch kein Tierleid und auch keine weiteren Auswirkungen Deines Konsums. Die Probleme treten nur deshalb auf, weil es zu viele Menschen gibt, die das Gleiche wollen wie Du. Aber dafür kannst Du ja nichts. Wären die zu vielen weg, gäbe es auch diese Probleme (Klimawandel, Artensterben, etc.) nicht mehr.


    Habe ich das richtig verstanden?

  • Der erste Teil ist okay.


    Zitat

    Insofern gibt es natürlich auch keine Verantwortung und auch kein Tierleid und auch keine weiteren Auswirkungen Deines Konsums. Die Probleme treten nur deshalb auf, weil es zu viele Menschen gibt, die das Gleiche wollen wie Du. Aber dafür kannst Du ja nichts. Wären die zu vielen weg, gäbe es auch diese Probleme (Klimawandel, Artensterben, etc.) nicht mehr.


    Verantwortung gibt es natürlich, und die spielt sich innerhalb eines vernünftigen Umgangs mit den realen Gegebenheiten ab. Wenn ich Tiere selbst aufziehe, um sie zu essen, trage ich für sie Verantwortung. Für die Auswirkungen meines Konsums trage ich die Verantwortung.


    Tierleid wird es immer geben, das liegt in der Natur des Tierseins. Wenn es keine Schlachttiere mehr gibt, leiden alle anderen noch so wie üblich und wie man es in YouTube-Clips oder National Geographic-Dokus sieht. Es kann also bei den Schlachttieren nur darum gehen, ob man, wie ich schon sagte, es für ethisch gerechtfertigt hält, sie ins Leben zu bringen, wenn man sie anständig hält (was wir auf unserem Hof taten). Diese Frage bejahe ich. Im Gegensatz zu Antinatalisten würde ich z.B. zwar einräumen, dass ich selbst gern noch lange im gegenwärtig recht gesunden Zustand leben würde, mich aber auch nicht beklagen könnte, wenn mein Leben zueende wäre, da es ganz interessant war, gelebt zu haben (das heißt, auch die mögliche Zeitspanne oder Lebenserwartung nicht auszuschöpfen ist in Ordnung). Nach dieser Analogie halte ich es ethisch für vertretbar, auch ein Tier eine Weile leben zu lassen und zu versorgen. Wenn du bestimmte Tierhaltung für falsch hältst, hast du mich auf deiner Seite, aber ich höre nicht auf, Fleisch zu essen, weil es den dafür Zuständigen (Gesetzgebern, Haltern) nicht gelingt, ihre Arbeit zu tun. Ich habe meine Arbeit und versuche die so gut wie möglich zu erledigen. Natürlich kenne ich die Label, auf die beim Einkauf geachtet werden kann (grassfed etc.), aber ich esse oft an Essensständen, denen ich nicht zumuten kann, sich nach den gleichen Kriterien auszurichten. Da siegt bei mir der Pragmatismus und die Überzeugung, dass der Koch ja wiederum seine Verantwortung noch vor meiner hat (was kauft er ein, was setzt er mir vor), genau wie ich - um in der Analogie zu bleiben -, wenn ich einen Sportschuh beruflich herstelle, die Verantwortung für die Materialien habe, noch bevor der Käufer des Schuhs irgendwelche trägt.


    Tatsächlich wären viele Probleme minimiert, wenn es deutlich weniger Menschen gäbe. Wahrscheinlich aber nur so lange, bis die ganze Welt auf dem gleichen Niveau lebt, denn die ärmeren Länder streben ja gemeinhin das der reicheren an. Dann ist die Frage, ob Verbesserungen im Umweltschutz, Fleischersatz und dergleichen das ausgleichen können.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • ...würde ich z.B. zwar einräumen, dass ich selbst gern noch lange im gegenwärtig recht gesunden Zustand leben würde, mich aber auch nicht beklagen könnte, wenn mein Leben zueende wäre, da es ganz interessant war, gelebt zu haben (das heißt, auch die mögliche Zeitspanne oder Lebenserwartung nicht auszuschöpfen ist in Ordnung).

