Sexualität und Befreiung: Ist die kritische Sicht des Buddha auf Sexualität für heutige Praktizierende relevant?

  • Du möchtest behaupten, dass die "Überwindung" der Sexualität ein wesentliches Kriterium für spirituellen Fortschritt ist?

    Sexualität ist ein Thema, das alle Menschen betrifft und es ist eines, wo die meisten Menschen zu kämpfen haben. Ich würde sagen, jemand der es schafft, die Sexualität erfolgreich umzuwandeln und die Impulse anderweitig zu nutzen, ist ohne jeden Zweifel was die Frage der Anhaftungen angeht spirituell weiter als jemand, der seinen Geist dafür benutzt, seine sexuelle Gier und Anhaftung relativieren zu wollen.



    Da Du vor einem christlichen Hintergrund argumentierst, möchte ich kurz darauf hinweisen, dass die christliche Sexualmoral im Laufe der Jahrhunderte wenig Gutes gestiftet, dafür aber bei unzähligen Generationen verheerenden seelischen Schaden angerichtet hat.


    Damit möchte ich keineswegs ausschließen, dass es auch viele Christen gegeben hat und gibt, die einen Verzicht auf Sexualität als befreiend erleben und bei denen das ein Teil ihres spirituellen Fortschritts ist.


    Interessant - was denn nun?

    Es bleibt wie es bleibt: dort, wo Zwänge existieren, kann nie ein seelisch gesunder Mensch gedeihen.

    Außerdem fraglich, wie Du zu der Auffassung kommst, das ich aus einem christlichen Hintergrund argumentiere: ich habe mich ja auf meine eigene Erfahrung berufen. Das ist nicht unbedingt der klassisch christliche Hintergrund.
    Das Bibelzitat fand ich lediglich passend, weil es das Thema gut umrissen hat.


    Leider sind die negativen Folgen der repressiven christlichen Sexualmoral sehr umfangreich und erschreckend. Das beginnt bei weit verbreiteter Heuchelei (viele Klöster waren regelrechte Bordelle) und endet bei den unzähligen Missbrauchsfällen bis zur Gegenwart, die sehr häufig durch die Kirche vertuscht wurden.

    Interessant, dass die wissenschaftlichen Untersuchungen, ob es einen Zusammenhang zwischen Missbrauch und Zölibat gibt - und die zu dem Ergebnis gekommen sind, dass es keinen Zusammenhang gibt - nicht zu Deiner Argumentationsgrundlage gehören.

    Das bestätigt meinen Verdacht, dass hier mit wissenschaftlichen Untersuchungen sehr selektiv gearbeitet wird. Das ist aber auch nicht weiter schlimm. Viele Menschen verwenden Wikipedia-Textbausteine, um sie als Autoritätsargument einzusetzen.


    Dennoch sind die Parallelen sehr auffällig: Die Unterdrückung der Frauen gerade im Theravada ist ganz offensichtlich

    Die Parallele kann ich nicht erkennen. Zum Zölibat entscheiden sich die christlichen Geistlichen - ich glaube es sind nur die Katholischen - doch ganz eigenverantwortlich. Deshalb leben sie zuvor im Seminar, um sich zu prüfen. Wer wird da unterdrückt?

    Interessant ist, dass Dich die Unterdrückung von Frauen durch das Ausleben der Sexualität, wie es vielfach praktiziert wird, scheinbar in diesem Zusammenhang gar nicht interessiert.

    Der feindselige Sexismus mancher Mönche erinnert dabei doch sehr an das Christentum, bei dem die repressive Sexualmoral zu Projektionen und zur Verteufelung der Frau als Verführerin des "keuschen" Mannes geführt hat.


    Naja, zumindest erinnert Dich etwas, was du erlebst, an deine eigenen Wertungen einer anderen Sache, die du erlebt hast.

    Kurz gesagt: Bei vielen Menschen (vor allem Männern) führt Enthaltsamkeit zu einer Zunahme von Aggression, Feindseligkeit und Intoleranz.


    Das ist nicht im Sinne der Buddha-Lehre, kann aber die Konsequenz sein.


    Interessant, also ist es gut, nicht enthaltsam zu leben, um nicht aggressiv, feindselig und intolerant zu werden? Nur was machst Du, wenn die Aggression in der Sexualität ausgelebt wird? Da gibt es ja auch interessante Meinungen, dass beides sehr eng miteinander verknüpft ist. Ansonsten kann man natürlich immer das Ausleben der eigenen Triebe als besonders spirituell aufwerten. Ich glaube, in manchen tantrischen Schulen findet man solche Tendenzen, die Frauen sind dann praktisch nur spirituelle Behelfswerkzeuge...


    Deshalb sollte man "spirituellen Fortschritt" besser an dem Wachstum von Gleichmut, Mitgefühl und Einsicht messen.


    Einsicht und Mitgefühl vermisse ich - eher eine sehr intolerante und bestimmt nicht gleichmütige Wertung gegen das Christentum. Hast Du aber bestimmt nicht so gemeint.

  • Meine Argumentation war: Es gibt eine große Anzahl sinnlicher Bedürfnisse. Manche davon können durch spirituelle Praxis "überwunden" werden, andere nicht - und daneben gibt es sinnliche Bedürfnisse, die offenbar eine Mittelstellung einnehmen, die also durch Übungen verändert, aber i.d.R. nicht vollständig eliminiert werden können.

    Da könnte ich Dir sogar zustimmen, wenn Du statt "sinnlicher Bedürfnisse" nur "Bedürfnisse" sagen würdest.


    In der Tat gibt es Bedürfnisse, die nicht in eine der drei Katgeorien fallen, die in der zweiten edlen Wahrheit als Ursachen von Dukkha genannt werden: kāma-taṇhā, bhava-taṇhā und vibhava-taṇhā - Verlangen nach sinnlichen Vergnügen, Verlangen nach ewigem Dasein und Verlangen nach Vernichtung mit dem Tode. Diese drei Arten von Verlangen sind zu überwinden.


