Leerheit - wie ist das zu verstehen?

  • Hallo Zusammen,


    ich habe mal im „Kernholz des Bodhibaums“ von Buddhadasa gelesen. Da geht um die Leerheit.


    Hier mal einige Auszüge:


    „Wir müssen erkennen, dass die Empfindung von „Ich“ und „Mein“ die Wurzel aller Formen von dukkha ist. Wo immer es Anhaften gibt, ist die Dunkelheit der Ignoranz (avijjā) vorherrschend. Es gibt keine Klarheit, weil der Geist nicht leer (suñña) ist.


    Wir müssen die Tatsache, dass es zwei Arten der Erfahrung gibt, fest in unserem Geist verankern. Auf der einen Seite die Erlebensweise des „Ich“ und „Mein“ und auf der anderen Seite die Erlebensweise der Achtsamkeit und der Weisheit.


    Wenn wir frei von Egoismus sind, gibt es keine Erfahrung von „Ich“ und „Mein“. Wir besitzen die Achtsamkeit und Weisheit, die dukkha löschen kann und die die Heilung für die spirituelle Krankheit ist. In diesem Moment kann die Krankheit nicht auftreten und die Krankheit, die bereits aufgestiegen ist, wird verschwinden, als würde man sie aufheben und hinauswerfen.“


    Ich verstehe das nicht wirklich 😊


    Nehmen wir mal an jemand leidet an Depressionen und leidet sehr. Dieser Mensch empfindet ja „Ich“ – also „ich leide….“. Das wäre nach meinem Verständnis eine Form von Egoismus, weil er das Leiden – die Depression – auf das „Ich“ bezieht. Und wenn nun dieser Mensch achtsam und weise ist, kann dukkha gelöscht werden.


    Dann habe ich den Begriff „Anhaften“ gelesen. Wenn dieser depressive Mensch an seiner Depression anhaftet, so verstärkt dies sein Leiden. Menschen, die an Depressionen leiden sehen die Realität wahrscheinlich anders, irgendwie verzerrt oder falsch.


    Was hat das mit „Anhaften“ zu tun, weil Depression ja schließlich eine Krankheit ist? Und wie kann der depressive Mensch sich von Dukkha befreien, dass sozusagen „Leerheit“ eintritt?


    Ich hoffe, dass ich mich vernünftig ausgedrückt habe.



    Schon mal lieben Dank! :heart:



    Noch ein Nachtrag, hatte ich eben vergessen


    Nichts ist ja unveränderlich, alles ist vergänglich. Das bedeutet für mich, dass auch eine Depression vergänglich ist. Aber das passt unter Umständen doch nicht zu dem Krankheitsbild einer „Depression“?


    Depressive Menschen sind hoffnungslos. Und wenn ich alles richtig verstehe, entsteht das Leiden, also z.B. eine Depression, durch Anhaftung, durch die Identifikation mit dem Leiden. Auch durch das „Ich“-denken/fühlen.


    Und wenn diese Gefühle ja vergänglich sind und depressive Menschen nicht daran anhaften, sondern all das als vergänglich betrachten, so müssten sie sich doch von der Depression befreien können?

    Einmal editiert, zuletzt von Dharma-News ()

  • Leerheit ist Leerheit von etwas. Alle Phänomene sind leer von inhärenter Eigenexistenz.


    Alle Phänomene: Alles, was wahrnehmbar ist (Die fünf Skandha).

    Inhärent: einer Sache innewohnend.

    Eigenexistenz: Etwas existiert von sich aus, unabhängig von anderen Phänomenen.


    Beispiel: Geld

    Geld hat keinen Wert an sich, der Wert wird diesen Papierfetzen als kollektive Vereinbarung zugewiesen. Endet die Vereinbarung, wird das Geld wertlos, und es sind wieder Papierfetzen.


    Beispiel: gut und böse

    Es sind relative Begriffe. Ohne den Begriff "gut" kann es keinen Begriff "böse" geben. Das Gleiche gilt für hell und dunkel, hier und dort, Subjekt und Objekt, etc...


    Beispiel: Das Ich

    Es gibt kein unwandelbares, ewiges Ich unabhängig von Körper, Wahrnehmung, Gefühl, Bewusstsein, Willen (Die fünf Skandha).


