Daseinsfaktoren

  • Die verschiedenen mentalen Identifikationsprozesse zu erkennen, und verschiedene Ich Ansichten oder Ich Geschichten als ungenügsam oder illusionär zu erkennen, heisst nicht, dass man sagen will oder muss 'Es gibt kein Ich'.

    Das ---nichts, aber diese alle Prozessse sind bedingt entstanden, und wenn man versucht die als das inhärenstes Wesen ( "Ding") zu verorten, dann man findet nichts.

    Aber die alle wirken, genau deswegen, weil die nichts aus sich selbst heraus existieren.

    Ansonten es wäre nichts möglich. Das bestätigt sehr klar und eindeuitig die Wissenschaft.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich denke schon dass man das so sagen kann, ohne Verlust von Geliebtem oder Angenehmem gäbe es ja keinen Grund nach Befreiung zu streben.

    Also meinst Du, wenn jemand der keine wesentlichen Verluste von Geliebtem oder Angenehmen zu verzeichnen hat und aus irgendeinem anderen Grund nach Befreiung strebt, damit keine Aussicht auf Erfolg haben wird?

    Es wird ihm wohl der Antrieb fehlen, wie es von Himmelswesen heißt dass sie nicht nach Befreiung streben weil es ihnen immer gut geht. Ich glaube nicht dass ein Mensch keine wesentlichen Verluste an Geliebtem oder Angenehmen haben kann. Sogar der Buddha hatte den Wunsch nach Befreiung weil er eingesehen hat dass er seine Jugend, seine Gesundheit und am Ende sein Leben verlieren wird.

  • Dazu fällt mir ein Zitat von Schopenhauer ein: "Der Selbstmörder verneint nicht das Leben, sondern die Umstände unter denen es ihm geworden ist". "Das Leben verneinen" bedeutet bei Schopenhauer den Daseinsdurst aufgeben.

  • Sogar der Buddha hatte den Wunsch nach Befreiung weil er eingesehen hat dass er seine Jugend, seine Gesundheit und am Ende sein Leben verlieren wird.

    Das ist dann aber wieder nicht erlebte, wahrgenommene Vergänglichkeit, sondern zukünftige, vorgestellte Vergänglichkeit...


    Wie auch immer.


    Hier war ich etwas voreilig:

    ... Und bei 'sich das Entstehen und Vergehen der Körperlichkeit vorstellen' könnte man vielleicht denken, es sei eine Vorstellung ( maññāti ) gemeint, wie ein Embryo sich im Körper entwickelt, zur Welt kommt, usw. Aber so ist es ja nicht gemeint, man soll da ja kein Kopfkino veranstalten. Stattdessen:...

    Das möchte ich noch etwas präzisieren. Zunächst ein genauerer Blick auf Deine Quelle:

    Wie nun entfaltet, ihr Mönche, wie, häufig geübt, bezwingt die Vorstellung der Vergänglichkeit alle Sinnlichkeits-Gier ( kāmarāgaṃ ), bezwingt alle Körper-Gier ( rūparāgaṃ ), bezwingt alle Daseins-Gier ( bhavarāgaṃ ), bezwingt alles Nichtwissen (avijjaṃ ) und vernichtet allen Ich-Wahn ( asmimānaṃ )? 'So ist die Körperlichkeit ( Iti rūpaṃ ), so ist das Entstehen der Körperlichkeit ( iti rūpassa samudayo ), so ist das Vergehen der Körperlichkeit ( iti rūpassa atthaṅgamo ),...'

    Es wird hier also eigentlich nicht von Körper ( kaya ) gesprochen, sondern von (materieller) Form ( rupa ). Und dann ist die Einbettung in die Entfaltung der vier Grundlagen der Achtsamkeit an etwas anderer Stelle gegeben:

    "Wiederum verweilt da ein Bhikkhu, indem er Geistesobjekte als Geistesobjekte im Zusammenhang mit den fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, betrachtet. Und wie verweilt ein Bhikkhu, indem er Geistesobjekte als Geistesobjekte im Zusammenhang mit den fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, betrachtet? Da (versteht) ein Bhikkhu: 'So ist Form ( Iti rūpaṃ ), so ist ihr Ursprung ( iti rūpassa samudayo ), so ist ihr Vergehen ( iti rūpassa atthaṅgamo ); ...

