Lebewesen

  • Gibt es im Zen auch Unterweisungen, die die menschliche Existenz als besonders kostbar betrachten?

    Meines Wissens nicht - und zumindest für mich ginge so etwas auch nicht als "Zen-Unterweisung" durch. Als "besonders kostbar" wird allerdings die Begegnung mit dem Dharma betrachtet.

    Zitat

    Dem unübertroffenen, tiefen und wundersamen Dharma

    ist selten zu begegnen, selbst in hundert, tausend, millionen Kalpas.

    Nun können wir ihn sehen und hören, ihn annehmen und einhalten.

    Mögen wir die Bedeutung der Wahrheit des Tathagatha entfalten.

    (Vers der Sutra-Öffnung, kaikyō ge 開経偈)

    _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Rudolf : Ob Du mir das jetzt übel nimmst oder nicht, aber Deine Art der Diskussionsführung in den letzten Wochen (nicht nur mit mir) geht mir dermaßen auf den Sack, dass ich vorerst nicht mehr darauf eingehen werde.


    _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Mir kommt es so vor, wenn jemand ein Tier ankuckt und dann spricht: Dieses Wesen da ist niedriger als der Mensch, dann ist diese Person eher bei seinen eigenen Gedanken. Und nicht bei der Unmmittelbarkeit der Begegnung mit dem anderen Lebewesen.


    Ist dann die Frage, was mit diesen Worten gemeint sein soll. Es kann ja vieles heissen.



    Mir kommts so vor, dass die Erklärung dann (was diese Aussage heisst, was sie bezwecken soll) zumeist nicht so wertvoll ist.



    Ich denke, die Begegnungen zwischen Mensch und Tier sind sehr verschieden. Das ist alles je nachdem. Mich hat letztens eine fremde Katze sehr freundlich begrüsst (auf der Strasse war das) - das war für mich wie ein nettes Servus von nem fremden Menschen. Fand ich so beeindruckend diese Erfahrung, wollte ich Worte dafür finden.


    Es ist für mich mit beruhigten Geist auch möglich, ganz klar Absicht, also Wille bei bestimmten beobachteten Handlungen (von Tieren) zu beobachten. Tiersiches wie auch menschliches Verhalten kann mich beides zum Lachen bringen.


    Das Vogelgezwitscher ist für mich nochmal viel interessannter, seit ich den ganz sicheren Eindruck mal hatte: die zwitschern sich Abends die Geschichten des Tages zu.

  • Sherabs Frage liegt die indo-tibetische Auffassung zu Grunde. Sie unterscheidet sich im Wesentlichen nicht von deiner Aussage, dass die Begegnung mit dem Dharma besonders kostbar ist. Es geht in beiden Perspektiven darum wie kostbar und schwierig es ist auf den Dharma zu treffen.


    Im tibetische Lamrim werden achtzehn Umstände beschrieben, über die man als Mensch verfügen muss, um mit dem Dharma in Kontakt zu kommen, ihn lernen und praktizieren zu können. Es geht dabei nicht um eine allgemeine Charakterisierung des Menschenleben, sondern darum welche Eigenschaften man besitzen muss, um mit dem Dharma in Kontakt zu kommen. Und so wie es auch in deinem Zitat zum Ausdruck kommt, ist es selten und schwierig über diese Bedingungen und Umstände zu verfügen, durch die man mit dem Dharma in Kontakt kommen kann.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Das sind jetzt alles nur spontane Gedanken zu euren Antworten. Nicht dass hier jemand meint, ich glaubte, es zu wissen ;) :


    Im tibetischen Buddhismus spricht man in der Tat von der "kostbaren menschlichen Existenz".

    Sie ist deshalb kostbar weil sie mit bestimmten Freiheiten und Ausstattungen ausgestattet ist.

    Man kann als Tier zum Beispiel nicht den Dharma praktizieren.

    Von der "kostbaren menschlichen Existenz" zu sprechen, damit habe ich kein Problem. Solange ich dabei die Kostbarkeit von allem nicht aus den Augen verliere. Den Dharma nicht praktizieren zu können, muss nicht heißen, dass ich nicht zum "Kostbaren" (wenn ich es so nennen möchte) gehöre.


    Liebe(r) Schmu, ich kann dir nicht recht folgen und habe gerade mal die Suchfunktion meines Browsers benutzt du bist das einzige Mitglied was in diesem Beitrag die Worte richtig und falsch benutzt hat.

    Jedenfalls hatte ich für mich nicht den Eindruck, dass meine Beiträge OT waren.