    Verlangen nach Nahrung zum Beispiel, auch einfach "Hunger" genannt, fällt nicht in eine dieser drei Kategorien, ist also nicht zu überwinden, sondern nur zu zügeln:

    "Was gibt es noch zu tun? Bhikkhus, ihr solltet euch so üben: 'Wir wollen uns beim Essen mäßigen. Mit weiser Betrachtung nehmen wir Nahrung zu uns, weder zum Spaß, noch zur Berauschung, noch zum Schmücken, noch zur Verschönerung, sondern nur, um diesen Körper am Leben zu erhalten, ihn zu ernähren, um das Unbehagen (des Hungers) zu beenden, und um das heilige Leben zu fördern, indem wir erwägen: >So werde ich alte Gefühle (des Hungers) beenden, ohne neue Gefühle zu erwecken, und ich werde gesund und ohne Tadel sein und ich werde ein leichtes Leben haben.<

    Genauso wenig wie das Bedürfnis nach Nahrung fallen die Bedürfnisse nach Atemluft, Trinkwasser und Schlaf unter die oben genannten drei Kategorien von zu überwindenden Verlangen.


    Sex gehört jedoch zu einer der drei Kategorien: Zu kāma-taṇhā.


    Dass manchem das Verlangen nach Sex so überlebenswichtig und so unverzichtbar seine Befriedigung erscheint wie das nach Nahrung, Trinkwasser und Atemluft: Das ist Karma. Aber kein Grund, am achtfachen Pfad oder an den Vinaya-Regeln etwas zu ändern.


    Warum nochmal waren diese Mönche, die Du getroffen hattest, überhaupt Mönche geworden, obwohl sie doch gar nicht nach Befreiung, sondern nach einer glücklichen Wiedergeburt strebten?


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

    Einmal editiert, zuletzt von Elliot ()

  • Bekannt ist auch das Phänomen, dass eine repressive Sexualmoral einhergeht mit einer Zunahme von Feindseligkeit und regelrechtem Sadismus. Die eigenen Triebimpulse von sexuell "enthaltsamen" Männern werden beispielsweise auf Frauen projiziert. Die Frau wird dadurch zur Hexe, zur bösen Verführerin, mit dem Teufel im Bunde.

    Das ist möglich.


    Es ist aber auch möglich, dass Enthaltsamkeit den gegenteiligen Effekt hat:

    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Ich sehe das sehr pragmatisch. Sexualität setzt eine Menge Botenstoffe frei, die Wohlgefühl bewirken. Das Verlangen danach ist bei den Menschen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Sexualität ist eine natürliche Veranlagung zur Fortpflanzung, zum Fortbestand der Art. Die Loslösung jeglichen Verlangens, ist spirituell sicherlich etwas Erstrebenswertes.


    Wenn Du es geschafft hast, Dich geistig so weit zu entwickeln, dass Du kein sexuelles Bedürfnis mehr hast und entsprechendes Wohlgefühl auf spiritueller Ebene erlangst, kannst Du auf Sexualität verzichten.

    Ich denke diese Sichtweise lässt sich auch mit Buddhas Äußerungen bezüglich Enthaltsamkeit überein bringen.


    Ein Verzicht trotz Verlangen hat meistens negative Auswirkungen. In Religionsgemeinschaften, in denen weltliche Machtpositionen maßgeblich sind, führt es auffallend häufig zu den ersichtlichen, traurigen und leidvollen geistig gestörten Verhalten des Missbrauchs.


    Ein sehr erfülltes Sexualleben in einer harmonischen Beziehung ist etwas Geniales, birgt jedoch auch die Gefahr, dass wenn solch eine Beziehung zerbricht, auch einer der Beteiligten psychisch schwer angeschlagen ist. Ikarus – wer hoch fliegt, kann auch tief fallen. Buddhas Empfehlung bezüglich Enthaltsamkeit würde vor solchen Abstürzen bewahren.


    So hat jeder Mensch, auch hinsichtlich Sexualität, seinen eigenen Weg zu finden.



    lg; moon :dao:

  • Ganz genau, beides ist möglich. Und dazwischen gibt es noch ganz viele Schattierungen.


    Übrigens lebt der Mensch, den Du da zitierst, überhaupt nicht enthaltsam:

    Zitat



    Also, ich habe trotzdem noch Dates. Dennoch lasse ich mich nicht mehr so leicht auf Sex ein. Ich mache das nur, wenn es sich richtig anfühlt und eine Verbindung da ist. Habe ich aber das gegenteilige Gefühl, dann lasse ich mich auf eine sexuelle Beziehung gar nicht mehr ein.



    Das gehört doch eher in die Kategorie: "Ich lebe enthaltsam, wenn gerade nicht die passende Frau da ist, mit der es sich richtig anfühlt." - Du wolltest aber ein positives Beispiel für Enthaltsamkeit bringen. Das wäre dann aber der totale Verzicht auf jegliche Form von Sexualität, wenn ich Dich bislang richtig verstanden habe.


    Das Beispiel dieses No Fap-Hardmode-Vertreters geht doch eher in die Richtung "Kultivierung der Sexualität", die ich im Laufe der Diskussion vorgeschlagen hatte.

  • kāma-taṇhā, bhava-taṇhā und vibhava-taṇhā - Verlangen nach sinnlichen Vergnügen, Verlangen nach ewigem Dasein und Verlangen nach Vernichtung mit dem Tode. Diese drei Arten von Verlangen sind zu überwinden.