    Und tatsächlich sind diese Betrachtungen, ist dieses Verstehen dichter an Vorstellung von Vergänglichkeit, als an Wahrnehmung von Vergänglichkeit.


    Aber es geht noch weiter und hier kommt wieder Wahrnehmung von Vergänglichkeit zum Tragen. Und zwar nicht die Wahrnehmung der Vergänglichkeit von Form, sondern die Wahrnehmung der bedingten Entstehung der Gedanken (Geistobjekte) zur Vergänglichkeit von Form:

    "Auf diese Weise verweilt er, indem er Geistesobjekte innerlich als Geistesobjekte betrachtet, oder er verweilt, indem er Geistesobjekte äußerlich als Geistesobjekte betrachtet, oder er verweilt, indem er Geistesobjekte sowohl innerlich als auch äußerlich als Geistesobjekte betrachtet. Oder er verweilt, indem er die Ursprungsfaktoren in Geistesobjekten betrachtet ( samudayadhammānupassī ), oder er verweilt, indem er die Auflösungsfaktoren in Geistesobjekten betrachtet ( vayadhammānupassī ), oder er verweilt, indem er die Ursprungs- und Auflösungsfaktoren in Geistesobjekten betrachtet. Oder die Achtsamkeit, daß da Geistesobjekte vorhanden sind, ist einfach in dem Ausmaß in ihm verankert, das für bloße Vergegenwärtigung und Achtsamkeit nötig ist. Und er verweilt unabhängig, haftet an nichts in der Welt an..."

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot, die Vergänglichkeit der Gedanken kann man direkt bei sich wahrnehmen weil sie ständig entstehen und vergehen. Die Vergänglichkeit des Körpers kann man nur indirekt bei anderen wahrnehmen, wenn jemand gestorben ist. Deshalb muss man sich vorstellen dass man auch sterben wird, wenn man diese Tatsache nicht verdrängen will. Der Tod wird am Ende zwar meistens auch direkt bei sich selber wahrgenommen, aber dann hat man nicht mehr viel Zeit um die Anhaftung an die Khandha auch wirklich aufzugeben, was ja der Zweck der Besinnung auf die Vergänglichkeit ist. Besonders wenn man sein ganzes Leben lang davon überzeugt war die Khandha zu sein. Auch scheint Alter und Krankheit fern wenn man jung und gesund ist. Der Körper ist stabiler als der Geist, das Alter verändert ihn nur langsam und Krankheit nur manchmal.


    Das ist wohl der Grund dass man sich die Vergänglichkeit vorstellt wo sie im Moment nicht wahrnehmbar ist und dass man sie wahrnimmt wo sie jederzeit wahrnehmbar ist denke ich.

  • Memoiren gefunden in der Badewanne


    Ich hab sie endlich gefunden. Hat auch lange genug gebraucht. Die erste Rede enthält alle wesentlichen Bestandteile der Lehre des Buddha.

  • Es gibt mehrere Lehrreden wo am Ende jemand "das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit" aufging. Abgespült, naja.


    Zitat

    Dīghanakho aber, dem Pilger, ging das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit auf:

    'Was irgend auch entstanden ist

    Muß alles wieder untergehn.' (M.74)


    Jener vieltausendfachen Geisterschar aber war das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit aufgegangen:

    'Was irgend auch entstanden ist

    Muß alles wieder untergehn.' (D.21)


    Gleichwie etwa ein reines Kleid, von Flecken gesäubert, vollkommen die Färbung annehmen mag, ebenso auch ging da Brahmayu dem Priester, während er noch da saß, das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit auf:

    'Was irgend auch entstanden ist

    Muß alles wieder untergehn.' (M.91)

    u.a.


    Denn:


    Zitat

    "Wenn da, Bruder, ein Mönch der Wirklichkeit gemäß versteht:

    'Was irgend auch entstanden ist,

    muß alles wieder untergehn',

    dann ist insofern der Anblick eines Mönches wohl geläutert. (S.35.204)

  • Es gibt mehrere Lehrreden wo am Ende jemand "das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit" aufging. Abgespült, naja.


