Diskussion zu "Was ist säk. Buddhismus"

  • Ich kenne aber auch viele andersherum liegende Fälle: Leute, die intensiv (bis intensivst) praktiziert haben, und dann nach Jahren eine Inkonsistenz in der buddhistischen Lehre empfanden, und ihn daher verließen.

    Die Praxis funktioniert, oder sie funktioniert nicht (sie führt mittelfristig zu weniger Dukkha, oder eben nicht). Wenn sie für jemanden nicht funktioniert, nicht heilsam ist, finde ich es eine gute Idee, das zu lassen. Mir fehlt aber gerade die Idee, was Inkonstistenz in dem Zusammenhang bedeuten könnte. Welche Inkonsistenzen wurden Dir da berichtet?


    Und ich muss zugeben, "intensivst" klingt für mich persönlich eher nach einem Anstrengungsprogramm, als nach dem mittleren Weg.

    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Die sind aber stark unterschiedlich, was man u. a. daran sieht, dass für viele Deutsche ein traditioneller tibetischer Buddhismus zeitgemäß ist. Für andere eben nicht. Es bedarf demnach viele säkulare Buddhismen.

    Das stimmt,

    aber!

    der "säkulare" Buddhismus erkennt einige Sachen einfach nichts an, nur weil er sie nichts rein objektiv ( nach der Regeln der strengen Wissenschaft) so verifizieren und wiederholen kann.

    Das Leben kann aber auch nichts in der Retorte bis heute wiederholt werden . Oder?

    Wenn einiges nichts nach dem "Modernen" Methoden nachweisbar wäre, dann es bedeutet noch nichts, das es alles nichts real ist.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    • Offizieller Beitrag

    Das stimmt,

    aber!

    der "säkulare" Buddhismus erkennt einige Sachen einfach nichts an, nur weil er sie nichts rein objektiv ( nach der Regeln der strengen Wissenschaft) so verifizieren und wiederholen kann.

    Wir sind alle ein wenig säkuläre Buddhisten. Das fängt mit alle denen an die überhaupt nicht an den Berg Meru glauben. Oder die Leute die nicht an Baumgeister glauben. Oder diejenigen die nicht glauben, dass eine Person an mehreren Orten gleichzeitig sein können. Auch die traditionellen körperlichen Merkmale eines Buddhas verweisen viele ins Reich des Symbolischen.


    Es gibt also vieles was auch viele Gläubige Buddhisten als zu fantastisch abtun - aber dann macht man für sich irgendwo einen Schnitt und sagt, dass man z.B an Höllen und Pretas glaubt. Oder man nimmt auch das symbolisch aber glaubt durchaus an Karma und Wiedergeburt.


    Oder man könnte alle die nicht an den Berg Meru glauben sondern an Galaxien und Kugelgestalt glauben statt den traditionellen buddhistischen Kosmologie Glauben schenken als säkular abtun.


    Wo ist da die Grenzlinie?

  • Also ich finde solche Zuschreibungen 'wir sind alle ein wenig Buddhisten' oder 'ein wenig säkulare Buddhisten' nicht nötig und auch illusionär. Was wir sind - wer/was man selbst ist - das sind ja identifikationsstiftende Vorstellungen nur. Ich/wir - Träume.


    Um sicher Glaube von Wissen unterscheiden zu können, muss man wissen. Ich weiß zum Beispiel dass es ein blosser Glaube ist, dass eine Sache oder eine Zusammenwirken verschiedener Sachen, 'Leben' und damit Bewusstsein erzeugt hätte. Das glauben viele Menschen. Es lässt sich aber nicht zeigen (damit man es nicht bloss glauben muss).


    Es erkenne: So zu denken ist eher Ignoranz des Forschungsstandes der empirischen Forschung hierzu - man könnte sich ja auf solche Erkenntnisse, also solches Wissen stützen - wäre es vorhanden. Die andere einfach nennbare Ursache solchen Denkens ist: angewöhntes Denken und Vorstellen was man nicht also blosses solches zu erkennen in der Lage ist.


    Gewissermassen ist so ein Glaube eine Art umgekehrter metaphysischer Glaube. Man behauptet -ohne die Aussicht so etwas jemals feststellen zu können - eine Welt getrennt von Bewusstsein, und spricht ihr gewissermassen magische Kräfte zu: nämlich Leben und Bewusstsein erzeugen zu können.

  • Wo ist da die Grenzlinie?