    Dann lass uns einmal über "Verlangen nach sinnlichem Vergnügen" gemeinsam nachdenken:


    Zum "sinnlichen Vergnügen" kann nahezu alles gehören, was Menschen machen:

    - beim Spazierengehen die Natur bewundern

    - Musizieren oder Musik hören

    - ein Kunstmuseum besuchen

    - ein gutes Buch lesen

    - Fahrrad fahren oder schwimmen gehen

    - ins Theater gehen

    - einen Freund umarmen

    - sich massieren lassen

    - den Geschmack von guten Speisen bewusst wahrnehmen

    - liebevollen Sex mit einer Partnerin/einem Partner


    oder auch:

    - Rauchen

    - Horrorfilme sehen oder sich am TV berieseln lassen

    - Pornos konsumieren

    - Fastfood essen

    - liebloser Sex mit ständig wechselnden Partnerinnen/Partnern

    - etc. etc.


    Die meisten Menschen (und auch viele Buddhisten) würden nun sagen:

    Die zuerst aufgezählten Vergnügen sind heilsam und nützlich. Sie machen das aus, was man Lebensfreude nennt. Eine Freude, die mit Sinneskontakt zu tun hat.

    Die zuletzt aufgezählten Vergnügen sind nach Auffassung vieler Menschen unheilsam und in der Regel mit einem suchtartigen Verlangen (Gier) verbunden.

    Die erstgenannten dagegen sind in der Regel nicht mit einem suchtartigen Verlangen verbunden. Es entsteht dabei meistens keine Gier.


    Wenn ich Dich richtig verstehe, macht der Buddha Deiner Meinung nach zwischen den beiden Arten von Vergnügen keinen wesentlichen Unterschied. Beide Arten müssen auf dem Weg der Befreiung überwunden werden. Und wer nicht in der Lage ist, sämtliche sinnliche Vergnügen zu überwinden, sollte Laie werden. Als Laie muss er dann nur die 5 Silas einhalten und dann macht es - gemäß der Buddhalehre in Deiner Interpretation - auch keinen Unterschied, ob er sich mehr an der zweiten Liste von sinnlichem Vergnügen orientiert oder an der ersten.

    Jedenfalls hast Du bisher meinen Vorschlag abgelehnt, wenigstens für Laien stärker zu differenzieren, welche Vergnügen heilsamer sind als andere.


    Mir erscheint das wenig förderlich für die Entwicklung von Menschen.

    Eine Schule des Buddhismus, die so wenig differenziert, hilft doch 99,9 Prozent aller Praktizierenden nicht, ein gutes Leben zu führen und sich weiterzuentwickeln.


    Sie hilft nicht einmal der übergroßen Mehrheit der Ordinierten, denn eine totale Entsagung von sinnlichem Vergnügen (auch der ersten Art) setzt - und da waren wir uns einig - eine derart intensive und ununterbrochene Jhana- und Achtsamkeitspraxis voraus, dass permanent ein Zustand von "wunschlos glücklich" erreicht wird.

    Das möchte ich als utopisches Projekt bezeichnen, jedenfalls sind in der Gegenwart auch die fleißigsten Mönche weit davon entfernt. Und etwas, was nicht realisierbar ist, betrachte ich nicht als sinnvolles Ziel.


    Doch selbst dann, wenn es einem Mönch gelänge, eine solche Praxis einzuhalten, würde er beispielsweise auf einem Spaziergang bevorzugen, die schöne Natur zu bewundern, statt stumpf auf den Boden zu starren.

    Und er bevorzugt die gut schmeckenden Speisen gegenüber den schlecht schmeckenden, wenn er nicht gerade die Übung macht, alles in seiner Schale zusammenzurühren.


    Ist eine Entsagung von allem sinnlichen Vergnügen überhaupt Befreiung?

    Oder nicht doch "lediglich" die Überwindung von Gier - was die Möglichkeit einschließt, weiterhin an manchem Schönen Vergnügen zu finden?


    Verstehe mich bitte nicht falsch: Ich schätze Deine konsequente Lesart des Kanons.

    Allerdings halte ich sie für zu rigoros, für utopisch im Hinblick auf die Realisierbarkeit und für wenig hilfreich bei der Entwicklung von Menschen.


    An der Art und Weise wie beispielsweise Thich Nhat Hanh mit seinen Mönchen und Nonnen musiziert hat, steckt keine Anhaftung. Das ist ein Vergnügen, das ohne Gefahr genossen werden kann.

    Ganz gleich, was im Pali-Kanon darüber steht, wie der Buddha angeblich das Musizieren beurteilt hat.


    Ebensowenig ist "wohlmeinender Körperkontakt" ein Hindernis.

  • Allerdings halte ich sie für zu rigoros, für utopisch im Hinblick auf die Realisierbarkeit und

    für wenig hilfreich bei der Entwicklung von Menschen.

    Kommt natürlich ganz darauf an von welcher "Entwicklung" du redest.

    Das es für die Entwicklung die dir für die Menschen und dir selbst vorschwebt

    nicht hilfreich erscheint ist uns allen schon lange klar.

    Mich interessiert hier aber mehr was der Buddha für heilsam hält als deine Interessen.

    Welche Entwicklung jemand einschlagen möchte muß jeder selber wissen.

    Alles eine Frage der Interessenlage.

    Wer aus den Gründen Mönch werden will, alle Triebe zu überwinden, wird sich von

    deiner triebhörigen Interessenlage eh nicht beeindrucken lassen und umgekehrt.

    Wenn jemand aus anderen Gründen Mönch ist, ist er scheinheilig wie immer er sich

    auch nennen mag. An seinen Interessen wird man ihn messen.

  • Welche Entwicklung jemand einschlagen möchte muß jeder selber wissen.

    Alles eine Frage der Interessenlage.

    Wer aus den Gründen Mönch werden will, alle Triebe zu überwinden, wird sich von

    deiner triebhörigen Interessenlage eh nicht beeindrucken lassen und umgekehrt.