    Zitat

    Dīghanakho aber, dem Pilger, ging das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit auf:

    'Was irgend auch entstanden ist

    Muß alles wieder untergehn.' (M.74)

    Wobei Dīghanakha dabei aber im Gegensatz zu Sariputta nicht letztendliche Befreiung erlebte, sondern "nur" beim Stromeintritt voranschritt:

    ...Bei jener Gelegenheit stand der ehrwürdige Sāriputta hinter dem Erhabenen und fächelte ihm Luft zu. Da dachte er: "Der Erhabene spricht in der Tat aus höherer Geisteskraft vom Überwinden dieser Dinge; der Vollendete spricht in der Tat aus höherer Geisteskraft vom Aufgeben dieser Dinge." Während der ehrwürdige Sāriputta dies erwog, war sein Geist durch Nicht-Anhaften von den Trieben befreit."


    Aber in dem Wanderasketen Dīghanakha erschien die fleckenlose, reine Schau des Dhamma: "Alles, was dem Ursprung unterworfen ist, ist dem Aufhören unterworfen." Der Wanderasket Dīghanakha sah das Dhamma, erlangte das Dhamma, erkannte das Dhamma, drang in das Dhamma ein; er ließ den Zweifel hinter sich, er wurde frei von Verwirrung, er erlangte Selbstvertrauen und wurde in der Lehre des Lehrers von anderen unabhängig."


    Dann sagte er zum Erhabenen: "Großartig, Meister Gotama! Großartig, Meister Gotama! Das Dhamma ist von Meister Gotama auf vielfältige Weise klar gemacht worden, so als ob er Umgestürztes aufgerichtet, Verborgenes enthüllt, einem Verirrten den Weg gezeigt oder in der Dunkelheit eine Lampe gehalten hätte, damit die Sehenden die Dinge erkennen können. Ich nehme Zuflucht zu Meister Gotama und zum Dhamma und zur Sangha der Bhikkhus. Möge Meister Gotama mich von heute an als Laien-Anhänger, der zu ihm lebenslang Zuflucht genommen hat, annehmen."

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot, die Vergänglichkeit der Gedanken kann man direkt bei sich wahrnehmen weil sie ständig entstehen und vergehen. Die Vergänglichkeit des Körpers kann man nur indirekt bei anderen wahrnehmen, wenn jemand gestorben ist. Deshalb muss man sich vorstellen dass man auch sterben wird, wenn man diese Tatsache nicht verdrängen will. Der Tod wird am Ende zwar meistens auch direkt bei sich selber wahrgenommen, aber dann hat man nicht mehr viel Zeit um die Anhaftung an die Khandha auch wirklich aufzugeben, was ja der Zweck der Besinnung auf die Vergänglichkeit ist. Besonders wenn man sein ganzes Leben lang davon überzeugt war die Khandha zu sein. Auch scheint Alter und Krankheit fern wenn man jung und gesund ist. Der Körper ist stabiler als der Geist, das Alter verändert ihn nur langsam und Krankheit nur manchmal.


    Das ist wohl der Grund dass man sich die Vergänglichkeit vorstellt wo sie im Moment nicht wahrnehmbar ist und dass man sie wahrnimmt wo sie jederzeit wahrnehmbar ist denke ich.

    Vorstellung ist nah an Nachdenken. Nachdenken allein genügt aber nicht:

    "Dann, ihr Bhikkhus, nachdem ich selbst [...] dem Tode unterworfen war, die Gefahr in dem, was dem Tode unterworfen ist, erkannt hatte und die todlose höchste Sicherheit vor dem Gefesseltsein, Nibbāna suchte, erlangte ich die todlose höchste Sicherheit vor dem Gefesseltsein, Nibbāna; nachdem ich selbst dem Kummer unterworfen war, die Gefahr in dem, was dem Kummer unterworfen ist, erkannt hatte und die kummerfreie höchste Sicherheit vor dem Gefesseltsein, Nibbāna suchte, erlangte ich die kummerfreie höchste Sicherheit vor dem Gefesseltsein, Nibbāna; [...] Das Wissen und die Schauung erwuchs mir: 'Meine Befreiung ist unerschütterlich; dies ist meine letzte Geburt; jetzt gibt es kein erneutes Werden mehr.'"


    "Ich erwog: 'Dieses Dhamma, das ich erlangt habe, ist tiefgründig, schwer zu sehen und schwer zu verstehen, friedvoll und erhaben, durch bloßes Nachdenken nicht zu erlangen, subtil, von den Weisen zu erfahren..."

