Was sind eigentlich Karma und Wiedergeburt?

  • Raphy:

    Ich würde mich zwar nicht als Mahayanist bezeichnen, aber genau so ist es meiner Meinung nach. Weder sollte einem Vielfalt gefallen (im Sinne von Haben wollen, Gier), noch sollte man sie ablehnen.
    Sich der Vielfalt nicht zuzuwenden, muß ja nichts mit Ablehnung zu tun haben, sondern einfach mit Wahl. Irgendwohin wendet man sich eben. Ein Ja zu einer Sache ist ein Nein zu allen anderen Sachen in diesem Moment. Aber dieses Nein muß kein Ablehnen, Hass sein.


    Von Hass hatte ich, glaube ich auch überhaupt nichts geschrieben.
    Und Mitleid oder Mitgefühl lehnst du nicht ab oder?
    Trotzdem gehe ich doch davon aus, das du Mord und Totschlag ablehnst
    und hat das was mit Ablehnung zu tun oder nicht?
    Und da gibt es aber noch eine grundsätzlichere Sichtweise
    von der der Buddha sagt:

    Zitat

    Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die mörderische Körperlichkeit: 'Denn mörderisch ist die Körperlichkeit.' Er erkennt der Wirklichkeit gemäß das mörderische Gefühl - die mörderische Wahrnehmung - die mörderischen Gestaltungen - das mörderische Bewusstsein: 'Mörderisch sind sie.'

    (S 22, 85)
    Das ist natürlich meistens nichts für Laien.

    • Offizieller Beitrag
    Moosgarten:

    Nur wird dem Buddha nachgesagt, dass dieser einen direkten Weg aufgezeigt hätte und ganz ohne "Panzer & Anwalt". Nennt man "Satipatthana".


    In meiner Metapher ging es hauptsächlich um die "Motivation". Wenn jemand eine tiefen Antriebe hat, Befreiung zu suchen, dann steht ja einem direkten Weg nichts entgegen. Eine "Sorge um Widergeburt" ist dann als Antrieb vollkommen überflüssig. Was aber, wenn dieses Bedingung nicht erfüllt ist? Dann kan ja die "Sorge um Widergeburt" als eine mächtige Antriebsfeder wirken, um einen in Bewegung zu setzten. Weil der direkte Weg noch nicht offensteht nimmt einen Umweg, um dann später in die richtige Richtung zu schwenken.


    So wie es ein Lehrer, der daran verzweifelt bei seine Schüler über Einsicht und originäres Interesse anzukommen, es mit Belohnungen, Drohungen und Sekundärmotivationen versucht. Statt auf Mündigkeit setzt er auf gröbere Mittel. Und vielleicht funktioniert das ja und sie finden dann später zu einer Haltung, wo es ihnen um die Sache selbst geht.


    Auch Hakuin begann sich erst für den Buddhismus zu interessieren, als er durch einen Nichiren Prediger Angst vor der Wiedergeburt in einer Hölle bekommen hatte. Vielleicht wäre er ohne diese Motivation nicht zum Zen gekommen?


    Natürlich können diese Sekundärmotivationen auch schlimme Nebenwirkungen mit sich. Wenn man statt auf Mündigkeit und Einsicht zu setzten, auf Angst setzt (Handle heilsam, sonst holt dich der Teufel) bewegt man sich ja in einen Bereich der schwarzen Pädagogik hineien. Was aber nicht bedeutet, dass es als Startmotivation - wie bei Hakuin - nicht wirksam sein kann.

  • Sunu:


    Zu Zeiten Buddhas werden viele zunächst seiner Lehre gefolgt sein, in der Hoffnung auf eine bessere Wiedergeburt. Diese Menschen glaubten aber an eine Wiedergeburt in einem persönlichen Sinne.
    Die Lehre tastet die Wiedergeburt an sich nicht an...und das tue ich ja auch nicht..Aus Leben entsteht schließlich Leben.... allerdings zeigt die Lehre auf, dass etwas persönliches nicht aufzufinden ist.
    Mit dem voranschreiten des Bewusstseins, dass diese Erkentniss nun richtig ist...löst sich das Anhaften... Das Begehren nach sein....so wie auch das Begehren nach nicht sein... Die ursprüngliche Motivation, das eigene Selbst ( was ja nicht aufzufinden ist) in ein besseres nächstes Leben zu retten wird ad absurdum geführt..das Begehren nach dem sein....weicht dem Mitgefühl.
    Das Nichtanhängen, ist natürlich deutlich leichter gesagt als getan. Es braucht u.a. viel Achtsamkeit, damit überhaupt erkannt werden kann, wo das Anhängen steckt. Aber Bewusst ein Anhängen aufrechterhalten um es dann irgendwann mal loslassen zu können...mhhh...ich kann mir nicht vorstellen, dass das im Sinne der Lehre ist. Die Praxis der Prokrastination ist mir zumindest nicht aus der Lehre bekannt.


    Das finde ich jetzt interessant, dass man das so auch sehen kann. Mein Zugang ist da etwas anders und mir scheint die Menschen die an Wiedergeburt zu Buddhas Zeiten geglaubt haben und die heute noch daran glauben sehen das auch anders. Nämlich geht es eigentlich nicht darum ein Selbst in ein besseres Leben zu retten - in Indien wird das Samsara immer als ein Übel empfunden aus dem es sich zu befreien gilt. Das ewig gleich bleibende Selbst des Vedanta ist dabei nicht etwas, das in ein nächstes Leben gerettet werden könnte, denn es ist jenseits von Geburt und Tod. Im nächsten Leben gibt es daher nur ein Ich in neuer Form. Demnach wird man wieder geboren wenn dieses Selbst nicht verwirklicht ist weil eben noch Anhaftung an Körperlich/Geistiges besteht, an einem Dasein mit Sinnesfreuden. Diesbezüglich ist also kein wesentlicher Unterschied zwischen Vedanta- und Buddhalehre.
    Die Menschen wissen dass sie noch angehaftet sind und wollen daher das nächste Leben möglichst angenehm verbringen und außerdem die Aussicht haben dereinst vom Samsara befreit zu werden. So entwickeln sie schon mal Sittlichkeit, ein wenig Sammlung und Weisheit, dann geht es ihnen erstens besser im nächsten Leben und zweitens haben sie dann schon eine bessere Ausgangslage zur weiteren Entwicklung.