    Wackerer Accinca, guten Morgen! :)


    Wenn wir von der ersten Liste an sinnlichem Vergnügen den letzten Punkt streichen:

    Bist Du dann immer noch der Auffassung, dass jeder Wunsch nach solchen sinnlichen Vergnügen gemäß der Buddhalehre eliminiert werden soll oder nur eine eventuell vorhandene Gier danach?


    Zitat


    Zum "sinnlichen Vergnügen" kann nahezu alles gehören, was Menschen machen:


    - beim Spazierengehen die Natur bewundern

    - Musizieren oder Musik hören

    - ein Kunstmuseum besuchen

    - ein gutes Buch lesen

    - Fahrrad fahren oder schwimmen gehen

    - ins Theater gehen

    - einen Freund umarmen

    - sich massieren lassen

    - den Geschmack von guten Speisen bewusst wahrnehmen


    Kurzum: Glaubst Du allen Ernstes, dass ein "Befreiter" keinerlei Präferenz mehr hat, auf einem Spaziergang die schöne Natur zu bewundern, statt z.B. auf seine eigenen Füße zu schauen?

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube es kommt sehr darauf an, an welchem Punkt man genau steht. Jamand hat Entsagung mal als ein Schwimmen gegen den Strom bezeichnet. Wo es einerseits gut ist, nicht mitgerissen zu werden, wo man aber auch nicht seine eigenen Kräfte überschätzen sollte und zu schnell schwimmen sollte, weil man sonst erlahmt. Wa die richtige Geschwindigkeit ist, hängt ganz stark von einem selbst ab.


    Und da kann es ja wirklich sein, dass jemand sich für einen grossen Asketen hält und sich jegliche Freude versagt, aber dann nur unglücklich ist, weil er in Wirklichkeit enorm daran haftet. Ich denke für viele ist es besser, ein guter Haushälter zu sein als ein schlechter Mönch, der sein Gelübte nicht halten kann. Aber nur weil für uns slber, die Vorstellung auf Sex und Spaziergänge zu verzichten verdrießlich ist, muss das ja für andere nicht unbedingt gelten.


    Von daher zeigt deine Unterscheidung in positive "sinnlichen Vergnügen" und negative "sinnliche Vergnügen" eher an, was für normale Leute gilt. Während ich happy bin, wenn ich 3 Studen die Woche laufe und es meiner Fitness gut tut, während es für einen Profiläufer ein Fiasko, so wenig zu läufen. Es ist doch ganz normal, dass es das ganz unterschiedliche Niveaus gibt.


    Wenn wir von der ersten Liste an sinnlichem Vergnügen den letzten Punkt streichen:

    Bist Du dann immer noch der Auffassung, dass jeder Wunsch nach solchen sinnlichen Vergnügen gemäß der Buddhalehre eliminiert werden soll oder nur eine eventuell vorhandene Gier danach?


    Kurzum: Glaubst Du allen Ernstes, dass ein "Befreiter" keinerlei Präferenz mehr hat, auf einem Spaziergang die schöne Natur zu bewundern, statt z.B. auf seine eigenen Füße zu schauen?

    Im Deutschen bedeutet Gier ein unmäßiges, maßloses Verlangen.Im buddhitischen Kontext wird das Wort Gier häufig zur Übersetzung von lobha verwendet. Wobei lobha jede Art von Begehren bezeichnet. Alles wo man wünscht, das es da wäre und unglücklich wird, wenn man auf es verzichten muss. Also auch ganz normale Freuden.


    Wer nicht am verdursten ist, giert nicht nach Wasser, aber je näher man sich dem Verdursten nähert, desto mehr nähert sich das ganz "normale Bedürfnis" der Sucht des Junkies an. Gerade wenn man mit sehr alten Leuten zu tun hat, die zu viele für uns "ganz normalen Freuden" nicht mehr fähig sind merkt man, was da für eine tiefe Sehnsucht dahintersteckt. "Einmal wieder sehen können! Einmal wieder wandern können! Einmal wieder Speisen schmecken können". Wenn man im Alterheim rumfragen würde, welche Untaten jemand begehen würde, um im Autausch dafür seine Jugend zurückzuerhalten wäre, kann ich mir vorstellen, dass die Ergebnisse verstörend wären.

  • Zur Unterscheidung: liebevoller Sex – liebloser Sex.


    Evolutionär betrachtet steht Sexualität mit Wettbewerb in Zusammenhang. Es geht darum, den bestmöglichen Partner zu finden, etwa durch das Paarungsvorspiel.


    Später erst tritt das Geschehen der Brutpflege hinzu. Höher entwickelte Säugetiere suchen auch im späteren Leben ähnliche Verbundenheit.


    Sicher zeigt die romantische Liebe beim Menschen beide Aspekte (plus kulturelle Einflüsse).


    Dennoch lassen sich Gefühle der Verbundenheit, Hilfsbereitschaft, Verantwortung vom sexuellen Begehren unterscheiden. Ich glaube, dass es in der christlichen Ethik und in jener des Mahayana gilt, diese Eigenschaften zu fördern. Man könnte argumentieren, dass das sexuelle Begehren da gewissermaßen nicht dazu passt.

  • Ein Befreiter ist von allem Festhalten und Anhängen befreit. Über die Vorstellungen vom Befreit-Sein hat er nur noch MU Schrei Lächeln sich einfach setzen als Antwort. Oder er geht einfach mal sein Essen besorgen. Schickt den Festhaltenden seine Schalen waschen.


    Die Lösung für diesen Thread ist nicht nur im Kanon zu finden denn da sind keine Buddhisten zu finden, die sind eben nicht nur Papier.