    Viele Grüße

    Elliot

  • Jedenfalls hat es eine große Bedeutung über die Vergänglichkeit bewusst zu werden. Wie auch die letzten Worte des Buddha waren:

    Zitat

    Wohlan denn, ihr Mönche, lasst euch gesagt sein: schwinden muss jede Erscheinung, unermüdlich mögt ihr da kämpfen. (D.16.6.5)

  • Vorstellung ist nah an Nachdenken. Nachdenken allein genügt aber nicht:

    ....

    Ja, es ist eher ein tiefgründiges Erfassen würde ich sagen, Meditation oder Kontemplation und kann wohl erst durch die von dir erwähnte "abhiññā" zur letztendlichen Befreiung führen. Vielleicht gibt es auch einen Zusammenhang zwischen abhiññā und Stromeintritt, das weiß ich jetzt nicht.

    Aber ohne den gesamten achtfachen Pfad zu erfüllen wird man damit auch nicht sehr weit kommen.

  • Vielleicht gibt es auch einen Zusammenhang zwischen abhiññā und Stromeintritt, das weiß ich jetzt nicht.

    Den wüsste ich auch nicht.


    1. Fessel "Zweifel (an der Lehre des Buddha)": Das Aufgeben der Zweifel erfordert vielleicht Vertrauen und Offenheit, aber nicht höhere Geisteskraft. Und mit dem Schwinden der Zweifel allein stellt sich auch keine höhere Geisteskraft ein.


    2. Fessel "Hängen an Regeln und Ritualen": Auch hier sehe ich nicht, wo außer vielleicht Überwindung und gewisse Anstrengung höhere Geisteskraft gefordert sein könnte oder aus dem Aufgeben von Regeln und Ritualen höhere Geisteskraft entstehen könnte.


    3. Fessel "Persönlichkeits-Ansicht" ( sakkaya-ditthi ): Hier könnte es schon interessanter werden in Zusammenhang mit den Daseinsmerkmalen:

    "Ehrwürdige, auf welche Weise entsteht die Persönlichkeitsansicht nicht?"


    "Freund Visākha, ein wohlunterrichteter edler Schüler, der die Edlen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist, der aufrechte Menschen beachtet und in ihrem Dhamma bewandert und geschult ist,

    • betrachtet Form nicht als Selbst, oder Selbst als Form besitzend, oder Form als im Selbst enthalten, oder Selbst als in Form enthalten.
    • Er betrachtet Gefühl nicht als Selbst, oder Selbst als Gefühl besitzend, oder Gefühl als im Selbst enthalten, oder Selbst als im Gefühl enthalten.
    • Er betrachtet Wahrnehmung nicht als Selbst, oder Selbst als Wahrnehmung besitzend, oder Wahrnehmung als im Selbst enthalten, oder Selbst als in der Wahrnehmung enthalten.
    • Er betrachtet Gestaltungen nicht als Selbst, oder Selbst als Gestaltungen besitzend, oder die Gestaltungen als im Selbst enthalten, oder Selbst als in den Gestaltungen enthalten.
    • Er betrachtet Bewußtsein nicht als Selbst, oder Selbst als Bewußtsein besitzend, oder Bewußtsein als im Selbst enthalten, oder Selbst als im Bewußtsein enthalten.

    Auf diese Weise entsteht die Persönlichkeitsansicht nicht."

    Aber dafür braucht es eigentlich auch keine höheren Geisteskräfte, sondern eben eine bestimmte (richtige) Ansicht, die auf gewöhnlicher Vernunft und Einsicht basiert:

    Und ich wüsste auch nicht, wo das Aufgeben der Persönlichkeitsansicht zu höheren Geisteskräften führt. Im Grunde passiert hier erstmal nicht viel mehr, als eine hinderliche Vorstellung durch eine bessere, dem Zweck förderlichere Vorstellung zu ersetzen. Diese bessere Vorstellung soll als Floß dienen, aber wenn sie ihren Zweck erfüllt hat, ist sie auch wieder loszulassen, so wie jede andere Vorstellung auch:

    Viele Grüße

    Elliot

  • Die verschiedenen mentalen Identifikationsprozesse zu erkennen, und verschiedene Ich Ansichten oder Ich Geschichten als ungenügsam oder illusionär zu erkennen, heisst nicht, dass man sagen will oder muss 'Es gibt kein Ich'.