    ...

    Nun, und ich bin der Meinung, dass das Leben generell sinnlos ist, da man sich nach dem Todespunkt sowieso nicht mehr daran erinnern kann. Von daher waere es auch egal, ob jemand leidet. Sollte ich nun dafuer plaedieren, dass ein Nuklearkrieg wuenschensswert waere, oder dich dazu ermuntern, dir dein Leben vorzeitig zu beenden?


    Nein.

    Und zwar, weil ich zwar eine Meinung habe, aber auch jedem das Recht auf eine eigene Meinung zugestehe. Und wenn ein Tier den Wunsch zu leben hat, und zwar leidfrei, gestehe ich es ihm ebenso zu. Warum? Weil ich moechte, dass Andere mir ebenso das Recht einraeumen, meine eigene Meinung zu haben.

    "Setz dich, Freund und trink einen Tee."

  • Da der Buddha z.B. eben gerade nicht den Konsum von Schweine-, Hühner-, Rindfleisch untersagte

    Du meinst selbstredend den historischen Buddha - um ein älteres Posting von Dir aus diesem Thread zu zitieren:

    Zitat

    Diese Ansichten stammen aus einem ständigen Rückgriff auf den Palikanon.

    - was Du da noch für unangemessen hieltest. Okay - bei Dir ist dieser "Rückgriff" nicht "ständig", sondern nur wenn es Dir gerade mal in den Kram passt. Das Problem, das ich bei Deinem Umgang mit Quellen (nicht nur hier) registriere, ist eine extrem selektive Lesart - bis hin zur Sinnverfälschung durch Missachtung des Kontextes. Ich frage mich, ob da das Problem tatsächliche selektive Wahrnehmung ist oder eristische Strategie.


    Wie auch immer - zum Thema Fleischverzehr im frühen Buddhismus gibt es hier eine umfassende Studie von Lambert-Schmithausen. Ein wenig komplexer ist die Sachlage schon ...

    Zitat

    Bei den im vorigen angeführten Textaussagen ist allerdings im Blick zu halten, daß sie zunächst einmal nur als Zeugnis für die Verhältnisse im Zeitraum der Kompilation bzw. Redaktion dieser Texte und für die normative Einstellung der hierfür verantwortlichen Personengruppen (im Falle des Vinaya wohl vor allem Mönche, die bereits in festen Klöstern lebten) gelten können. Inwieweit das sich ergebende Bild auf die Anfänge des Buddhismus übertragen werden kann, ist eine andere Frage, auf die ich noch zurückkommen werde (s. vor allem § 40), desgleichen auf die Frage, ob es nicht doch Indizien dafür gibt, daß es schon damals im buddhistischen Orden auch Kreise gabe, die im Gegensatz zu der die Texte dominierenden Einstellung einem konsequenten Verzicht auf Fleischverzehr das Wort redeten (s. Kap. I.2.2) oder ihn zumindest unter bestimmten Umständen praktizierten (s. Kap. I.2.3). Abgesehen davon dürfen die einleitenden Ausführungen nicht dahingehend mißverstanden werden, daß in den uns erhaltenen kanonischen Texten des Hauptstranges der älteren buddhistischen Überlieferung Fleischverzehr durchgängig und unter allen Umständen für unbedenklich erachtet worden wäre und es keine Probleme und Einschränkungen gegeben hätte. Es gab ganz im Gegenteil durchaus Probleme, die allerdings weitgehend nur im Zusammenhang mit den Ordinierten explizit thematisiert und geregelt werden (vor allem in den Vinayas). Notwendig wurden solche Regelungen vor allem angesichts der (primär doch wohl ethisch motivierten) Verpflichtung, keine Lebewesen zu töten (Kap. I.1), im Zusammenhang mit Forderungen nach einer strengeren asketischen Lebensführung (und damit zusammenhängenden Problemen) (Kap. I.2) und aufgrund bestimmter gesellschaftlicher Konventionen (Nahrungstabus: Kap. I.3). Obwohl diese drei Gesichtspunkte deutlich unterscheidbar sind, spielt im Falle der Ordinierten das gesellschaftliche Ansehen des Ordens bei allen dreien eine wichtige Rolle. Im Falle der Laien (Kap. I.5) dürfte vor allem der ethische Aspekt von Belang gewesen sein.