    Ich meinte dich nicht, Alaya. Ich meinte es ganz allgemein, vorauseilend sozusagen, weil ich eine bestimmte Entwicklung des Threads unterbinden wollte, die schnell mal passieren kann. Die Worte "richtig" und "falsch" sind nicht verboten, nur der ganze Charakter des Threads soll so nicht enden. ;)


    Mich hat an den Belehrungen über die Daseinsbereiche immer irritiert , das man die Pflanzen da nicht zuordnen kann.

    Das ist vielleicht gar nicht so schlecht. Wenn man nichts mehr selber zu tun hat, ist es zu einfach. Ich bin sogar froh, dass die Buddhalehre hier und da zu kontroversen Ansichten führt, sonst würde man die einfach durchlesen, verstehen, zuklappen, erwacht sein, fertig... :shock:



    Darüber hinaus ist auch die Trennung 'Lebewesen' und 'unbelebte Natur' nur eine künstliche.

    Das Gefühl habe ich auch langsam, es dämmert gelegentlich schon...


    Kein Erkennen, kein Erreichen, weil es nichts zu erreichen gibt.

    Ich bräuchte jemanden, der mir das morgens unmittelbar vorm Aufwachen ins Ohr flüstert. Jeden Morgen.


  • Ich bräuchte jemanden, der mir das morgens unmittelbar vorm Aufwachen ins Ohr flüstert. Jeden Morgen.

    Deswegen gehört zum täglichen choka fugin (der Morgenzeremonie im Zen) ja auch die Rezitation des Herzsutra. Da hat man das Aufwachen und das Morgen-Zazen dann allerdings schon hinter sich ... ;) Aber zumindest das Frühstück noch nicht.


    _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Von der "kostbaren menschlichen Existenz" zu sprechen, damit habe ich kein Problem. Solange ich dabei die Kostbarkeit von allem nicht aus den Augen verliere. Den Dharma nicht praktizieren zu können, muss nicht heißen, dass ich nicht zum "Kostbaren" (wenn ich es so nennen möchte) gehöre.

    In diesem Kontext ist kostbares Menschenleben ein Fachbegriff, der auf bestimmte Weise definiert ist. Den Begriff im Sinne der Alltagssprache zu verwenden hilft hier nicht weiter, sondern schafft nur Irritationen. Es geht nicht um kostbares und nicht kostbares, also wertloses, Leben im Sinne der Alltagssprache. Jede Lebensform ist wertvoll.


    Der Begriff kostbares Menschenleben dient ja nur dazu aufzuzeigen, dass es Menschen gibt, die mit dem Dharma in Kontakt kommen, und dass es Menschen gibt, denen dies nicht möglich ist. Dieser Unterschied liegt aber nicht in der Natur eines Menschen, sondern ergibt sich aus bestimmten Umständen und Bedingungen. Ein Mensch, der nicht mit dem Dharma in Kontakt kommen kann, ist aber kein wertloser Mensch.


    Der Begriff kostbares Menschenleben fasst achtzehn Aspekte zusammen, die gegeben sein müssen, damit man mit dem Dharma zusammen trifft. Es ist schwierig, wie Sudhana es mit dem Zitat in Beitrag 27 ausdrückt, als individuelle Person diese achtzehn Aspekte zu erlangen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

    • Offizieller Beitrag

    Das Einzige, was mich interessiert, ist, ob der Mensch in jeder buddhistischen Richtung als die höchste Stufe angesehen wird, oder ob es eine Richtung gibt, die auf das Miteinander-Vergleichen der Lebewesen völlig verzichtet, bzw. daran nicht interessiert ist.

    Der Hauptpunkt ist, wie sehr eine Richtug dazu tendierte, den Pfad von seinem Ende her zu beschreiten.


    Am Ende des Pfades steht der Befreite und von daher jemand der sehr über das "Miteinander-Vergleichen" erhaben ist. Im Prinzip ist Buddhanatur ein Konzept, den Weg auch von der anderen Seite her einzubeziehen.


    Je mehr man aber den Pfad von Anfang beginnt, desto mehr beginnt man wohl bei seinen eigenen Begehren und seinen Abneigung. Und von daher ergibt sich nahezu automatisch eine Hierarchie, wie "triebverfallen" man ist. Wenn die Triebverfallenheit und ihre Beendung ( die Entsagung) das zentrale Thema sind, dann werden im Palikanon immer wieder Tiere (mit ihrer größeren Triebverfallenheit) als Vergleich herangezogen. Einerseits zeigt dass, das das Mensch und Tier als nichts fundamental enderes gesehen wird sondern als unterschiedlche Positionen auf einer Skala der Triebverfallenheit.