    Buddha hat die ER-Lösung aller Leiden in seiner ersten Rede gleich am Anfang ausgesprochen, der Rest sind nur Antworten auf die Vorstellungen anderer noch nicht Befreiter. Die Leidenden bleiben zu viele selbst Buddhisten leiden unter ihrer Lehre, weil sie nicht die erste Rede als Grundaussage erkennen und auf ihr Leben anwenden wollen. SO Einfach kann das nicht sein!? SN 56.11

    Das so einfache wird nur so schwierig weil Menschen eben nur Menschen sind weil sie ein Ich haben und ein Ego weil sie daran Festhalten anstatt es sich wandeln zu lassen.


    Wenn ich Sex will dann frage ich mich ist das jetzt hilfreich und nicht verletzend oder ist es nicht hilfreich und andere Verletzend. Mehr gibt es da nicht zu bedenken. Wenn ich nicht hilfreich handeln möchte, weil ich keine Ahnung von den Geistesgiften habe, dann tu ich das. Wenn ich von den Geistesgiften weiß und nicht das nicht hilfreiche unterbinden kann dann übe ich das, aber ich schließe mich nicht weg.

    Einmal editiert, zuletzt von Noreply ()

  • Das ist einfach nicht so. Diese Einstellung führt zu Verleugnen der Natur aller fühlenden Wesen durch Gedankengebäude die durch Wiederholung auch nicht wirklicher werden, sie bleiben Dogmen und da passt Sexualität nicht dazu, doch wurden sie erst durch Sexualität möglich. Die meisten, nein alle Heiligen, die Dogmen geschaffen haben sind Scharlatane und Lügner. Lies einfach nur den ersten Abschnitt von SN 56.11 und Buddha ist nur noch Buddha frei von jedem Dogma einfach nur ein fühlendes Wesen Mensch mit ich. Das leben des mittleren Weges wie Buddha es gesagt hat reicht vollkommen aus um Befreiung zu erlangen.

    Bei den Christen ist auch nur ein Satz wirklich echt: Liebe deinen Nähesten wie dich selber. Alles was weiter gedacht wird über diesen Satz hinaus ist Dogma.

  • Seh ich anders. Gier sind alles - sofern Du dran anhaftest. Und ja, die oberen sind heilsamer als die unteren. Versuch mal, nach einem Horrorfilm zu meditieren - ist wohl schwieriger als nach einem Waldspaziergang, weil es den Geist in Unruhe versetzt. Und zu Deinem Begriff Lebensfreude: Darum geht's ja. Die von Dir genannten Sache können materielle Freude bringen, also Sinnesfreude. Der Buddha sagt, es gibt auch eine andere Freude, die NICHT davon abhängig ist, ob die Sinne grade was Angenehmes oder Unangenehmes ans Gehirn melden. Um diese Freude zu erleben, müsse man aber das Anhaften an die sinnlichen Freuden (egal ob heilsam oder unheilsam) überwinden. Und wenn man das Anhaften ganz und gar überwindet, habe man diese "spirituelle" Freude dauerhaft.


    Jetzt kannst Du natürlich sagen "stimmt nicht, da irrt der Buddha, wenn man auf Sex (oder andere Sinnesfreuden) ganz und gar verzichtet, bekommt man einen psychischen Schaden und wird verbittert. Das ist dem Menschen nicht möglich."


    Damit hast Du vielleicht recht, da ich nie irgendwelche Jhana-Stufen erlebt habe, kann ich nicht bestätigen, ob es Freude jenseits der Sinne gibt. Aber wenn man dem Buddha folgen will, wird man - wenn man ihm tatsächlich in aller Konsequenz folgen will - um ein Ablassen vom Anhaften an Sinnesfreuden nicht rumkommen.

    Und wenn Du mit mehreren Mönchen gesprochen hast, die das nicht konnten, hat das wenig Aussagekraft darüber, ob es möglich ist. Wie wenn ich 5 Leute frage, die alle Fleisch essen und dann sage "ein vegetarischer Lebensstil ist unmöglich."

    Einmal editiert, zuletzt von Kaffeebohne ()

  • Da sehe ich keinen Widerspruch zu dem, was ich gesagt und gemeint habe: Das gierige Anhaften an sinnliche Vergnügen ist etwas, das überwunden werden soll. Ebenso wie das Ausüben unheilsamen Vergnügens.

    Daneben gibt es aber eben auch den Prozess der anhaftungsfreien nicht-gierigen Freude, die mit Sinneskontakt verbunden ist.

    Ellviral hat das recht plastisch zum Ausdruck gebracht.


    Für mich war es diesbezüglich sehr beeindruckend, mitzuerleben, wie Thich Nhat Hanh mit seinen Mönchen und Nonnen musiziert. Das ist für mich ein Beispiel für eine solche anhaftungsfreie nicht-gierige Freude, die mit Sinneskontakt verbunden ist.


    Demgegenüber sehe und spüre ich einfach nicht, dass bei denjenigen, die in der Sinnesfreude generell eine Gefahr sehen und sie mit Stumpf und Stil ausrotten wollen ("Vernichtung der Triebe") etwas Gutes dabei herauskommt.

    Dieses Ideal ist aus "Papier", wie Ellviral treffend sagte.




    P.S. Ich sehe gerade, Du hast Deinen Beitrag ergänzt:


    Zu den Jhanas: Ja, es gibt diese Freude jenseits des Kontakts mit Sinneseindrücken. Direkt nach einer solchen Meditation hat man keinerlei Wunsch nach irgendwelchen Sinnesfreuden. Auch Musizieren wäre dann sozusagen zu grob.

    Der Punkt ist aber, dass auch die besten Jhana-Praktizierenden, die ich kennengelernt habe (und das ist sozusagen eine "Elite" im Vergleich mit "normalen" Mönchen oder Praktizierenden) völlig außerstande sind, dauerhaft eine so intensive Praxis auszuüben.

  • Ich möchte auch mal kurz meinen Senf dazu geben.

    Ich muss gestehen, ich habe nicht alles gelesen.