    Das ---nichts, aber diese alle Prozessse sind bedingt entstanden, und wenn man versucht die als das inhärenstes Wesen ( "Ding") zu verorten, dann man findet nichts.

    Aber die alle wirken, genau deswegen, weil die nichts aus sich selbst heraus existieren.

    Ansonten es wäre nichts möglich. Das bestätigt sehr klar und eindeuitig die Wissenschaft.


    Ich verstehe nicht worauf du hinauswillst. Es gibt in den buddhistischen Texten gute und klare Erklärungen und Begriffe, die einen bei der besseren Wahrnehmung mentaler/innerer Vorgänge/Prozesse unterstützen können. Grössere Achtsamkeit heisst ja, beispielsweise formuliert: dass man das Entstehen und Vergehen gewisser Gefühlsregungen und dem Gefolge: hiervon bedingte Willensregungen direkt erkennt.


    Deine Ausgangsfrage, die ich zu dieser Kommunikation jetzt aufgegriffen hatte war ja:


    Zitat

    Apropo, wenn es keinen "Ich" im Buddhismus gibt, dann wer:?: dann leidet, und wer sollte dann befreit werden?

    Von wem oder was befreit, was man rein logisch nichts vor-finden kann?:?:


    Und dazu meinte ich in etwa, dass ich es nicht weise finde, so eine grosse Aussage als eine Wahrheit die alle irgendwie doch? existierenden und handelnden Personen meinen oder sogar ansprechen soll?, zu tätigen.


    Das Gewahrsein für die inneren Vorgänge zu entwicklen und hierdurch auch besser die Idee 'Ich-Illusion', aber mehr noch diese Realität genauer beobachten zu können, ist nach dem 'logischen', dem Verstehen durch Nachdenken der nächste Schritt. Das Nachdenken und sich Klarwerden darüber, dass man richtiger zB von Wünschen und Gefühlen spricht (weil es mehr der Realität entspricht), anstatt von einem eigenem Selbst oder 'ICH' was so oder so einfach wäre, fördert die Entwicklung dieses stärkeren Gewahrseins darüber was genau 'innendrin' abläuft. Würde ich mal so allgemein behaupten.

  • Ich verstehe nicht worauf du hinauswillst

    Das ! habe ich gut verstanden.


    Zitat
    »Das Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da. Die Taten gibt es, doch kein Täter findet sich. Erlösung gibt es, doch nicht den erlösten Mann. Den Pfad gibt es, doch keinen Wandrer sieht man da.«

    anattā


    Es gibt in den buddhistischen Texten gute und klare Erklärungen und Begriffe,

    Das stimmt.



    Zitat

    »Wer da über die Bedingte Entstehung (siehe paticcasamuppāda) der Dinge im Unklaren ist und die Entstehung der karmischen Willenshandlungen (saṅkhāra: Karmaformationen) aus der Unwissenheit (avijjā) usw. nicht begreift, der denkt, daß es ein 'Ich' sei, das da erkenne oder nicht erkenne, das handle und handeln lasse, das bei der Wiedergeburt zur Entstehung komme . . . daß es das mit den Fähigkeiten ausgestattete Ich sei, das den Bewußtseinseindruck habe (phassa), fühle (vedanā), begehre (tanhā), anhafte (upādāna), fortdauere und wieder in einem anderen Dasein zum Entstehen komme« (Vis. XVII).


    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Ich verstehe nicht worauf du hinauswillst

    Das ! habe ich gut verstanden.


    Zitat
    »Das Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da. Die Taten gibt es, doch kein Täter findet sich. Erlösung gibt es, doch nicht den erlösten Mann. Den Pfad gibt es, doch keinen Wandrer sieht man da.«

    anattā


    Ja, es gab sogar Menschen die sagten, es gäbe keine Person. Von Buddha findet man Sätze in der Art nicht.


    Es ist eine Einsicht, die man aus meiner Sicht nicht einfach vermitteln kann, indem man ein paar positive Sätze (zB: es gibt das und anderes gibt es nicht) sagt. Weise ists aus meiner Sicht wirklich nicht, zu sagen es gibt sozusagen nur die Welt (oder einen Weg) aber nicht den, der auf ihr wandelt.


