Säkularer Buddhismus im Vergleich

  • Es steht aber nun mal anders in den Pali-Überlieferungen.
    Weil nämlich schon die Vorstellung eine Tat ist.

    Mit dieser Sichtweise war es möglich, sich von der Lehre des Nātaputto abzugrenzen (MN 56):


    "Tapassī, ich beschreibe drei Arten von Handlung, wenn es um die Durchführung übler Taten, die Verübung übler Taten geht; das sind körperliche Handlung, sprachliche Handlung und geistige Handlung."

    Viele Grüße

    Elliot

  • Aber wenn du die Frage für dich nicht weiter als relevant ansiehst, kann ich ja meine Bemühungen hier ein

    Wie gesagt, habe ich Deine Sichtweise noch nicht völlig verstanden, trotz der ausführlichen Beschreibung des Vorgangs mit dem Pistolenmann.


    Darf ich unterscheiden zwischen Ergreifen und Aufgreifen? Vieles in Deiner Beschreibung wäre für mich dann eher das Aufgreifen einer Tat, als das Ergreifen einer Tat.

    Viele Grüße

    Elliot

  • Darf ich unterscheiden zwischen Ergreifen und Aufgreifen? Vieles in Deiner Beschreibung wäre für mich dann eher das Aufgreifen einer Tat, als das Ergreifen einer Tat.

    Ich meine schon upadana, wie das für dich übersetzt, ist dir überlassen. Ist so wie in SN 44.9.

  • Zuerst passiert das ja im eigenen Geist des "Täters", aber allen andere, die davon unmittelbar oder auch nur mittelbar betroffen sind, agieren in derselben Weise.

    Wie setzen sich denn die Taten fort? Durch Ergreifen, also durch Bevorzugung oder Ablehnung.

    Sie setzen sich natürlich entsprechend ihrer Qualitäten fort.

    Dies verstehe ich nun so:


    1. Der Pistolenmann verübt eine Tat.

    2. Jemand kann sich als Adressat dieser Tat wahrnehmen und diese aufgreifen.

    3. Er kann aus diesem Anlass eine weitere Tat verüben, nämlich den Pistolenmann anzeigen.

    4. Die Taten aus 1. und 3. sind von gleicher Qualität.

    Viele Grüße

    Elliot

  • 1. Der Pistolenmann verübt eine Tat.

    2. Jemand kann sich als Adressat dieser Tat wahrnehmen und diese aufgreifen.

    3. Er kann aus diesem Anlass eine weitere Tat verüben, nämlich den Pistolenmann anzeigen.

    4. Die Taten aus 1. und 3. sind von gleicher Qualität.

    Warst du mal schon in einer Situation? Ich bin mir sicher, eine "Anzeige" ist hier die geringste Folge. Die meisten Menschen werden aus einer solcher Situation mit einem Trauma herausgehen, das sie ihr ganzes Leben quälen wird, mit unabsehbaren Folgen.
    Oder kommen wir auf den Pistolenmann zurück, was war der Anlass für seine Handlung? Vielleicht ja nur die Prügel, die er von seinem Vater als Kind jeden Tag ertragen musste.

  • Mein Eindruck ist, es könnte am Ende auf diese Position hinauslaufen:

    Pakudha Kaccāyana lehrte eine „Non-Dualität“: Es gibt nichts voneinander getrenntes, nichts als eine einzige Realität oder Wirklichkeit. Jede Trennung ist illusionär. Weshalb es auch keine moralischen oder a-moralischen Handlungen gibt. Letzteres Missverständnis kann man auch im Buddhismus begegnen.

    Viele Grüße

    Elliot

  • Moin, wenn ich die Hirnforschung richtig verstehe, so entscheiden wir gar nicht mit dem Willen.

    Sie hat ergeben, dass das "Ergreifen" bereits Minisekunden vor dem "dafür" oder "dagegen" geschieht.


    Ich folgere daraus, dass die Lehre so in Fleisch und Blut eingegangen sein muss, dass mein Gehirn mit meinem bewussten Wissen übereinstimmt und nichts ergreift, was unheilsam ist und spontane unbewusste unheilsame Handlungen nicht mehr erfolgen können.


    Taten geschehen, ob ich will oder nicht.

    Ebenso wie ich mein Altern und die Folgen nicht verhindern kann.

    _()_Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Moin, wenn ich die Hirnforschung richtig verstehe, so entscheiden wir gar nicht mit dem Willen.

