Leerheit - wie ist das zu verstehen?

  • Hallo, ich leide seit meiner Kindheit an Depressionen ,was ich sehr wichtig finde ist die Frage nach der Ursache ihr macht es euch ein bisschen zu einfach wenn ihr denkt das man sie einfach mal so loslassen kann, um das zu verstehen muss man selbst Depressionen haben.

    Gruß Micha

  • Hallo, ich leide seit meiner Kindheit an Depressionen ,was ich sehr wichtig finde ist die Frage nach der Ursache ihr macht es euch ein bisschen zu einfach wenn ihr denkt das man sie einfach mal so loslassen kann, um das zu verstehen muss man selbst Depressionen haben.

    Gruß Micha

    An Depressionen leide ich auch und seit ich verstehe, dass ich nicht Körper und Geist bin und das Loslassen übe, kann ich damit umgehen und sie sind weniger und harmloser geworden.

    Die Wechselwirkungen von Geist und Gehirn sind vielfältig und es lässt nicht immer herausfinden, was das im Einzelnen genau stattfindet. Mit einem grundlegenden Verständnis lässt sich aber das distanzierte Beobachten der Gefühle und Gedanken immer praktizieren.

  • Hallo, ich leide seit meiner Kindheit an Depressionen ,was ich sehr wichtig finde ist die Frage nach der Ursache ihr macht es euch ein bisschen zu einfach wenn ihr denkt das man sie einfach mal so loslassen kann, um das zu verstehen muss man selbst Depressionen haben.

    Gruß Micha

    Das habe ich auch schon öfter gelesen und gehört:

    „Lassen sie es einfach los“…


    Wenn das immer so einfach wäre…


    Und manche Kommentare hier, ignorieren auch den Fakt Schweregrad einer Depression.


    Ich bin auch kein Spezialist der Psychotherapie aber was mir zu Depression einfällt:


    Depression betrifft ja in etwa, keine Lebensfreude, Lebensmut, Lebensperspektive in seinem Leben mehr zu erkennen. Gedanken kreisen ewig um dasselbe Thema, aber man findet nicht aus diesem Karussell der negativen Gedanken mehr von selbst heraus. Keinen anderen, positiven Blickwinkel, Ansicht über das Leben, über sich selbst, mehr.


    Auf einer Skala von 1-10 in Sachen Lebensfreude, Lebensmut, etc. befindet man sich uU bei 1-2. D.h. es ist auch die Intensität einer Depression zu beachten. Bei 1-2 fehlt mir womöglich komplett der eigene Wille und die Kraft da von selbst heraus zu kommen und ich müsste eigentlich erst einmal fremde Hilfe annehmen. Möglicherweise sogar stationärer Aufenthalt.


    Einen „Sinn des Lebens“ an sich, könnte man in der Fortpflanzung, Erhalt des Menschlichen Lebens, finden. Für Nahrung, Unterkunft, Schutz zu sorgen. Liebe und Mitgefühl miteinander: sich gegenseitig dabei zu helfen und etwas miteinander zu teilen.


    Das ist für viele Menschen leider schwierig. Zum einen werden sie bereits als Kinder Zuviel belastet und wachsen mit Störungen, erlebte Trauma, Armut bereits auf. Es fehlt ihnen uU später an ausreichend innere Energie. Es kommt also auch auf das Umfeld an, in dem man groß wird und lebt. Auf die Unterstützung und gegenseitiges Miteinander.


    Wachse ich in Wohlstand bereits auf, habe ich womöglich später auch viel weniger Stress jeden Tag um meine Grundversorgung kämpfen zu müssen. Ich habe zB ein Haus geerbt. Meine Eltern können mich bei Bedarf finanziell unterstützen.


    Es kann auch sein das ich alles auf einmal verliere. Und nicht mehr weiter weiß.


    Andere Ursachen, wie erlebte Traumata, die später zu Depressionen führen, müssen uU psychotherapeutisch behandelt werden. (Manche Depressionen möglicherweise auch durch Medikamente, sofern keine konkrete Ursache erkannt wird). Das ist oft schwierig, wenn die traumatische Erfahrung schon Jahre her und längst vergraben und vergessen ist.