    (Lambert-Schmithausen, a.a.O., S. 22f)

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  • Zitat

    Du meinst selbstredend den historischen Buddha


    Nein, ich meine stets die Erfindung der Literaten, die den Palikanon zu verantworten haben. Oder die Autoren der Mahayana-Sutren etc. Diese Argumente brauche ich, weil jemand hier auf Sutren als sein Maßstab verwies. Dann geht es darum, auf den Text zu schauen, weil sich der andere nach dem Text richtet. Wenn sich jemand von Ratschlägen zu Baumgeistern angesprochen fühlt (diesen Kontext habe ja ich aufgezeigt, nicht der Zitierende), ist das schon bemerkenswert. Ich versuche mich hier lediglich in den Textgläubigen zu versetzen und innerhalb der Textlogik zu bleiben. Den Vorwurf des Eristischen muss ich also ans Forum zurückgeben, das ist ein ganz typischer Wesenszug vieler Beiträge hier. Zum Beispiel glaubt man, wenn da irgendwo "Güte auf alle Wesen ausweiten" steht, das könne nur das meinen, was man sich selbst denkt (also Fleischverzicht). Und weil das da nicht steht, ist das "Arbeit am Text". Ich zeige die Interpretationsweite auf und eine andere Lesart. Für mich selbst ist diese Lesart nicht entscheidend, denn:


    Der Buddha als historische Figur ist nicht fassbar. Der Buddha dient nur als Metapher.


    Ich bin der Buddha. Die Wahrheit ensteht aus mir. Die Realität und So-heit wird durch mich erkannt und manifestiert.


    Dieses Abarbeiten am Text ist ein Spiel auf der Ebene der "Buddhisten", der "Gläubigen". Was also regelmäßig passiert, ist, dass Buddhisten sich von dem angesprochen fühlen, was ihnen irgendwie passt. Seien es ursprünglich an Mönche gerichtete Reden oder für Mönche gemachte Gelübde, obgleich sie selbst, diese Buddhisten, Laien sind. Zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort gesprochene Worte, die aufs Heute übertragen werden. Das ist natürlich typisch für Religion. Man versucht dem Überlieferten einen Sinn zu geben. Und genau das tue ich auch. Allerdings ohne den Glauben daran, dass der Text, von dem ich ausgehe, in sich konsequent stimmig sein könnte oder entscheidend für mein Bodhisattva- oder Buddha-Sein wäre.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

    Einmal editiert, zuletzt von Bebop ()

  • Ich glaube das Problem liegt daran, dass der Mensch von heute meistens nur noch einen sehr geringen Bezug zu der Herkunft seiner Ernährung hat. Am besten ist, wenn man selbst Gemüse selbst anbaut und vielleicht ein paar freilaufende Hühner (mit Hahn) für Eier hält. Wer Fleisch essen will, sollte mindestens einmal beim Schlachten dabei gewesen sein. Wenn wir Menschen einen gesunden Bezug zu unserer Nahrung haben - ob Pflanze,oder Tier - werden wir sie vor dem Essen wohl auch besser behandeln.

    ich schenk dieses Leben dem Leben zurück...
    weil es nie meins war...
    und jede Trennung nur scheinbar...
    alles in Vielfalt immer eins war...
    brich meinen Stolz…bis ich in Demut mir die Wahrheit schenke...
    nimm hinfort all die falschen Ideen, den falschen Glauben...
    denn wenn nichts mehr bleibt ist alles übrig...
    es gibt nichts zu verstehen...