    Hier ein schönes Sutra dazu:
    https://www.palikanon.com/diverses/milinda/milinda01.html


    Wenn man diese Dinge in ihrer völligen Tiefe begreift (nicht nun intellektuell versteht), löst das allmählich die Bindung von Ich zu all den Abhängigkeiten und Ängsten. Anhaftung, Ablehnung und Verblendung nehmen ab. Das dauert allerdings einige Zeit. Und selbst dann geht es immer noch tiefer und tiefer und tiefer in die Substanz der Welt.


    Hier ein Buch dazu:

    Weisheit der Leere. Wichtige Sutra-Texte des Mahayana-Buddhismus von Brück, Michael von | medimops
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    www.medimops.de

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

    3 Mal editiert, zuletzt von Thorsten Hallscheidt ()

  • Dharma-News , ich moechte noch den Beitrag von Thorsten ergaenzen. Depression z.B ist ernste Erkrankung, bei der es unklug waere, sich daraus nur alleine durch den Dharma befreien zu versuchen. Depression wuerde ich inetwa allegorisch mit einem Beinbruch uder so vergleichen. Ja. Bei einem Beinbruch mag es zwar bei einem geuebten Dharma-Praktizierenden gelingen, mit dem Schmerz umzugehen. Aber ohne Gips/Schiene usw. heilt er schlecht.


    Thorsten Hallscheidt , ich moechte noch sagen, dass - ueblicherweise - ein Geldschein sehr wohl einen innewohnenden Wert hat. Und zwar inform von hinterlegten Sachwerten oder inform von zukuenftigen - nicht unbedingt - Sachwerten.

  • ich moechte noch sagen, dass - ueblicherweise - ein Geldschein sehr wohl einen innewohnenden Wert hat. Und zwar inform von hinterlegten Sachwerten oder inform von zukuenftigen - nicht unbedingt - Sachwerten.

    Du sagst es selbst: Und zwar in form von hinterlegten Sachwerten. Diese Sachwerte stecken nicht in dem Geldschein, aber wir haben uns darauf geeinigt, dass ein Geldschein, einen Wert repräsentieren kann.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Du sagst es selbst: Und zwar in form von hinterlegten Sachwerten. Diese Sachwerte stecken nicht in dem Geldschein, aber wir haben uns darauf geeinigt, dass ein Geldschein, einen Wert repräsentieren kann.

    Gerade den Geldschein finde ich ein sehr gutes Beispiel. Aber da ist IMHO nichts hinterlegt, auch keine Sachwerte. Er hat einen praktischen, komplett virtuellen Tauschwert, und der wird jeden Tag real neu festgelegt und ausgehandelt (u.a. Inflation, Wechselkurse).


    Und wie Du sagst, kann er von einem Tag auf den anderen den Weg vom Geldschein zum Kaminanzünder gehen, wenn das Vertrauen in diesen Tauschwert praktisch aufgekündigt wird.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Ich verstehe das nicht wirklich

    Das ist der Normal-Fall - shunyata - Leere - ist ein schwieriges Konzept und hängt mit dem Konzept des Bedingten Entstehens zusammen.

    Wenn jemand der an einer Depression leidet erkennt, wodurch bedingt diese entstanden ist, dann kann er auch erkennen, wodurch bedingt sie wieder verschwindet. Allerdings muss man das auch wollen.

    Nun ist das bei einer Depression so, dass sich diese langsam einstellt und über einen längeren Zeitraum sich aufbaut und dann bemerkt man auf einmal, dass sich der Horizont verdunkelt, die Perspektiven verschwunden sind und alles schwer fällt.

    Im Buddhismus spricht man hier von nivaranas, den fünf Hemmungen, die den Geist daran hindern sich zu befreien.

    nívarana


    Das 3. Hemmnis entspricht der Depression und wird mit moosbedecktem Wasser verglichen. Um da wieder "raus" zu kommen braucht es Geduld und den erneuten Aufbau von Tatkraft bzw. Energie, indem man den Willen einsetzt.


    https://www.palikanon.com/angutt/a01_001-010.html#a_i2


    Diese Fähigkeit - die Entfaltung der Willenskraft gehört zu dem Pfadglied "Rechte Anstrengung" -

    https://www.palikanon.com/wtb/padhana.html


    Auch wenn man nun sagt oder es sogar erkennt, dass alles leer ist, d.h. alle Phänomen entstehen bedingt und vergehen auch wieder bedingt, braucht es eine ganz konkrete Erkenntnis in das Phänomen selbst - z.B. ist eine Hemmung, also Depression nicht an sich falsch oder unheilsam - es kann ja sein, dass ich da vor einer unheilsamen Tat gehemmt werde. Deshalb muss man das alles sehr sorgfältig betrachten.