    Dies sind alles Ursachen, die man auch mit gewöhnlichen Mitteln behandeln könnte.

    Die auch keine Spiritualität, Erwachen, Erleuchtung bedürfen.

    Und es sind eben oft menschengemachte Ursachen: fehlendes Miteinander, Teilen, Liebe und Mitgefühl.


    Spiritualität kann aber Antworten auf einen tieferen Sinn des Lebens geben, Antworten darauf, „woher wir gekommen sind und wohin wir gehen“. „Was ist das Universum“. Sie kann mehr Achtsamkeit auf das Hier und Jetzt lenken. Auf das was da ist. Und nicht mehr so viel auf das was nicht da ist. Mehr Dankbarkeit und Freude als zuvor darüber empfinden zu können was da ist. Besser unterscheiden zu können, was kann ich selbst ändern und was nicht. Was muss ich selbst ändern und was nicht.


    In der Meditation kann man zumindest üben, längere Perioden achtsam zu atmen, sich mehr auf den Atem als die Gedanken zu konzentrieren, und dadurch zunächst einmal auch endlich größere Pausen („mehr Luft, mehr Freiheit“) zwischen den Gedanken zu bekommen:

    allmählich zu erkennen, ich bin nicht nur allein diese Gedanken. Das ist ein erster Anfang. Und hat auch mit dem genannten Loslassen zu tun: Mit zu lernen die Gedanken, die verknüpften Emotionen, kommen aber auch wieder gehen zu lassen, zu können. Der Energiefluss im Körper verändert sich durch die rechte Haltung, durch das regelmäßige Atmen von Kopf in den Bauch (Tanden) und langsam wieder heraus.


    Und dieses Loslassen lernen in der Meditation, setzt sich dann auch im Alltag fort:

    Das Erkennen von Anhaften an bestimmten Dingen, die man in Wahrheit gar nicht braucht, fällt mit der Zeit einfacher: und damit auch das Loslassen von diesen Dingen. ZB ich entrümpele meinen Keller. Oder: das sieht zwar sehr schön aus, aber ich brauche das nicht.


    Das ist anfangs möglicherweise sehr schwierig, wenn der Wille dazu fehlt. Und man diese Erfahrung noch nie gemacht hat: man noch gar nicht weiß, wie das ist, wie sich das anfühlt. Und auch nach und nach Meditation länger zu üben ist: Erst 5, dann 10, dann 20, dann 30 dann 40 dann 50 Minuten.


    Das braucht auch ganz einfach längere Zeit. Übung. Bis man erste Fortschritte erkennt. Genauso wie Psychotherapie nicht „an einem Tag alles heilt“.


    Begleitende Schriften, können dabei helfen, sofern sie nicht zu kompliziert zu verstehen sind, und den Leser auch „abholen“: durch das Lesen fühlt man sich auch nicht mehr so allein und von anderen verstanden.


    Wenn man gerne möchte, kann man später immer noch die „komplizierteren Schriften“ lesen. Aber eigentlich braucht man gar keine:


    Vieles ergibt sich von selbst, durch das Wiederankommen bei sich selbst, seinem Atem, bei seiner Seele, Herz (Mitte), Liebe und Mitgefühl zu sich selbst.


    Durch Praxis, durch sich selbst besser lernen zu verstehen, zu fühlen, zu lieben, und weniger durch nur lesen von Schriften.

  • Vieles ergibt sich von selbst, durch das Wiederankommen bei sich selbst, seinem Atem, bei seiner Seele, Herz (Mitte), Liebe und Mitgefühl zu sich selbst.


    Durch Praxis, durch sich selbst besser lernen zu verstehen, zu fühlen, zu lieben, und weniger durch nur lesen von Schriften.