    Aber wenn jemand ernsthaft praktiziert, dann findet er darin so eine grosse Erfüllung und Befriedigung, da kann der beste Sex nicht mithalten.

  • Ich möchte auch mal kurz meinen Senf dazu geben.

    Ich muss gestehen, ich habe nicht alles gelesen.

    Da hast du sicher auch nicht viel versäumt.

  • PhenDe: Drum schreibe ich bei Vermutungen und ja auch "Vermutung." Und Beweislast gibt's nicht, weil ich nichts beweisen will ;) Darum ja auch der Hinweis, dass es mit dem Thread wenig zu tun hat und ich nicht weiß, warum Frieden-und-Freude plötzlich Aberglaube und Übernatürliches einbringt.


    Kurz: Ich weiß nicht, was Du mir konkret sagen willst, Lucky.

    Ich denke, was Frieden-und-Freude auch meint, ist, dass die Buddhalehre prinzipiell heilsam ist. Der Ansicht bin ich auch. Aber das nicht alles Wort Wörtlich zu nehmen ist. Dinge, die nicht bewiesen sind und nicht nachvollziehbar, sollte man mit Vorsicht genießen. Sonst wird aus etwas heilsamen, wieder etwas unheilsames.

    So sehe ich es auch. Ich weiß nicht ob keine Sexualität (abgesehen davon, dass es uns nicht geben würde) heilsamer oder unheilsamer ist. Ob es heilsam ist, einen Urtrieb zu unterdrücken oder nicht. Es wird sicherlich einige geben, die mit Sexualität nichts anfangen können. So wie es auch einige gibt die mit Alkohol nichts anfangen können.

    Es muss eben jeder das aus der Buddhalehre nehmen, was ihm gut tut. Mitunter dumm wäre es zu behaupten, wie leider einige machen, das ein Mönch der Zölibatär lebt "weiterentwickelt" oder "allwissender" oder "heilsamer" ist wie jemand, der nur Laie ist.

    :buddha: Es geht immer darum, sich in die Unannehmlichkeiten des Lebens hineinzulehnen und sich diese ganz genau anzuschauen. :buddha:

  • Wenn wir von der ersten Liste an sinnlichem Vergnügen den letzten Punkt streichen:

    Bist Du dann immer noch der Auffassung, dass jeder Wunsch nach solchen sinnlichen

    Vergnügen gemäß der Buddhalehre eliminiert werden soll oder nur eine eventuell vorhandene Gier danach?

    Ich weiß nicht genau wovon die redest, aber jeder der die

    Buddhalehre kennt weiß das weltliches Vergnügen nicht das

    auszuübende Interesse eines ernsthaften Nachfolgers sein kann.

    Kurzum: Glaubst Du allen Ernstes, dass ein "Befreiter" keinerlei Präferenz mehr hat,

    auf einem Spaziergang die schöne Natur zu bewundern, statt z.B. auf seine eigenen Füße zu schauen?

    Zu glauben es gäbe eine "schöne Natur" ist eine bescheidene kleinmütige Geisteshaltung.

    Insbesondere das was Menschen sich darunter vorstellen können. Und in der Matrix bist

    du total eingebunden.

  • Zu glauben es gäbe eine "schöne Natur" ist eine bescheidene kleinmütige Geisteshaltung.

    Insbesondere das was Menschen sich darunter vorstellen können. Und in der Matrix bist

    du total eingebunden.

    Das ist nun aber eine wirklich falsche Ansicht bei Dir.

    Jemand der Jhanas praktiziert, erlebt - direkt nach der Meditation - gerade die Schönheit der Natur weitaus intensiver als zuvor.

    Damit meine ich nicht, dass dann eine Gier besteht, diese Schönheit zu erleben. Es passiert einfach.

    Wobei sich das dann nicht bloß auf die Natur bezieht, sondern auf alle Dinge beziehen kann. Unter Umständen sogar auf diejenigen, die konventionell eher als hässlich beurteilt werden.

    Ajahn Brahm nennt das in seiner spaßigen Art "super-power-mindfulness". Die Achtsamkeit aufrecht zu erhalten, ist dann recht einfach, solange die Wirkung andauert.


    Wenn also der Buddha und seine Mönche diese Form von Samadhi und Sati dauerhaft aufrechterhalten haben, ist völlig verständlich, dass keine Gier nach Sinnesvergnügen mehr auftritt.

    Dennoch bleibt ja die Präferenz, sich beim Spazierengehen umzuschauen, statt bloß auf die eigenen Füße zu gucken. Oder bei dem Anblick eines Blattes zu verweilen, das gerade fasziniert.

  • Hier zwei schöne Zitate zum möglichen Ursprung der Liebe.


    Die Zitate sollen die Theorie stützen, dass Liebe ihren Ursprung hauptsächlich in der Brutpflege hat, nicht jedoch im sexuellen Trieb.


    Vielleicht ist das ja doch ein wenig von Belang! Sind Mitgefühl und Nächstenliebe eine Sublimation der Sexualität oder aber entstammen sie einem ganz anderen Bereich, nämlich der Brutpflege? Haben Liebe und Sexualität dann überhaupt irgendwas miteinander zu tun?



    Richard David Precht: Allem Anschein nach ist die mütterliche – bei manchen Tieren: elterliche – Fürsorge der Quell der Liebe. Wer eine intensive Brutpflege betreibt, muss die Bedürfnisse seiner Schützlinge ahnen und ihre Gefühle nachvollziehen können. Diese Fähigkeit wurde bei zahlreichen Tieren beobachtet. Und von der Sorge um die Brut zum Schützen verwundbarer oder verwundeter Artgenossen könnte es möglicherweise in einem gleitenden Übergang gekommen sein bis hinein zu den Beziehungen zwischen nicht miteinander verwandten Erwachsenen.