    Es geht also nicht darum bewusst ein Anhängen aufrecht zu erhalten um es dann irgendwann loslassen zu können, sondern darum das Anhängen schrittweise aufzugeben. Man ist sich darüber im Klaren dass das Aufgeben schwierig ist und kaum in einem Leben geschafft werden kann. Wer es geschafft hat oder damit in diesem Leben schon sehr weit gekommen ist gilt als seltener Heiliger, ob er nun zu einem "wahren Selbst" bzw. Brahman gelangt ist wie im Hinduismus oder zum Nibbana wie im Buddhismus.

  • void:

    Auch Hakuin begann sich erst für den Buddhismus zu interessieren, als er durch einen Nichiren Prediger Angst vor der Wiedergeburt in einer Hölle bekommen hatte. Vielleicht wäre er ohne diese Motivation nicht zum Zen gekommen?


    Ich weiss nicht, was da bei Hakuin ne Rolle gespielt hat. Aber nach meinen unmaßgeblichen persönlichen Erfahrungen hängen die da fest, ohne dass überwiegend Aussicht auf Besserung bestehen würde, auch die Fortschritte auf dem Gebiet der Sila sind zu meinem großen Erstaunen meistens nur sehr oberflächlich.
    Und nahezu in jedem mir bekannten Fall hat das mit einem tief verwurzelten (aber natürlich verneinten) Ego-Glauben + magischer Denke zu tun - leider zusätzlich unterstützt durch deren sog. "Lehrer".

  • Mein Ausgangspunkt um Wiedergeburt begann mit etwas 20 Jahren. Da sagte irgendjemand was mit wieder geboren werden und meine Antwort hat mich stark geprägt: Ich werde nicht wieder geboren! und Ende der Meldung.
    Immer wenn das Thema wieder aufkommt versuche ich diese Antwort zu verstehen, versucht meine Vorstellung Das zu überzeugen das diesen Satz gesagt hat. Intensive Beschäftigung mit dem Thema löst bei mir Niedergeschlagenheit aus wenn ich in Richtung: "Es gibt Wiedergeburt." gehe. Wenn ich den Satz von so alter Zeit wieder verwende geht es mir wieder Gut und ich erkenne meine Vorstellungen. Heute ist das ganz einfach, das Leben geht weiter nur eben ohne mich. Aber absolut freudig finde ich das ich überhaupt erkennen kann das das Leben weiter geht auch ohne mich.


    Das erste Licht das ich erwähnte ist für mich das Tor (Torloses Tor?) mein Leben nicht mehr mein Leben sein zu lassen. Denn wenn ich im Sterben an meinem Leben hängen bleibe wird es mit Sicherheit ein qualvolles Leiden, sei es körperlich oder geistig.


    Alles was ich von Buddha gelesen hab, wenn es um dieses Thema geht, hat immer das Ergebnis, Schweigen oder Leben ist Leben doch es gibt kein mein Leben. Kein, meine Wiedergeburt, Kein, mein Tod, aber mein Sterben.

  • mukti:


    Das finde ich jetzt interessant, dass man das so auch sehen kann. Mein Zugang ist da etwas anders und mir scheint die Menschen die an Wiedergeburt zu Buddhas Zeiten geglaubt haben und die heute noch daran glauben sehen das auch anders. Nämlich geht es eigentlich nicht darum ein Selbst in ein besseres Leben zu retten - in Indien wird das Samsara immer als ein Übel empfunden aus dem es sich zu befreien gilt. Das ewig gleich bleibende Selbst des Vedanta ist dabei nicht etwas, das in ein nächstes Leben gerettet werden könnte, denn es ist jenseits von Geburt und Tod. Im nächsten Leben gibt es daher nur ein Ich in neuer Form. Demnach wird man wieder geboren wenn dieses Selbst nicht verwirklicht ist weil eben noch Anhaftung an Körperlich/Geistiges besteht, an einem Dasein mit Sinnesfreuden. Diesbezüglich ist also kein wesentlicher Unterschied zwischen Vedanta- und Buddhalehre.


    Ich sehe da schon einen ganz ausschlagebenden Unterschied.Der besteht darin, dass im Buddhismus gelehrt wird, dass gar kein Selbst aufgefunden werden kann...alles was dinglich wahrgenommen werden kann, ist bedingt entstanden...darum gibt es da kein Selbst...kein Eigensein als Grundannahme. Sonst gäbe es doch gar keinen Unterschied...dann wäre die Lehre Buddhas völlig überflüssig gewesen. Wiedergeburt hingegen kann man wahrnehmen...ohne daran glauben zu müssen....Leben ensteht aus Leben....


    mukti:


    Die Menschen wissen dass sie noch angehaftet sind und wollen daher das nächste Leben möglichst angenehm verbringen und außerdem die Aussicht haben dereinst vom Samsara befreit zu werden. So entwickeln sie schon mal Sittlichkeit, ein wenig Sammlung und Weisheit, dann geht es ihnen erstens besser im nächsten Leben und zweitens haben sie dann schon eine bessere Ausgangslage zur weiteren Entwicklung.


    Es geht also nicht darum bewusst ein Anhängen aufrecht zu erhalten um es dann irgendwann loslassen zu können, sondern darum das Anhängen schrittweise aufzugeben. Man ist sich darüber im Klaren dass das Aufgeben schwierig ist und kaum in einem Leben geschafft werden kann. Wer es geschafft hat oder damit in diesem Leben schon sehr weit gekommen ist gilt als seltener Heiliger, ob er nun zu einem "wahren Selbst" bzw. Brahman gelangt ist wie im Hinduismus oder zum Nibbana wie im Buddhismus.


    Die Anfangsmotivation ist doch erstmal egal ...
    aber von vornherein wird deutlich gemacht, dass sich die Lehre eben nicht um ein Selbst dreht...Dieses wissen besteht natürlich erstmal nur aus leeren Worten...d.h. diese Wahrheit muss erstmal verinnerlicht werden...muss geprüft werden, bis man zur rechten Einsicht gelangt... Wenn man bei der Angst vor der Hölle als Motivation stehen bleibt, kommt man nicht weiter. Wann immer man so einer Angst verfällt, liegt es daran, dass da die Existenz eines Selbst angenommen wird...und dem sollte man auf die Spur kommen...sich darum bemühen, diesen leidvollen glauben zu wiederlegen, wenn er einem begegnet.