    Da ist etwas dran, denn während man sich bei einer psychischen Erkrankung oder einem seelischen Konflikt meist abspaltet von sich selbst, um dem Schmerz zu entgehen, kann man durch Wiederankommen bei sich selbst die Störung lindern. Bei einer starken Ausprägung schafft man das nicht mehr alleine, es ist Hilfe von außen nötig in Form von Therapie. Jedoch wie ich schon erwähnte, ist das Dharma keine Vorlage für eine Therapie, sondern eher eine Lebensphilosophie für ein gesundes Leben. Buddha hat nicht Depressionen behandelt oder andere psychische Störungen. Das Lesen von Schriften ist keine Psychotherapie, es ist ein Ritual, damit die Gedanken keine negativen Einflüsse bekommen, denn die Schriften betonen das Leben.

    Ist die psychische Erkrankung im Vordergrund, braucht es medizinische Hilfe, keine buddhistische.


    So ist der Raum der Leerheit ein Synonym und kein realer Raum, es ist sozusagen der Freiraum im Gehirn, der notwendig ist, um Gefühle zu verarbeiten, ohne in Defizite zu kommen. Auch das Loslassen des 'Ich' gehört dazu, damit eventuelle Kränkungen auf keinen Nährboden fallen.


    Man kann in der Therapie bei einem fortgeschrittenen Klienten die Leerheit als Vorbeugung gegen eventuelle Rückfalle erwähnen, auch bei einem depressiven Klienten, da ist die Übung des Loslassens angebracht. Die Gier schafft ja psychische Probleme, deshalb ist davon lassen, in jeder Lebenslage, eine vorbeugende Maßnahme.


    Die Leerheit oder den Raum der Leerheit zu praktizieren ist ein wesentlicher Teil, das Dharma zu verstehen und im Alltag in Mitteleuropa anzuwenden. Sich jedoch in buddhistische Schriften zu verkopfen, lenkt davon eher ab und schafft Verdrängung in die Theorie.

  • Hallo, ich leide seit meiner Kindheit an Depressionen ,was ich sehr wichtig finde ist die Frage nach der Ursache ihr macht es euch ein bisschen zu einfach wenn ihr denkt das man sie einfach mal so loslassen kann, um das zu verstehen muss man selbst Depressionen haben.

    Gruß Micha

    Es geht ja (nicht nur) um das "Loslassen von Gedanken". Wobei man da einmal klären sollte, was genau dieses Loslassen meint.

    Insbesondere der 6. Punkt des 8-fachen Pfades der rechten Anstrengung beschreibt eine Arbeitsweise und Ausrichtung der Gedanken (z.B im Vitakkasanthāna Sutta - M20 sind gezielte Methoden vorgeschlagen, wie das ganze durchgeführt werden kann).


    Loslassen der Gedanken als ein Zulassen und Seinlassen ist nur eine Art des Umgangs, die man z.B. auf dem Kissen übt. Das entbehrt aber nicht von der aktiven Arbeit mit den Gedanken (und Absichten).

    Wenn Gedanken als das erkennt werden, was sie sind (nämlich nur ein konditionierter Teil, der dein persönliches Empfinden maßgeblich mitgestaltet), lassen sie sich genauso gut ganz unpersönlich in eine heilsame Richtung lenken.


    In einer Therapie mit Depressionen wird ebenfalls ein Arbeitsweg mit der heilsamen Ausrichtung der Gedanken gewählt - von daher lassen sich da durchaus Synergien finden.

  • Die negativen Gedanken bei einer Depression entstehen durch den gestörten Gehirnstoffwechsel, das kann man nicht so ohne weiteres theoretisch auflösen, dazu braucht der Organismus praktische Reize und Stoffe, die den Gehirnstoffwechsel positiv beeindrucken.

    Deshalb gibt es in der Akutklinik weniger Gespräche als Psychotherapie, sondern vor allem Bewegungs-, Musik-, Wahrnehmungs-, Kunst-, Entspannungs- und Arbeitstherapie. Alles praktisches Verhalten, gerade bei Depressionen, um den Gehirnstoffwechsel in gesunde Bahnen zu lenken. Die produktiven Gedanken kommen dabei von selbst und lassen sich im Gespräch zum praktischen Nutzen gestalten. Man kann in einer depressiven Psychose nicht Gedanken loslassen, da ist alles wirr und chaotisch, die realitätsfremden Gedanken überschlagen sich, alles ist surreal und fremd, da gibt es höchstens mal ein kleines Fenster mit vernünftigen Gedanken. Ich rate unbedingt davon ab, eine schwere Depression hier im Westen mit Buddhismus heilen zu wollen.