    Wie geht man also vor, um die Identifikation eines Ich oder Mein mit einem Phänomen, wie Gefühl oder Gegenstand aufzulösen?


    Mir haben die bojjhanga geholfen -

    bojjhanga

    bojjhanga


    Ausgangspunkt ist sati - die Satipatthana-Übung - das wird hier ganz gut erläutert:

    http://www.cl-diesunddas.de/Buddhismus/M10_Satipatthana%20Sutta_v1.5_24.04.2017.pdf


    Auf dieser Seite findet sich auch eine sehr gute Darstellung der zwölf Glieder des bedingten Entstehens.

    :zen:



  • Und wie Du [Thorsten] sagst, kann er von einem Tag auf den anderen den Weg vom Geldschein zum Kaminanzünder gehen, wenn das Vertrauen in diesen Tauschwert praktisch aufgekündigt wird.

    Geldschoepfung funktioniert ueblicherweise so:

    Nuk geht zur Bank und fragt nach einem Kredit - will also frisches Geld haben. Er verpflichtet sich, es spaeter wieder zurueck zu geben. Jetzt fragt die Bank: "Und was, wenn du es dann nicht zurueckgeben kannst?" Nuk: "Ich verspreche als Pfand mein Haus." Die Bank druckt jetzt fuer nuk das Geld und ueberreicht es ihm. Nuk kauft sich jetzt einen Porsche und rast damit rum. Irgendwann landet er wegen Aquaplaning im Strassengraben, Totalschaden. Die Bank pfaendet sein Haus und verkauft es an den, dem nuk vorher den Porsche abgekauft hat. Dieser bezahlt jetzt das Haus der Bank mit nuks Geld.

    Irgend jemand leiht sich jetzt wieder dasselbe Geld und hinterlegt selbst wieder ein pfaendungsversprechen.


    Man sieht also, dass im Optimalfall geld immer 'gedeckt' ist. Und wenn da jetzt alle ihr Geld im Kamin verbrennen, freuen sich die Besitzer der Banken. Ihnen gehoert danach alles, da die Schuldner ja kein Geld mehr haben um ihre Kredite zurueckzuzahlen.

  • Nun ist das bei einer Depression so, dass sich diese langsam einstellt und über einen längeren Zeitraum sich aufbaut und dann bemerkt man auf einmal, dass sich der Horizont verdunkelt, die Perspektiven verschwunden sind und alles schwer fällt.

    Im Buddhismus spricht man hier von nivaranas, den fünf Hemmungen, die den Geist daran hindern sich zu befreien.

    Wo steht überhaupt, dass der Dharma Depressionen heilt? Warum dann nicht auch Krebs im Endstadium mit Metastasen? Wenn doch beides bedingt entstanden ist, sollte man das doch folgern können. Oder? :?


    Aber wem gehört dieser Krebs? Und – noch grundsätzlicher – wem gehört dieser Körper?

    Alles, was bedingt entstanden ist, ist logischerweise vergänglich. Wenn ich mich mit dem Körper identifiziere, verstärke ich nur das Leiden. In diesem Moment schieße ich den zweiten Pfeil auf mich selbst ab.


    Der Buddhismus heilt keine Krankheiten – dafür muss man sich an einen Therapeuten wenden.


    Die Frage von TE war:


    Nehmen wir mal an jemand leidet an Depressionen und leidet sehr. Dieser Mensch empfindet ja „Ich“ – also „ich leide….“. Das wäre nach meinem Verständnis eine Form von Egoismus, weil er das Leiden – die Depression – auf das „Ich“ bezieht. Und wenn nun dieser Mensch achtsam und weise ist, kann dukkha gelöscht werden.

    Richtig: Dukkha – aber nicht der Schmerz. Und auch der Buddha musste sterben.


    Dazu Buddhadasa Bhikkhu:


    Zitat

    Wenn wir es in Begriffen der Vier Edlen Wahrheiten ausdrücken: Leiden ist das Auftreten der Empfindungen von „Ich-und-Mein“; die Ursache des Leidens ist „Ich-und-Mein“; die Aufhebung des Leidens, Nibbāna, ist das Erlöschen von „Ich-und-Mein“; der Edle Achtfache Pfad ist die Methode oder das Mittel zur Beseitigung von „Ich-und-Mein“.



    Mein Körper, mein PC, meine Frau, meine Krankheit, mein Tod usw.





