Christopher:
Meine Kritik richtet sich hier nicht gegen selbsternannten Gurus - das wäre zu einfach. Sondern ich möchte zeigen, dass auch "seriöses" Zen leere Versprechungen macht, zum Beispiel die drei Punkte, die ich erwähnt habe. Und das betrifft in diesem Fall teilweise nicht nur Herrn D. selbst, sondern seinen ganz seriösen, Hanazono-Universitäts-leitenden, offiziell von Myoshinji entsandten Zen-Meister, der offensichtlich jahrelang hinters Licht geführt worden ist.
Wie Du sagst, macht das die Sache viel schlimmer. Ich bin übrigens gespannt, ob wir eine Stellungnahme zu dem Fall von Myoshinji bekommen werde. Da habe ich aber keine große Hoffnung - wir in Westen müssen diese Probleme leider alleine angehen.
Auffallend ist, dass die aufgedeckten Fälle überwiegend im Rinzai-Zen geschehen sind. Hier scheint mir Punkt zu sein. Es geht im "seriösen" Zen darum, dass ein Zen-Meister wieder einen Nachfolger ernennen soll, damit die Linie, also die Institution erhalten bleibt. Dazu braucht man Kriterien.
Und damit beginnt der Irrtum. Es gibt nämlich kein Kriterium. Wenn man zusammen lebt in einer Klostergemeinschaft, dann kennt man seine Leute und man kann sicherlich einem anderen dann die Hütte anvertrauen. Außerdem ist das in Japan ja eingebunden in einen großen Rahmen, in dem sich die Zen-Meister wechselseitig bestätigen. Da haben wir das Einfallstor für Korruption.
Nach dem 2. Weltkrieg sind die Zen-Leute nach Westen und Osten ausgeschwärmt und haben geglaubt, man könne da Linien begründen, obwohl man die Leute ja gar nicht in dem Maße kennen kann.
Aitken ist ja auch auf das "Gutachten" über Shimano reingefallen, hat aber dann aus seiner Erfahrung Konsquenzen gezogen und den Shimano erst mal raus geschmissen. Der fand aber bei Yasutani als Übersetzer Verwendung und kam so nach USA - usw. den Rest kennen wir ja. Dazu muss man sagen, dass Japaner hinsichtlich sexueller Lebensgestaltung andere moralischer Vorstellungen haben. Außerdem kannte man ja nicht so viele Frauen beim Zen.
Mit dem Dokusan und dem Kaon-Studium hatte man dann aber zwei Elemente, die sich missbrauchen lassen von beiden Seiten. Da es kein Kriterium für die Nachfolge gibt, arbeitet man ganz zwangsläufig mit Projektion und projektiver Identifikation. Und da der Meister am längeren Habel sitzt, hat man diese Abhängigkeit. Man zerstört damit den Sangha, aber die ist ja relativ locker, bei dem Laien-Zen. Man lebt ja nicht auf engstem Raum zusammen, höchstens mal im Sesshin und wenn man wie bei Shimano einen Tempel hat, dann gibt es eben diese enge Gruppe um den Meister, die sich auch schützend drum rum rankt, wie Kattu.
Das alles sollte man auflösen. Die Soto-Praxis ist unserer Kultur viel angemessener. Und es entspricht auch dem "Früh-Buddhismus" - ein Kreis von Freunden, die gemeinsam den Weg praktizieren.
Allerdings liegt die Wurzel des Missbrauchs nicht im Buddhismus, sondern in der Welt. Bei uns werden Menschen dazu mißbraucht Sklavendienste zu machen, um Reichtum bei anderen anzuhäufen.
Die vermeintlich Starken benutzen die Schwachen, um sich an ihnen zu bereichern. Der Buddhismus allerdings ist eine Veranstaltung für die Reichen bzw. die Mittelschichten. Auch das sollte zu denken geben - wenn man oben in der Maslowschen Bedürfnishierarchie angekommen ist, fragt man sich - und jetzt? Und wenn man dann nicht ganz verblödet ist, dann geht man aus seinem Palast und trifft auf Leid, das in jedem Fall auf einen zu kommt.
Auf die Stellungnahme aus Japan und Dinkelscherben bin ich auch gespannt. Aber da kommt vielleicht auch nichts.
Im übrigen liegt hier ein anderer Fall vor - Pädophile sind grundsätzlich völlig verschlossen und die Rinzai-Tradition begünstigt das dann auch wieder. Daher kann nur Offenheit und Transparenz als Mittel gegen solche Art von Korruption helfen.
Jeder, der bereits auf der Suche nach einem Meister ist, ist auch in Gefahr dem Scharlatan auf den Leim zu gehen. Deshalb sollte sich jeder klar sein, dass nur die Zen-Übung der Meister ist. Der alte Reissack, der da auch noch rum sitzt, ist nur eine Beilage.