  • Sunu:


    Ich sehe da schon einen ganz ausschlagebenden Unterschied.Der besteht darin, dass im Buddhismus gelehrt wird, dass gar kein Selbst aufgefunden werden kann...alles was dinglich wahrgenommen werden kann, ist bedingt entstanden...darum gibt es da kein Selbst...kein Eigensein als Grundannahme. Sonst gäbe es doch gar keinen Unterschied...dann wäre die Lehre Buddhas völlig überflüssig gewesen. Wiedergeburt hingegen kann man wahrnehmen...ohne daran glauben zu müssen....Leben ensteht aus Leben....


    Der Unterschied Brahman/Nibbana ist so subtil, dass wir ihn nur in einem theoretischen Konzept erfassen können, in grober Unterscheidung zwischen wahr und falsch. Auf der falschen Seite steht dann alles was noch irgendwie nach Dasein aussieht. Brahman besteht jedenfalls nach der Loslösung von jeglicher körperlicher Identifikation inclusive dem Durschauen jeglicher Sinnesfreuden als leidbringende Fessel.
    Der Buddha oder ein Arahant mag dann weiter darüber urteilen können worum es sich bei diesem Begriff in Wirklichkeit handelt. Andernfalls ist es nur ein anderes Konzept das nach der Buddhalehre noch nicht ganz Nibbana ist.



    Sunu:


    Die Anfangsmotivation ist doch erstmal egal ...
    aber von vornherein wird deutlich gemacht, dass sich die Lehre eben nicht um ein Selbst dreht...Dieses wissen besteht natürlich erstmal nur aus leeren Worten...d.h. diese Wahrheit muss erstmal verinnerlicht werden...muss geprüft werden, bis man zur rechten Einsicht gelangt... Wenn man bei der Angst vor der Hölle als Motivation stehen bleibt, kommt man nicht weiter. Wann immer man so einer Angst verfällt, liegt es daran, dass da die Existenz eines Selbst angenommen wird...und dem sollte man auf die Spur kommen...sich darum bemühen, diesen leidvollen glauben zu wiederlegen, wenn er einem begegnet.


    Die Angst vor der Hölle oder das Streben nach weniger leidvoller Wiedergeburt ist erstmal im Vedanta und im Buddhismus gleich. Kamma-Vipaka, weil man nicht leiden will vermeidet man erstmal schlechtes Kamma zu machen, bis zu der Entwicklung wo man gar kein Kamma mehr macht.


    Es ist nicht das Brahman-Selbst das den Unterschied ausmacht, das ist frei von Himmel und Hölle und jeglicher Geburt, genau wie Nibbana. Die Illusion eines Ich macht die Erfahrung und die Wanderung im Samsara aus. Der Unterschied ist nur dass Nibbana oder die Befreiung im Buddhismus im Allgemeinen nicht näher definiert wird, während es im Vedanta verschiedene Definitionen und Konzepte dazu gibt, obwohl gleichzeitig eingeräumt wird, dass es unvorstellbar ist. Obwohl es im PK auch Bezeichnungen gibt wie "die Stätte höchsten Friedens" und dergleichen, hat der Buddha positive Konzepte weitgehend verworfen, weil es eben wieder zu hinderlichen Vorstellungen führen kann.

  • accinca:
    Tychiades:

    Du weisst aber, dass du das nur von einem anderen selbst gehört haben kannst, der dir das selbst gesagt hat.


    Man kann sich aber auch einen Mühlstein um den Hals
    hängen und deswegen den Sinn verpassen.


    Wie du nur auf solche Gedanken kommst?


    Zitat


    Das nicht jeder den Sinn einer Rede ganz wie ein anderer versteht, wurde
    auch gar nicht bezweifelt.


    Es geht nicht um "jeder" sondern um dich hier und du bezweifelst ja so allerlei, was andere anbetrifft. Vermutlich sind Selbstzweifel hier für dich unbekannt. Du solltest mal Stille Post spielen.


    Zitat


    Es fällt vielen heute sicher nicht einfach sich in die Gegebenheiten einer alte Kultur ohne Smartphone zurück zu versetzen. :)


    Lustig. Das hat mit phone nichts zu tun, aber mit smart. Und die wenigsten sind so smart, dass sie erkennen, dass es nicht so einfach funktioniert, andere Kulturen, alte von vor 2500 Jahren verstehen zu wollen, weil wir eben darüber nur spekulieren können. Allerdings sollte man dann auf keinen Fall sein Weltbild mit dem Weltbild zur Zeit Buddhas vergleichen. Man sollte auch erkennen, sofern man Selbstreflektion hat, dass man ein Weltbild aus Buddhas Zeit nicht auf sein heutiges Weltbild überstülpen kann oder auswechseln kannMan trägt den Steinbruch an Weltbild und seine Aversionen bezüglich bestimmter Steine immer mit sich herum.
    Ist eben Karma und Wiedergeburt ....


  • Buddha hat sich vergeblich damit abgemüht ein Atman zu finden...bis er sich von dieser Vorstellung des Atman gelöst hat. Er Lehrte dann Anatman...das ist schon ein drastischer Unterschied zu der damaligen Brahmanenlehre. Dort galt es das Atman aufzuspüren, um schließlich ins Brahman einzugehen..
    Ob da nun ein Unterschied besteht zw. Nirvana und Brahman...dass könnte letztendlich nur jemand sagen, der beides erfahren hat....
    Zw. den beiden Lehren...vom Atman und vom Anatman...besteht jedenfalls für mich, ein sehr deutlich, ersichtlicher Unterschied.

  • Hallo lieber accinca.


    Danke für deine Zeilen. Ich antworte jetzt erst, weil es mal wieder Zeit war eine Pause von der Vielheit des Internet einzulegen.


    Beitrag von accinca am 23.11.2017, 07:20:


    accinca:
    Raphy:

    Ich würde mich zwar nicht als Mahayanist bezeichnen, aber genau so ist es meiner Meinung nach. Weder sollte einem Vielfalt gefallen (im Sinne von Haben wollen, Gier), noch sollte man sie ablehnen.
    Sich der Vielfalt nicht zuzuwenden, muß ja nichts mit Ablehnung zu tun haben, sondern einfach mit Wahl. Irgendwohin wendet man sich eben. Ein Ja zu einer Sache ist ein Nein zu allen anderen Sachen in diesem Moment. Aber dieses Nein muß kein Ablehnen, Hass sein.


    Von Hass hatte ich, glaube ich auch überhaupt nichts geschrieben.