  • Geldschoepfung funktioniert ueblicherweise so:

    Nö. Aber das würde hier zu weit führen.


    Das ist doch genau das Thema hier: Der Wert von Dingen erscheint uns inhärent (du schreibst "im optimalen Fall"), ist er aber überhaupt nicht.


    Ein recht teures Beispiel: Ich habe hier noch 50 000 "Rupien". Diese bestimmten Geldscheine wurden in Indien einfach aus dem Verkehr gezogen und sind kein Zahlungsmittel mehr. Und als Ausländer durfte man die während einer kurzen Frist und nur physisch in Indien umtauschen. (Als Inder länger bis zu einer bestimmten Summe.) Wert gleich Null. Ich hatte dafür in Indien 600 Euro bezahlt.


    Brennen leider schlecht, hab sie einer meiner Enkelin zum spielen gegeben.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Wo steht überhaupt, dass der Dharma Depressionen heilt? [...]


    Mir hat noch niemand besser erklärt als Buddha, wie Menschen im Grunde ticken. Für mich daher gerade im Umgang mit affektiven Störungen eine besonders wertvolle Stütze. Soll natürlich nicht heißen, dass ich nicht parallel dazu auch psychologische Hilfe in Anspruch nehmen würde.

    DON'T HATE, MEDITATE.

  • Nehmen wir mal an jemand leidet an Depressionen und leidet sehr.

    Nach einigen Jahren Übung hat er vielleicht immer noch Tage mit Depressionen, aber er leidet nicht mehr darunter oder nur noch weniger.


    Wenn seine Übung zu immer mehr Selbstdistanz und Bewusstheit führt.

    Er sieht sich dann selbst vielleicht als Schauspieler in einem Film, in dem er eine tragische Rolle spielt.


    Für einen Menschen, der akut mitten in einer schweren depressiven Phase steckt, ist das wohl während dieser Zeit nicht möglich.

  • Mir hat noch niemand besser erklärt als Buddha, wie Menschen im Grunde ticken.

    Dem würde ich absolut zustimmen. Was mich jedoch stört, ist, dass der Buddhismus als Lösung für alle möglichen Beschwerden verkauft wird – und genau so tickt die moderne Gesellschaft.

    Das sind zwei verschiedene Paar Schuhe.

    Wenn ich meine Krankheit oder meine Schmerzen – also mich selbst – nicht als den Nabel der Welt sehe, dann würden auch meine Depressionen nachlassen. Einfach weil ich sie nicht nähre oder pflege, sondern sie hinnehme und akzeptiere. Die Heilung wäre dann eher eine Neben-Erscheinung.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich komme nach den hilfreichen Beiträgen hier mal wieder auf die Ursprungsfrage zurück. Auch angeregt durch Igor 's Hinweis auf falsche Heilsversprechen.


    Depressive Menschen sind hoffnungslos. Und wenn ich alles richtig verstehe, entsteht das Leiden, also z.B. eine Depression, durch Anhaftung, durch die Identifikation mit dem Leiden. Auch durch das „Ich“-denken/fühlen.


    Und wenn diese Gefühle ja vergänglich sind und depressive Menschen nicht daran anhaften, sondern all das als vergänglich betrachten, so müssten sie sich doch von der Depression befreien können?

    Nein, das ist nicht das, was der Buddha sagt. Das am Anfang kaum zu vermeidende Missverständnis ist der Begriff "Leiden", der eine Bedeutung als Fachbegriff hat, aber natürlich leicht mit dem Alltagsbegriff verwechselt wird.


    Dukkha kann man zwar auch als Leiden übersetzen, aber das führt leicht in die falsche Richtung.


    Bei Dukkha geht es um das, das man der Situation selbst hinzufügt. Die Depression selbst erzeugt kein Dukkha, sondern Schmerz. Und die Depression ist auch keine Folge von Dukkha.


    Dukkha in der Beziehung sind die Gedanken und Gefühle, die man hinzufügt. Ich Ärmster. Nicht nur dass ich meinen Job nicht schaffe, jetzt bin ich auch noch depressiv. Als nächstes werde ich wahrscheinlich arbeitslos, und meine Frau verlässt mich. (Kleiner Hinweis: Dies ist kein akademisches Beispiel. ;) ).


    Nur für den hinzugefügten Teil, der durch Anhaftung entsteht, bietet der Buddha einen Weg an, ihn zu überwinden. Die Depression bleibt Depression, so wie jede andere Krankheit auch, sie entsteht nicht durch Anhaftung.