  • Meine Depressionsepisoden sind durch mein starrsinniges Festhalten und Glauben wollen meiner Überzeugungen entstanden. Das Starrsinnige hat neuronale Veränderungen ausgelöst, die erst durch Antidepressiva gelöst werden konnten, damit ich wieder Zugang zu meinem Selbstbetrug finden und mein Festhalten aufgeben/überprüfen konnte.


  • Loslassen der Gedanken als ein Zulassen und Seinlassen ist nur eine Art des Umgangs, die man z.B. auf dem Kissen übt. Das entbehrt aber nicht von der aktiven Arbeit mit den Gedanken (und Absichten).


    Das ist wahr, aber bei starken Depressionen geht das aktive Arbeiten mit den Gedanken nicht mehr. Durch die Verinnerlichung der buddhistischen Lehre, die eine nachvollziehbare Wahrheit ist, gelingt es aber mehr oder weniger, sich nicht mit dem Zustand zu identifizieren und so kommt man darüber hinweg.

    Das ist jedenfalls die Methode die in dieser Situation immer für mich hilfreich war.

  • Das ist wahr, aber bei starken Depressionen geht das aktive Arbeiten mit den Gedanken nicht mehr.

    Genau darüber habe ich ja in diesem Faden gesprochen. Das ist diese andere,wie " höhere "Ebene: Meine Depression gehört mir nicht – wie alle vergänglichen Phänomene. Und ich wollte das nicht zigmal wiederholen.

    Aber zur Sache:


    Bei sehr starken, resistenten, besonders schweren Depressionen – vor allem, wenn sie auch noch mit Wahnvorstellungen oder Agitation verbunden sind – sollte man nicht meditieren. Das würde so verdammt stark nach hinten losgehen, dass der Mensch womöglich den Verstand verlieren könnte.


    Wenn aber hier im Westen Meditation buchstäblich als Wundermittel gegen alles vermarktet wird – als Produkt, als Ware – dann wundert es mich nicht, dass sich die Leute verzweifelt an jeden Strohhalm klammern. Das kann man sehr gut nachvollziehen.

    Ich sehe das genauso wie ewald .

    Einfach die ganze Angelegenheit in diesem Fall mit dem „Raum der Leerheit“ beiseitezuschieben – das ist hier in diesen Zusammenhang völlig fehl am Platz.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Danke Bosluk ,dass du im Zusammenhang des "Loslassens", nochmal auf die Rechte Anstrengung verweist, die nicht vernachlässigt werden sollte.

    Da lässt man vielleicht manch heilsames Potenzial liegen.

    Ich meinte z.b. mit "Loslassen", ein geistiges "Fallenlassen und Nicht mehr verfolgen" des Gedanken, bzw.der Emotion.


    Zum Aspekt Depression:

    Als ich damals von unkontrollierten psychischen Sensationen geplagt wurde, die depressive Gefühle auslösten, deren Zusammenhang mir nicht klar war, habe ich einen Psychologen bemüht, um mir diese Prozesse aufzuzeigen zu lassen, was sich als heilsam erwiesen hat, weil die teils zwangsläufigen psychologischen Prozesse (z.b. Familiendynamiken) deutlich zu Tage traten und somit wieder recht unpersönlich wurden, was das egozentrierte Erleben minderte.


    Somit konnte das Geschehen eingeordnet werden, der negative Emotionsdruck ließ nach und in Folge gelang die Distanznahme und Betrachtung wieder besser.

    Die Betrachtung des abhängigen Entstehens sämtlicher Phänomene, inkl. aller Depressionen und sonstiger Wahninhalte in der konventionellen Wahrheit, ohne singuläre Existenz, als absolute Wahrheit.