    ( Da muß ich an dieses Video denken, wo von der unglaublichen Dummheit der Hühner redet. Er kommt er zu dieser abwertenden Haltung weil er erstmal Menschen und Hühner auf eine vergleichbare Ebene hieft. Das Huhn ist ihm ein Du. Viele Menschen haben kein Erschrecken darüber, weil man gewohnt ist Hühner als erstmal ganz anderes und psychisch unvergerleichbar sieht. Etwas was auf Bauerhöfen rumläuft, aber nichts, was man auch selber sein könnte.)

  • Diese ganze Diskussion wirkt auf mich ziehmlich schräg, wie vieles andere hier. Das liegt vielleicht daran, dass ich die Lehre Budddhas wörtlich als Lehre verstehe, die den Menschen zum Ende von dukkha geleitet. Nicht mehr und nicht wenger.


    Die ganzen religiös-buddhistischen, methaphysischen Fantasien berühren mich nicht. Im Gegenteil bin ich der Meinung, sie führen die Menschen von der Lehre weg, hin zu einer tagträumerisch-verblendeten Religion, die eine alternative Realität vorgaukelt. Die Idee einer "Buddhanatur" wird ja letzendlich irgendwie auch als eine Art Ersatzseele oder andere Art von Atta betrachtet.


    Man kann dieser oder anderen Religionen, Verschwörungstheorien oder Phantasien ruhig anhangen, anhaften und folgen. Das ist nicht verwerflich. Die meisten Menschen erschaffen sich religiöse oder andere Ersatzwelten und leben darin in ihren gemeinsamen Phantasien. Das kann ja auch hilfreich sein.


    Ich glaube nur nicht, dass Buddha dies so beabsichtigte.

    6 Mal editiert, zuletzt von Punk ()

  • Aber was wissen wir schon wirklich von anderen, Punk ?


    Tagträumerisch-Verblendet wirken auf mich fast alle Menschen. Auch ich, wenn ich denn mal genauer hinschaue.


    Theoretisch könnte sich auch jemand "befreit" nennen und sich dem Stoizismus verbunden fühlen. Das fühlt sich vielleicht messerscharf und klar wie eine gehärtete Schwertklinge an. Auch das könnte eine Illusion sein. Weiß ich‘s?


  • Die Idee einer "Buddhanatur" wird ja letzendlich irgendwie auch als eine Art Ersatzseele oder andere Art von Atta betrachtet.

    Sicherlich nicht von Leuten, die sich ernsthaft damit auseinandergesetzt haben statt nur unbegründete Vermutungen zu hegen, was damit gemeint sein könnte.


    Es heißt die Lehre basiere auf dem Tathāgatagarbhasūtra

    Das Tathāgatagarbhasūtra ist lediglich das vermutlich älteste Sūtra, das den Begriff des Tathāgatagarbha (Chin. Fo Xing, 'Buddhanatur') einführt. Aber die 'Basis' würde ich jetzt eher im Suttapitaka des Palikanon suchen - Ud.VIII.1, Ud.VIII.3, MN 49.25 und A.1.10 (V,9-10).


    Weitere wichtige Texte sind vor allem das Jñānālokalaṅkārasūtra, das Anūnatva-apūrṇatva-nirdeśa-sūtra, Śrimālādevīsiṃhanādasūtra, das Mahāparinirvāṇasūtra und das Laṅkāvatārasūtra. Die liegen alle in englischer und z.T. auch in deutscher Übersetzung vor. Das gleiche gilt für das Sāramati (in der tibetischen Tradition Maitreyanatha und Asanga) zugeschriebene Ratnagotravibhāga (in Tibet auch Uttaratantra Śāstra genannt), das die verschiedenen Sūtren analysiert und ihre Lehren vereinheitlicht / harmonisiert. Wobei die deutsche Übersetzung allerdings mE leider unbrauchbar ist, da hält man sich besser an Takasaki Jikidos englische Übersetzung und Studie. Wenn man sich zum Thema 'Buddhanatur' so dezidiert äußert wie Du, Punk , sollte man diese Texte kennen, wenn man ernst genommen werden will. Sonst setzt man sich zwangsläufig dem Verdacht aus, nicht zu wissen, wovon man redet. Speziell in der ostasiatischen Tradition sollte man auch das Aśvaghoṣa zugeschriebene Dasheng Qixin Lun ('Vertrauenserweckung in das Mahāyāna') und das Vasubandhu zugeschriebene Fo Xing Lun ('Abhandlung über die Buddhanatur') kennen, wobei es von letzterem leider nur eine englische Teilübersetzung gibt. Da wird der Monismus des Ratnagotravibhāga zu einem Nondualismus weiterentwickelt und mit Yogācāra-Ideen verschmolzen (ein Prozess, der schon mit dem Laṅkāvatārasūtra einsetzt). Speziell in der Sōtō-Zentradition wäre dann natürlich noch Dōgens Shōbōgenzō Busshō zu nennen. Der einzige von all diesen Texten, aus dem man da für den Tathāgatagarbha eine "andere Art von Atta" herauslesen könnte, ist das Mahāparinirvāṇasūtra - das vom Ratnagotravibhāga allerdings anders interpretiert wird.