    Um Anthony de Mello zu zitieren: Da ist immer noch Depression, aber ich bin nicht depressiv.


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Alles, was bedingt entstanden ist, ist logischerweise vergänglich. Wenn ich mich mit dem Körper identifiziere, verstärke ich nur das Leiden. In diesem Moment schieße ich den zweiten Pfeil auf mich selbst ab.


    Der Buddhismus heilt keine Krankheiten – dafür muss man sich an einen Therapeuten wenden.

    Auch Therapeuten oder Ärzte heilen nicht. Sie machen auch das, was Buddha machte und fragen nach den Bedingungen von Krankheit. Dann gibt es Methoden mit denen die Bedingungen verändert werden und man hat da praktisches Wissen, wie das die körperlichen oder geistigen Zustände verändern kann.


    Dein Denkfehler liegt in diesem Satz:

    Zitat

    Wenn ich mich mit dem Körper identifiziere, verstärke ich nur das Leiden.


    Die Identifikation ist nicht die Ursache von Leiden. Die zweite Wahrheit heißt "Begehren ist die Ursache von Leiden".

    Wer denkt, Nicht-Identifikation hebt das Leiden auf, der hat die bekannte Zen-Krankheit bzw. steckt im Nihilismus fest. Vernichtungsglaube ist eine falsche Ansicht.


    'Persönlichkeit', 'Ich', 'Mensch' usw. sind lediglich konventionelle Bezeichnungen (vohāra-vacana) ; und dass eben bloß dieser Prozeß der vom Augenblick zu Augenblick sich selbst verzehrenden, unaufhörlich entstehenden und gleich darauf wieder für immer verschwindenden körperlichen und geistigen Daseinserscheinungen anzutreffen ist. Diese Leerheit und Unpersönlichkeit des Daseins ist die Kernlehre des ganzen Buddhismus, die einzige spezifisch buddhistische Lehre, mit der das ganze buddhistische Lehrgebäude steht und fällt. Näheres siehe anattā, ferner khandha, paticcasamuppāda.

    ditthi


    Deshalb gibt es ja auch nicht nur die Vergänglichkeit als Daseinsmerkmal, sondern auch dukkha UND Nicht-Ich.

    Es geht um das Begehren nach Werden und Wieder-Werden, nach Dasein. Das ist die Unwissenheit, die letztlich ja das Begehren nach Dukkha bedingt, weil es vielleicht gerade mal wider nur Halb-Wissen über das Bedingte Entstehen gibt.

    :zen:



  • Ein recht teures Beispiel: Ich habe hier noch 50 000 "Rupien". Diese bestimmten Geldscheine wurden in Indien einfach aus dem Verkehr gezogen und sind kein Zahlungsmittel mehr. Und als Ausländer durfte man die während einer kurzen Frist und nur physisch in Indien umtauschen. (Als Inder länger bis zu einer bestimmten Summe.) Wert gleich Null. Ich hatte dafür in Indien 600 Euro bezahlt.

    Das nenne ich:

    Raub, Diebstahl.

    Profitiert haben wahrscheinlich alle anderen Rupienbesitzer, deren Geld-"Wert"*hust* auf minimalste Weise angehoben wurde..

    Deine Nichteinloesbarkeit ist eine juristische Sache, die einer Enteignung gleichkommt. Die Nichtanerkennnung deiner 50.000 Rupien trugen in diesem Falle minimal zu Deflation bei.

    2 Mal editiert, zuletzt von nuk ()

  • Ich moechte mal aus meiner eigenen Erfahrung rueckblickend ueber meine Depression erzaehlen:


    Sie war ein Zustand, in dem ich selbst - wirklich, objektiv - keinen Sinn mehr im Leben sah. Ich sah mich als Dauerleidender, Gesellschaftsschmarotzer und mehr. Ich lebte in einem Dauerzustand der Ungluecklichkeit. Und waehrend dieses Zustandes hatte ich auch gar kein Beduerfnis, etwas zu aendern. Denn ich dachte, der richtige weg waere der Tod. Ich arbeitete damals intensiv darauf hin, mich frei von Angst und mit Klarheit des Geisteses in den Tod zu stuerzen.


    Objektiv gesehen ist das nicht 'falsch' oder so. Eben eine andere Betrachtungsweise auf das eigene Dasen.


    Letztenendes wurde ich von Anderen von meinem Vorhaben abgehalten - auch durch Zufall, das Schicksal, wenn man so will - und in eine andere Richtung 'geschubst'. Wieder und immer wieder. Auch gegen meinen 'Willen'.