    Sehr schöner Beitrag. :rose:

    Die Grenzlinie bestimmen die kulturelle, Gesellschaftliche, hystorische, wissenshaftliche Werte( Narrativen), die wir alle als selbstverständlich akzeptieren. Denn unseres Wissen ist nichts absolut, es ist alles relativ und bedingt, ...

    Deswegen ich schenke keinen blinden Glauben an egal welche Sutras und die Lehren....

    D.-L. sagte einmal, wenn die Vorstellungen von Budddhimsus der modernen Wissenschaft widersprechen, dann wir, Buddhisnten, sollten das revidieren, so sinngemäss.

    Aber die Wissenschaft ist auch keine Wahrheit in der letzten Instanz.

    Gödel-Theorem sagt über das besser, als ich.

    Schlimm finde ich, wenn man die eigene Eingeschränkheit und Scheuklappen der Kultur, meistens, nichts sieht, nichts sehen wollte, oder nichts wahrhaben wollte. Dann es könnte so passieren:


    Der Schlaf der Vernunft gebiert Ungeheuer – Wikipedia


    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Kann man so sehen. Aber bezieht sich der mittlere Pfad auf die Praxis? Ich dachte eher auf die Mitte zwischen Nihilismus und Ewigkeitsglaube. Aber es war nichts im Buddhismus unübliches. Mönch werden, 2-monatliches Sesshin, 3-jähriges Retreat, 100000 Niederwerfungen etc.. Sprach nicht Buddha von Bemühen unter Unterlass? Das wäre doch auch nicht die Mitte.

    Und ich muss mich ein wenig korrigieren, es waren nicht nur Inkonsistenz in der Lehre, sondern auch zwischen Lehre und Leben. Es ist also ein kruder Mix.

    - etwas Bedingtes (jede Übung, jedes Tun ist bedingt) kann nicht zum Unbedingten (nirvana) führen, denn dann wäre es bedingt, auch bedingt entstanden und somit vergänglich, somit nicht nirvana.
    - es gibt kein Ich, aber dieses hat einen freien Willen, soll sich bemühen
    - die Basis des Buddhismus sei falsch ("ich erkannte, dass ich seine Dukkhaphobie nicht teilte").
    - die Karmalehre würde der Wirklichkeit nicht entsprechen (guten Menschen geht es schlecht, schlechten gut)
    - Meditation und Praxis verstärkten die Ich Tendenz, lösten sie nicht auf (Ein achtsames Ich sei eben kein Nicht-Ich) Auch Shinrans "All mein Tun (all meine Praxis) führt mich nur in die Hölle" weist in die Richtung.
    - Buddhas Mitgefühl sei kein Mitgefühl, sondern lediglich das Verkünden seiner Lehre
    - sein Vinaya sei diskriminierend
    - Kensho sei nicht Produkt der Praxis
    - Kritik an einer willentlichen normativen Ethik, die Welt sei nicht durch Regeln zu fassen, Wille sei Ich
    - negative Tendenzen in der Lehre (man spricht von Vergänglichkeit, statt von Wandel)
    - Abwendung von der Welt
    - Annahme von etwas hinter den Dingen (Dharmadhatu, Buddhabereiche, ewiger Buddha, Dharmakaya), aus dem da ist kein Ich wird wieder etwas
    - Unwirksamkeit der Bemühungen - ("Ich hatte den Eindruck, dass mir eine Rolfing-(Tiefengewebs)Massage) mehr gebracht hat, als die 3 Jahre Retreat)".
    - die Erkenntnis, dass viele Lehrer ethisch schlechter handeln als der Ottonormalbürger, die Praxis also eher verschlechternd wirke
    - das Erleben von buddh. Strukturen als sektenartig (beim Diamantweg, NKT, Thich Nhat Hanh), eben als nicht befreiend
    - dem Weg eines anderen zu folgen, statt dem eigenen Weg, seine Erfahrung zu verallgemeinern
    - Verlust der spielerischen Dimension des Seins
    - Intoleranz zu anderen (auch zu anderen buddhistischen) Wegen
    - widersprüchliche Aussagen Nirvana beendet Samsara, vs. Samsara und Nirvana sind eins
    - Konstruktion von mehreren Wahrheitsebenen (etwas ist entweder wahr oder falsch, so etwas wie relative Wahrheit kann es also nicht geben)
    - ein Festhalten an Buddhas Lehre (obwohl doch an nichts festgehalten werden soll)
    - Erschaffung einer Metaebene in der Meditation (ein Ich, dass ein anderes Ich beobachtet, also auf einmal zwei Ichs)
    - Buddha verkünde einen Pfad, den er erst nach seinem Erwachen konstruiert habe, selber nie gegangen sei
    Ich hab bestimmt noch einiges vergessen.