    Ja das stimmt. Du hattest von ablehnen geschrieben. Und nach meiner Einschätzung bezweifelt dass Vielfalt einem weder gefallen noch abgelehnt werden sollte. Nun ist aber in meinem Verständis der Lehre "ablehnen" eine feinere Form von grobem Hass. Für mich ist jegliches "Haben wollen" subtile Gier und jegliches "Nicht-Haben wollen" subtiler Hass. Oder umgekehrt: Gier ist eine grobe Form von "Haben wollen" für mich und Hass eine grobe Form von "Nicht-Haben wollen".


    Soweit zur Einordnung der Begriffe die ich verwende.
    Es geht mir nicht darum dir Hass zu unterstellen. Also können wir gerne bei deinem Wort "ablehnen" bleiben. Was für mich aber eine der 3 unheilsamen Wurzeln (lobha, dosa, moha) repräsentiert. Und diese sollten meiner Meinung nach nicht kultiviert werden.


    Wenn also in den Sutten von Begehren (Tanha) die Rede ist, bedeutet das für mich immer Haben wollen und Nicht-Haben wollen. Also das Begehren etwas haben zu wollen aber genauso das Begehren etwas loswerden, weg-haben, nicht-haben zu wollen. Was sich dann in gröberen Ausformungen als Gier, Begierde oder Hass, Ablehnung zeigen kann.


    Wenn in den 4 edlen Wahrheiten von Begehren (Tanha) als Ursache von Dukkha (Leid, Unbefriedigtheit) die Rede ist, ist für mich immer die Rede von Haben wollen und Nicht-Haben wollen. Also das Begehren Sinnesgenuß (Sinnlichkeit) Haben zu wollen und das Begehren Sinnesgenuß (Sinnlichkeit) Nicht-Haben zu wollen, das Begehren Dasein Haben zu wollen und das Begehren Dasein Nicht-Haben zu wollen, das Begehren Nicht-Dasein Haben zu wollen und das Begehren Nicht-Dasein Nicht-Haben zu wollen, sind die Ursache von Dukkha (Leid, Unbefriedigtheit).


    Und das ist gemäß der 3. edlen Wahrheit zu überwinden:



    Quelle: http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m009z.html


    Was dann durch den edlen achtfachen Pfad erreicht werden kann, laut der 4. edlen Wahrheit.


    accinca:


    Und Mitleid oder Mitgefühl lehnst du nicht ab oder?


    Ja genau Mitleid oder Mitgefühl lehne ich nicht ab, da ich mich ja darin übe weder abzulehnen (Nicht-Haben wollen) noch Haben zu wollen.


    Mitleid oder Mitgefühl sind ja sogar Gegenmittel gegen Grausamkeit laut MN 62. Sie sollten also bei Bedarf kultiviert werden.


    Aber dieses kultivieren sollte möglichst nicht durch haben wollen motiviert sein, sondern durch weises Betrachten, um dann eine weise Wahl zu treffen und Mitleid oder Mitgefühl zu kultivieren.


    Natürlich ist klar, dass jeder der noch nicht vollständig erwacht ist, von Haben wollen und Nicht-Haben wollen beinflußt ist bzw. dadurch bedingt ist. Es wird also trotzdem natürlich trotz weisem Erwägen auch immer ein Haben wollen mit dabei sein oder ein Nicht-Haben wollen. Was aber nichts daran ändert, dass Begehren etwas Haben zu wollen und Begehren etwas Nicht-Haben zu wollen, letztendlich überwunden werden sollten.


    accinca:


    Trotzdem gehe ich doch davon aus, das du Mord und Totschlag ablehnst
    und hat das was mit Ablehnung zu tun oder nicht?


    Mord und Totschlag sollte man nicht ausüben, wenn man ein angenehmes, friedvolles Leben führen will oder wenn man auch nur einen kleinen Schritt Richtung Befreiung vom Leid gehen will. Wenn man es doch ausübt, sind keine guten Folgen zu erwarten. Für einen selbst nicht, aber auch für den anderen ist so eine Art Tod sicher nicht schön.


    Mord und Totschlag wird als Fährte in die niederen Daseinsbereiche beschrieben, also Tierreich, Gespensterreich, Hölle und was es sonst noch gibt an Leidensfährten.


    Umgangssprachlich würde ich also sagen ich lehne Mord und Totschlag ab, um deutlich zu machen, dass es nicht ratsam ist das zu betreiben und weil es Leid vermehrt statt vermindert. Für beide Seiten.


    Trotzdem kann es Mord und Totschlag nur geben in einem Geist der von Begehren beherrscht wird, also von Haben wollen und Nicht-Haben wollen. Also auch in einem Geist der von Ablehnung beherrscht wird.
    Ohne Ablehnung kann es kein Mord und Totschlag geben. Aber mit Ablehnung ist zumindest immer das Potential da, dass sich Mord und Totschlag zeigt.


    Deswegen ist jegliche Ablehnung zu überwinden.


    Also bitte nicht ausüben. Aber das wird ja auch unmissverständlich deutlich in der überlieferten Buddhalehre, die für mich eine der gewaltfreiesten Lehren ist die ich kenne. Deswegen versuche ich ihr ja auch zu folgen, weil sie so gut ist.


    Was aber vielleicht sein kann ist, dass es eine große Anstrengung ist für manche Menschen sich von Mord und Totschlag fern zu halten. Diesen gegenüber ist dann sehr eindringlich darzulegen warum man das nicht ausüben sollte.


    Und klar ist auch, dass wenn man sich gegen Mord und Totschlag entscheidet immer auch Ablehnung von Mord und Totschlag dabei ist, mehr oder weniger subtil, es sei denn man ist ein Arahant und hat Ablehnung bis in die subtilste Wurzel überwunden.


    Aber dieser ist dann garnicht mehr fähig, laut Überlieferung, Mord und Totschlag auszuüben. Was ja Sinn macht.


    Von daher ist Ablehnung fast zwangsläufig immer mit dabei. Trotzdem sollte versucht werden Ablehnung auf jedem Gebiet zu überwinden, wenn man Arahant werden will.


    Ich selbst muß auch noch viel üben.


    Man könnte auch sagen die Ablehnung von Mord und Totschlag ist ein Zeichen, dass Ablehnung langsam weniger wird in einem selbst. Und das ist gut.


    Ich hoffe ich habe mich jetzt deutlich genug gegen Mord und Totschlag ausgesprochen.


    accinca:


    Und da gibt es aber noch eine grundsätzlichere Sichtweise
    von der der Buddha sagt:

    Zitat

    Er erkennt der Wirklichkeit gemäß die mörderische Körperlichkeit: 'Denn mörderisch ist die Körperlichkeit.' Er erkennt der Wirklichkeit gemäß das mörderische Gefühl - die mörderische Wahrnehmung - die mörderischen Gestaltungen - das mörderische Bewusstsein: 'Mörderisch sind sie.'