    In der tibetischen Tradition stammen hingegen die wohl wichtigsten späteren Arbeiten dazu von Gampopa und Je Tsongkhapa, wenn ich richtig informiert bin (die kenne ich nun selbst nicht, ist nicht meine Tradition).

    _()_




    OM MONEY PAYME HUNG

  • Gibt es eine buddhistische Richtung, die zwar das bejaht, was als Buddhanatur im Menschen bezeichnet wird, aber daraus keine Rückschlüsse zieht, wie andere Lebewesen zu sehen sind? Und die daraus auch nicht ableitet, dass das etwas ist, was die "armen, bedauerns- aber liebenswerten" anderen Lebewesen leider nicht erreichen können, es sei denn, wenn sie dann hoffentlich irgendwann als Mensch wiedergeboren werden?


    Wie viele Buddhanaturen gibt es deiner Auffassung nach denn insgesamt? 7,7 Milliarden?


    Der Begriff Buddhanatur beschreibt doch einen Erleuchtungszustand, der gerade dadurch entsteht, dass eben nicht mehr unterschieden wird zwischen Menschen, anderen Lebewesen oder sonstigen Vorstellungen (wie aus der weiter oben von kanshiketsu zitierten Passage aus dem Diamant-Sutra sehr anschaulich hervorgeht). Im Grunde beschreibt der Begriff Buddhanatur nichts anderes, als dass du, der diese Zeilen liest, nicht verschieden bist von allem, was du je denken und erleben kannst. Im Zen wird es auch der Eine Geist genannt. Meister Huang Po sagt es (in Geist des Zen, Kap. 2) so: "Der Geist ist Buddha. Es gibt keine anderen Buddhas oder irgend einen anderen Geist."


    Darüber hinaus ist auch die Trennung 'Lebewesen' und 'unbelebte Natur' nur eine künstliche.

    Das Gefühl habe ich auch langsam, es dämmert gelegentlich schon...


    Aber warum? Weil gewiss auch Pflanzen Bewusstsein haben und warum dann nicht z.B. vielleicht auch Steine, Berge oder Flüße? Finde ich durchaus naheliegend, so zu denken, aber das kann im buddhistischen Kontext mit der künstlichen Trennung von 'Lebewesen' und 'unbelebter Natur' natürlich nicht gemeint sein. Denn schon die Zuordnung, dieses sei ein Lebewesen, jenes sei unbelebte Natur, widerspricht der buddhistischen Lehre. Ich erlaube mir, hier noch mal kanshiketsus Diamant-Sutra-Zitat anzufügen:


    Zitat

    Subhuti, weil ein Bodhisattva, der die Vorstellung von einem Selbst, die Vorstellung von einer Person, die Vorstellung von einem fühlenden Wesen oder die Vorstellung von einer Lebensspanne hat, kein Bodhisattva ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Tai ()

  • _()_


    Aus Zeitgründen hab ich nicht alles durchgelesen aber da du Schmu ja nach unserer Intuition fragst :


    Der übliche Hinweis vorweg:

    Alle in diesem Text wiedergegebenen Ansichten sind lediglich in meiner Intuition, sie können "richtig" "falsch" oder "weder richtig noch falsch" sein.

    Die wiedergegebenen Ansichten spiegeln nicht zwangsläufig die Ansichten Dritter wieder (Forum, Buddha, oder andere).

    Die wiedergegebenen Ansichten sind nicht zwingend Teil der Buddha Lehre.