    Sie hat ergeben, dass das "Ergreifen" bereits Minisekunden vor dem "dafür" oder "dagegen" geschieht.

    Ich denke es gibt den bewussten Willen - wo man sich für etwas entscheiden, aber auch ein nicht sehr bewusstes Wollen.


    Ich denke dass im Buddhismus Wille ( cetanā) beides umfasst.

  • Und ich denke, Void, es gibt die Hirnforschung und es gibt altes Wissen mit alten Begriffen, die das noch nicht vollkommen umfassen.


    Mit anderen Worten, wir wissen gar nicht, was wir wissen.

    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Moin, wenn ich die Hirnforschung richtig verstehe, so entscheiden wir gar nicht mit dem Willen.

    Sie hat ergeben, dass das "Ergreifen" bereits Minisekunden vor dem "dafür" oder "dagegen" geschieht.

    Du hast völlig recht. Ich bin aber davon überzeugt, dass man Paticcasamuppada auch nur so sinnvoll lesen kann. Der gesamte Zyklus wird in jedem Moment völlig unbewusst vollständig durchlaufen. Man wird sich darüber erst gewahr, wenn man mit Sati-Übungen innehält und das alles überdeckende sonstige Hirnplappern zur Ruhe bringt. Dann erzählt einem auch die "Hirnforschung" nichts Neues.
    Wenn man das Innehalten in sein tägliches Leben hinüberrettet, dann ist auch wieder Platz für bewusste Entscheidungen.

  • Moin, wenn ich die Hirnforschung richtig verstehe, so entscheiden wir gar nicht mit dem Willen.

    Sie hat ergeben, dass das "Ergreifen" bereits Minisekunden vor dem "dafür" oder "dagegen" geschieht.

    Du hast völlig recht. Ich bin aber davon überzeugt, dass man Paticcasamuppada auch nur so sinnvoll lesen kann. Der gesamte Zyklus wird in jedem Moment völlig unbewusst vollständig durchlaufen. Man wird sich darüber erst gewahr, wenn man mit Sati-Übungen innehält und das alles überdeckende sonstige Hirnplappern zur Ruhe bringt. Dann erzählt einem auch die "Hirnforschung" nichts Neues.
    Wenn man das Innehalten in sein tägliches Leben hinüberrettet, dann ist auch wieder Platz für bewusste Entscheidungen.


    Ganz genau so ist auch mein Erkenntnisstand. Und aus diesem folgt meine gesamte Praxis.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Mein Eindruck ist, es könnte am Ende auf diese Position hinauslaufen:

    Pakudha Kaccāyana lehrte eine „Non-Dualität“: Es gibt nichts voneinander getrenntes, nichts als eine einzige Realität oder Wirklichkeit. Jede Trennung ist illusionär. Weshalb es auch keine moralischen oder a-moralischen Handlungen gibt. Letzteres Missverständnis kann man auch im Buddhismus begegnen.


    Das macht offenbar irgendetwas mit dir. Du machst dir irgendwie Sorgen oder zumindest ist es etwas, was dich beschäftigt, sonst würdest du hier nicht so ausgedehnt diskutieren.


    Selbst wenn es „am Ende auf diese Position“ hinausliefe. Was interessiert dich daran? Es ist nicht deine Tradition. Du neigst ja offensichtlich dem Theravada zu. Warum interessieren dich nicht mögliche Fehlentwicklungen in deiner Tradition oder in anderen etablierten Strömungen? Da gibt es eine Menge skurriles Zeug.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Mein Eindruck ist, es könnte am Ende auf diese Position hinauslaufen:

    Pakudha Kaccāyana lehrte eine „Non-Dualität“: Es gibt nichts voneinander getrenntes, nichts als eine einzige Realität oder Wirklichkeit. Jede Trennung ist illusionär. Weshalb es auch keine moralischen oder a-moralischen Handlungen gibt. Letzteres Missverständnis kann man auch im Buddhismus begegnen.

    Es gibt zwei Realitäten, die alle Leiden erzeugen, wenn sie vom Geist ignoriert oder als „Mein“ ergriffen werden.


    Die Dinge (Körper/Materie) sind immer aus Dingen in wechselseitiger Abhängigkeit zusammengesetzt. Dies bedingt die Eigennatur/Existenz der Dinge.

    Diese Bedingungen der Dinge lassen die Naturgesetze/Phänomene erscheinen.

    Naturgesetze haben keine Eigennatur, sie sind Kräfte.