    So habe ich es erlebt und verstehe diesen Aspekt des Dharma.

  • Hatte schon mit 20 schwere Depressionen, habe nicht mehr gesprochen, mich in der Wohnung versteckt und wollte verhungern. Mein Vater hat mich herausgeholt, meine Schwester in die Klinik begleitet und dort wurde ich ein halbes Jahr behandelt. Zu der Zeit wusste ich noch nichts vom Buddhismus, aber die Therapien haben geholfen, ich fasste wieder Lebensmut.

    Viel später absolvierte ich die Schule zum Heilpraktiker für Psychotherapie und fühlte mich mehr auf der Seite des Helfers als des Patienten. Dann kam die intensive Auseinandersetzung mit dem Buddhismus, Bücher, Kurse und praktische Übung in den hier im Allgäu ansässigen Klostern. Bis ich meine eigene Sangha hier im Haus gründete, mit den Mitbewohnern. Da habe ich nun die Verantwortung, bin auch psychosozialer Berater und habe Bücher gelesen über 'Buddhismus -Psychotherapie' von Matthias Ennenbach. Es gibt eine buddhistische Psychotherapie, die Vermischung von westlicher Medizin und buddhistischer Wirkung, wie bei TCM auch. Ich halte das für sehr spannend, wenn man im Westen lebt und buddhistische Neigungen hat. Bücher von Menschen, die im Westen leben (Amerika) und den Buddhismus betreiben, gibt es einige. Jetzt ist Bücher oder Texte lesen Theorie, es fehlt noch die Praxis. Bin einverstanden mit der Aussage, buddhistische Methoden helfen nicht psychisch zu erkranken. So kann man auch dem Rückfall vorbeugen.

  • Der Dharma kann insofern bei Depressionen helfen, indem er Erwartungshaltungen und Selbstbilder hinterfragen hilft. Er ermöglicht einen realistischen Blick auf die eigene Existenz und die eigene Person. Er hilft, Gefühle zu erkennen, sie weniger oder nicht zu bewerten, und sie schließlich zu akzeptieren. Allerdings glaube ich, dass bei mittleren und schweren Depressionen eine therapeutische Unterstützung unerlässlich ist. Meditation und Beschäftigung mit buddhistischer Erkenntnislehre kann hier hilfreich ergänzen, sollte aber in jedem Fall mit Arzt oder Therapeut besprochen werden. Wichtig ist für Menschen, die an Depressionen oder aber auch an anderen psychischen Erkrankungen leiden, Ängste, Wahrnehmungsstörungen oder -verschiebungen und Unsicherheiten, die während der Meditation auftreten können, nicht auf die leichte Schulter zu nehmen, sondern im Zweifelsfalle mit einem Therapeuten zu besprechen. Buddhistische Meister:innen oder sonstige buddhistische Lehrende sind dazu oft bei weitem nicht ausreichend ausgebildet. Darum sind im Falle von mittleren und schwerwiegenden psychischen Erkrankungen die Aussagen und Empfehlungen dieser Personen mit großer Vorsicht zu genießen.

    Das ist denn doch nur der Abendwind, der heute mit ordentlich verständlichen Worten flüstert.

  • Zitat

    P. S. Mir kam noch der Gedanke, dass das Theravada sich zum Mahayana/Vajrayana verhält wie Newtons klassische Mechanik zur Quantenphysik.


    Es gehört Amdap .


    Damit wird sehr klar ausgedrückt, dass der Theravāda als etwas Unvollkommenes dargestellt wird – also als etwas Minderwertiges.

    Ich kann dazu nur sagen, dass die sogenannte „Leerheit“ im Mahāyāna nicht das ist, was im Theravāda unter diesem Begriff verstanden wird. Das Mahāyāna hat aus der praktischen und lebendigen Religion der inneren Erfahrung eine raffinierte intellektuelle Akrobatik erschaffen, die in vielen Fällen wohl nur moderne Physiker wirklich nachvollziehen können.

    Leer – im Sinne von „Ich“ und „Mein“, ..--"Verblendet" durch die Kraft der Triebe (kilesa) – mehr ist hier nicht zu suchen. Eigentlich.