    So nun die Ansichten:

    Je mehr ich tiere zb beobachte desto mehr fällt mir auf das sie wohl ganz im sein sind. Sie sorgen sich nicht um morgen und weinen nicht dem gestern nach. Oft tun sie was gerade in dem Moment zu tun ist ohne weiter darüber zu sinnieren. Sie handeln zwar teils aus gelernten und alten Erfahrungen heraus aber siebenwerten nicht und scheinen eher geringe Anhaftungen zu haben dafür aber fiel Verständnis für andere. Das Tiere auch um Artgenossen trauern können heißt für mich nicht das sie daran anhaften diese Artgenossen zu sehen sondern eher das sie "Abschied" nehmen wen ein Wegbegleiter stirbt.


    Wenn man sich das so vor Augen führt sind Tirre fileichtin ihrer Befreiung ein Stück weiter fortgeschritten als die meisten Menschen. Aber was weiss ich schon Fon Leben eines Tieres.

    :grinsen:_()_

  • Denn schon die Zuordnung, dieses sei ein Lebewesen, jenes sei unbelebte Natur, widerspricht der buddhistischen Lehre.


    Also der Lehre im Palikanon jedenfalls widerspricht diese Unterscheidung nicht. Da gibt es das Körperliche und Geistige (Wille, Empfindung, Karmaformationen und Bewusstsein), also die fünf Aggregate. Das Körperliche hat definitiv nicht wiederum Wille, Empfindung usw. Das lehrt der Buddha dort nicht.


    Im Mahayana, in den Sutren der "Nur Geist" (Cittamatra) Lehre, ist es so, dass das Körperliche oder Materielle oder die äußeren Objekte nur als durch Karma hervorgebrachte Vorstellungen im Geist existieren. Aber eben als Vorstellungen. Diese Vorstellungen sind aber keine Lebewesen. Ich denke, da würden die Cittamatra-Vertreter drüber lächeln oder gar lachen, wenn das jemand sagen würde.

    Wie ich schon oben sagte, wäre es auch absurd, jede einzelne Zelle meines Körper als ein Lebewesen anzusehen. Warum sollte eine bloße Anhäufung von pflanzlichen Zellen, ein Baum z.B. ein Lebewesen sein?

    Lebewesen kommen nicht dadurch zustande, dass organische Molekülverbindungen entstehen, die chemischen Gesetzen unterworfen sind, sondern jedes jetzt existierende Lebewesen existiert schon seit anfangsloser Zeit als ein Lebewesen und berührt und verlangt und ergreift diese organischen Molekülverbindungen im Prozess des pratītyasamutpāda. Ob nun das Materielle bloß Vorstellung ist oder nicht. Das Ergreifen, das haben wollen, das sein wollen ist mit Sicherheit bloße Vorstellung.


    Zitat

    Subhuti, weil ein Bodhisattva, der die Vorstellung von einem Selbst, die Vorstellung von einer Person, die Vorstellung von einem fühlenden Wesen oder die Vorstellung von einer Lebensspanne hat, kein Bodhisattva ist.


    Ich stütze mich auch auf eigene Lektüre der beiden Sutren: Saṃdhinirmocana Sūtra und Laṅkāvatāra Sūtra .

    :rainbow:

  • im Laṅkāvatāra Sūtra geht es hauptsächlich um die Nur-Geist-Thematik. Diese wird dort in erhaben-überschwenglicher Weise geschildert (soll keine Kritik sein). Einen regelrechten Beweis habe ich dort nicht entdecken können. Beweise dafür kann man, wenn man sie akzeptiert, bei Dharmakirti und Shantarakshita sehen, Pramanavarttika III und Madhyamakalamkara respektive.


    Was die Buddhanatur (Tathāgatagarbha) in diesem Sutra betrifft, so ist die Quintessenz davon, dass gerade weil alles nur Geist ist, es kein Hindernis gibt, warum der der Geist sich nicht bis zum Buddha-Geist entwickeln kann. Wenn der Geist dagegen auch von etwas anderem, äußeren abhängig wäre in seiner Art zu existieren, könnte es da Probleme oder Hindernisse geben.

    Zusätzlich wird noch gelehrt, dass der Geist ohne Essenz ist, ohne etwas Beständiges was unveränderlich so bleibt. Daher hat der Geist das Potential sich in alle Richtungen zu entwickeln, von Höllenerlebnissen bis zum Buddha.

    Die heute manchmal anzutreffende Behauptung, dass Tathāgatagarbha etwas Essentielles ist, Buddhaschaft selbst, findet man dort nicht.

    Tathāgatagarbha ist einfach die Leerheit des Geistes, das Potential sich zu entwickeln, weil nichts Beständiges im Geist ist.