    Sowohl Existenzen als auch Phänomene sind wahrnehmbar, gehören zusammen, sind nicht Besitz eines Geistes, nicht von Geist geschaffen, aber von Geist wahrnehmbar.


    Sowohl Existenzen als auch Phänomene sind Realitäten/Wirklichkeiten, sind ihre Natur. Zwei untrennbare, unüberwindbare Realitäten vom Geist als Dualität zu erkennen.


    Non-Dualität ist einzig Handeln/Tat/Karma, denn nur dabei gibt es keine Dualität. In dem Augenblick zwischen Absichtsgestaltung und Gehandelt haben, ist eine Realität, die ohne Leiden ist. Nur da gibt es weder das eine noch das andere.


    „Kletter auf die Spitze der Fahnenstange.“

    Er steht auf der Spitze.

    „Gehe/Handel jetzt in eine Richtung.“

    Da muss ihm alles Mein vergehe, weil es kein Gehen im nur möglichen Stehen geben kann.

    Menschen haben oft Schwierigkeiten, auf das Wesentliche reduzierte Menschen zu verstehen.

    Ein Mensch, der sich auf das Wesentliche reduziert, hat Schwierigkeiten, sich anderen Menschen verständlich zu machen.

    Ich werde den Weg des mich Reduzierens nicht mehr verlassen, kann ich auch nicht.

    Den gehe ich seit Jahrzehnten.

  • Elliot, ich bin ein bisschen verwirrt, dass Du Dich so festbeisst an diesem Thema.


    Hast Du Angst, Fehler zu machen? Oder willst Du einfach nur Recht haben?


    Beides sind ja Hindernisse, sind unheilsam und haben Folgen, egal in welcher Tradition oder ob säkular.


    Du darfst Deinem Weg und Deiner Neigung folgen und Andere ihrer, okay?


    Alles Gute für Dich, denn es geht nur um Dich, egal welches Karma.

    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Ich denke es gibt den bewussten Willen - wo man sich für etwas entscheiden, aber auch ein nicht sehr bewusstes Wollen.


    Ich denke dass im Buddhismus Wille ( cetanā) beides umfasst.

    Der Wille ist auch ein bedingt entstanden-es Phänomen. Aber ich kann ihn trainieren, im Sinne dessen, was mich heilt oder heller macht und was mir und anderen schadet.

    Worüber man nachdenkt und worauf man seine Aufmerksamkeit richtet, dahin neigt sich das Herz.


    Quote

    worüber auch immer ein Bhikkhu häufig nachdenkt und nachsinnt, das wird seine Geistesneigung werden.


    Zwei Arten von Gedanken - Dvedhāvitakka Sutta


    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Der gesamte Zyklus wird in jedem Moment völlig unbewusst vollständig durchlaufen. Man wird sich darüber erst gewahr, wenn man mit Sati-Übungen innehält und das alles überdeckende sonstige Hirnplappern zur Ruhe bringt

    _()_ _()_ _()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Moin, wenn ich die Hirnforschung richtig verstehe, so entscheiden wir gar nicht mit dem Willen.

    Sie hat ergeben, dass das "Ergreifen" bereits Minisekunden vor dem "dafür" oder "dagegen" geschieht.

    Ich will ja nur klar stellen. Du sprichst ja von dem "Libet-Experiment" von 1979:

    Im Libet-Experiment wurde gezeigt, dass das motorische Zentrum des Gehirns mit der Vorbereitung einer Bewegung bereits begonnen hat, bevor man sich dessen bewusst wird, dass man sich für die sofortige Ausführung dieser Bewegung entschieden hat. Der zeitliche Abstand beträgt etwa 0,35 s, die wirkliche Bewegung erfolgt dann noch etwa 0,2 s später.

    Dieses wurde 2015 wiederholt und leicht relativiert:

    Im Jahre 2015 wurden die Experimente von einem Team um den Hirnforscher John-Dylan Haynes am Bernstein Center for Computational Neuroscience der Charité in Berlin weiter überprüft.[8][9] Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Probanden auch nach Beginn des Bereitschaftspotentiales zu einer Bewegung noch ein Veto gegen den Beginn der Bewegung einlegen können.


    Das Abbrechen des Beginns einer Bewegung erwies sich als möglich, wenn Stoppsignale früher als 200 ms vor Beginn der Bewegung auftraten. Die Zeitspanne von 200 ms gilt somit als ein Point of no Return, ab dem zwar der Beginn der Bewegung nicht mehr abgebrochen werden kann. Aber auch nach Beginn der Bewegung ist es möglich, die Bewegung selbst, während sie sich abspielt, abzubrechen oder abzuändern.