    Aus dem Song ,,Schmerz" vom Deepwalka

  • Nein, ich meine stets die Erfindung der Literaten, die den Palikanon zu verantworten haben. Oder die Autoren der Mahayana-Sutren etc.

    Für dich sind also der Palikanon und die Mahayanasutren Erfindungen. Auf welche Schriften, die deiner Meinung nach keine Erfindung sind, stützt du dich denn, wenn weder der Pali- noch der Sanskritkanon für dich eine Bedeutung haben?

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin der Buddha. Die Wahrheit ensteht aus mir. Die Realität und So-heit wird durch mich erkannt und manifestiert.

    Wow! Das ist mal ein Statement. Wenn das so ist, dann ist natürlich jede Diskussion von vornherein eher ergebnislos. Denn wie solltest Du je irren, wenn die Wahrheit aus Dir entsteht und zudem noch die Realität durch DICH erkannt und manifestiert wird?! Das ist eine mächtige Logik, da sie auch völlig faktenfrei funktioniert und zudem völlig unwiderlegbar ist. UND sie ist immer im Einklang mit der Realität und So-heit. Toll. – Es sei denn, Du wärest eventuell noch kein Buddha und es entstünden noch – wie bei uns normalen Menschen – aus Anhaftung und Ablehnung neben vermeintlicher Wahrheit auch Illusion, Selbstbetrug und Täuschung in Dir, die ggf. nicht der Wahrheit, Realität oder So-heit entsprechen – Aber das kann ja nicht sein, oder?


    Wenn sich jemand von Ratschlägen zu Baumgeistern angesprochen fühlt (diesen Kontext habe ja ich aufgezeigt, nicht der Zitierende), ist das schon bemerkenswert.

    Hm, ja... eher nicht... Es geht in diesem Sutra doch nicht primär um den Schutz vor Baumgeistern, sondern um eine sehr komprimierte Zusammenfassung der buddhistischen Heilslehre und der zugrundeliegenden Ethik allen Wesen gegenüber. Dieses Sutra hat bis heute eine solche Wirkmacht und Verbreitung, weil es sehr poetisch, klar und auf kleinstem Raum die buddhistische Kernlehre auf den Punkt bringt. Diese Lehre ist ein Schutz und eine Zuflucht – nicht nur im Falle von renitenten Baumgeistern, sondern auch bei sonstigen Unpässlichkeiten wie Alter, Krankheit, Tod, Verblendungen und sonstigen Leiden. Aber als Buddha hast Du das ja schon hinter Dich gelassen, nehme ich an.

  • Helmut, letztlich auf keine, darum hab ich im Zenforum auf die akademische Schrift "Übertragung außerhalb der Schriften", ein natürlich auch nur erfundener Zen-Topos, hingewiesen.


    Zitat

    Denn wie solltest Du je irren, wenn die Wahrheit aus Dir entsteht


    Ich irre mich genau so wie der Buddha im Palikanon, du und andere.


    Zitat

    aus Anhaftung und Ablehnung neben vermeintlicher Wahrheit auch Illusion, Selbstbetrug und Täuschung in Dir


    Genau, wie bei allen anderen. Und im Ringen um ein bisschen mehr um das wird dann das eigene Verständnis dargelegt.


    Was das Metta Sutta oder andere angeht - wer eigentlich bestimmt, das eines besondere Wirkmacht hat und besonders wichtig ist? Das ist doch immer wieder interessant, wer das tut und warum. Genau wie bei Gelübden und anderen Festlegungen.

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  • Ich irre mich genau so wie der Buddha im Palikanon, du und andere.

    Wenn du meinst, du irrst dich und behauptest, dass sich Buddha Sakyamuni geirrt hat, dann sagst du damit, dass sich Buddha Sakyamuni nicht geirrt hat.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Das nennt man Sophismus.