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

    Einmal editiert, zuletzt von Keine Ahnung ()

  • Aber bezieht sich der mittlere Pfad auf die Praxis? Ich dachte eher auf die Mitte zwischen Nihilismus und Ewigkeitsglaube.


    Letzteres mag bei Nagarjuna so sein. Beim Buddha ist es der Praxispfad, der mit rechter Ansicht beginnt.

  • Und ich muss mich ein wenig korrigieren, es waren nicht nur Inkonsistenz in der Lehre, sondern auch zwischen Lehre und Leben.

    Meine Frage bezog sich auf die Praxis. Damit haben die aufgezählten Punkte nichts zu tun, oder? (außer "- Unwirksamkeit der Bemühungen", dazu hab ich mich schön geäußert, und "- Erschaffung einer Metaebene in der Meditation", was etwas ist, das unser Geist den ganzen Tag macht, auch ohne Buddhismus.)


    Die meisten Punkt fallen nach meiner Einschätzung unter "Buddha, rette mich" (wahlweise auch "Guru, rette mich!"), und da ist Buddha ja ganz klar: Keine Chance, die Arbeit kannst Du nur selbst tun. Wenn jemand das ignoriert, oder von seiner LehrerIn nicht beigebracht bekommen hat, dann verstehe ich, dass die Enttäuschung groß ist.


    "Krude" finde ich Deinen Mix übrigens überhaupt nicht. Es sind halt die üblichen Eigenschaften von Samsara: Mangelndes Verständnis (Ich-Konzept, Karma, gut und schlecht; angeblich normative Ethik); falsche Hoffnungen (überragende Ethik, Metaphysische Erklärung der Welt); Anforderungen an andere und Strukturen zu stellen, statt an sich selbst; schlechte Lehrer, ungeeignete Schüler; Vorurteile und Theorien statt Erkundung und Erkenntnis. Alles Dinge, die jedem von uns jeden Tag begegnen, in uns, und in anderen. Mara lässt grüßen! ;)



    Kann man so sehen. Aber bezieht sich der mittlere Pfad auf die Praxis?

    Aber sicher, das war doch gerade Buddhas Weg: Die Abwendung von der Praxis der Asketen mit dem Ziel den Körper und teilweise den Geist durch extreme Askese zu vernichten.


    Wie viele Leute kennst Du denn, die einen Dreijahresretreat gemacht haben, und danach dem Buddhismus den Rücken gekehrt haben?


    Ich sag es einfach noch mal deutlich, um eine missverständliche Diskussion zu vermeiden: Ich persönlich habe an theoretischen Überlegungen und Abwägungen keinerlei Interesse, weil es nicht meine Welt ist. Deshalb habe ich nach Praxis gefragt. Der einzige Maßstab für den Erfolg des Wegs des Buddha ist für mich die Reduktion und Überwindung von Dukkha durch buddhistische Praxis. Und umgekehrt. Wenn man kein Problem mit Dukkha hat, oder die eigene Praxis Dukkha nicht vermindert, warum sollte man dann dem Buddha folgen? Weil es cool asiatisch und vielleicht etwas "in" ist? Das wäre ja völlig bescheuert.


    Liebe Grüße und vielen Dank für Deine ausführliche Antwort,

    Aravind.

  • Die Praxis funktioniert, oder sie funktioniert nicht (sie führt mittelfristig zu weniger Dukkha, oder eben nicht). Wenn sie für jemanden nicht funktioniert, nicht heilsam ist, finde ich es eine gute Idee, das zu lassen.

    Genau so sehe ich das auch.

    Ob mir ein Wegweiser den richtigen Weg zeigt, kann ich leicht heraus finden, nämlich indem ich dem gewiesenen Weg folge. Da die Lehre bereits am Anfang hilfreich ist, weil man sehr schnell merkt, wie sich Dukkha mindert und im weiteren Verlauf sich immer mehr mindert, entwickelt sich im gleichen Maße Vertrauen in die Richtigkeit der Wegweisung und die Kompetenz des Wegweisenden. Durch jene zahlreichen Erkenntnisse, die sich erst im Verlauf des Weges entwickeln und die am Anfang gar nicht sichtbar- ja kaum vorstellbar waren, wandelt sich das Vertrauen in die Gewißheit, daß auch alle künftigen, weiterführenden Wegweisungen richtig und hilfreich sein werden. Und je mehr sich auch das bei weiterem Voranschreiten bestätigt, wird aus der Gewißheit eine Überzeugung.