    Wobei ich da einen Unterschied zwischen "Entscheidung" und "Wille" sehe. Ein "Wille" ist ja eng mit dem Begehren verbunden. Es baut sich z.B ein Verlangen auf, Zigaretten zu kaufen und dies wird dann im Kopf zum Plan - der zur Tat drängt - und dann übermächtig wird oder aber durch ein Veto gestoppt wird.


    Von daher ist ja vielleicht "upadāna" viel besser als "Anhaften" als als "Ergreifen" übersetzt. Bestimmte Wünsche steigen auf und das Handeln "klebt" an ihnen ( so dass sie zur Tat werden) wenn kein "Veto" gelingt.

  • Du machst dir irgendwie Sorgen oder zumindest ist es etwas, was dich beschäftigt, sonst würdest du hier nicht so ausgedehnt diskutieren.

    Nein, ich mache mir keine Sorgen.


    Ich wollte wirklich verstehen, wie Frucht und Ergebnis guter und schlechter Taten beschrieben werden, ohne sich auf ein Jenseits oder auf ein diesseitiges "wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus" zu beziehen".

    Viele Grüße

    Elliot

  • Du machst dir irgendwie Sorgen oder zumindest ist es etwas, was dich beschäftigt, sonst würdest du hier nicht so ausgedehnt diskutieren.

    Nein, ich mache mir keine Sorgen.


    Ich wollte wirklich verstehen, wie Frucht und Ergebnis guter und schlechter Taten beschrieben werden, ohne sich auf ein Jenseits oder auf ein diesseitiges "wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus" zu beziehen".


    Danke für die Erklärung.


    Nicht, dass mein letzter Beitrag missverstanden wird: Selbstverständlich soll hier der Ort sein, Themen auch kontrovers zu diskutieren. Auch das, was mir wichtig ist, eingeschlossen!

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Ich wollte wirklich verstehen, wie Frucht und Ergebnis guter und schlechter Taten beschrieben werden, ohne sich auf ein Jenseits oder auf ein diesseitiges "wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus" zu beziehen".

    Und ich würde gern verstehen, wie man sich dabei auf ein Jenseits beziehen kann, ohne ein atta vorauszusetzen :erleichtert:. Bisher hat das noch nicht geklappt.

  • Ich wollte wirklich verstehen, wie Frucht und Ergebnis guter und schlechter Taten beschrieben werden, ohne sich auf ein Jenseits oder auf ein diesseitiges "wie man in den Wald ruft, so schallt es heraus" zu beziehen".

    Was es braucht ist ein ethischer Wirkmechanismus. Als dessen Träger wurde im Yogācāra das

    Speicherbewußtsein (ālayavijñāna) gesehen::

    Die nächste Form des Bewusstseins ist das Speicherbewusstsein. Das Speicherbewusstsein ist die grundlegendste Form des Bewusstseins und kann ungefähr mit dem Unbewussten in der westlichen Psychologie verglichen werden. Es beinhalte drei Funktionen:

    Die erste Funktion ist die eines Speichers, in dem alle Informationen und Erfahrungen aufgenommen werden. Sämtliche Objekte, die wir sehen, hören und erfahren, alle Erfahrungen aus der Vergangenheit, die wir gemacht haben - gute oder schlechte - werden als Samen tief im Speicherbewusstsein angelegt.

    Diese Informationen und Erfahrungen gelangen nicht nur ins Speicherbewusstsein, sondern sie werden dort auch, als nächste Funktion, weiter aufbewahrt. Haben wir zum Beispiel einen schönen Film gesehen, so sind die Bilder und Töne an unsere Augen und Ohren gelangt. Sie haben ein geistiges Gebilde hervorgerufen, eine Berührung, welche das Speicherbewusstsein in Form eines Samens zum Schwingen gebracht hat. Dieser Samen wird im Speicherbewusstsein aufbewahrt und verarbeitet. Diese Verarbeitung findet aber, im Gegensatz zum Geistbewusstsein, unter einem sehr geringen Energieaufwand statt. Das Speicherbewusstsein arbeitet dabei unabhängig vom Geistbewusstsein und schränkt somit dessen vermeintlich freies Denken ein. Es kann viele Dinge planen und entscheiden, ohne, dass wir etwas davon mitbekommen. So können unsere Vorlieben und Abneigungen, unser Mögen und Nichtmögen von Personen oder unser Sinn für Ästhetik unter Umständen schon längst auf der Ebene des Speicherbewusstseins entschieden worden sein, lange bevor wir uns einer vermeintlich objektiven Entscheidung bewusst sind. Das Speicherbewusstsein entscheidet viele Dinge vorab, denn unablässig empfängt und verarbeitet es Informationen und trifft autonome Entscheidungen ohne das Zutun des Geistbewusstseins.