    Die passende Replik wäre dann wohl: Du hast recht, der Buddha täuschte sich nicht. Nach dem Mahayana-Verständnis lehrte er nämlich: Wir alle sind von Beginn an erwacht. Und somit hat er mir mein Erwachen zurückgegeben.


    Dieser Buddha hat sich über sich selbst getäuscht. Wie wir alle. Die Metapher seines Lebens steht für einen, der erst vieles falsch machte (Luxusleben, Harem etc.), um sich dann zu läutern. Das ist so ein stiller Wunsch von vielen Menschen. Aber auch die Biographie Buddhas ist voll von all diesen Dingen. Eine menschliche Existenz ist nicht anders möglich, und sie endet dann ggf. sogar in solch einem Fall noch unklar, mit der Frage, ob er denn nun ausgerechnet an verdorbenem Fleisch verstarb oder doch an einem Pilz.


    Das ist alles nichts Besonderes.

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    • Offizieller Beitrag

    Bebop

    Wahrheit ist eine Aussage, die mit der Realität übereinstimmt. Wenn die Wahrheit in Dir entsteht, und sich Realität und So-heit sich durch Dich manifestieren, wäre es seltsam, wenn zugleich auch Irrtum entstünde, denn das würde ja bedeuten, dass Deine Fähigkeit zur Wahrheit die von Dir manifestierte Realität nicht kennen würde.


    Aber egal. Zeitverschwendung ist das....

  • Ja, die Realität ist genau dieses Wechselspiel des menschlichen Daseins und das Ringen. Das ist die Wahrheit und nicht irgendeine erdachte vom reinen Menschen. Wenn Realität Wahrheit wird, dann offenbart sich das. Wenn Wahrheit(en) über die Realität gestülpt wird, nicht. Das geschieht und Realität wird dann verzerrt, wenn jemandem zugesprochen wird, er habe eine selig machende und allgemein gültige Wahrheit erkannt. So werden in Religionen Gestalten wir Jesus und Buddha oft von Gläubigen angesehen. Dann werden die Texte, die ja immer eine Lesart, einen Leser brauchen, unantastbar usw.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Ich denke, die Diskussion (mit Bebop) ist tatsächlich an einem Punkt angelangt, wo man konstatieren muss, wie Thorsten Hallscheidt resümiert hat, dass es nicht mehr viel Sinn macht, sie fortzusetzen....

    Wie soll man jemanden erreichen, der sich im "Besitz" der absoluten Wahrheit wähnt?

    Und der gewisse Fundamente des Buddhismus (Palikanon, Mahayana-Sutren,..) nicht als solche betrachtet?


    Alle Achtung, wie viele Argumente (nicht alle stichhaltig, man könnte da vieles hinterfragen und korrigieren) von dir zusammengetragen wurden - auf jeden Topf findest du tatsächlich einen Deckel, Bebop!

    Aber was sagt dein HERZ wirklich? Auf einem Bauernhof aufgewachsen zu sein, wo (Nutz-) Tiere i. d. Regel keinen besonderen Stellenwert genießen, hat dich bestimmt geprägt und es ist sicher schwierig für dich, diese Lebewesen mit anderen, liebenden Augen zu sehen. Auch IHRE Bedürfnisse wahrzunehmen und sich in sie einzufühlen (soweit uns Menschen das möglich ist).

    Wirklich liegt alle Wahrheit und alle Weisheit

    zuletzt in der Anschauung. (Arthur Schopenhauer)


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    Nur ruhiges Gefühl der Gegenwart ist Glück. (Friedrich Rückert)

  • Zitat

    Wie soll man jemanden erreichen, der sich im "Besitz" der absoluten Wahrheit wähnt?