  • Ein recht teures Beispiel: Ich habe hier noch 50 000 "Rupien". Diese bestimmten Geldscheine wurden in Indien einfach aus dem Verkehr gezogen und sind kein Zahlungsmittel mehr. Und als Ausländer durfte man die während einer kurzen Frist und nur physisch in Indien umtauschen. (Als Inder länger bis zu einer bestimmten Summe.) Wert gleich Null. Ich hatte dafür in Indien 600 Euro bezahlt.

    Das nenne ich:

    Raub, Diebstahl.

    Profitiert haben wahrscheinlich alle anderen Rupienbesitzer, deren Geld-"Wert"*hust* auf minimalste Weise angehoben wurde..

    Deine Nichteinloesbarkeit ist eine juristische Sache, die einer Enteignung gleichkommt. Die Nichtanerkennnung deiner 50.000 Rupien trugen in diesem Falle minimal zu Deflation bei.

    Keine Suppe ohne Haar… schlimm dieses Samsara. Man findet einfach immer was zu jammern…

  • Dein Denkfehler liegt in diesem Satz:Zitat

    Wenn ich mich mit dem Körper identifiziere, verstärke ich nur das Leiden.

    Wie du willst.

    Ich zitiere:


    Zitat

    Die einzigartige Entdeckung, die der Buddha machte, war genau

    dies: Es kann die fünf Gruppen ohne Ergreifen geben. Mit

    anderen Worten, es kann ein Individuum geben, das ohne die geringste

    Vorstellung eines „Selbst“, „Ich“ und „Mein“ ist. So ein

    Individuum wird Arahat genannt. Der Arahat betrachtet rein gar

    nichts als „Mein“. Der Buddha hat diesen Zustand in sich selbst

    erfahren. Damit war er der erste Arahat , der in der Welt unserer

    Zeit erschienen ist.


    Die Lehre des Buddha

    und ihre wesentliche Bedeutung

    von

    R. G. de S. Wettimuny



    Zitat

    Die Identifikation ist nicht die Ursache von Leiden. Die zweite Wahrheit heißt "Begehren ist die Ursache von Leiden".


    Das ist absolut korrekt! Aber warum begehre ich überhaupt? Weil ich meine Frau oder meinen Körper als zu mir gehörig wahrnehme – andernfalls wäre es schlichtweg unmöglich.

    Das Begehren entsteht durch meine verzerrte und fehlgeleitete(verkehrte) Wahrnehmung, dass es überhaupt etwas gibt, das ich steuern oder beherrschen könnte. Aber alles, was abhängig entstanden ist, ist vergänglich. So sieht es auch Ajahn Chah – das Zitat habe ich kürzlich gepostet.


    Zitat

    Auf diese Art und Weise sind wir

    in der Welt gefangen. „Das ist mein.“ „Das gehört mir.“

    Begehren entsteht also genau durch – oder besser gesagt: dank – meiner Unwissenheit. So wäre es wohl richtiger ausgedrückt.


    Leonie .


    Und wenn du aus dem buddhistischen Wörterbuch von Nyanatiloka zitierst, sollte man sich sofort die Frage stellen: Wer sieht sich selbst so?

    Der Mensch stülpt durch die vergänglichen Skandhas die Vorstellung eines „Ich“ über alles – aber er bemerkt es nicht einmal. So läuft Samsara brav weiter.

    Denn man flieht immer zum Atman – das ist ganz normal. Jeder möchte überleben. Rein evolutionär-biologisch bedingt.

    Das Erwachen war hier ursprünglich nicht vorgesehen. Es wäre, als schwimme man gegen den Strom.

  • Das Begehren entsteht durch meine verzerrte und fehlgeleitete(verkehrte) Wahrnehmung, dass es überhaupt etwas gibt, das ich steuern oder beherrschen könnte.

    Und weshalb kannst du dieser Einsicht nicht folgen, sondern rechtfertigst immer weiter dein Begehren nach wieder Werden bzw. Über-Leben?

    Weder gibt es ein Ich - es gibt nur die Vorstellung davon - noch gibt es etwas, das sich beherrschen ließe - auf Dauer.

    Wenn die Einsicht vorhanden ist, dass die Welt, die Dinge leer sind, dann ist Ergreifen und Begehren sinnlos, ganz gleich wie verzerrt oder unverzerrt die Wahrnehmung der Phänomene ist. Wieso kommst du nicht zu dieser Einsicht, sondern dankst noch der Unwissenheit? ist es aus Gewohnheit?