    Keine gute 'Erklärung', ich denke für die meisten auch irreführend, die Fragen und Kommentare dazu sind ja auch entsprechend. Ich würde diese Sätze mehr als inspirierend gemeinte Literatur nehmen, nicht als eine letzte (buddhistische) Wahrheit darüber, was es gibt und was nicht.

  • "Ich bin dies" ist eine Vorstellung die sich auf etwas Konkretes bezieht, auf Körper und Geist. "Ich bin" ist eine abstrakte Vorstellung die bedeutet dass ich nicht etwas bin, sondern einfach nur bin. Das hat keinen Bezug zur erlebten Wirklichkeit. Die Vorstellung Körper/Geist zu sein ist sehr konkret, soll heißen überaus stark und tief verwurzelt, sehr schwer zu durchschauen und aufzugeben. Sogar wenn die Identifikation mit dem Körper vollkommen beendet wäre bliebe noch ein unendlich weites Feld der Identifikation mit etwas Geistigem. So denke ich dass die hier erwähnten Grundlagen von der man durch diese Vorstellungen nicht mehr weggespült werden kann etwas außerordentlich hohes oder tiefgründiges sein müssen.


    Die Grundlagen sind nach diesem Sutta Weisheit, Wahrheit, Verzicht und Frieden. Es heißt da: "Seine Befreiung, die auf der Wahrheit gegründet ist, ist unerschütterlich" (Absatz 26). Ja solange man diese Grundlagen nicht hat sind sie eine Vorstellung und ein Floß dass über die Ich-Vorstellungen hinaus führen soll, zur Wirklichkeit von Anatta. Eine schöne Vorstellung aber eine schwierige Überfahrt, ohne abhiññā wird man jedenfalls nicht ankommen.

  • „Ich bin dies“ ist eine Vorstellung die...

    die ich betrachten kann, auch dieses „bin“. Was betrachtet werden kann, ist nicht ich, weil ich „Ich bin.“ betrachten kann.

    Wer das betrachtet, ist eine widersinnige Frage. Denn das „Ich“ kann nicht das „Ich“ des Betrachtenden betrachten.

  • „Ich bin dies“ ist eine Vorstellung die...

    die ich betrachten kann, auch dieses „bin“.


    ... eine Vorstellung, eigentlich mehr ein Vorstellungsbündel, das, wenn man es nicht gut genug erkennt, zu solchen, felsenfesten Erklärungen führt: es ist (an sich doch) ein Ich/ein Selbst das denkt und fühlt und anschaut und spricht.


    Warum überhaupt sowas denken, sprechen? Was hat es für einen Nutzen ausser der Befriedigung des Gefühlsausdruckswunsches dessen was doch offensichtlich ist: man existiert, man ist eine Person aus Fleisch und Blut und man kann denken und tun und beobachten


    - nur ist neben diesem ersten Verständnis, sozusagen neben diesem Grundverständnis noch eine andere Verständnisebene, von der aus man Akteur (zB Ich) und Handlung (zB 'beobachten') mehr als Einheit, denn als Differenz erklären mag.


    Also nicht so: es ist ein Ich was beobachtet, sondern so: es ist Bewusstseinsbildung und damit auch Vorstellungsbildung in Abhängigkeit von.

  • ... Eine schöne Vorstellung aber eine schwierige Überfahrt, ohne abhiññā wird man jedenfalls nicht ankommen.

    Das denke ich auch nicht.


    Obwohl es manchmal auf den ersten Blick so aussehen mag, dass bestimmte nützliche Vorstellungen und Ansichten fast unverzüglich eine Wirkung entfalten:

    Das ist doch schon erstaunlich, dass sechzig Bhikkus beim Hören dieser Lehrrede, also offenbar beim Reflektieren des Sinns der Worte, Befreiung erleben. Ohne abhinna, allein aufgrund der Vorstellung 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst' ...? Man darf wohl davon ausgehen, dass es sich bei den sechzig Bhikkhus um "wohlunterrichtete edle Schüler" handelte. Und dann könnte doch auch etwas abhinna im Spiel gewesen sein:

    ... Dann, nachdem der Erhabene die Sakyer von Kapilavatthu mit einem Vortrag über das Dhamma einen Großteil der Nacht hindurch unterrichtet, aufgefordert, aufgerüttelt und ermuntert hatte, sagte er zum ehrwürdigen Ānanda: " Ānanda, sprich zu den Sakyern von Kapilavatthu über den Schüler in Höherer Schulung, der den Weg betreten hat. Ich fühle mich im Rücken unbehaglich. Ich will ihn entspannen."