    Irgendwann muß man sich wohl oder übel entscheiden, entweder dem vom Buddha gewiesenen Weg zu folgen oder eben nicht. Wem so viel Vertrauen aufzubringen nicht möglich ist, sollte sich wohl besser nach einer anderen Lehre umschauen.

    Wer dem Buddha wenigsten versuchsweise ein Stück weit gefolgt ist, merkt sehr schnell, daß seine Lehre so, wie sie im Kanon überliefert ist, eine Wegweisung darstellt, der man praktisch folgen kann und die in Inhalt und Form optimal-, ja fast könnte man sagen perfekt ist.

    Und Perfekt heißt nicht, daß man nichts mehr hinzufügen-, sondern nichts mehr wegnehmen kann, ohne das Ganze zu zerstören.

    Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und doch kein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)

    Einmal editiert, zuletzt von Hajobo ()

  • . Der einzige Maßstab für den Erfolg des Wegs des Buddha ist für mich die Reduktion und Überwindung von Dukkha durch buddhistische Praxis.

    Hi, sorry, wenn ich dich wieder so wie "piesacke"...

    Ohne sehr gründliches und tiefes Verständnis von Buddhismus man kann so...

    wie viele Leben lang an die wand zu starren, und den Rest von Gehirn wegzupusten, ach...eher um den Rest ...zu verlieren.

    Zuerst man sollte die ganze Materie sehr gut intellektuel erfassen, wie z.B. drei Daseinsmerkmale, vier edlen Wahrheiten....

    Nur einfach rund um die Uhr... ja, man kann meditieren,

    meine Frage, über was?

    P.S. Nichts persönlich gemeint....

    Sehr viele , z.B., wollten über die "Leerheit" meditieren, aber wenn man es nichts versteht, dann es wäre für die meine liebe katze...

    Die andere Sache, man kann ( könnte) es viele Leben lang ( Ironie) auch nichts genug verstehen...

    Wie bei der


    Matrjoschka – Wikipedia


    Die Russen sagen dazu, man lernt das Leben lang, aber stirbt sowieso als der absolute Tölpel. ( Trottel, egal)..

    LG.:rose:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ohne sehr gründliches und tiefes Verständnis von Buddhismus man kann so...

    wie viele Leben lang an die wand zu starren, und den Rest von Gehirn wegzupusten, ach...eher um den Rest ...zu verlieren.


    Du solltest nicht von Dir auf andere schließen.


    Ich rede grundsätzlich nur über meine Praxis und meine Erfahrung. Nimm es halt mal zur Kenntnis, dass es andere Zugänge zum Buddhismus gibt, als Deinen.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Ich rede grundsätzlich nur über meine Praxis und meine Erfahrung. Nimm es halt mal zur Kenntnis, dass es andere Zugänge zum Buddhismus gibt, als Deinen.

    Es geht nichts um meine "persönlich".

    Wenn wir hier kommunizieren, wir benutzen die Sprache als der Ver-Mitt-ler.

    Ansonsten wir wären nichts imstande zu kommunizieren, das ist doch ersichtlich.

    Ich wünsche dir viel Glück bei "deinem " Zugang. Mehr nichts. :heart:-lich.

    LG.:rose:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Karma scheint mir eher als eine nicht-deterministische Idee zu funktionieren... dh mit persönlicher Willensfreiheit (?) .. welches dann aber eine Person/ "ego" und persönliche Verantwortungsfähigkeit voraussetzt) - ich sehe die Antwort vielleicht im Weltlichen und konkret. Die gelebten Silas zB machen einen "wirklichen" Unterschied und haben echte Konsequenzen. Wiedergeboren werden nach meinem Nichtwissen genetische und geistige, kulturelle Prägungen, Gefühle, Familienkarma, "Erbsünden", Ideen... Hinterlassenschaften auch aus anderen Generationen und Unverarbeitetes. Mir wird der säkulare Buddhismus sympathisch, so mehr ich davon lese und höre - weil es für mich vielleicht mehr praktische Handlungsmöglichkeiten öffnet (muss noch drüber nachdenken)... danke für das Thema

  • Es geht nichts um meine "persönlich".

    Danke für die Einordnung. Dann ist Deine Behauptung, dass man zuerst die Schriften intensiv studiert und die Konzepte intellektuell verstanden haben muss, im allgemeinen einfach falsch. (Wobei es sicher Menschen gibt, für die das der richtige Weg ist!)


    Liebe Grüße, Aravind.

  • Aravind


    Buddha war "erzwungen" zu sprechen, um seine Lehre für alle zugänglich zu machen.