    (S 22, 85)
    Das ist natürlich meistens nichts für Laien.


    Ja diese Formulierung ist für mich ein Gegenmittel gegen Haben wollen von Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen und Bewusstsein.
    Das heißt aber nicht dass man jetzt Nicht-Haben wollen von diesen Dingen praktizieren sollte. Man sollte sie weder Haben wollen noch Nicht-Haben wollen. Erst dann haftet man nicht an ihnen und ist von ihnen befreit.


    Die grundsätzlichere Sichtweise wären für mich die 4 edlen Wahrheiten, wo für mich deutlich wird dass weder Haben wollen noch Nicht-Haben wollen kultiviert werden sollten, sondern im Gegenteil das Begehren etwas haben zu wollen und das Begehren etwas nicht haben zu wollen, sollten überwunden werden.


    Wenn man die Jhanas (Vertiefungen) kennt, dann macht das auch Sinn, weil man da sieht, dass jede kleine Regung zu etwas hin oder von etwas weg, dazu führt dass das Jhana verblasst bzw. man daraus auftaucht, wenn man diesen Regungen nach geht.


    Jedenfalls bezogen auf das was ich als Jhana oder zumindest Richtung Jhana bezeichnen würde.


    Und das sich abwenden von den Sinnen hat nicht zwangsläufig etwas damit zu tun, dass man die Sinne ablehnt, sondern dass man sich dafür entscheidet sich von den Sinnen abzuwenden. Das geht am Besten mit möglichst wenig Haben wollen und Nicht-Haben wollen.


    Aber alles nur (m)eine Meinung. Ich kann mich auch irren.


    Danke für deine Mühe accinca. :)


    Liebe Grüße

  • Oder nocheinmal anders formuliert.


    Ich unterscheide in Ist-Zustand und Soll-Zustand.


    Der Ist-Zustand ist Haben wollen und Nicht-Haben wollen.


    Der Soll-Zustand, also das angestrebte Ziel, ist die Aufhebung, Überwindung von Haben wollen und Nicht-Haben wollen.


    Es wird also immer mehr oder weniger mit dem Ist-Zustand gearbeitet um den Soll-Zustand zu erreichen.


    Man benutzt Haben wollen und Nicht-Haben wollen um Haben wollen und Nicht-Haben wollen zu überwinden. So wie man mit einem Dorn einen anderen Dorn aus dem Fuß entfernen kann.


    Am Ende muß man aber Haben wollen und Nicht-Haben wollen ganz überwinden, so wie man den Dorn mit dem man den Dorn aus dem Fuß entfernte, auch loslassen muß, ihn wegwerfen muß, wenn man vollkommen dornfrei sein will.


    Liebe Grüße

  • Raphy:

    Nun ist aber in meinem Verständis der Lehre "ablehnen" eine feinere Form von grobem Hass. Für mich ist jegliches "Haben wollen" subtile Gier und jegliches "Nicht-Haben wollen" subtiler Hass. Oder umgekehrt: Gier ist eine grobe Form von "Haben wollen" für mich und Hass eine grobe Form von "Nicht-Haben wollen"..........


    Da hast du aber eine große Menge geschrieben und dir viel Mühe gemacht.
    Ich habe verstanden das du "Hass" bzw. "Nicht-Haben wollen"
    unheimlich stark nicht haben willst bzw. hassen tust.
    Ich verstehe die Lehre da etwas praktischer und halte
    nichts davon wie ein Heiliger zu tun, wenn man keiner ist.
    Also, das rechte erstreben das unrechte vermeiden, nicht
    haben Wollen, ist der Weg.


    A 8 12

  • accinca:
    Raphy:

    Nun ist aber in meinem Verständis der Lehre "ablehnen" eine feinere Form von grobem Hass. Für mich ist jegliches "Haben wollen" subtile Gier und jegliches "Nicht-Haben wollen" subtiler Hass. Oder umgekehrt: Gier ist eine grobe Form von "Haben wollen" für mich und Hass eine grobe Form von "Nicht-Haben wollen"..........


    Da hast du aber eine große Menge geschrieben und dir viel Mühe gemacht.


    Kein Problem. Aber danke für die Anerkennung dessen.


    accinca:


    Ich habe verstanden das du "Hass" bzw. "Nicht-Haben wollen"
    unheimlich stark nicht haben willst bzw. hassen tust.


    Dann hast du mich in dem Punkt leider mißverstanden. Ist aber auch nicht leicht zu verstehen. Alles gut.


    Man sollte "Hass" oder "Nicht-Haben wollen" weder Haben wollen noch Nicht-Haben wollen.


    accinca:


    Ich verstehe die Lehre da etwas praktischer und halte
    nichts davon wie ein Heiliger zu tun, wenn man keiner ist.


    Ja du hast da sicher eine andere Herangehensweise als ich. Ich finde meinen Weg unglaublich praktisch. Und ich finde es schon nicht schlecht, wenn sich jemand bemüht sich so heilig wie möglich zu verhalten. Dazu gehört dann natürlich auch sich seine Scheinheiligkeit einzugestehen.


    accinca:


    Also, das rechte erstreben das unrechte vermeiden, nicht
    haben Wollen, ist der Weg.


    Ja das stimmt natürlich auch. Der edle achtfache Pfad und die Sutten gelten natürlich. Sie sollten aber in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Und da gibt es Verneinende Aspekte und Bejahende Aspekte. In deiner weiter unten zitierten Sutta ist der Buddha eben nicht nur ein Quäler und Verneiner sondern auch ein Tröster.


    Die Lehre des Buddha scheint mir sehr ausgeglichen.


    Zitat


    -"In einer Hinsicht, Sīha, kann man von mir allerdings mit Recht behaupten, daß ich die Untätigkeit lehre; in einer anderen Hinsicht aber, daß ich die Tätigkeit lehre. In einer Hinsicht, Sīha, kann man mich allerdings mit Recht als einen Lehrer der Vernichtung bezeichnen, als einen Verächter, einen Verneiner, einen Quäler, einen Ausgestoßenen. In einer anderen Hinsicht aber, Sīha, kann man von mir mit Recht behaupten, daß ich ein Tröster bin, der zur Tröstung die Lehre verkündet und in diesem Sinne meine Jünger erziehe.