    Daher findet sich diese Lehre auch schon im Palikanon, nur mit anderen Ausdrücken: Unbeständigkeit und abhängiges Entstehen der Lebewesen und ihres Geistes ohne jeglichen Ich-Kern. Und "Das womit der Geist sich beschäftigt, so wird er" sagt der Buddha irgendwo im Palikanon.


    Tsongkhapa sagt ganz klar und unzweideutig: die Buddhanatur ist die Leerheit des Geistes.


    Im Mahayana gibt es mehr "geschickte Mittel" als im Palikanon. Möglicherweise hat der Buddha für die Leerheit des Geistes in einigen Sutren das Wort Tathāgatagarbha eingeführt, weil er wusste, dass es einige schwämerisch veranlagte Menschen gibt. ;)




    :rainbow:

  • Eine Bestätigung für diese Sichtweise in der gesamten Gelug-Tradition (von Tsongkhapa ausgehend) kommt sogar aus Japan:

    Zitat

    According to Japanese scholar Yamaguchi Susumu, the most important point in the tathagatagarbha literature is that "the pratitysamutpada is the tathagatagarbha."[6] Likewise, Ichijo Ogawa argues that tathāgatagarbha is basically equivalent to emptiness and the nature of the mind which allows it to understand emptiness.

    Laṅkāvatāra Sūtra - Wikipedia

    :rainbow:

  • Das erinnert mich an den Begriff Bodhichitta. Wenn ich den anstatt Buddhanatur nehme, wird etwas klar. Dass der Erleuchtungsgeist in jedem Wesen angelegt ist und das der Mensch, weil er Dukkha erkennen kann, auch Bodhichitta erkennen kann, den Geist den er nutzen kann, um sich von Dukkha zu befreien. Hat er das erreicht, bekommt Bodhichitta die Bedeutung des allumfassenden Mitgefühl aber auch das Ziel Buddha zu werden.

  • Mein vorläufiges Fazit für mich:


    Mein Verständnis von Buddhanatur ist ziemlich fehlerhaft, oder vielleicht besser: unscharf, verschwommen. Mal kommt es der eigentlichen Bedeutung etwas näher, mal ist es recht entfernt davon.


    Die "natürlich anwesende Buddhanatur" ist also die in unserem Geist vorhandene Voraussetzung für das Erlangen höchster Erkenntnis. Diese Buddhanatur ist die Grundlage der "zu entwickelnden Buddhanatur".Diese muss durch eigenes Bemühen (Hören des Dharma, Kontemplation und Meditation) gepflegt und zum Wachsen gebracht werdeṇ, bis sie sich in die vollkommenen Eigenschaften des Buddha umwandeln.

    Damit kann ich etwas anfangen. Es entspricht meiner Sichtweise, dass wir den Keim zum Erwachen bereits in uns haben – mehr noch: wir sind in gewisser Weise bereits erwacht. Nur ist ein immens großer Schleier darüber gelegt. Es geht also darum zurückzukommen, sich "zu erinnern", und das Erkennen auf eine neue Stufe zu heben.

    So verstehe ich es auch, wenn Uchiyama eine Parallele zum Christentum zieht und sagt, wir müssen den Apfel wieder loswerden. Das ist einerseits ein Zurückkehren, andererseits eine neue Stufe.


    Sudhana

    Das klingt wie immer sehr fundiert. Ich fürchte, ich habe nicht mehr die Zeit, solch intensive Studien zu betreiben, wie du sie machen konntest. Ich muss das Beste daraus machen, und einen Weg finden, der meine noch verbleibende Zeit berücksichtigt... :?


    Der Begriff Buddhanatur beschreibt doch einen Erleuchtungszustand, der gerade dadurch entsteht, dass eben nicht mehr unterschieden wird zwischen Menschen, anderen Lebewesen oder sonstigen Vorstellungen (wie aus der weiter oben von kanshiketsu zitierten Passage aus dem Diamant-Sutra sehr anschaulich hervorgeht).

    Danke, Tai . Ja, es ist mir jetzt klar geworden, dass ich den Begriff bisher verschieden benutze und damit ein Durcheinander in meiner Gedankenwelt verursacht habe.


    Je mehr ich tiere zb beobachte desto mehr fällt mir auf das sie wohl ganz im sein sind. Sie sorgen sich nicht um morgen und weinen nicht dem gestern nach.