    :zen:



  • Wenn die Einsicht vorhanden ist, dass die Welt, die Dinge leer sind, dann ist Ergreifen und Begehren sinnlos, ganz gleich wie verzerrt oder unverzerrt die Wahrnehmung der Phänomene ist. Wieso kommst du nicht zu dieser Einsicht, sondern dankst noch der Unwissenheit? ist es aus Gewohnheit?

    Weil ich kein Arahant bin, will ich überleben.
    Der Mensch kann nicht nicht wollen – das wusste sogar Arthur Schopenhauer.
    Aber bloße Einsicht bringt mich nicht weiter.
    Nur etwas, das mich innerlich transformieren kann, würde dazu führen, dass ich nicht mehr anhaftete.
    Das wäre ein Fortschritt auf dem Weg – denn so wie die Krankheit, so auch das Sterben usw., sie gehören nicht mir.

    Aber ich kann lernen, so:


    Zitat

    Wird aber der erfahrene edle Jünger, ihr Mönche, von einem Wehgefühl getroffen, dann ist er nicht traurig, beklommen, jammert nicht, schlägt sich nicht stöhnend an die Brust, gerät nicht in Verwirrung. So empfindet er nur ein Gefühl, ein körperliches, kein gemütmäßiges.


    S.36.6 Durch einen Pfeil - 6. Salla Sutta


    Genau das meinte ich mit der ‚Nicht-Identifikation‘: Der Schmerz ist kein Leiden.


    Sieh auch hier:


    Zitat

    [3] Der Tathāgata identifiziert sich nicht mit den fünf Khandhas und kann auch nicht mit ihnen identifiziert werden, er ist "nicht auffindbar".


    Ich bin kein.. , du?

    Alles Gute! :)



    Zitat

    Weder gibt es ein Ich - es gibt nur die Vorstellung davon - noch gibt es etwas, das sich beherrschen ließe - auf Dauer.


    Das ist korrekt:


    Zitat

    Die Vergänglichkeit aller Phänomene, aller Erfahrungen verleitet dazu, etwas Dauerhaftes zu suchen. Doch dieser Versuch muss immer wieder, schließlich endgültig und todsicher, scheitern. Unsere privaten Schrullen als ewiges Ich festhalten zu wollen, ist tatsächlich ein „närrischer Gedanke“. Wir können auch die Luft nicht festhalten. Aber wir können atmen. Die Sprache gibt einen Fingerzeig: „Atem“ und „Atman“ (= Selbst) haben dieselbe Wortwurzel. Das Selbst ist kein Sein und kein Nichts, sondern endloser Wandel: „Mein eigentliches Wesen ist die Zeit selbst, nicht ein Etwas in der Zeit.“ (Jikme Lingpa)


    Das Selbst ist kein Sein und kein Nichts, sondern endloser Wandel

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich verstehe das nicht wirklich 😊

    Das nur einfach so zu verstehen fällt anfangs auch noch schwer. Das ist auch völlig normal.


    Durch Übung wie zB Meditation kann es aber gelingen das Gesagte oder Beschriebene wortlos und ganz ohne Schriften ganz allein für sich genauso zu erleben und authentisch zu erfahren.


    Auch das man nicht allein ewiger Gefangener seiner Gedanken sein muss. Sondern auch lernt sie besser als zuvor loslassen zu können.


    Erst dadurch erweitert sich oft auch erst Wort und Gedanken los eine neue Sicht auf so vieles, und alte Ansichten werden auch entlarvt als das was sie in Wahrheit wahren.


    Somit ist auch ein anderes Handeln im Leben an sich als zuvor möglich.


    Und auch was das Leben an sich in Wahrheit ist.


    Denn zuvor hat man nur einen Teil erblickt, oder aber, seit Geburt wieder „vergessen“.

  • Hallo Zusammen, zunächst mal herzlichen Dank an euch, für die vielen tollen Beiträge. Zugegeben, nicht alles habe ich voll verstanden Einiges ja, aber, ich bleibe dran, um es besser zu verstehen! Vieles ist im Augenblick ziemlich abstrakt. Aber ich versuche mal zusammenzufassen, was ich glaube verstanden zu haben. Hoffe, dass ich keinen Schwachsinn schreibe!!!!!!