    Michael Mary: Die Mutter (oder die am nächsten stehende Person) stellt für das Kind den Urgrund dar, in dem es sich aufgehoben und geborgen fühlt. Mit der Mutter entsteht sogar die umfassendste Erfahrung intimer Verbundenheit durch gleichzeitige körperliche, emotionale und psychische Nähe. Durch diese frühe und prägende Erfahrung wird die intime Beziehung zu der Beziehungsform, in der ein größtmögliches Ausmaß an Verbundenheit erlebt wird. Es wundert daher nicht, dass Menschen im späteren Leben Verbundenheit in einer vergleichbar intimen Beziehung suchen, in einer Beziehung, die neben psychischen auch emotionale und körperliche Aspekte umfasst; in der intimen Beziehung zum Liebespartner.

  • Das gehört doch eher in die Kategorie: "Ich lebe enthaltsam, wenn gerade nicht die passende Frau da ist, mit der es sich richtig anfühlt." - Du wolltest aber ein positives Beispiel für Enthaltsamkeit bringen. Das wäre dann aber der totale Verzicht auf jegliche Form von Sexualität, wenn ich Dich bislang richtig verstanden habe.


    Das Beispiel dieses No Fap-Hardmode-Vertreters geht doch eher in die Richtung "Kultivierung der Sexualität", die ich im Laufe der Diskussion vorgeschlagen hatte.

    Ja, das stimmt, so ganz klar wird aus dem Interview nicht, ob er nun dauerhaft auf Sex verzichten will, oder ob er nur solange abwarten will. bis er sich ziemlich sicher ist, dass es "guter" Sex werden wird. Und je nachdem wäre es entweder eher Enthaltsamkeit oder eher Kultivierung,


    Wie auch immer, es ging mir aber eigentlich darum, dass dies ein Beispiel ist, wo der (zumindest temporäre) Verzicht auf Sex nicht mit der Verteufelung von Frauen begründet wird oder diese als "Nebenwirkung" mit sich bringt, sondern im Gegenteil sogar eher mit einer Steigerung der Wertschätzung verbunden ist.


    VIele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Das ist eine interessante Liste, aber Deine Einteilung in heilsam und unheilsam finde ich schon zu grob.


    Wir können sie Punkt für Punkt durchgehen und untersuchen, welche Motivation jeweils zugrunde liegen könnte und ob ein zu überwindendes Verlangen oder eine andere Nachlässigkeit im Spiel ist.


    Fangen wir mit "Spazierengehen" an. Was ist das? Falls es sich um Müssiggang handelt, dann ist es zumindest eine Nachlässigkeit. Andererseits ist es in Ordnung, wenn damit Zeit überbrückt wird:

    Als es Morgen war, zog sich der Erhabene an, nahm seine Schale und äußere Robe und ging um Almosen nach Rājagaha hinein. Da dachte der Erhabene: "Es ist noch zu früh, um in Rājagaha um Almosen umherzugehen. Wie wäre es, wenn ich zum Wanderasketen Sakuludāyin im Pfauenpark, dem Park der Wanderasketen ginge?" Dann ging der Erhabene zum Pfauenpark, dem Park der Wanderasketen.

    Wie sieht es aus mit Spazierengehen zum Zwecke der Gesunderhaltung, analog zum Essen, das ja auch nur zur Erhaltung der für die Bewältigung des achtfachen Pfades erforderlichen Kräfte zu sich genommen wird? Das wäre dann schon an der Grenze zum Sport:

    Als es Morgen war, zog sich da der Erhabene an, nahm seine Schale und äußere Robe und ging um Almosen nach Kapilavatthu hinein. Nachdem er in Kapilavatthu im Almosen umhergegangen war und nach seinem Mahl von seiner Almosenrunde zurückgekehrt war, ging er zum Großen Wald, um den Tag zu verbringen; und als er den Großen Wald betrat, setzte er sich am Fuß eines Bilva-Setzlings nieder, um den Tag zu verbringen.


    Auch Daṇḍapāṇi, der Sakyer, der zum Zwecke körperlicher Ertüchtigung umherging und wanderte, ging zum Großen Wald, und als er den Großen Wald betreten hatte, ging er zu dem Bilva-Setzling, bei dem der Erhabene sich aufhielt, und tauschte Grußformeln mit ihm aus. Nach diesen höflichen und freundlichen Worten, stand er zur Seite, lehnte sich auf seinen Stock und fragte den Erhabenen: "Was für eine Behauptung stellt der Mönch auf, was verkündet er?"

    Und tatsächlich gibt es auch Spaziergänge mit dem Ziel, sich Naturbegebenheiten anzusehen:

    Als es Abend war, erhob sich der ehrwürdige Ānanda von der Meditation und richtete sich folgendermaßen an die Bhikkhus: "Kommt, Freunde, laßt uns zum Devakaña Teich gehen, um die Höhle anzuschauen." - "Ja, Freund", erwiderten jene Bhikkhus. Dann ging der Ehrwürdige Ānanda zum Devakaña Teich, zusammen mit einer Anzahl von Bhikkhus.

    Hier halte ich die Frage durchaus für berechtigt, ob es sich dabei nicht um visuelle Sinnesvergnügen handelt, um derentwillen der Spaziergang unternommen wird. Und auch ohne gezieltes Aufsuchen kann das Erleben der Natur bewundernswerte Eindrücke bescheren:

    Also wird am Beispiel des Spaziergangs deutlich, worauf es ankommt:


    1. Ist die Motivation für die Aktivität das Befriedigen eines Verlangens nach sinnlichen Vergnügen?

    2. Falls nein und falls dennoch angenehme Sinneseindrücke bei der Aktivität entstehen: Wie wird mit Ihnen umgegangen?


    Zu Punkt 2 ist anzunehmen, dass zumindest die erfahrenen Bhikkhus wie folgt verfahren:

    "Und wie, Ānanda, ist einer ein Edler mit entfalteten Sinnen? Ānanda, wenn da ein Bhikkhu mit dem Auge eine Form sieht, entsteht in ihm Erfreuliches, es entsteht Unerfreuliches, es entsteht Erfreuliches-und-Unerfreuliches. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Nicht-Abstoßende im Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Nicht-Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Abstoßende im Nicht-Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Nicht-Abstoßende im Abstoßenden und Nicht-Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Nicht-Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Abstoßende im Nicht-Abstoßenden und Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich in Gleichmut verweilen, achtsam und wissensklar, indem ich sowohl das Abstoßende als auch das Nicht-Abstoßende vermeide', so verweilt er in Gleichmut gegenüber jenem, achtsam und wissensklar ."