    Das ist auch einer der Gründe, warum ich das genaue Anschauen / Beobachten von Tieren empfehle. Es ist durchaus so, dass einem dadurch auch etwas klar werden kann, was unsere eigenen Hindernisse betrifft. ;)


  • Falls sich jemand fragen sollte, was das Thema 'Buddhanatur' mit der Ausgangsfrage zu tun hat, ein Hinweis auf die zentrale, oft zitierte Aussage des Mahāparinirvāṇasūtra:

    Zitat

    sarvasattvās tathāgatagarbhāḥ


    Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dies zu verstehen (und entsprechend zu übersetzen):

    1. alle Wesen haben einen tathāgatagarbha / eine Buddhanatur
    2. alle Wesen haben den tathāgatagarbha / die Buddhanatur
    3. - und das ist die Entwicklung, die die tathāgatagarbha-Doktrin in Ostasien (und, wie ich vermute, auch in Tibet) nahm: alle Wesen sind der tathāgatagarbha / Buddhanatur.


    Im mittelalterlichen Japanisch, in dem Dōgen das Shōbōgenzō schrieb, ist es eindeutig, wie er dieses Zitat (das er seinem Essay Shōbōgenzō Busshō voranstellte) verstand - im 3., dem letzen Sinn. Und dieses Verständnis teile ich wie auch die Konsequenzen, die Dōgen in Bezug auf die Praxis des Buddhadharma daraus zog - falls dies unklar oder sonstwie für jemanden von Interesse sein sollte ...


    ... und das schließt natürlich auch jedes Verständnis in Richtung eines 'atta' / ātman oder Seele aus - das ginge nur bei den Lesarten 1 (eindeutig) oder 2 (was schon eher in Richtung brahman als ātman ginge).


    _()_

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Sicherlich nicht von Leuten, die sich ernsthaft damit auseinandergesetzt haben statt nur unbegründete Vermutungen zu hegen, was damit gemeint sein könnte.

    Mich stört Deine selbstverliebt-arrogant indoktrinierende Art sehr. Vor allem solltest du versuchen sachlich zu bleiben und nicht auf die Person zu schiessen, dadurch disqualifizierst Du dich in meinen Augen als ernstzunehmenden Diskussionsteilnehmer.


    Von wegen unbegründete Vermutung, was damit gemeint sein könnte. Was gemeint ist, ist mit klar, was Du meinst nicht. Erklär uns doch mal deine Meinung mit Argumenten statt mit Zitaten aus Lehrbücher oder Angriffe auf die Person.



    Meine Meinung bringe ich hier regelmässig ein. Wenn es sein muss unterstütze ich diese durch Aussagen von Leuten, die sich ernsthaft damit auseinandergesetzt haben.



    Tathagatagarbha

    Zitat

    S. 241 unten:

    Als letztes sehen wir uns noch dem zentralen Terminus Tathagata-garbha gegenüber. Auf dieser aller ersten Stufe der Lehre von der Buddhanatur fungiert er als ein die Lebewesen charakterisierendes Adjektiv im Sinne von "ein tathagata (=Buddha) in-sich-habend".

    Alle Lebewesen tragen einen Buddha in sich erkennen es jedoch nicht, da sie im Normalfall nicht über ein göttliches Auge verfügen

    Dann ganz meiner Meinung entsprechend (Absatz 3. S. 246):

    Zitat

    Die Behauptung dass es sich bei dieser Lehre keinesfalls um eine buddhistische Anschauung handeln kann wurde letztlich dann von buddhistisch- buddhologischer Seite her in den 80 er und 90er Jahren des 20.Jh in voller Schärfe formuliert [...]

    Einen der Hauptkritikpunkte der Buddhanatur-Lehre bildet dabei die Tatsache, dass sie eine letzten Endes monistische Konzeption darstellt. Alle Lebewesen sind vom höchsten Sein durchdrungen.

    In einigen Texten der Schule heisst es sogar, dass alle Erscheinungen dieses höchste Sein als Grundlage haben und selbst die äusserlichen Befleckungen auf ihm basieren.

    Für die Kritiker ist dies ein völlig inakzeptabler Standpunkt. Denn, so argumentieren sie, das monistische Konzept eines allem unterliegenden positiv besetzten Höchsten Seins steht im klaren Widerspruch zu den beiden Elementen, an denen sich alles, was als buddhistisch bezeichnet werden soll, messen lassen müsse, nämlich das Entstehen in Abhängigkeit (pratitya-samutpada) und der Lehre des nicht-Seins (anatman).

    Weitere Quellen, die meine Meinung unterstützen:


    Tathagatagarbha Sutra (wiki)

    Zitat

    The Buddha reveals how inside each person's being there exists a great Buddhic "treasure that is eternal and unchanging". This is no less than the indwelling Buddha himself.

