Ein alter Spruch: Theorie und Praxis in ausgeglichenem Verhältnis üben. Das Üben allein hätte keine Inspiration und würde sich nicht weiter entwickeln, die Theorie allein verursacht Kopfschmerzen und Überdruß.
Man braucht ein Schema, was z. B. das hier sein kann:
ZitatMan kann zwei Kategorien unterscheiden, nämlich die gestalteten dhamm¤, Gestaltungen, Gebilde, Phänomene und das Nicht-Gestaltete. Gestaltete Dinge (sa³khatadhamm¤) haben Scheincharakter.
Quelle: s. Link oben
Egal welche Objekte betrachtet werden, sie sind zusammengesetzt, voneinander abhängig, vergänglich. Dass dieses Üben längere Zeiträume oder Leben für sich beanspruchen wird, darauf muss man sich einstellen. Rechte Anstrengung, Ausdauer. In den Texten findet man die Einsicht nicht, weil sie ein Zustand ist, den man sich erst erarbeiten muss.
Nach einem bekannten Schema setzt sich das Geistige aus dem Geist, der klar ist (unterliegt keinem Wandel, sakhatadhamma) und den Faktoren, die Illusionen hervorbringen, weil sie den Geist in seiner Urgestalt nicht kennen und ihn in der Körper-Geist-Formation suchen.
Darum gibt es zwei Übungswege, die sich gegenseitig ergänzen:
1) Einsicht in die Vergänglichkeit der Phänomene
2) Einsicht in die Natur der Geistes
Alle Texte sind als Inspiration oder Anleitung zur Praxis gemeint, in ihnen selbst ist Wahrheit nicht zu finden. Im Denken ist diese Wahrheit nicht zu finden, wenn aber auch geordnete Denkweisen und Sittlichkeit die Grundpfeiler der Achtsamkeit und daher vor allem am Anfang wichtig sind.
Auch kann man nur mit der Erkenntnisfähigkeit arbeiten, die vorhanden ist. Die Wünsche nach einer anderen, besseren sowie Klagen, die diese Wünsche begleiten mögen, gehören nicht zur Übung. Das muss man sich schlicht verkneifen. Erkenntnisfähigkeit entwickelt sich im Prozess der Übung von selbst. Man fängt mit dem Verständnis an, das man jetzt hat, und wird nach einiger Zeit feststellen, dass es sich immer weiter steigert. Fängt man mit der Betrachtung des Körpers und anderer grobstofflichen Objekte an, entdeckt man, dass dieser Weg sehr einfach ist. Was sind diese Erscheinungen, wo kommen sie her, was waren sie früher, was werden sie nachher sein. Einfache Objekte wird man einige Zeit danach für feinstoffliche tauschen können, weil der Weg der Jhanas seine Eigendynamik entwickelt. Man muss nichts Fantastisches unternehmen (im Denken), sondern nur da sein und Geduld zum Üben haben, die sich mit der Zeit ohnehin in ein echtes Wollen verwandelt, weil das Erleben, das aus den Mühen hervorgeht, u. a. zur Motivation zum Weitermachen wird.
Monday:
Ganz besonders merkwüdig kommt der Text dann hier:ZitatKörper und Geist sind kein Selbst, denn sie sind nur Illusion, das heißt nicht wesentlich, ohne Kern. Wenn wir unseren Geist von dem Anhaften an sich selbst abbringen können, wird er unverzüglich herausfinden, daß er an sich gar nicht existiert. Was existiert sind lediglich dhamm¤ , von der
Natur zu einer Art Marionette geformt, die wahrnehmen und denken kann.
Wer bringt denn da "seinen" Geist von sich selbst ab?
Das geht z. B. aus diesem Model hervor:
https://de.wikipedia.org/wiki/Vijnana
Auch das Bewusstsein ist zusammengesetzt, die Faktoren funktionieren in der Abhängigkeit von anderen Phänomenen. Eines darf man dabei nicht vergessen - bei den Arten des Bewusstseins geht es um einen Prozess, sie sind Faktoren, keine Objekte.
ZitatDie eigentliche Schwierigkeit sehe ich darin, dass eben weltliche Sicht und überweltliche Sicht nur auf der Sprachebene zu trennen sind - in Wirklichkeit gibt es da keine Trennung, sondern eben Identität.
Um die Sprache geht es nicht, sie ist in dem ganzen Prozess nur ein Medium, keine Lösungsebene.
ZitatSolange da einer im unterscheidenden Bewusstsein hängen bleibt, kann er natürlich zwischen Illusion und Wahrheit unterscheiden, aber auch das ist Illusion und Resultat des Denkens. Das Denken aber ist ja was Aufgesetztes und Konzept.
Genau, deshalb lässt man sich auf Texte ein, die andere Möglichkeiten bieten, die keine Auslöser der falschen Sicht- und Handlungsweisen sind, sondern ihr Wesen erklären. In MN 1 findet man z. B. Beispiele dazu, welche Herangehensweise hinsichtlich (auch) der Praxis zu vermeiden wäre. Achtsamkeit ist ein Mittel dazu, sich da eine bessere Position zu erarbeiten, die durch Erkenntnis- und Beobachtungsmethodik eine Ebene über der herkömmlichen, angeboreren Wahrnehmungsweise bildet. (Man kann sagen "über" aber auch "durchdringend")
ZitatDaher heißt es ja bei Dogen - Körper-Geist fallen lassen -
Das Gleiche geschieht z. B. auch bei der Visualisation, man baut sich eine Ebene auf, auf der man zumindest für die Dauer der Meditation einen von der Dualität ungestörten Kontrast erleben kann, einen Ausblick auf das Absolute. Selbstverständlich ist dies nur eine Vorstellung, aber diese Vorstellung hat eine Auswirkung auf die bisherige Wahrnehmungsweise. In dieser Zeit hat das Geistige die Freiheit sich zu wandeln. Darum ist jede, auch nur kurze oder in den Alltag integrierte Meditation immer ein Zugewinn.