    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Dann ist Deine Behauptung, dass man zuerst die Schriften intensiv studiert und die Konzepte intellektuell verstanden haben muss, im allgemeinen einfach falsch.

    Aber ich wollte einfach meinen letzten Beitrag ergänzen. Über "mein " und "dein". Ich finde es sehr wichtig für die so viele Leute, die hier einfach still lesen.


    Ich zitiere Dalai-Lama:



    Zitat

    Um Selbstekenntnis und Weisheit zu entwickeln, wie wir, andere Menschen und all die Dinge um uns herum wirklich existieren, können wir uns vorbereiten. Dazu ist es aüsserst wichtig, die spirituellen Lehren genau zu studieren und immer wieder über sie nachzudenken. Wir müssen nämlich zuerst ...(!!!) ../von mir/ unsere falschen Vorstellungen über die Wirklichkeit korrigieren, um einen Geisteszustand zu entwickeln, der uns erlaubt, mit Klarheit bis zur Erkenntnis der Wirklihkeit dringen zu können.


    Wenn man hier immer über "mein"( "dein") redet, und zwar so mit dem echten Nachdruk, sehr milde ausgedrückt, dann noch das andere Zitat:



    Zitat

    Sie verursachen nur Schwierigkeiten für Sie selbst, für Ihre Gemeinschaft und sogar für Ihr Land.

    Diese irrrtümlichen Auffassungen müssen klar erkannt werden, indem Sie Ihren eigenen Geist beobachten.

    Ich wollte deswegen sehr kurz hinzufügen...


    Genau deswegen wir machen alle mögliche Praktiken, oder meditieren, um genau das


    Erkannt ! Zu werden. Nichts wegen des Selbstzweckes.


    In Dieser Hinsicht, die Frage ,was war zuerst , die Henne oder das Ei, *lach', entpuppt sich als überflüssig. Und es bringt uns nichts weiter.


    Um zu meditieren man sollte zuerst das Wort verstehen, der drin verborgene Inhalt. Und das wäre nur der Anfang....


    Von "meinem" oder "deinem" Weg, nichts so wichtig. Und im diesem "Nichts so wichtig" ich persönlich sehe die Toleranz, den Respekt und keine "Quer-Schiessungen " auf die andere, die ein wenig es alles anders sehen.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Und ein weiterer Irrtum: Buddha habe sich in dieser oder jener Weise geäußert. Was wir wissen, wissen wir aus Aufzeichnungen aus dem 1. Jahrhundert v.u.Z. von seinen Anhängern auf Sri Lanka - die Pali-Texte. Da ist Buddhawort enthalten. Das ist aber nicht Buddhawort. Das bedeutet, wir können immer nur sicher sagen, wie seine Anhänger ein paar Jahrhunderte später über die ein oder andere Sache dachten, aber nie mit Sicherheit, was der Religionsgründer meinte.

    Sicher enthält der Kanon Buddhas Worte nicht wortgetreu, wohl aber sinngetreu.

    Der schon weiter oben zitierte Heinz Bechert, einer der führenden Indologen der Gegenwart, schreibt in „Die Sprache der ältesten buddhistischen Überlieferung“ - Zitat:

    „Nun drängt sich die Frage auf, wann die Überlieferung überhaupt in bestimmter Form festgelegt wurde. Die buddhistische Tradition selbst berichtet bekanntlich, daß die Texte bereits auf dem ersten Konzil textlich festgelegt, danach aber noch lange (nach der Überlieferung des Theravada in Ceylon bis in die Zeit … 89-77 v. Chr) mündlich überliefert wurden. Was die Überlieferung über den Zeitpunkt der Niederschrift des Pali-Kanons betrifft, so kann mit Rücksicht auf die neueren Forschungen … mit Sicherheit behauptet werden, daß es sich dabei um eine zuverlässige historische Nachricht handelt. … Um derartige größere Textkomplexe zuverlässig mündlich überliefern zu können, bedurfte es eines besonderen Systems, und eben dieses ist uns in Form der Tradition über die Rezitationsspezialisten (bhanaka) bezeugt und stellt eine Parallele zu den Überlieferungsmethoden der vedischen Schulen dar.“ - Zitat Ende


    Die mündliche Überlieferung war Jahrhunderte lang die einzige Möglichkeit der Textbewahrung und sie war Aufgabe von Priesterschulen der Brahmanen. Deren mnemotechnisches Können läßt sich heute bestenfalls entfernt erahnen. Ähnliche Schulen gab es auch für den Pali-Kanon, nämlich die Klöster. Aus der Tatsache, daß die Texte über lange Zeit mündlich bewahrt wurden, kann man nicht einfach schlußfolgern, daß sie lediglich die Interpretation der Mönche darstellen.