    Im Nirvana-Sutra wird die Buddha-Natur (Buddha-dhatu) vom Buddha als das wahre Selbst dargestellt und als beständig, fest und ewig (nitya, dhruva, sasvata) gekennzeichnet. Die Tathagatagarbha wird auch mit dem Dharmakaya gleichgesetzt.



    Schmu:

    S.245:

    "Die Besonderheit dieser frühen Phase der Buddhanatur-Lehre liegt sicherlich in dem Faktum, dass die Buddhaschaft, das Allwissen eines Buddhas und generell alle Buddhaeigenschaften schon von Anfang an in allen Lebewesen, und dazu rechnet das Sutra auch explizit alle Tiere, als vorhanden gedacht ist."

    7 Mal editiert, zuletzt von Punk ()

  • "Arroganz" wäre eh mal ein gutes Thema! 🤔


    Was wissen wir denn schon, hä? HÄÄÄÄÄ??? 🧐


    Ich geh‘ jetzt erstmal kacken. Das ist immer gut. Keine Gefahr, irgendwen belehren zu wollen... 💩


  • Mich stört Deine selbstverliebt-arrogant indoktrinierende Art sehr.

    Mich stört Deine rotzig provozierende selbstverliebt-arrogante Art hingegen gar nicht. Da ist der Nick wohl Programm. Okay, ist bei mir auch so ... Im übrigen ist der verlinkte Vortrag von Herrn Zimmermann eine brauchbare Einführung, auch wenn ich es für einen Etikettenschwindel halte, wenn er von "klassischer" Tathāgatagarbha-Lehre spricht, wo es sich konkret um das Mahāparinirvāṇasūtra handelt. Das könnte er ruhig deutlich sagen, statt da im Vagen zu bleiben, auch wenn sich der Vortrag an kein Fachpublikum wendet. Schon gar nicht ist das ātman-sukha-nitya dieses Sūtra "ausgeformte" Tathāgatagarbha-Lehre, wie Herr Zimmermann implizit behauptet. Die "klassische" Tathāgatagarbha-Lehre, ihre traditionsübergreifende "Ausformung" findet sich im Ratnagotravibhāga, das hinsichtlich dieser Doktrin Grundlage sowohl der tibetischen als auch der ostasiatischen Traditionen ist - und wo der buddhistisch-hinduistische Synkretismus des Mahāparinirvāṇasūtra relativiert und seine Aussagen konform mit der Anātman- und der Śūnyatā / Pratītyasamutpāda-Lehre (und den anderen, von mir genannten Tathāgatagarbha-Sūtren) interpretiert werden. Etwas, das Herr Zimmerman erst gegen Ende seines Vortrags zart andeutet.


    Was die von Zimmermann angeführten Kritiker (die er nicht konkret benennt) angeht, so gilt auch da, dass jeder für seine Missverständnisse selbst verantwortlich ist und auch renommierte Indologen (wie beispielsweise Lambert-Schmithausen) nicht davor gefeit sind. Da merkt man dann doch allzu häufig, dass es an der zum korrekten Verständnis der Theorie notwendigen Praxis fehlt. Wenn er dann gar noch einen der Kritiker - auch hier ohne ihn zu benennen - zitiert:

    Zitat

    Die monistische Vorstellung von der eigentlichen Wesensgleichheit einer phänomenalen Erscheinungsvielfalt würde darüber hinaus automatisch, ich zitiere, „die grundlegende Ideologie für das Entstehen und das Verabsolutieren sozialer Diskriminierung und Ständisierung liefern."

    ... wird es komplett albern. Man stelle sich vor, man würde so etwas vom Monismus Ernst Haeckels oder Arthur Schopenhauers behaupten; damit würde man sich zumindest im akademischen Bereich selbst der Lächerlichkeit preisgeben. Nun geht Zimmermann ja selbst zu solcher Kritik deutlich auf Distanz, was den Vortrag trotz des undifferenzierten Umgangs mit den Sūtren-Quellen lesenswert macht.


    _()_


    P.S.: noch eine arrogante Nachbemerkung. Ein Vortrag für ein Laienpublikum oder gar Wikipedia sind für eine Auseinandersetzung mit einem der schwierigsten Themen buddhistischer Philosophie keine wirklich ernstzunehmenden Quellen. Was ich persönlich als Voraussetzung sehe, um da als Kritiker ernst genommen zu werden, hatte ich ja schon gesagt.

    OM MONEY PAYME HUNG

    3 Mal editiert, zuletzt von Sudhana ()