    Das Mahāyāna hat der „Leerheit“ eher einen ontologischen Status verliehen – etwas, das dem ursprünglichen bzw. frühen Buddhismus völlig fremd war. Auch der Buddha im Pali-Kanon wollte auf solche Fragen keine Antworten geben.

    Meine persönliche Meinung: Wenn eine Richtung als die beste oder höchste über eine andere gestellt wird, gehört das nicht in ein Forum, in dem alle Traditionen respektiert werden sollten.

    P.S. Klar, man kann es löschen. Kein Problem.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Die klassische Mechanik ergibt sich aus einer makroskopischen Näherung der Quantenmechanischen Gesetze, das Ehrenfest-Theorem (https://de.wikipedia.org/wiki/Ehrenfest-Theorem).

    Das Mahāyāna hat der „Leerheit“ eher einen ontologischen Status verliehen – etwas, das dem ursprünglichen bzw. frühen Buddhismus völlig fremd war. Auch der Buddha im Pali-Kanon wollte auf solche Fragen keine Antworten geben.

    Vielleicht liegt es auch am Unvermögen Einsichten in Sprache zu packen, und jede Beschreibung ist irgendwie unzureichend. Ein bisschen wie im Gleichnis von den blinden Männern und dem Elefanten.

  • Selbst wenn Du die „Leerheit“ exakt beschreiben und in Worte fassen könntest…


    Was hilft Dir das…

    Oder anderen…

    Du wirst Dich nur endlos darin verfangen…

    Sie ewig versuchen aufs Neue „zu „verstehen“ oder „zu erkennen“


    Begegnen kann jeder ihr nur ganz ohne Worte und ohne Schriften…


    Hier

    Jetzt


    Ganz allein

    Mit nichts

    Ganz in Stille


    Wird sie sich Dir augenblicklich von selbst ganz unverfälscht offenbaren…


    In dem man alles Andere loslässt


    Weil sie ganz natürlich ist


    So wie der Wind und der Regen


    Wie alles ist

  • Ich wurde hier leider unvollständig zitiert, zur Korrektur bitte zum Vergleich noch mal lesen:

    Zitat

    Mir kam noch der Gedanke, dass das Theravada sich zum Mahayana/Vajrayana verhält wie Newtons klassische Mechanik zur Quantenphysik.

    Mahāyāna und Vajrayāna können tatsächlich wie eine „Quantenebene“ der buddhistischen Philosophie erscheinen, die die fundamentalen Lehren des Buddha nicht leugnen, sondern sie um eine zusätzliche, feinere Dimension bereichern. Das Theravāda hingegen wirkt pragmatischer und direkter, ähnlich wie Newtons klassische Mechanik – klar und funktional. Beide Ansätze haben ihre Stärke, und letztlich sind sie Teil eines umfassenden spirituellen Weges.


    Bitte auf das Fettgedruckte und Schriftgröße achten (nachträgliche Hervorhebung von mir).


    Ich mag es nicht, wenn Aussagen aus dem Zusammenhang gerissen werden. Es führt zu falschen Schlussfolgerungen. Was zusammengehört, soll man auch zusammenlassen.

    Verlange nicht, dass alles so geschieht, wie du es wünschest,
    sondern wolle, dass alles so geschieht, wie es geschieht,
    und es wird dir gut gehen.
    Epiktet

  • Theravada ist Newton und das, was Theravada als Leere erschlossen und mit seinen Worten benannt hat, ist Quantenmechanik, danach kann man auch im Theravada erkennen, dass die offensichtlichen Erscheinungen auf nicht offensichtlichen beruhen müssen.


    Heute kann man in ein unfassbar erscheinendes Paradox sehen: Energie in Leere.

    Die absolute Einheit kann nicht nur mit Verstand oder Gefühl erkannt werden. Um diese zu erfahren, ist es notwendig, dass Verstand und Gefühl von einem abfallen. Rechtes Samadhi, und nur dort, ausschließlich dort.

    Ist diese Einheit dort erfahren, geht sie nie wieder verloren, ganz gleich wie tief man in Verstand und/oder Gefühl verwoben ist. Baldige Befreiung vom Festhalten.


    Leere, Shunyata usw. ist wie ein kleines Männchen, das sofort auf null stellt, um neu zu starten. Dann wird rechtes Samadhi zu einer Übung in Einheit ohne Verstand und Gefühl, um sie immer stärker zu machen, damit man schon im Denken prüfen kann ohne zu handeln, langfristiges Dukkha/Leiden ist nicht mehr möglich.

  • Ich wurde hier leider unvollständig zitiert, zur Korrektur bitte zum Vergleich noch mal lesen:

    Ach ja, ich hätte wohl alles zitieren sollen, denn im Vajrayāna wird unter dem Begriff „Leerheit“ wieder etwas anderes verstanden. Interessant ist jedoch, dass sich alle Richtungen auf den Buddha beziehen – aber welchen eigentlich?

    Das erinnert mich an Michael Zimmermanns These, dass es den Buddhismus in Wirklichkeit gar nicht gibt (in Ursache/Wirkung).

    Und nur am Rande bemerkt: Im Vajrayāna gilt absolutes Vertrauen in den Lehrer als notwendige Voraussetzung. Die gesamte Lehre wird mündlich weitergegeben – von Lehrer zu Schüler. Das schafft jedoch genau jenen strukturellen Nährboden für möglichen Missbrauch der „geheimen“ Lehre. So etwas findet man im Pāli-Kanon nicht.

    Alles Gute!

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Vielleicht können wir hier im Faden ohne die missbrauchsdebatte auskommen und ohne „X ist besser als Y“. Lasst uns hier über Leerheit sprechen und über Missbrauch in den zahlreichen anderen Fäden die sich explizit diesem Thema widmen.

  • Es gibt nur einen Buddha, habe seine Biografie von Thich Nhat Hanh geschrieben, gelesen. Bin kein großer Fan von buddhistischen Schriften, die man gebetsmühlenartig wiederholt, aber Sachbücher lese ich gerne. So habe ich auch 'Der Spiel - Raum der Leerheit' Buddhismus im Gespräch von einem deutschen Philosophen geschrieben, gelesen. Da heißt es: 'Die Leerheit gewährt alles, aber sie erscheint nicht. Dennoch ist sie nicht verborgen, sie gewährt alle Dinge wie der Raum, von dem Hegel sagte, er sei unendlich weich. Deshalb kann jedes Ding, kann jeder Mensch zum Lehrer der Leerheit werden.'


    Es ist also ganz einfach als Lehrer die Leerheit zu praktizieren, man braucht sich nicht in ewigen Theorien Verwursteln, sie gewährt alles, wie der Raum. So entsteht der Raum der Leerheit, der Spiel - Raum.

  • 'Der Spiel - Raum der Leerheit'


    Wieso der Spiel? - Es heißt doch: das Spiel?

    Verlange nicht, dass alles so geschieht, wie du es wünschest,
    sondern wolle, dass alles so geschieht, wie es geschieht,
    und es wird dir gut gehen.
    Epiktet

  • Die Konzepte von "Leere" im Theravada und "Leerheit" im Mahayana unterscheiden sich im Wesentlichen in zweierlei Art, nämlich sowohl in ihrer philosophischen Tiefe als auch in ihrer praktischen Anwendung.


    Sunyata im Theravada,

    da bedeutet "Leere" normalerweise die Abwesenheit eines festen, unveränderlichen Selbst (Anatta), bzw. "leer von"; die Betonung liegt darauf, dass alle Phänomene bedingt entstanden sind und keine eigenständige Existenz [und/oder 'Essenz'] besitzen. Hinsichtlich der Praxis ist das mit Achtsamkeit und der Einsicht in die Vergänglichkeit und das Leiden verbunden (wobei das Leiden, nach buddhistischer Auffassung, auch scheinbare Freuden mit einschließt). Diese daraus resultierende Einsicht zielt darauf ab, die Anhaftung an "Ich" und "Mein" zu überwinden und auf diese Weise Nirvana zu erreichen.


    "Leerheit" [Sunyata] im Mahayana

    ... wird vor allem definiert und vertieft durch die Philosophie der Madhyamaka-Schule (s. Nagarjuna). Hier wird Leerheit nicht nur auf das Selbst, sondern auf alle Phänomene angewandt. Es wird betont, dass nichts eine eigenständige Existenz hat, sondern alles in wechselseitiger Abhängigkeit existiert (Pratityasamutpada).

    Diese Sichtweise zeigt auf, dass Leerheit als Mittel angesehen wird, die dualistische Wahrnehmung von Subjekt und Objekt zu überwinden; sie ist nicht nihilistisch, sondern hilft, die wahre Natur der Realität zu erkennen und Mitgefühl und Weisheit zu entwickeln.


    Im Theravada wird die Leere eher pragmatisch [und individuell] betrachtet, während das Mahayana sie als universelle Wahrheit und Grundlage für Mitgefühl und altruistisches Handeln versteht.

    Wichtig: Beide Ansätze ergänzen sich jedoch in ihrer Suche nach Befreiung und Erleuchtung.


    Ein Buddhist ist, wer die folgenden vier Wahrheiten akzeptiert:

    • Alle zusammengesetzten Dinge sind vergänglich,
    • Alle Gefühle sind Schmerz,
    • Alle Dinge haben keine eigenständige Existenz,
    • Nirvana ist jenseits von Konzepten.

    ------------------------------------

    Anmerkung: Wie alle wichtigen Leitsätze werden auch diese vier nicht immer exakt gleich ins Deutsche übersetzt. Der vierte Satz lautet auf Deutsch auch manchmal: "Nirvana ist Frieden". Das aber ist in unserer Kultur missverständlich, so dass mir der Satz: "Nirvana ist jenseits von Konzepten" besser gefällt; das trifft es einfach besser.

    Für die fehlenden Buchstaben-Zeichen bei den Sanskrit-Begriffen bitte ich um Entschuldigung.

    Verlange nicht, dass alles so geschieht, wie du es wünschest,
    sondern wolle, dass alles so geschieht, wie es geschieht,
    und es wird dir gut gehen.
    Epiktet

  • Wieso der Spiel? - Es heißt doch: das Spiel?

    Nein!


    Der Spiel-Raum der Leerheit


    Zitat

    Sunyata im Theravada,

    da bedeutet "Leere" normalerweise die Abwesenheit eines festen, unveränderlichen Selbst (Anatta), bzw. "leer von"; die Betonung liegt darauf, dass alle Phänomene bedingt entstanden sind und keine eigenständige Existenz [und/oder 'Essenz'] besitzen.


    Wieder Nein! Theravāda spricht über keine "Phänomene":


    Siehe hier, es ist genug:


    Zitat

    " 'Leer, ist die Welt, leer ist die Welt', o Herr, sagt man. Inwiefern aber wird gesagt, die Welt sei leer?"

    "Was da, Anando, leer von Ich und zum Ich Gehörigen ist, zu dem, Anando, wird gesagt: 'Leer ist die Welt'. Was aber ist leer von Ich oder zum Ich Gehörigen? Die 6 Innen- und Außengebiete, die 6 Arten des Bewußtseins, die 6 Berührungen, die 18 Gefühle. Das ist leer von Ich und zum Ich Gehörigen".


    S.35.84-85 Welken, Leer - 1-2. Palokadhamma, Suññataloka Sutta

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    Edited once, last by Igor07 ().

  • "Das Spiel - Raum der Leerheit" versus "Der Spiel-Raum der Leerheit"


    Aaah!

    Es sollte ein Trennstrich sein und kein Gedankenstrich. :idea:

    Das ändert die Bedeutung ja enorm.

    :lol:

    Verlange nicht, dass alles so geschieht, wie du es wünschest,
    sondern wolle, dass alles so geschieht, wie es geschieht,
    und es wird dir gut gehen.
    Epiktet

    Edited 2 times, last by Amdap ().