    Wie weitgehend widerspruchsfrei und sich harmonisch ineinander fügend die Lehrreden sind, kann man erst erkennen, wenn man der Lehre genügend weit praktisch gefolgt ist und dadurch ihren Sinnzusammenhang begriffen hat, denn nicht die Worte sind das Wesentliche, sondern der Sinn.

    Die Frage, die im Raum stand, war ja, auf welche frühbuddhistische Strömung sich ein säk. Buddhismus berufe. Nicht auf die, die wir in MN 135 finden, sondern auf die, die in SN 36.21 durchscheint.

    Die Frage hatten wir weiter oben ja schon erörtert. In ähnlichem Widerspruch scheinen A III.62 und A III.77-78 zu sein aber wenn man es genauer untersucht, löst er sich ganz einfach auf.

    Was mich interessieren würde: Worauf gründet sich die Annahme, daß der Samyutta Nikaya Ausdruck einer früheren Strömung ist?

    Ist es alleine die Tatsache, daß er (vermutlich) eher entstanden ist, oder gibt es historische Quellen, die darauf schließen lassen?

    Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und doch kein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)

  • Das Projekt des sB scheint mir ein Buddhismus auf Grundlage der Aufklärung und des Rationalismus zu sein. Allerdings wird beides selbst in der Philosophie durchaus hinterfragt. Ob der Mensch ein primär rationales Wesen ist, würde ich auch infrage stellen.

    "Im letzten Jahr ihres Lebens sagte meine Mutter im Alter von 95 mehrmals: "Es ist befreiend zu erkennen, dass nichts wirklich eine Rolle spielt." Sie sagte es freudig, erleichtert, so, als ob sich eine Last (auf)gehoben hätte."


    Joan Tollifson

    • Offizieller Beitrag

    Das Projekt des sB scheint mir ein Buddhismus auf Grundlage der Aufklärung und des Rationalismus zu sein. Allerdings wird beides selbst in der Philosophie durchaus hinterfragt. Ob der Mensch ein primär rationales Wesen ist, würde ich auch infrage stellen.

    Letzteres würde ich auch in Frage stellen. 🙂

  • Was mich interessieren würde: Worauf gründet sich die Annahme, daß der Samyutta Nikaya Ausdruck einer früheren Strömung ist?

    Ist es alleine die Tatsache, daß er (vermutlich) eher entstanden ist, oder gibt es historische Quellen, die darauf schließen lassen?

    Schöner Beitrag, Hajobo .

    Ich habe bei M. Eliade gelesen, man kann in Buddhismus nicht so wirklich prinzipiell neues finden.

    Dieses Mantra, alles ist leidvoll und vergänglich, man kann praktisch fast in aller indischen Philosophie finden.

    Selbst der Buddha hatte zuerst zwei Lehrer, die Samkhya-Yoga propagierten, aber er hatte von den beiden losgeworden.

    Die "Absolute" Realität, via "Nirvana" ist nichts verbal vermittlebar, man eher verneint immer etwas, und dann wieder der Gegenteil davon, um einfach den als ob festen Boden unter den Füßen zu ziehen.

    Also, wie es M. Eliade ( und auf der anderen Stelle Lama A. Govinda) man könnte sich durchaus mit dem "Atman" begnügen( zufrieden geben).

    Aber es war einfach die Gefahr, dass es als das unumstössliche Dogma die Intelligenz ( also unserer Intellekt) zufirden stelle, und würde einfach das reale Erwachen des Menschen ( folglich) eher verhindern.

    So sehr kurz, was ich davon weiss.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    • Offizieller Beitrag

    Sicher enthält der Kanon Buddhas Worte nicht wortgetreu, wohl aber sinngetreu.

    Der schon weiter oben zitierte Heinz Bechert, einer der führenden Indologen der Gegenwart, schreibt in „Die Sprache der ältesten buddhistischen Überlieferung“ - Zitat:

    „Nun drängt sich die Frage auf, wann die Überlieferung überhaupt in bestimmter Form festgelegt wurde. Die buddhistische Tradition selbst berichtet bekanntlich, daß die Texte bereits auf dem ersten Konzil textlich festgelegt, danach aber noch lange (nach der Überlieferung des Theravada in Ceylon bis in die Zeit … 89-77 v. Chr) mündlich überliefert wurden. Was die Überlieferung über den Zeitpunkt der Niederschrift des Pali-Kanons betrifft, so kann mit Rücksicht auf die neueren Forschungen … mit Sicherheit behauptet werden, daß es sich dabei um eine zuverlässige historische Nachricht handelt. … Um derartige größere Textkomplexe zuverlässig mündlich überliefern zu können, bedurfte es eines besonderen Systems, und eben dieses ist uns in Form der Tradition über die Rezitationsspezialisten (bhanaka) bezeugt und stellt eine Parallele zu den Überlieferungsmethoden der vedischen Schulen dar.“ - Zitat Ende


    Ja, ohne Zweifel enthalten die Texte Buddhawort. Sie sind es aber nicht. Den Optimismus, den Bechert hier äußert, teilen viele Buddhologen aber nicht.