    A 8 12


    Quelle: http://www.palikanon.com/angutt/a08_011-020.html#a_viii12


    Zitat


    Ich bringe, o Sīha, den höchsten Trost; zur Tröstung verkünde ich meine Lehre, und in diesem Sinne erziehe ich meine Jünger. In dieser Hinsicht, Sīha, kann man von mir mit Recht sagen: 'Ein Tröster ist der Asket Gotama; zur Tröstung verkündet er seine Lehre, und in diesem Sinne erzieht er seine Jünger.'"


    A 8 12


    Quelle: http://www.palikanon.com/angutt/a08_011-020.html#a_viii12


    Letztendlich sind es alles nur Hilfsmittel um Befreiung zu erreichen. Am Ende muß auch das Floß zurückgelassen werden.



    Liebe Grüße

  • accinca:

    ...


    Also, das rechte erstreben das unrechte vermeiden, nicht
    haben Wollen, ist der Weg.


    ...


    Hallo lieber accinca.


    Genau. Und dieser Weg soll zum Ende von Haben wollen und Nicht-Haben wollen führen. Meinem Verständnis nach. Neben der grundlegenden Unwissenheit/Verblendung aus der das Begehren etwas haben zu wollen und das Begehren etwas Nicht-Haben zu wollen, entspringen soll.


    Liebe Grüße

  • Es geht doch gar nicht um haben wollen und nicht haben wollen, denn das würde ja das eigene Leben gefährden. Ich will das Leben haben, nicht haben. Es geht darum das ich das was ich habe und nicht habe besitzen will es zu meinem Besitz machen, zu mir gehörend nicht gehörend machen. Dabei spielen Gier Hass und Glaubenwollen ihre Rolle als Ich das sich über das haben wollen und nicht haben wollen erhebt und besitzen will oder nicht besitzen will. Von diesem Standpunkt aus ist Wiedergeburt ein vollkommenes Egoding voller Gier, Hass, Glauben wollen.

  • Raphy:

    Genau. Und dieser Weg soll zum Ende von Haben wollen und Nicht-Haben wollen führen.


    "Zum Ende" brauch der Nachfolger ja auch nicht mehr üben.
    Er hat ja alles erreicht was sich man mit Übung erreichen läßt.
    So lange das aber nicht so ist, kommt es auf das rechte
    Tun und Lassen an und damit auf das rechte haben wollen
    und nicht haben wollen an. Der Buddha sagt:

    Zitat

    Was ist nun, ihr Mönche, rechtes Kämpfen?
    Da weckt, ihr Mönche, der Mönch seinen Willen, dass er unaufgestiegene üble, unheilsame Dinge nicht aufsteigen lasse, er müht sich darum, mutig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit.
    Er weckt seinen Willen, daß er aufgestiegene üble, unheilsame Dinge vertreibe, er müht sich darum, mutig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit.
    Er weckt seinen Willen, daß er unaufgestiegene heilsame Dinge aufsteigen lasse, er müht sich darum, mutig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit.
    Er weckt seinen Willen, daß er aufgestiegene heilsame Dinge sich festigen, nicht lockern, weiterentwickeln, erschließen, entfalten, erfüllen lasse, er müht sich darum, mutig bestrebt, rüstet das Herz, macht es kampfbereit:
    das nennt man, ihr Mönche, rechts Kämpfen.

    D 22

  • Hallo lieber Ellviral.



    Ich würde schon sagen, dass es darum geht. Aber du kannst das natürlich gerne anders sehen. :)


    Ob es das eigene Leben gefährdet, wenn man es auf die richtige Art versteht und anpackt, weiß ich nicht. Man darf diese meine Aussage nicht ungetrennt vom edlen achtfachen Pfad, den Suttas, der Lehre und der eigenen Erfahrung sehen.


    Die Aussage, dass es um das Aufheben/Überwinden von Haben wollen und Nicht-Haben wollen geht, ist nur ein Teil des edlen achtfachen Pfades, ein Aspekt.


    Es geht nicht darum wie ein Lemming den nächsten Abhang herunterzustürzen oder sich aus Unachtsamkeit vom nächsten Auto überfahren zu lassen.


    Schon allein um rechte/richtige Achtsamkeit zu trainieren sollte man das nicht tun.


    Man darf auch nicht vergessen, dass erst der Arahant, also der vollkommen Befreite, volkommen frei ist von Haben wollen und Nicht-Haben wollen. Das heißt vorher ist es ganz normal einen Überlebenstrieb zu haben.


    Ist auch die Frage ob es schlimm wäre für einen Arahant zu sterben, denn Dukkha (Leid, Unbefriedigtheit) hat dieser ja vollkommen überwunden. Er haftet weder an Leben und Tod und leidet nicht an Leben und Tod.


    Es kann vielleicht auch sein, dass ein Arahant am Leben bleibt und unnötig gefährliche Situationen meidet aus weisem Erwägen und Mitgefühl.
    Während beim gewöhnlichen Menschen Haben wollen, Nicht-Haben wollen und Verblendung die Triebfedern sind, ist es beim Arahant vielleicht innerer Frieden (Gierlosigkeit), Mitgefühl (Hasslosigkeit) und Weisheit (Unverblendung).


    Solange man noch nicht vollständig befreit ist, macht es sogar Sinn möglichst am Leben zu bleiben, damit man möglichst noch gut praktizieren kann, weil man ja nicht weiß wie die Umstände nach dem Tod dieses Körpers sein werden.


    Aber natürlich sollte dieses am Leben bleiben wollen, nicht durch Verletzung der Prinzipien des edlen achtfachen Pfades erfolgen oder der Prinzipien der Lehre. Sonst würde man ja Rückschritte auf dem Weg machen.


    Eine wichtige Sutta ist, finde ich, zum Beispiel MN2. Da kann man sich mal die unterschiedlichen Herangehensweisen anschauen. Da gibt es nämlich Sehen, Kontrolle, Gebrauch, Erdulden, Vermeiden, Entfernen und Entfalten als Prinzipien auf dem Weg.


    Und beim Vermeiden werden zum Beispiel unnötig gefährliche Umstände vermieden, die nicht wichtig sind zum Wachstum auf dem Pfad.


    http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m002z.html


    Ellviral:

    Ich will das Leben haben, nicht haben.