    "Ja, ehrwürdiger Herr", erwiderte der ehrwürdige Ānanda. Dann bereitete der Erhabene seine vierfach gefaltete äußere Flickenrobe vor, legte sich achtsam und wissensklar auf der rechten Seite in der Löwenstellung nieder, nachdem er sich die Zeit zum Aufstehen eingeprägt hatte.


    Dann richtete sich Ānanda folgendermaßen an Mahānāma, den Sakyer: "Mahānāma, da besitzt ein edler Schüler Sittlichkeit, schützt seine Sinnestore, ist gemäßigt im Essen und widmet sich der Wachsamkeit; er besitzt sieben wahre Qualitäten und ist einer, der nach Belieben, ohne Probleme oder Schwierigkeiten die vier Vertiefungen erlangt, die die höhere Herzensart ( ābhi-cetasikānaṃ ) ausmachen und für ein angenehmes Verweilen hier und jetzt sorgen."...

    Viele Grüße

    Elliot

  • Das ist doch schon erstaunlich, dass sechzig Bhikkus beim Hören dieser Lehrrede, also offenbar beim Reflektieren des Sinns der Worte, Befreiung erleben. Ohne abhinna, allein aufgrund der Vorstellung 'Dies ist nicht mein, dies bin ich nicht, dies ist nicht mein Selbst' ...? Man darf wohl davon ausgehen, dass es sich bei den sechzig Bhikkhus um "wohlunterrichtete edle Schüler" handelte. Und dann könnte doch auch etwas abhinna im Spiel gewesen sein:


    Es war hierzu unterstützend auch die starke Präsenz eines besonderen Menschens anwesend, eine Haltung von der man sich einnehmen, gewissermassen getragen und inspiriert werden konnte -


    Diese Bedingung würde ich als nicht zu gering einordnen, um sich diese 'Spontanklärung' so vieler Zuhörer aufeinmal zu erklären.

  • „Ich bin dies“ ist eine Vorstellung die...

    die ich betrachten kann, auch dieses „bin“. Was betrachtet werden kann, ist nicht ich, weil ich „Ich bin.“ betrachten kann.

    Wer das betrachtet, ist eine widersinnige Frage. Denn das „Ich“ kann nicht das „Ich“ des Betrachtenden betrachten.

    Deshalb habe ich es als eine abstrakte Vorstellung bezeichnet. Abstrakt im Sinne von "sich [nur] im Gedanklichen, Theoretischen bewegend [und keinen unmittelbar feststellbaren Bezug zur Wirklichkeit habend]" (Duden)


  • Das glaube ich auch dass es edle (ariya) Schüler waren:

    Zitat
    Zusammengefaßt gibt es 4 Edle Personen (ariya-puggala):  
      1. den Stromeingetretenen (sotāpanna),
      2. den Einmalwiederkehrenden (sakadāgāmi),
      3. den Nichtwiederkehrer (anāgami),
      4. den Heiligen (arahat).


    Dass ein "Weltling" (puthujjana) so plötzlich von den Trieben befreit wird finde ich schwer vorstellbar, besonders wenn mit "den Trieben" alle Triebe gemeint sind, was dann ja einen Arahat ergibt.


    Zitat

    Putujjana


    'Weltling', wörtl. «gewöhnliche Menschen», nennt man jeden, - seien es Mönche oder Laien, der noch sämtliche 10 Fesseln besitzt und daher noch keine der 4 Heiligkeitsstufen (Stromeintritt usw.) verwirklicht hat, im Gegensatz zu den Edlen Jüngern (siehe ariya-puggala), die alle eine oder mehrere Stufen erreicht haben.


    So werden wohl die Vorstellungen oder Ansichten in dieser Lehrrede durch lange, jedenfalls intensive Ausübung des achtfachen Pfades schon weitgehend zu Wahrnehmungen der Wirklichkeit geworden sein, die nun vollkommen geworden sind. Wobei ich auch denke dass solche Worte eine große Wirkung haben wenn sie von jemand vorgetragen werden der vollständig zur Wirklichkeit erwacht ist.