    Ähnliche Schulen gab es auch für den Pali-Kanon, nämlich die Klöster. Aus der Tatsache, daß die Texte über lange Zeit mündlich bewahrt wurden, kann man nicht einfach schlußfolgern, daß sie lediglich die Interpretation der Mönche darstellen.

    Ich meine bei Zotz und/oder Frauweilner gelesen zu haben, dass es in den ersten Jahrhunderten nach dem Ableben des Buddha solche klösterlichen Strukturen eben nicht gab. Sondern die Anhänger pflegten weiterhin das Wanderasketentum und waren nur in den Regenzeiten an einem Ort. Dies spricht gegen die These, dass Buddhawort in allen einzelheiten, präzise überliefert wurden und eher dafür, dass sich die Überlieferungen mit der Zeit veränderten.


    Wie weitgehend widerspruchsfrei und sich harmonisch ineinander fügend die Lehrreden sind, kann man erst erkennen, wenn man der Lehre genügend weit praktisch gefolgt ist und dadurch ihren Sinnzusammenhang begriffen hat, denn nicht die Worte sind das Wesentliche, sondern der Sinn.

    Das halte ich ebenfalls für ein Irrtum. Die Texte sind nicht widerspruchsfrei. Ganz und gar nicht.

    Was mich interessieren würde: Worauf gründet sich die Annahme, daß der Samyutta Nikaya Ausdruck einer früheren Strömung ist?

    Ist es alleine die Tatsache, daß er (vermutlich) eher entstanden ist, oder gibt es historische Quellen, die darauf schließen lassen?

    Das schreibt unter anderem Nyanaponika in seinem Vorwort der Übersetzung des SN.

  • Ja, ohne Zweifel enthalten die Texte Buddhawort. Sie sind es aber nicht. Den Optimismus, den Bechert hier äußert, teilen viele Buddhologen aber nicht.

    Wenn man die ganze Sutras als die Wahrheit in der letzten Instanz betrachtet, dann, .."aber nichts".

    Aber wenn man es alles eher als der Finger betrachtet, aber keinen Mond selbst... also als der Hinweis...dann ich würde eindeutig "Ja" beantworten.

    Man kann es mit einem Zitat veranschaulichen:



    Zitat

    Der Buddha nämlich bediente sich bei Darlegung seiner Lehre bisweilen der zwecks gegenseitiger Verständigung im gewöhnlichen Verkehr gebräuchlichen 'konventionellen Ausdrucksweise', bisweilen aber der der Wahrheit im höchsten Sinne entsprechenden philosophischen Ausdrucksweise.



    Paramattha


    Lama A. Govinda spricht deswegen über die immer lebendige (selsbt-schöpferiche) Tradition, nichts, wie die Sutras eins zu eins interpretiert werden sollten.



    Das halte ich ebenfalls für ein Irrtum. Die Texte sind nicht widerspruchsfrei. Ganz und gar nicht.

    Wenn man besrücksichtigt, dass der Buddha selbst benutzte Dialekt, dann es wurde sehr viel später schrifftlich verfasst, dann sie würden als widersprüchlich er-scheinen.

    Bei der richtigen Interpretation, wie es wieder Lama A.Govinda , nur als der Beispiel, merkt, der ganze Buddhismus wäre wie

    aus einem Guss.

    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Igor07

    Daß das Thema "Leiden" auch in vorbuddhistischen Lehren eine große Rolle spielte, verwundert mich nicht, denn es gehört zu den Lebenstatsachen, ist also ein Teil der unmittelbar erfahrbaren Wirklichkeit. Eine der Besonderheiten von Buddhas Lehre scheint mir ja gerade der Umstand zu sein, daß sie weit über das Intellektuelle hinaus geht und damit dem Erwachen den Weg bereitet.