    Das habe ich eben schon widerlegt, es ist ein Verständnis, das lediglich auf deinem Vorurteil beruht, und genau das gilt es aufzuzeigen. Wie willst du denn den Buddha erreichen, der sich "im Besitz der absoluten Wahrheit wähnte", oder den du möglicherweise im Besitz einer solchen wähnst?


    Es ist überhaupt nicht schwierig, "mit liebenden Augen" Tiere zu sehen. Morgen gehe ich raus mit einem Beutel Würste, 1 kg, die ich für knapp einen Euro erstand, und verfüttere sie an Straßenhunde (hier in SO-Asien). Es gibt einfach diesen Dualismus (für mich) nicht, und der- oder diejenige, die darunter leiden, werden eben sehen, welche Praxis sie davon befreit und welche nicht.


    Und das Verständnis von Tierhaltern auf Höfen ist vollkommen falsch, die leben für diese Tiere, die haben einen besonderen Stellenwert, das mag heute zwar in vielen Fällen anders sein, aber das Ausmaß, in dem diese Anzahl von Tieren versorgt wird, erreicht ein gewöhnlicher Tierhalter in seinem Leben meist nicht. Der geht drei Mal Gassi, während der andere den ganzen Tag mit seinem Viehbestand beschäftigt ist, so oder so. Bei uns wurde im Stallmist gestanden, die Jauche aufs Feld gefahren, die Eier von Hand eingesammelt usf. Aber selbst wenn man, wie eine Cousine heute, einen völlig automatisierten Betrieb hat und auch mal ein paar Tage in Urlaub kann, ist das im Wesentlichen ein Leben mit und für die Tiere.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)

  • Nein, ich meine stets die Erfindung der Literaten, die den Palikanon zu verantworten haben. Oder die Autoren der Mahayana-Sutren etc. Diese Argumente brauche ich, weil jemand hier auf Sutren als sein Maßstab verwies.

    Nun, zumindest sehen wir ähnlich Buddha und seine Lehre als historisch gewachsenes Narrativ. Eines, das gerade in der Frage des Fleischverzehrs eine historische Entwicklung hin zu größerer Konsequenz erfahren hat; das Mahayana insbesondere in Ostasien ist da sehr viel unmissverständlicher. Ich erinnere nur an das 8. Kapitel des für die Chan-Genese so wichtigen Laṅkāvatāra. Jedenfalls - entweder einigen wir uns auf Buddhadharma als ein sich entsprechend ändernder Bedingungen (ökonomischen, politischen, sozialen ...) ebenfalls änderndes Narrativ oder wir beziehen uns auf eine bestimmte historische Form dieses Narrativs. Wobei die früheste historisch nachweisbare Form besonders beliebt ist, weil sie so leicht mit einem Original verwechselt werden kann. Auch da haben wir wohl keinen Dissenz. Aber Voraussetzung eines sinnvollen Gedankenaustauschs wäre zunächst ein Offenlegen, in welcher Hinsicht man sich auf solche Narrative bezieht - als ein historisches Ideal oder als einen Wandlungsprozess. Im letzteren Sinne spielen bei diesem Thema aktuelle Bedingungen (z.B. ökologische) durchaus eine Rolle; wenn man ein aus dem Palikanon konstruiertes historisches Ideal zur Grundlage des Diskurses macht, eher nicht. Zu einem sinnvollen Diskurs gehört es, da nicht die Bezugsebenen nach Belieben zu wechseln, wie es einem gerade in die Argumentation passt.


    Zunächst einmal: ontopic ist hier die Frage der Stellung von Verzicht auf Ernährung durch das Fleisch getöteter Wesen (die Sonderstellung von Aas, dessen Verzehr als zumindest ethisch unbedenklich angesehen wird, ist bemerkenswert). Und zwar im Kontext des Buddhadharma. Ist es da so abwegig, auf Sutren - also auf vom Sangha als 'kanonisch' anerkannte Texte - zu verweisen? Wobei sich zumindest mir da die Frage stellt, was eigentlich Dein Maßstab ist. Ich habe den Eindruck, dass es ein recht persönlicher ist. Was ja in Ordnung ist. Du plädoyierst für ethische Unbedenklichkeit von Fleischverzehr, was auch in Ordnung ist - obwohl ich glaube, keiner hier will Dir das verbieten. Nur - wenn Du für Deinen persönlichen Maßstab in Anspruch nimmst, er sei konsistent im Kontext des Buddhadharma, benötigen wir wohl oder übel auch einen Maßstab für 'Buddhadharma'. Und das sollte ein gemeinsamer sein, kein persönlicher. Sonst reden wir notwendig aneinander vorbei.


    Wenn das geklärt wäre, können wir auf dieser Grundlage über Laienpraxis und Ordiniertenpraxis und deren Unterschiede sprechen. Der wesentliche Unterschied dazwischen besteht darin, dass sich die Ordiniertenpraxis tatsächlich nach einem Regelwerk, dem Vinaya ausrichtet - der Laie verspricht lediglich, sich in bestimmten sozialen Verhaltensformen zu üben und Buddha, Dharma und Sangha als Leitbild des persönlichen Weges anzunehmen. Da gibt es keine 'Regelverstöße', allenfalls Defizite in der Übung. Die gerade genannte 'Zufluchtnahme' hat nicht zuletzt etwas damit zu tun, dass die ethische Praxis von Laien und Ordinierten gleich ausgerichtet ist; die strengere und geregelte Praxis der Ordinierten grundsätzlich Vorbildcharakter für Laien hat. Weiter ist da mE auch nicht zu differenzieren.


    Dann kann man auch darüber reden, ob Bhikshus Fleisch als Spende annehmen dürfen oder müssen und unter welchen Bedingungen, womit die ethischen Prinzipien dieser Regel abgewogen werden - denn es geht bei Annahme solch einer Spende um eine Abwägung von Heilsamkeit auch im Kontext Dāna. Bei Lambert-Schmithausen findet sich da ja einiges. Im osiatischen Mahayana wiederum sieht es ja, wie schon angedeutet, etwas anders aus - hier ein Zitat aus einer im 19. Jhdt in China durchgeführten Feldstudie:

    Zitat

    Selbst wenn sie sich nicht in ihren Tempeln aufhalten, verzichten die Mönche strikt auf nicht-vegetarisches Essen. In jedem Fall kommt die Versuchung für sie nicht auf: nachdem sie sich ein oder zwei Jahre lang vegetarisch ernährt haben, entwickeln sie einen unbesiegbaren Ekel vor Fleisch und Fisch. Bei mehreren Gelegenheiten, bei denen der Autor dieser Zeilen die Gelegenheit hatte, seine Mahlzeiten einzunehmen [in einer der für Laien reservierten Hütten neben dem Kloster, in dem er sich aufhielt], wurde er von Mönchen besucht, die neugierig waren, wie und was er aß. Sobald sie jedoch den Geruch seines Schweinebratens oder seiner Lammkeule rochen, stürzten sie aus der Hütte - krank und nahe am Erbrechen.

    (J.J.M. de Groot, Le Code du Mahayana en Chine. Son influence sur la vie monacale et sur le monde laique. Johannes Muller, Amsterdam 1893 - Reprint Forgotten Books 2018)

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Dann kann man auch darüber reden, ob Bhikshus Fleisch als Spende annehmen dürfen oder müssen und unter welchen Bedingungen, womit die ethischen Prinzipien dieser Regel abgewogen werden - denn es geht bei Annahme solch einer Spende um eine Abwägung von Heilsamkeit auch im Kontext Dāna. Bei Lambert-Schmithausen findet sich da ja einiges. Im osiatischen Mahayana


    Ich denke, jemand der im Kloster lebt, könnte darüber reden, und wer nicht, sollte darüber schweigen, was sie annehmen dürften, was nicht.