    Die dritte Funktion ist seine fließende und sich stets verändernde Natur. Wir können uns das Speicherbewusstsein wie einen Garten vorstellen, in dessen Boden wir die Samen für Blumen oder Gemüse geben, aus denen dann Sonnenblumen oder Tomatenstauden wachsen. Das Geistbewusstsein hat dabei die Rolle einer Gärtnerin, die den Boden bearbeitet. Sie kann aber nur an den Boden glauben, dass dieser auch die Blumen und das Gemüse hervorbringt

    Kann man sich so einen Wirkmechanismus auch rein weltlich vorstellen?

  • Kann man sich so einen Wirkmechanismus auch rein weltlich vorstellen?

    Also, ich jedenfalls nicht. Die Anhäufung des Speichers vielleicht noch, und das sogar ohne atta (MN 28):


    "...Die Gestaltungen, die auf solche Weise ins Dasein getreten sind, werden in die Daseinsgruppe der Gestaltungen, an der angehaftet wird, eingeschlossen. Das Bewußtsein, das auf solche Weise ins Dasein getreten ist, wird in die Daseinsgruppe des Bewußtseins, an der angehaftet wird, eingeschlossen. Er versteht so: 'Auf diese Weise, in der Tat, kommt das Einschließen, Einsammeln und Anhäufen in diese fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, zustande. Nun wurde dies vom Erhabenen gesagt: >Einer, der bedingte Entstehung sieht, sieht das Dhamma; einer, der das Dhamma sieht, sieht bedingte Entstehung.< Und diese fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, sind bedingt entstanden..."


    Aber für das Durchschauen des Vorgangs des (Wieder)werdens braucht es dann höhere Geisteskraft (MN 149):


    "Und welche Dinge sollten vollständig mit höherer Geisteskraft durchschaut werden? Die Antwort darauf ist: die fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, nämlich die Daseinsgruppe der Form, ... Dies sind die Dinge, die vollständig mit höherer Geisteskraft durchschaut werden sollten." "Und welche Dinge sollten mit höherer Geisteskraft überwunden werden? Unwissenheit und Begehren nach Werden. Dies sind die Dinge, die mit höherer Geisteskraft überwunden werden sollten."


    Also, wenn man schon das Wort atta nicht in den Mund nehmen möchte, um höhere Geisteskraft kommt man nicht drumherum (MN 117):


    "Und was, ihr Bhikkhus, ist richtige Ansicht, die von den Trieben beeinträchtigt wird, die an Verdiensten teilhat, die auf der Seite der Vereinnahmung zur Reife gelangt? 'Es gibt Gaben, Dargebrachtes und Geopfertes; es gibt Frucht und Ergebnis guter und schlechter Taten; es gibt diese Welt und die andere Welt; es gibt Mutter und Vater; es gibt spontan geborene Wesen; es gibt gute und tugendhafte Mönche und Brahmanen auf der Welt, die diese Welt und die andere Welt durch Verwirklichung mit höherer Geisteskraft erfahren haben und erläutern.'"

    Viele Grüße

    Elliot

  • Kann man sich so einen Wirkmechanismus auch rein weltlich vorstellen?

    Also, ich jedenfalls nicht.

    Ich denke es gibt ja die Möglichkeit eben nicht an eine "persönliche" Wiedergeburt zu sehen, sondern im persönlichen Aspekt mehr oder weniger nur eine Metapher zu sehen.


    Wenn das Ich nur eine Illusion ist, dann ist alles was wir anderen antun etwas, was wir uns selbst antuen - so als haut die Linke Hand auf die rechte ohne zu wissen, das beide zum gleichen Körper gehört. Weil die Trennung nur eine Illusion ist, fällt alles unmittelbar auf uns zurück. Aber - weil diese Idee unseren Denken so fern ist und man einfach nicht in den Kopf bekommen dass es kein getrenntes "Ich" gibt - ist Wiedergeburt eine Vorstellung die diese Nicht-Gentrenntheit im Sinne zukünftiger Existenzen sieht und damit besser verstehbar macht.