    Hendrik

    Was die Buddhologen betrifft, kann man demnach feststellen, daß auch bei diesem Thema offenbar mehrere sich widersprechende Hypothesen nebeneinander existieren - wie das in der Wissenschaft eben so ist. Daß die Mönche nach dem Abscheiden des Buddha als Wanderasketen nur noch in den Regenzeiten zusammen kamen, ist zwar eine Hypothese aber gut möglich. Warum aber sollten sie auch als Wanderasketen die Lehre nicht getreu bewahrt haben können. Wenn sie regelmäßig zusammen kamen, hatten sie sicher auch Gelegenheit zur Rezitation und somit der gegenseitigen Kontrolle der sinnrichtigen Wiedergabe des gelernten Textes. Denselben in allen Einzelheiten absolut wortgetreu zu bewahren war ja nicht nötig und das wird auch nicht behauptet. Wesentlich für die Praxis scheint mir doch die sinnrichtige- und nicht die absolut wortgetreue Überlieferung der Lehre zu sein oder meinst Du nicht?


    Kannst Du Beispiele aus dem Sutta Pitaka anführen, aus denen sich Widersprüche in Bezug auf den Sinngehalt von Lehrreden ergeben?

    Mir sind bisher keine aufgefallen, wobei ich zugeben muß, daß meine Kenntnisse lückenhaft sind.


    Leider steht mir das Vorwort Nyanaponikas nicht zur Verfügung und habe es auch im Netz nicht gefunden. Weißt Du vielleicht eine Quelle oder könntest Du kurz zitieren, was er über die Frage einer vermeintlichen frühbuddhistischen Strömung geschrieben hat?

    _()_

    Ich weiß nicht, was ich bin; ich bin nicht, was ich weiß: Ein Ding und doch kein Ding, ein Pünktchen und ein Kreis. (Angelus Silesius)

  • Hallo ihr,

    ich habe zu dem eigentlichen Thema keine Meinung, verstehe es noch nicht so ganz was säk. B. sein soll. Etwas verstehe ich es aber doch. Es wird von den Praktizierenden eher darauf geschaut im jetzigen Leben gut zurecht zu kommen, sein Leiden los zu werden, aber das Leben und Wiedergeburt Leiden wäre ( ungenügend da nicht der Ur- Zustand der Wesen ) sehen sie nicht so. Ich sehe es manchmal genauso. Habe mich auch einmal gefragt, wenn man ein sehr schönes Leben hatte, wieso sollte man sich nicht darauf freuen nochmal geboren zu werden ? Aber da ich nicht sehr viel von dem Thema verstanden habe, lasse ich es nun lieber sein. Eines doch noch : Das man im Leben, in der Welt, nicht mehr so viel leidet, das sind nur die Nebeneffekte und schöne Nebeneffekte, wenn wir den 8-fachen Pfad ( oder einen anderen, einer anderen Lehre ) üben und Fortschritte machen. Sind aber nicht das letzte Ziel. ( Oder für manche sind sie es nicht ). Es ist ja das Ziel sich frei zu machen vom unheilsamen Wirken und frei zu machen von Ich- Vorstellung / Ich- Empfinden wodurch das Befreien passiert. Aber manche hängen wohl noch am Ich ( ich auch ) und vergnügen sich damit, einfach nicht mehr unheilsam zu wirken und heilsames Karma zu machen. ( Ausschließlich kann man wohl nicht sagen ? Das geht wohl nicht, wenn man nicht bis zum Ende des Pfades geht, also die Weisheit hat. ).

    Mich hat eher das neugierig gemacht und mir Fragen verursacht oder wollte ich bestätigen :


    Der Buddha lehrt dort auch nicht das alle Früchte (vipaka) vorbestimmt sind. Er macht ja so gar deutlich, dass A oder B als Frucht entstehen können eben weil abhängig von anderen Faktoren.

    Das wäre dann wohl geklärt. So ist das zu verstehen.

    Die wichtige Frage lautet: Was wirke ich jetzt: heilsames oder unheilsames? (oder für die Fortgeschritteneren lässt sich auch kein neues Karma erzeugen :D)

    Ja, wie wirke ich jetzt ist die Frage. Zu dem kein neues Karma machen, habe ich eine Frage : Wie macht man denn gar kein neues Karma ?

    Weil ich gedacht habe es muss entweder heilsames oder unheilsames Karma sein oder neutrales. Aber neutral meint nicht, es wird keines mehr verursacht ? Das finde ich ja spannend, dass wir auch gar keines mehr machen können.


    Und jemand schrieb hier, dass es zwei Arten von rechter Einsicht gibt. Da wollte ich fragen, welche zwei Arten es denn gibt ?

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

    2 Mal editiert, zuletzt von Rigpa ()