    Wir gehen davon aus, dass alles, auch wir selbst, beständig ist. Zudem, aus sich selbst heraus entstanden ist. All das ist unabhängig von unserer geistigen Aktivität entstanden und beständig. Demzufolge denken, wir das was außen ist und unser Körper ohne unseren Geist existiert. ABER, diese Dinge existieren tatsächlich nur in Verbindung mit unserem Geist. Es sind Erscheinungen, die unser Geist produziert und sind nicht unabhängig, sondern abhängig entstanden. Ich habe mal für mich ein Beispiel, das gerade aktuell für mich. Ein Kollege hat mich in der letzten Woche total geärgert, ja genervt. Ich war stinkesauer und ich hielt ihn für einen Idioten. Die Wut steigert sich immer mehr, ich kochte innerlich. Ein anderer Kollege kommt super mit ihm klar, sie gehen gemeinsam in die Mittagspause, quatschen viel miteinander. Ich projiziere auf den Kollegen: der Idiot. Mein Kollege: der ist supernett. Kurzum: der Kollege ist nicht aus sich selbst heraus ein Idiot, sondern in meinem Geist erfolgt die Etikettierung. Denn wenn er aus sich selbst heraus ein Idiot wäre, könnte der andere Kollege ihn nicht supernett finden. Also, das habe ich mal gelesen: Ist der Kollege leer von inhärenter Existenz ein Idiot zu sein! Dies entspringt aus meinem Geist und nicht aus sich selbst heraus (… die Etikettierung Idiot).


    Ähnlich dürfte es doch dann mit unserem Körper, oder „Ich“ sein. Wir identifizieren uns, halten an dem Körper fest, nehme das „ich“ als wichtig, herausragend, wir haften an dem „ich“ an usw. Aber letztlich stellt sich doch die Frage: Was ist genau dieser Körper? Was macht ihn aus? Woraus entsteht der Körper? Er entsteht abhängig – von z.B. Vater und Mutter und nicht unabhängig aus sich selbst heraus. Der Körper hat also Ursachen, aus denen er entstanden ist. Zudem gehen wir davon aus, dass dieser Körper unveränderlich existiert und fortbesteht. Aber er unterliegt der Veränderlichkeit. Jeden Moment verändert sich der Körper, obwohl wir meinen, dass dieser Körper noch der gleiche ist wie vor z.B. 1 Jahr. Also, unser Körper entsteht weder aus sich selbst heraus, sondern abhängig von Ursachen und unterliegt der Vergänglichkeit.


    Und genau in dem Zusammenhang habe ich einen Satz gelesen – Dalai Lama -: „Die Hauptursache des Leidens ist Unwissenheit, die irrtümliche Annahme, dass Lebewesen und Objekte inhärent existieren. Wir alle haben eine berechtigte, richtige und angemessene Empfindung von unserem „Selbst“ oder „Ich“. Aber dann haben wir auch eine falsche Auffassung von diesem „Ich“ als inhärent existent. Unter dem Bann dieser Täuschung betrachten wir das Selbst, als würde es aus eigener Kraft existieren, durch seine eigene Natur ins Leben gerufen, in der Lage, sich selbst zu verursachen.“



    Boooh, große Herausforderung das zu schreiben. Hoffentlich bin ich nicht auf dem Holzweg.


    Ich bitte um Kritik und hoffe, dass ich es bald besser verstehen.



    LG und DANKE!

  • Guten Morgen :sunny:


    Dharma-News, nach meiner Einschätzung, hast du es ziemlich gut zusammengefasst, weil du den Schwerpunkt zum Verständnis von Shunyata auf das abhängige Entstehen und Vergänglichkeit legst, was auch ich nach meinem Verständnis für unabdingbar halte.


    Dein Beispiel mit dem Arbeitskollegen ist interessant und passend.


    Allerdings hast du nebenbei eine Schlussfolgerung eingebaut, die in diesem Zusammenhang mMn. nicht stringent ist:

    "Denn wenn er nämlich aus sich heraus ein Idiot wäre, könnte der andere Kollege ihn nicht Super nett finden".


    Selbst wenn der Kollege einen IQ von unter 50 hat, ich glaub das war in der icd10 "Idiotie", und nachweislich ein Idiot ist, kann dein Kollege ihn nett finden.

    Aber selbst diese Idiotie ist genetisch bedingt , durch einen Geburtsfehler verursacht o.ä.

    Kurzum, man kann gar nicht aus sich selbst heraus ein Idiot sein,egal ob krankhaft oder durch Einschätzung anderer Menschen, es entsteht immer aus Abhängigkeit heraus.