    Ist klar. Haben wollen und Nicht-Haben wollen sind aber leider die Ursachen von Dukkha und deswegen zu überwinden, laut den 4 edlen Wahrheiten, wie ich sie verstehe. Allerdings nur wenn man Dukkha überwinden will. Wer das nicht will, muß sich nicht üben im Überwinden von Haben wollen und Nicht-Haben wollen. Oder er/sie versucht es mit einer anderen Lehre als der Buddhas. Ob diese anderen Lehren auch funktionieren weiß ich nicht, ich jedenfalls vertraue am Meisten der Buddhalehre bisher.


    Ellviral:


    Es geht darum das ich das was ich habe und nicht habe besitzen will es zu meinem Besitz machen, zu mir gehörend nicht gehörend machen.


    Na wenn du das siehst ist das meiner Meinung nach ja schon ein großer Schritt in die Richtung die ich meine. Besitzen wollen und Nicht Besitzen wollen sind für mich ähnlich wie Haben wollen und Nicht-Haben wollen. Die Bedeutungen unterscheiden sich aber schon etwas denke ich.


    In der Buddhalehre geht es dann, wenn man soweit ist, nicht nur um äußere materielle Dinge, sondern auch um die 5 Khandas die man ebenfalls weder besitzen noch nicht besitzen wollen sollte.


    die Körperlichkeitsgruppe (rūpa-kkhandha),
    die Gefühlsgruppe (vedanā-kkhandha),
    die Wahrnehmungsgruppe (saññā-kkhandha),
    die Gruppe der Geistesformationen (sankhāra-kkhandha)
    die Bewußtseinsgruppe (viññāna-kkhandha)


    Wenn du das auch als Weg siehst, sind wir vermutlich nicht so weit auseinander.


    Aber ich will dir nichts unterstellen, was du vielleicht ganz anders meinst.


    Ellviral:


    Dabei spielen Gier Hass und Glaubenwollen ihre Rolle als Ich das sich über das haben wollen und nicht haben wollen erhebt und besitzen will oder nicht besitzen will.
    Von diesem Standpunkt aus ist Wiedergeburt ein vollkommenen Egoding voller Gier, Hass, Glauben wollen.


    Sehe ich wohl auch so, falls ich dich richtig verstanden habe. Wie mir scheint, anhand des Geschriebenen, sind wir garnicht sooo weit auseinander.


    Und alles nur (m)eine Meinung und Einschätzung. Viele Dinge aus der Lehre habe ich nicht selbst erfahren und vieles ist vielleicht nur unausgegorene Spekulation was ich hier schreibe.


    Es ist nur mein derzeitiges Verständnis der Lehre.


    :)


    Liebe Grüße


  • Ok, da bin ich bei dir. Trotzdem ist es doch auch wichtig das Ziel die Überwindung von Haben wollen und Nicht-Haben wollen im Auge zu behalten. Anhand des Schwindens dieses Begehrens mißt man ja auch den Fortschritt.


    Das heißt die Ausrichtung des Geistes dieses Begehren zum Schwinden zu bringen ist doch auch wichtig.


    Jedenfalls nach meinen Überlegungen und begrenzten Erfahrungen. Das gibt dem ja erst die richtige Richtung.


    Und diese Richtung ist keine Richtung im herkömmlichen Sinn, weil weder Haben wollen noch Nicht-Haben wollen unvorstellbar ist, man muß es erfahren.


    Und wenn man es erfährt ist auch die Frage ob man es schon auf tiefster Ebene erfahren hat.


    Oder siehst du das anders?


    Liebe Grüße

  • Raphy:

    Ok, da bin ich bei dir. Trotzdem ist es doch auch wichtig das Ziel die Überwindung von Haben wollen und Nicht-Haben wollen im Auge zu behalten. Anhand des Schwindens dieses Begehrens mißt man ja auch den Fortschritt.


    Genau das tut man ja, wenn man heilsame Dinge entwickeln, haben will
    und unheilsame Dinge ablehnt. Das trifft sowohl im Außen als
    auch bei den inneren Dinge zu. Was aber die begehrlichen Dinge
    in der Welt anbelangt, da ist es gut nicht alle Dinge endlos
    haben und nicht haben zu wollen um sich auf die Entwicklung von
    heilsamen Dingen und Überwindung von unheilsamen Dingen zu konzentrieren.


  • Entwicklung von heilsamen Dingen und Überwindung von unheilsamen Dingen finde ich gut formuliert.
    Vermutlich weil das auch ohne oder mit wenig Haben wollen und Nicht-Haben wollen für mich denkbar ist. Der Buddha konnte sich ja auch noch in der Welt bewegen, nach der Überwindung von Haben wollen und Nicht-Haben wollen. Und hat dabei manche Dinge gemieden und manche nicht.


    Aber mit der Formulierung: heilsame Dinge haben zu wollen und unheilsame Dinge abzulehnen, bin ich nicht ganz glücklich.
    Ist aber egal. Wahrscheinlich nur eine Eigenart von mir.
    Wenn es dir hilft das so zu formulieren ist es ja gut.


    Vielleicht reflektiere ich auch für mich noch einmal darüber.


    Danke für deine Sichtweise.


    Liebe Grüße



  • Für mich ist es in der Auseinander-setzung sehr wichtig das da ein großer Unterschied ist zwischen "haben wollen/nicht haben wollen" und "besitzen wollen und nicht besitzen wollen". Da geht es darum das das besitzen wollen aus den falsch verstandenen "haben wollen" entsteht. Eine Verwechslung, ein Denkfehler. Es gibt Dinge die ich unbedingt haben muss und welche die nicht haben muss um zu leben, doch ich kann nichts besitzen oder nicht besitzen wollen weil es immer anhaften ist.


    "Haben wollen" ist ohne Verblendungen anhaften, doch "besitzen wollen" ist immer Anhaften durch Verblendung.


    Für mich ist ein Arahant erstmal ein Mensch ohne jeden Rang oder Persönlichkeit die als Darstellung seines Ich-sein in bestimmter Form auftritt.


    Da ist ein Mensch der jede Person sein kann, ohne das er glaubt diese Person zu sein, auch findet keine Identifikation mit dieser seiner Person statt. Er muss haben wollen und nicht haben wollen empfinden, sonst ist er kein Mensch mehr. Doch besitzen oder nicht besitzen ist vollkommen überwunden.