  • Und wenn man bedenkt, dass das teilweise schon nahezu Großveranstaltungen waren:

    Da kann es schon sein, dass während so eines Vortrags sechzig der Zuhörer, die schon die fünf niedrigen Fesseln gelöst haben, auch noch die restlichen ablegen.

    Viele Grüße

    Elliot

  • Leider ist es so nicht. Es gibt kein Wort für "Betrachter-ich". Du kannst auch nur noch das denkende-Ich und das beobachtende-Ich in mir ansprechen, die sind dir ja auch, bei Dir, bestens bekannt. Doch das wovon ich "dieses denkende-Ich" stammelt. Kann nur versagen. Es ist absolut lächerlich. Wenn das Betrachten lächeln könnte, würde es das wohl tun, aber das ist auch nur ein scheiß Gedanke, der betrachtet werden kann.


    Was betrachtet werden kann, kann nicht ich sein, weil ich es betrachte und alles, was ich betrachte, ist mein ich, doch weil ich es betrachte, doch nicht mein ich. Könnte ich seitenweise weiter machen, ohne jemals verstanden zu werden oder es selbst zu verstehen. Das geht nur mit Verstand und Herzgeist. Das ist ganz logisch und voll daneben.

    Wie: Wenn fliegen hinter fliegen fliegen, fliegen fliegen fliegen hinterher.

    Mähen abte gras abte mähn nicht abte beten.

    Einmal editiert, zuletzt von Noreply ()

  • Angenommen, in der Nähe eines Flusses lebte ein Mann. Am Fußgelenk fesselt ihn ein unsichtbares, geschmeidiges und schwer zu ertastendes Seil mit Namen „sakkaya-ditthi“ an einen Pflock, der fest im Boden eingegraben ist. Solange der Mann sich nicht zum Fluss oder gar hinein bewegt, spürt er dieses Seil gar nicht und lebt ein gewöhnliches Leben ohne Einschränkungen: „Dies bin ich, das ist mein“. Sobald er zum Flussufer geht oder sich gar ein paar Schritte hineinwagt, beginnt er, das Seil zu spüren und es hält ihn zurück.


    Als er eines Tages am Ufer des Flusses steht und versucht auszumachen, was sich wohl am gegenüberliegenden Ufer befindet, kommt ein anderer Mann vorbei. Sie unterhalten sich darüber und als sie sich verabschieden gibt ihm der andere Mann das Ende eines Seils in die Hand. Es trage den Namen „N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā“ und es sei an einem Pflock befestigt, der fest im Boden am gegenüberliegenden Ufer eingegraben ist.


    Jetzt könnte der Mann das Seilende liegen lassen oder in den Fluss werfen, in der Annahme, der andere Mann habe ihn auf den Arm genommen und das Seil sei in Wirklichkeit an einem Baumstamm befestigt, der ziellos den Fluss hinabtriebe. Oder er könnte sich am Seil festhaltend so weit in den Fluss hineinwagen, bis er schmerzhaft die unsichtbare geschmeidige „sakkaya-ditthi“-Fessel am Fußgelenk spürt und wieder umgekehren muss. Er könnte dies auch jeden Tag wiederholen, jeden Tag etwas weiter in den Fluss hineinkommen, sich an die Schmerzen gewöhnend und am Seil ziehend die Fessel mehr und mehr dehnen, vielleicht Vorstellungen vom gegenüberliegenden Ufer dabei entwickelnd.


    So könnte es sein, dass „Vorstellungen und Ansichten durch lange, jedenfalls intensive Ausübung schon weitgehend zu Wahrnehmungen der Wirklichkeit werden“.


    Wie könnte der Mann aber wirklich Erfolg haben? Wenn er sich das „N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā“-Seil zur Sicherheit fest um den Rumpf bindet, damit dann soweit in den Fluss steigt, bis er die unsichtbare geschmeidige „sakkaya-ditthi“-Fessel spürt und in Griff bekommt und einen Weg findet, sie zu lösen, sich dann am „N’etaṃ mama, n’eso’ham-asmi, na m’eso attā“-Seil an das andere Ufer hangelt, wobei er es loslässt an Stellen, wo nur geschwommen werden kann. Wenn er am anderen Ufer angekommen ist, dann löst er das Seil vom Rumpf und ist frei.


    Viele Grüße

    Elliot