Du möchtest behaupten, dass die "Überwindung" der Sexualität ein wesentliches Kriterium für spirituellen Fortschritt ist?
Sexualität ist ein Thema, das alle Menschen betrifft und es ist eines, wo die meisten Menschen zu kämpfen haben. Ich würde sagen, jemand der es schafft, die Sexualität erfolgreich umzuwandeln und die Impulse anderweitig zu nutzen, ist ohne jeden Zweifel was die Frage der Anhaftungen angeht spirituell weiter als jemand, der seinen Geist dafür benutzt, seine sexuelle Gier und Anhaftung relativieren zu wollen.
Da Du vor einem christlichen Hintergrund argumentierst, möchte ich kurz darauf hinweisen, dass die christliche Sexualmoral im Laufe der Jahrhunderte wenig Gutes gestiftet, dafür aber bei unzähligen Generationen verheerenden seelischen Schaden angerichtet hat.
Damit möchte ich keineswegs ausschließen, dass es auch viele Christen gegeben hat und gibt, die einen Verzicht auf Sexualität als befreiend erleben und bei denen das ein Teil ihres spirituellen Fortschritts ist.
Interessant - was denn nun?
Es bleibt wie es bleibt: dort, wo Zwänge existieren, kann nie ein seelisch gesunder Mensch gedeihen.
Außerdem fraglich, wie Du zu der Auffassung kommst, das ich aus einem christlichen Hintergrund argumentiere: ich habe mich ja auf meine eigene Erfahrung berufen. Das ist nicht unbedingt der klassisch christliche Hintergrund.
Das Bibelzitat fand ich lediglich passend, weil es das Thema gut umrissen hat.
Leider sind die negativen Folgen der repressiven christlichen Sexualmoral sehr umfangreich und erschreckend. Das beginnt bei weit verbreiteter Heuchelei (viele Klöster waren regelrechte Bordelle) und endet bei den unzähligen Missbrauchsfällen bis zur Gegenwart, die sehr häufig durch die Kirche vertuscht wurden.
Interessant, dass die wissenschaftlichen Untersuchungen, ob es einen Zusammenhang zwischen Missbrauch und Zölibat gibt - und die zu dem Ergebnis gekommen sind, dass es keinen Zusammenhang gibt - nicht zu Deiner Argumentationsgrundlage gehören.
Das bestätigt meinen Verdacht, dass hier mit wissenschaftlichen Untersuchungen sehr selektiv gearbeitet wird. Das ist aber auch nicht weiter schlimm. Viele Menschen verwenden Wikipedia-Textbausteine, um sie als Autoritätsargument einzusetzen.
Dennoch sind die Parallelen sehr auffällig: Die Unterdrückung der Frauen gerade im Theravada ist ganz offensichtlich
Die Parallele kann ich nicht erkennen. Zum Zölibat entscheiden sich die christlichen Geistlichen - ich glaube es sind nur die Katholischen - doch ganz eigenverantwortlich. Deshalb leben sie zuvor im Seminar, um sich zu prüfen. Wer wird da unterdrückt?
Interessant ist, dass Dich die Unterdrückung von Frauen durch das Ausleben der Sexualität, wie es vielfach praktiziert wird, scheinbar in diesem Zusammenhang gar nicht interessiert.
Der feindselige Sexismus mancher Mönche erinnert dabei doch sehr an das Christentum, bei dem die repressive Sexualmoral zu Projektionen und zur Verteufelung der Frau als Verführerin des "keuschen" Mannes geführt hat.
Naja, zumindest erinnert Dich etwas, was du erlebst, an deine eigenen Wertungen einer anderen Sache, die du erlebt hast.
Kurz gesagt: Bei vielen Menschen (vor allem Männern) führt Enthaltsamkeit zu einer Zunahme von Aggression, Feindseligkeit und Intoleranz.
Das ist nicht im Sinne der Buddha-Lehre, kann aber die Konsequenz sein.
Interessant, also ist es gut, nicht enthaltsam zu leben, um nicht aggressiv, feindselig und intolerant zu werden? Nur was machst Du, wenn die Aggression in der Sexualität ausgelebt wird? Da gibt es ja auch interessante Meinungen, dass beides sehr eng miteinander verknüpft ist. Ansonsten kann man natürlich immer das Ausleben der eigenen Triebe als besonders spirituell aufwerten. Ich glaube, in manchen tantrischen Schulen findet man solche Tendenzen, die Frauen sind dann praktisch nur spirituelle Behelfswerkzeuge...
Einsicht und Mitgefühl vermisse ich - eher eine sehr intolerante und bestimmt nicht gleichmütige Wertung gegen das Christentum. Hast Du aber bestimmt nicht so gemeint.