    Das Leid das durch die Khandha, solange sie nicht zerfallen sind, da ist, ist nicht zu überwinden. Da ist haben wollen und nicht haben wollen. Besitzen wollen und nicht besitzen wollen hat der Arahant vollkommen überwunden doch auch er wie jeder Buddha ist vollkommen den Gesetzen der Khandha unterworfen. Der befreite Mensch ist von allen Verblendungen, von Gier und Hass des besitzen Wollens und des nicht besitzen Wollens befreit. Doch ich habe bisher keine Möglichkeit erkannt dem haben wollen und dem nicht haben wollen zu Leibe zu rücken, außer durch die Willentliche Herzbeiführung des Zerfallen der Khandha. Noch Verblendeter, Gieriger und Hassender geht nicht.



    Da es nie ganz gleich gibt empfinde ich dein Schreiben meinem Sein sehr, sehr nahe! Extra Grüße von Helmut

  • Hallo lieber Ellviral.



    Na gut. Ja den Unterschied zwischen "haben wollen/nicht haben wollen" und "besitzen wollen und nicht besitzen wollen" sehe ich auch. Ich denke wird sind da unterschiedlicher Meinung bzw. habe ich das Gefühl ich gehe etwas weiter als du, wenn ich sage ich will nicht nur "besitzen wollen und nicht besitzen wollen" überwinden, sondern auch "haben wollen und nicht haben wollen". Obwohl die Richtung trotzdem wohl eine Ähnliche ist.


    Das heißt nicht, dass du es auch so sehen mußt.


    Könnte ja auch sein, dass ich mich irre.


    Ich könnte mir auch vorstellen, dass wir beide die Worte "Haben wollen" und "Nicht-Haben wollen" einfach nur unterschiedlich interpretieren und am Ende etwas Gleiches mit unterschiedlichen Worten beschreiben.


    Vielleicht aber auch nicht. Wäre ja kein Problem, wenn wir da unterschiedliche Meinungen hätten.


    Ellviral:


    Für mich ist ein Arahant erstmal ein Mensch ohne jeden Rang oder Persönlichkeit die als Darstellung seines Ich-sein in bestimmter Form auftritt.


    Da ist ein Mensch der jede Person sein kann, ohne das er glaubt diese Person zu sein, auch findet keine Identifikation mit dieser seiner Person statt. Er muss haben wollen und nicht haben wollen empfinden, sonst ist er kein Mensch mehr. Doch besitzen oder nicht besitzen ist vollkommen überwunden.


    Bei "ohne Rang und Persönlichkeit" und "keine Identifikation" bin ich bei dir. Allerdings denke ich eben, dass es auch um die Überwindung von haben wollen und nicht haben wollen geht und ein Arahant so etwas überwunden hat. Ein Arahant ist für mich auch Jenseits der Bezeichnungen Mensch/Nicht-Mensch und sogar Jenseits der Bezeichnungen Sein/Nicht-Sein. Was nicht heißt, dass er ein Untermensch oder ein Übermensch wäre. Denn das wären auch nur Bezeichnungen die Mensch-Sein und Nicht-Mensch-Sein als Grundlage haben und von besitzen wollen (Gier), nicht besitzen wollen (Hass) und Verblendung/Unwissenheit durchzogen sind.



    Ellviral:


    Das Leid das durch die Khandha, solange sie nicht zerfallen sind, da ist, ist nicht zu überwinden. Da ist haben wollen und nicht haben wollen. Besitzen wollen und nicht besitzen wollen hat der Arahant vollkommen überwunden doch auch er wie jeder Buddha ist vollkommen den Gesetzen der Khandha unterworfen. Der befreite Mensch ist von allen Verblendungen, von Gier und Hass des besitzen Wollens und des nicht besitzen Wollens befreit. Doch ich habe bisher keine Möglichkeit erkannt dem haben wollen und dem nicht haben wollen zu Leibe zu rücken, außer durch die Willentliche Herzbeiführung des Zerfallen der Khandha. Noch Verblendeter, Gieriger und Hassender geht nicht.


    Ich denke schon, dass das Leid durch die Khandha zu überwinden ist. Trotzdem lösen sich die Khandha nach der vollkommenen Befreiung scheinbar nicht einfach auf, aber man haftet nichtmehr an ihnen und folglich leidet man auch nicht mehr an ihnen. Die erste edle Wahrheit von Dukkha ist ja so formuliert z.B. in MN9:



    Quelle: http://www.palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m009z.html

    Die fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, sind Dukkha. Das Ende von Dukkha ist das Überwinden des Begehrens (Gier/Hass, besitzen wollen/nicht besitzen wollen, haben wollen/ nicht-haben wollen)


    Und damit wird auch das Anhaften an den 5 Daseinsgruppen (Khandhas) überwunden.


    In einer anderen Lehrrede, wahrscheinlich auch in mehreren, wird erst gefragt ob die Khandhas vergänglich oder unvergänglich sind, dann wird gefragt ob etwas Vergängliches befriedigend/unbefriedigend, dukkha/kein dukkha ist. Und dann wird gefragt ob etwas das vergänglich und unbefriedigend/dukkha ist, wert ist als Ich und Mein angesehen zu werden.


    Leider weiß ich zur Zeit nichtmehr welche Sutta das ist und kann sie nicht zitieren.


    Die willentliche Herbeiführung des Zerfallens der Khandhas ist auch nicht die Lösung. Wie du selbst schreibst: Noch Verblendeter, Gieriger und Hassender geht nicht.


    Also schön, dass du davon Abstand hältst. Aus eigener Erfahrung kann ich natürlich auch nicht sagen ob die Buddhalehre wirklich zum Ende von Haben wollen und Nicht-Haben wollen führt, ich bin ja noch kein Arahant.


    Das ist nach den überlieferten Aussagen des Buddha auch keine leichte Sache. Nur Wenigen gelingt das und Buddha selbst wollte anfangs auch garnicht lehren, weil er es als zu schwer für die Menschen ansah, da er selbst ja schon so viel Mühe hatte es zu erkennen und zu verwirklichen.


    Könnte aber wie gesagt auch sein, dass ich mich irre. Und ich alles einfach nur falsch verstehe.


    Wenn du mit deiner Herangehensweise glücklich bist und es dir hilft, ist ja alles gut.



    Danke für das Gespräch. :)


    Liebe Grüße

  • Was sind eigentlich Karma und Wiedergeburt?


    Karma sind vergangene, oder gegenwärtige heilsame, oder unheilsame Handlungen, deren emotionale Ergebnisse die menschliche Existenz wie ein Schatten begleiten und den Existenzzyklus, eines menschlichen Individuums am Laufen halten.