    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Es gibt ja auch manche die glauben wenn der Buddha ein lächeln sehen läßt,

    es sei ein Ausdruck einer emotionalen Freude.

  • - Musizieren oder Musik hören

    Welchen anderen Zweck verfolgt Musizieren, als angenehme Gefühle beim Hören zu erzeugen, an denen man sich erfreuen kann?

    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, abhängig vom Ohr und Klängen entsteht Hörbewußtsein; das Zusammentreffen der drei ist Kontakt; durch den Kontakt bedingt ensteht das als angenehm, schmerzhaft oder weder-schmerzhaft-noch-angenehm Gefühlte. Wenn man von einem angenehmen Gefühl berührt wird, falls man sich dann daran ergötzt, es willkommen heißt und daran hängenbleibt, dann liegt die Neigung zur Begierde zugrunde. Wenn man von einem schmerzhaften Gefühl berührt wird, falls man dann bekümmert ist, trauert und klagt, weint, sich die Brust schlägt und zerrüttet wird, dann liegt die Neigung zur Abneigung zugrunde. Wenn man von einem weder-schmerzhaften-noch-angenehmen Gefühl berührt wird, falls man dann den Ursprung, das Verschwinden, die Befriedigung, die Gefahr und das Entkommen in Bezug auf jenes Gefühl nicht der Wirklichkeit entsprechend versteht, dann liegt die Neigung zur Unwissenheit zugrunde. Ihr Bhikkhus, daß man hier und jetzt Dukkha ein Ende bereiten wird, ohne die Neigung zur Begierde nach angenehmem Gefühl zu überwinden, ohne die Neigung zur Abneigung gegenüber schmerzhaftem Gefühl zu vernichten, ohne die Neigung zur Unwissenheit in Bezug auf weder-schmerzhaftes-noch-angenehmes Gefühl auszurotten, ohne Unwissenheit zu überwinden und wahres Wissen zu erwecken - dies ist unmöglich.

    Ganz klar ist Musizieren also ein willentliches Herbeiführen von Sinnesvergnügen. Und zu unterlassen, wenn man auf dem achtfachen Pfad voranschreiten möchte. Beispielsweise wenn man bei einem Spaziergang von Musik überrascht wird, dann sollte man versuchen, so zu verfahren:

    "Wiederum, Ānanda, wenn da ein Bhikkhu mit dem Ohr einen Klang hört, entsteht in ihm Erfreuliches, es entsteht Unerfreuliches, es entsteht Erfreuliches-und-Unerfreuliches. Er versteht: 'Es ist in mir Erfreuliches entstanden, es ist in mir Unerfreuliches entstanden, es ist in mir Erfreuliches-und-Unerfreuliches entstanden. Aber jenes ist gestaltet, grob, bedingt entstanden; dies hier ist friedvoll, dies ist erhaben, nämlich Gleichmut.' Das entstandene Erfreuliche, das entstandene Unerfreuliche und das entstandene Erfreuliche-und-Unerfreuliche hören in ihm auf, und Gleichmut ist in ihm gegenwärtig. So wie ein starker Mann mit den Fingern schnippen könnte, so hören in jeglicher Hinsicht das entstandene Erfreuliche, das entstandene Unerfreuliche und das entstandene Erfreuliche-und-Unerfreuliche in ihm auf, genauso geschwind, genauso schnell, genauso leicht, und Gleichmut ist in ihm gegenwärtig. Dies nennt man in der Disziplin des Edlen die höchste Entfaltung der Sinne in Bezug auf Klänge, die mit dem Ohr erfahrbar sind."

    Wenn man sich dann ausführlich der Jhana-Praxis widmet, wird es einem früher oder später so ergehen:

    "Wenn da ein Bhikkhu mit dem Ohr einen Klang hört, entsteht in ihm Erfreuliches, es entsteht Unerfreuliches, es entsteht Erfreuliches-und-Unerfreuliches; er fühlt sich von dem entstandenen Erfreulichen, dem entstandenen Unerfreulichen und dem entstandenen Erfreulichen-und-Unerfreulichen geplagt, beschämt und angewidert.

    Und wenn diese Phase überwunden ist, dann wird man Klängen so begenen können:

    "Wenn da ein Bhikkhu mit dem Ohr einen Klang hört, entsteht in ihm Erfreuliches, es entsteht Unerfreuliches, es entsteht Erfreuliches-und-Unerfreuliches. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Nicht-Abstoßende im Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Nicht-Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Abstoßende im Nicht-Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Nicht-Abstoßende im Abstoßenden und Nicht-Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Nicht-Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich verweilen, indem ich das Abstoßende im Nicht-Abstoßenden und Abstoßenden wahrnehme', so verweilt er, indem er das Abstoßende darin wahrnimmt. Falls er wünschen sollte, 'Möge ich in Gleichmut verweilen, achtsam und wissensklar, indem ich sowohl das Abstoßende als auch das Nicht-Abstoßende vermeide', so verweilt er in Gleichmut gegenüber jenem, achtsam und wissensklar."

    Aber man wird kein Verlangen danach haben, Klänge durch Musizieren produzieren zu wollen.


    Viele Grüße

    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot