Missbrauch des Konzeptes der Wiedergeburt zur Rechtfertigung

  • Hallo,


    das Karmakonzept ist, meiner Meinung nach, nur ein Modell, das auf etwas hinweist, einen Geschmack von etwas gibt, was mit Worten oder Denken nicht vollständig zu erfassen ist.
    Wie die ganze Buddhalehre auf etwas hinweist, was nicht mit dem Denken vollständig erfasst werden kann.
    Was wissen wir denn schon. Woher will ich wissen ob das, was mir gerade schmerzliches passiert, schlechtes Karma ist. Vielleicht bringt der Schmerz mich ja zur Befreiung. Wer weiß das schon.
    Es ist einfach anmaßend zu glauben, man weiß wie Karma funktioniert. Wir haben keine Ahnung.
    Und deswegen finde ich es am hilfreichsten das Karmakonzept einfach auf sein eigenes Leben anzuwenden. Und andere damit in Ruhe zu lassen, geschweige denn ihr Leben dannach zu beurteilen. Eben weil wir keine Ahnung haben.
    Es ist generell herzlos, andere Menschen nach Konzepten zu beurteilen. Egal ob Karma - Konzepte oder Schöhnheitsideal - Konzepte oder IQ - Konzepte , ... .
    Konzepte können eine Hilfe sein für jeden persönlich, aber sollten keine Grundlage sein zur Beurteilung von Menschen.
    Letztendlich führt doch die Lehre vom Karma dazu, alles was jetzt hier ist, so anzunehmen wie es ist. Weil es eben nach dieser Gesetztmäßigkeit so sein muß.
    Es ist ok, so wie es ist. Man muß sich nicht mehr ständig im Kopf um seine Probleme drehen. Man muß nicht mehr kämpfen. Karma halt.
    Die Gedanken kommen zur Ruhe und man kann sich den Luxus erlauben einfach hier zu sein.
    Daraus kann dann auch Handlung geschehen, muß aber nicht. So wirkt die Karmalehre jedenfalls für mich.


    Liebe Grüße

  • Ursache und Wirkung sagt kaum, eigentlich gar nichts aus. Was ist dass Gegenteil von Ursache und Wirkung ? Ursache und keine Wirkung ?


    Und zweitens wird es erst interessant, wenn man einer Wirkung die Ursache zuordnet. Und da bringen Religionen die Moral ins Spiel.


    Da wird dann von Eifersucht ein Vulkanausbruch verursacht oder eine Erkältung wird von Missgunst oder nicht genügend Güte "verursacht" usw.



    Tja aber wo liegt der Beweis ? Und gibt es nicht je Wirkung viele Ursachen ? Manche würden sogar als Nondualist jede lineare Ursache-Wirkungskette verneinen, denn alles wirkt bei einem verbundenen Daseins-Netz.

    Nibbana:..Befreit von der Zuordnung durch Form, Vaccha, ist der Tathagata tief, grenzenlos, hart auszuloten, wie die See. 'Wiedererscheinen', ist nicht anwendbar. 'Nicht wiedererscheinen',ist nicht anwendbar... MN72 (http://zugangzureinsicht.org/)


  • Lieber Mabuttar, im "Abidhamma" kann nach diesen Antworten geforscht werden, oder wenn man es etwas " kürzer " haben möchte ist das Buch "Karma" von Alfred Weil auch weiterführend.

  • Ok danke. Im Abhidhamma wird glaub ich in mehreren Ursache-Wirkungs Ebenen unterschieden, was ich schonmal gut finde ( also Physikalische Kausalität, Biologische... Kausalität der Handlungen (Karma)...)


    Am Besten find ich noch die einfache Begründung des Karmas in Karma = Wille und dass der Wille zu Taten führen sollte die weder mir noch Anderen Leiden zufügen.
    Das war eigentlich auch das Hauptanliegen der Silas, relative und weitgehende Leidvermeidung.

    Nibbana:..Befreit von der Zuordnung durch Form, Vaccha, ist der Tathagata tief, grenzenlos, hart auszuloten, wie die See. 'Wiedererscheinen', ist nicht anwendbar. 'Nicht wiedererscheinen',ist nicht anwendbar... MN72 (http://zugangzureinsicht.org/)

  • Vorweg ich habe nicht alles hier gelesen, nur den Anfang, möchte mich daher hauptsächlich auf den Anfang der Diskussion beziehen ohne näher (erstmal ) auf die einzelnen Meinungen einzugehen.


    Was mir vorallem dazu einfällt / auffällt ist der Versuch bestimmtes Menschgemachtes Grauen miteinander zu verflechten und durch den Buddhismus zu wiederlegen, oder anders den Buddhismus dazu zu benutzen die Dinge die teils täglich auf dieser Welt passieren zu erklären, oder zu entschuldigen.
    Das funktioniert so nicht - Buddhismus geht so nicht.


    Es gibt keine menschliche Erklärung für etwas das in uns Menschen steckt, wir sind zu allem fähig, wir haben diese Möglichkeiten in uns. Der Buddhismus zeigt einfach auf, das wir auch die Entscheidung haben. Es geht nicht um Sühne, um Schuld. Da ist der Buddhismus weit von entfernt. Es geht vielmehr darum die Dinge die passieren zu betrachten, ihnen sehr nahe zu kommen und sie dann in einem selbst zu verändern, das man sich daraus hinaus bewegt - statt Hass, Liebe, statt Gewalt, Mitgefühl.


    Es gibt keine Entschuldigung für das was war, das wird es nie geben, das muss es aber auch nicht, denn die Erklärung für all das liegt im Karma. Was nicht bedeutet das der Buddhismus besagt, das ein Karma IMMER SO ablaufen muss. Wir sind Individualisten, wir haben unendlich viele Möglichkeiten, Holocaust ist nur eine.
    Eine Bekannte Tatsache, andere Dinge erfahren wir gar nicht, weil sie uns a) nicht interessieren, sie b) zu abwegig sind (wir sie uns nicht vorstellen können und c) wir nicht die Erfahrung gemacht haben.
    Wir Menschen halten uns gerne an dem Schrecken, dem Horror fest, weil wir gerade in dieser Zeit verbunden sind, die einen durch die Taten, die anderen durch die Opfer, so was nennt man auch Kausalität.
    So ist der Mensch gestrickt, das ist unsere Natur. Im Buddhismus lernen wir das Schrecken und Horror nicht notwendig ist um sich zu verbinden, wir erleben sozusagen eine Erneuerung, oder anders die Erleuchtung, indem wir das Leid anerkennen und uns aus dem Leid hinausentwickeln.


    Das ist für mich der Punkt auf dem i. Das ist für mich die Grundsequenz.


    Du schreibst (ich meine den Jenigen der diese Diskussion entfacht hat), das du den Buddhismus kritisch beäugen möchtest, das ist nachvollziehbar, aber Kritik bedeutet für mich auch etwas zu bemängeln, Fehler im System zu suchen.
    Hinterfragen ist etwas anderes, da geht es darum das Ganze zu verstehen.
    Möchtest du Verstehen oder möchtest du Fehler aufdecken?
    Das ist eine ernstgemeinte Frage, bitte betrachte sie nicht als Angriff.


    Für mich gibt es nicht das EINZIG WAHRE im menschlichen Dasein, der Mensch ist nicht einzig WAHR, er hinterlässt bei allem was er tut, seine Spuren, die für jeden individuell zu betrachten sind.
    Der Buddhismus hat für mich eine Möglichkeit eröffnet das wahre (nicht das einzige) in mir selbst zu suchen, da hat Schuld keinen Platz, und auch Sühne ist nicht angebracht, weil ich denke das alles seine Berechtigung hat, auf diesem Weg des menschlichen Daseins. Wir lernen über Leid, das ist die erste Wahrheit, wie diese für uns letztendlich aussieht ist eben so individuell.


    Wenn ich also höre/lese wir Deutschen haben uns Schuldig gemacht, dann denke ich, das Verharren im Leid der Vergangenheit kein guter Weg im Buddhismus sein und somit fühle ich mich in dieser Betrachtung nicht dazugehörig. Diese Trennung mache jedoch nicht ich, sondern sie wird durch den sprachlichen Gebrauch dieser Tatsachen zur Befremdlichkeit.


    Ganz liebe Grüße von Jo

  • HI,


    ich habe jetzt nicht den ganzen Thread gelesen und kenne mich auch nicht gut im Buddh. aus. Wir sind hier ja aber im Anfängerbereich, deshalb werde ich als Anfänger trotzdem mal mein senf dazu geben!


    Zitat


    Aber nun zum eigentlichen Thema dieses Beitrags:
    Ich habe letztens, als ich mich mit Kritik über den Buddhismus beschäftigt habe, gelesen, dass einige "Buddhisten" folgende These aufgestellt haben:
    << Ausschwitz war gut, da diese Juden in ihrem früheren Leben schlechtes Karma gesammelt haben. >>
    Das ist aus ethischer Sicht abscheulich.


    Wenn du das gelesen hast, dann gibt es sicherlich Quellen dazu ;)
    Diese anzugeben wäre bei solchen Behauptungen mehr als angebracht!
    Jeder, der sich auch nur ein wenig mit dem Buddhismus beschäftigt, weiß dass so eine Theorie absolut schwachsinnig ist...
    Allein das Karma kann nicht über ein bzw. mehrere schicksal/e bestimmen! (heißt nicht, das sie keinen Einfluss haben kann)!
    Man könnte das weiter spinnen, haben 3te welt länder selber schuld für ihre lage, weil sie alle in der Vargangenheit böse waren? Eine Frau die misshandelt/vergewaltigt wird, hat sie in Ihrem vergangenen Leben oder in diesen schlechtes Karma angesammelt! Das könnte man endlos so weitertreiben...



    Es gibt sicherlich noch mehr und bessere Argumente um diese Thesen zu wiederlegen, wovon hier sicherlich schon einige genannt wurden!


    ich wollte nur mal mitteilen, wie schwachsinnig und empört ich darüber bin ... :)



    Das wir hier überhaupt über so etwas diskutieren müssen...


    Ich frage mich, warum nicht mehr Nationen ein solches schicksal erlitten haben, wie viel leide menschen anderen menschan angetan haben, müsste uns allen so etwas geschehen.. usw. usf...

  • Stein:


    Ich frage mich, warum nicht mehr Nationen ein solches schicksal erlitten haben, wie viel leide menschen anderen menschan angetan haben, müsste uns allen so etwas geschehen.. usw. usf...


    mhm... , Ja aber das gab und gibt es doch zu allen Zeiten auf der ganzen Welt! Oder verstehe ich dich falsch?


    Überall dort wo Menschen ansässig waren/sind, ist und wird Grauen und Leid entstehen, das ist in der Vergangenheit so, in der Gegegenwart und in der Zukunft. Das der Holocaust so nah ist, so diskutiert wird, liegt am Leid selbst, das öffentlich gemacht wurde.
    Es berührt unser Mitgefühl weil es so viele Zeitzeugen gibt und die Bezeichnung; "Schuld" immer noch in unserem Karma behaftet ist - so zumindest erkläre ich es mir. Die "Schuld" wird auch künstlich aufrechterhalten, durch die Medien die die Zwanghaftigkeit / Anhaftung für "etwas das war", uns immer wieder ins Gedächtnis rufen.


    Unsere Möglichkeit die wir haben, hat uns der Buddhismus geschenkt.


    Wenn ich dich falsch verstanden habe, dann verzeih.


    Alles Liebe von Jo

  • Zitat


    mhm... , Ja aber das gab und gibt es doch zu allen Zeiten auf der ganzen Welt! Oder verstehe ich dich falsch?


    Darum geht es doch! Wenn man danach geht, müsste der Mensch sich bereits schon selbst ausgerottet haben. Ja ich weiß wir sind dabei, dass tun wir uns aber selber an ;)


    ja und ich weiß auch, dass wir uns teilweise gegenseitig ausrotten, deswegen passt das Bsp. vllt. nicht ganz so gut, wie im eifer des gefechts gedacht...
    Auf jeden fall könnten wir dann ja davon ausgehen, dasses uns deutscehn für unsere tat bald sehr schlecht geht...
    Aber wer sagt denn, dass ich in meinem früheren leben deutscher war usw. usf.?


    Egal ich bereue es jetzt schon mich am Thread beteiligt zu haben, weil es einfach schwachsinnig ist und solange ich keine Quellen angabe zu dieser theorie habe, glaube ich auch nicht, dass es Buddhisten gibt, die so etwas behaupten!


    selbst, wenn jemand ein schreckliches schicksal erleiden muss, weil er schlechtes karma angesammelt hat, heisst es noch lange nicht, dass es gut ist, was diesem menschen geschieht. ...


    Egal! ich bin raus...

  • Hi,


    doch wieder da! :D
    Erstmal muss ich mich entschuldigen, beim überfliegen habe ich die Quelle überlesen! Tut mir leid!
    ich habe jetzt auf jeden Fall gelernt einen Thread komplett und in ruhe zu lese, bevor ich mich beteilige! Entschuldige bitte!!!




    Das ->
    (Rechtsgerichtete Esoteriker z.B. haben konsequenterweise auf der Basis dieses Denkens ein neues, schreckliches Legitimationsargument für Auschwitz erfunden: Die gequälten, ermordeten Juden wollten ihrer Meinung nach im KZ nur ihr schlechtes Karma abarbeiten (!)). (1)


    Quelle: http://www.schmidt-salomon.de/buddhism.htm


    Klingt auf jeden fall anders, als folgendes ->



    Ich habe letztens, als ich mich mit Kritik über den Buddhismus beschäftigt habe, gelesen, dass einige "Buddhisten" folgende These aufgestellt haben:
    << Ausschwitz war gut, da diese Juden in ihrem früheren Leben schlechtes Karma gesammelt haben. >>



    Also nichts von Buddhisten, die so etwas meinen! ;)

  • Schade das du Rauß bist Stein.


    Auch der Buddhist in Mensch... ob irgendwer irgendwas gesagt hat, und ob dieser ein Buddhist war, ist doch erst einmal gleichgültig. Zitat: "Für mich zählt nur, das der Mensch zu allem fähig ist, wenn ein Buddhist andere Wege geht, dann ehrt ihn das, aber er geht die Wege nicht weil er ein besserer Mensch ist, sondern weil er einen besseren Umgang mit seinem Menschsein gefunden hat."
    Das stammt übrigens von mir... aus meinem Buch.


    Grüße von Jo

  • Schön das du wieder da bist Stein... du erinnerst mich unglaublich an mich selbst... ich war früher auch so, wusch war ich da und wusch war ich wieder weg...
    :D


    Alles liebe von Jo

  • Jobrisha:

    Schön das du wieder da bist Stein... du erinnerst mich unglaublich an mich selbst... ich war früher auch so, wusch war ich da und wusch war ich wieder weg...
    :D


    Alles liebe von Jo



    :D:lol:

  • Hallo,
    hier ist noch ein Neuling, der sich jetzt an diese Neulingfrage anhängt. Vorweg: Hier geht es für mich nicht darum, den Buddhismus anzuklagen. Ich weiß, dass Achtsamkeit, in der Meditation wie im Leben, etwas ganz Großartiges und ganz Schweres ist etwas. Ganz unabhängig von solchen Diskussionen und egal, welche Antworten kommen.
    Ich würde mich CurtainCalls Frage anschließen, sie jedoch noch weiter fassen.

    karmahain:

    Ich höre aus Deinem Beitrag eine viel tiefere Frage heraus. Und zwar warum gibt es soviel Leid und ungerechtigkeit auf der Welt und wie passt das mit der buddhistischen Vorstellung von Karma zusammen.


    Ja, karmahain, genau. Der Holocaust an Juden ist nur ein Beispiel. Es gab und gibt so entsetzlich viel Ungerechtigkeit und Gewalt gegen Wehrlose und "Unschuldige"(?), und damit klar zu kommen ist schwer. Die Quälerei eines einzigen Tieres ist genauso schwer zu ertragen wie der Gedanke an den Holocaust.
    Und diese Frage noch weiter fassen: Wie ist dann Engagement für andere, wie ist gelebtes Mitgefühl möglich?
    Gut, ich versuche nur mich anzuschauen und mein Leben, wie komme ich weg vom Karma und hin zu einem bewussten Leben, so habe ich Tolle verstanden. Das klingt überzeugend. Aber wir sind soziale Wesen. Und wir sollen auch Mitgefühl und Liebe empfinden, sagt auch Tolle in diesem Filmausschnitt. Aber was machen wir mit diesen Gefühlen? Dürfen wir uns engagieren? Aber wir sollen doch andererseits lernen zu lassen, sein zu lassen. Dürfen wir unser Mitgefühl in Handlung oder in Worte umsetzen? Wahrscheinlich ist die Antwort: Ja, aber nur gewaltfrei. Nur, wo fängt Gewalt an? Wenn ich einem Wehrlosen zu Hilfe komme, werde ich immer irgendjemandem auf die Füße treten und zumindest in verbale Gefechte verwickelt werden. Und ich greife ein in anderer Leute Leben, sowohl in das der Opfer als auch in das der Täter. Nicht immer ist ein Sachverhalt so klar wie beim Holocaust, wo Gut und Böse klar verteilt sind.


    Aber das ist eine meiner grundlegenden Fragen, die immer wieder kommt, und - dessen bin ich mir bewusst - auch sehr viel mit mir persönlich zu tun .
    Vielleicht ist das der springende Punkt, überlege ich mir gerade. Dass auch Mitleid etwas mit dem Ego zu tun haben kann. Bzw. untrennbar von dem Lebewesen ist, dem das Mitleid gilt. Ich verheddere mich jetzt. Also lass ich das mal so stehen, vielleicht könnt Ihr Klarheit hinein bringen.
    Grüße von Karawane

  • Karma ist das Gesetz von Ursache und Wirkung.wir säen ständig den Samen für unsere Zukunft.Schlechte Handlungen bewirken negative Eindrücke im Karma,gute Handlungen bewirken positive Eindrücke im Karma. Und entsprechend auch die Wiedergeburt.
    Es gibt natürlich Ereignisse auf die wir keinen Einfluß haben.Dazu gehören Naturkatastrophen.
    Der Holocaust war bestimmt nicht karmisch bedingt.
    Ursache und Wirkung zielen ja auch auf den Geisteszustand ab den man hat wenn schlechte oder gute Handlungen ausgeführt werden.
    Heilsam ist es immer gute Handlungen auszuführen.Wer viele schlechte Handlungen ausgeführt hat ,kann im nächsten Leben damit rechnen als hungriger Geist oder als Tier wiedergeboren zu werden.
    Grüße echo7

  • Geht der Buddhismus davon aus, dass die getöteten Menschen in Auschwitz nach vielen Leben Nirvana erreichen werden? Was ist mit den KZ-Wächtern und Funktionären des dritten Reichs? Diese kleinen Jungen und Mädchen, bei denen nach der Einschulung sehr viel schief gelaufen ist... Steht denen am Ende ihres Daseinskreislaufes Erleuchtung offen? Ist für alle diese Wesen auch Buddhaschaft möglich?


    Mit meinem ganz, ganz rudimentären Wissen glaube ich das schon! Mit diesem Vertrauen habe ich Zuflucht genommen, nämlich dass es keinen Punkt auf meinem Weg geben kann, an dem die Regeln des Buddhismus, die Möglichkeit zu meiner Erleuchtung, nicht mehr gelten.


    Daher finde ich, dass die Diskussion zum Holocaust vom falschen, dualen Ende her angesehen wird. Ist es nicht Karma, das bestimmt, wann wir wo und mit wem zusammen sind? Wenn sich eine Gruppe in unserem Zentrum trifft, dann sagt eine meiner Lehrerinnen öfters, dass unser Karma recht ähnlich sei und dies die Konstellation der Gruppe so beeinflussen würde. Wir fühlen uns sofort noch viel mehr Verbunden miteinander.


    Schließlich war auch das Leid nicht pauschal exorbitant im Holocaust. Wenn man das persönlich ertragene, furchtbare und so unnötige, ja willkürliche Leid jeder einzelnen Person im KZ betrachtet, wird man durchaus wesentlich leidvollere Existenzen zu jeder Zeit auf dieser Erde finden. Auch hier ist es so, dass es nicht das Geschehen ist, das Leid verursacht, sondern die eigene Haltung dazu. Auch bei uns, die wir im Angesicht des Holocaust sofort zu leiden beginnen, nicht?


    Ich versuche anstatt mit großem Mitleid das Geschehene mit gleichmütigen Mitgefühl zu behandeln. Das ist nicht leidhaft, aber auch nicht distanziert. Und es ist für tibetische Lamas sicher einfacher als für einen deutschen Buddhismus-Anfänger wie mich.


    Herzliche Grüße,


    Engelbert

  • Frank1:

    Ich will hier, für mich abschließend, meinen scheinbar seltenen Standpunkt nochmals darlegen.
    Alles was war, ist und sein wird, ist Wirkung und aus Ursachen entstanden bzw entsteht daraus. Alles was wir erleben ist eine Wirkung und entstanden aus Ursachen. D.h. Für mich: es gibt keinen Zufall.


    Vielleicht selten, aber nicht einzigartig.

  • accinca:
    Frank1:

    Ich will hier, für mich abschließend, meinen scheinbar seltenen Standpunkt nochmals darlegen.
    Alles was war, ist und sein wird, ist Wirkung und aus Ursachen entstanden bzw entsteht daraus. Alles was wir erleben ist eine Wirkung und entstanden aus Ursachen. D.h. Für mich: es gibt keinen Zufall.


    Vielleicht selten, aber nicht einzigartig.


    Hmmm..


    Das alles Ursachen und Wirkungen hat ist als Aussage ok.


    Das es deshalb keinen Zufall gibt nicht. Beispiel: Radioaktive Atome sind entstanden und ihr Aufbau ist die Ursache dafür, daß sie irgendwann zerfallen müssen. Für große Mengen davon sind die Zusammenhänge absolut vorhersehbar und nicht zufällig.
    Wann jedes einzelne Atom zerfällt ist rein zufällig.

  • Engelbert:

    Geht der Buddhismus davon aus, dass die getöteten Menschen in Auschwitz nach vielen Leben Nirvana erreichen werden?


    Der Buddhismus macht über keine lokale Gruppe ob nun in klein Kleckesdorf
    oder woanders Aussagen. Die Frage ist daher unrealistisch.

  • Accinca, Dein Dasein und deine verbalen Peitschenhiebe sind eine gute Prüfung für mich. Ich finde es gut, dass Du hier schreibst. Herzliche Grüße, Engelbert

  • Engelbert:

    Geht der Buddhismus davon aus, dass die getöteten Menschen in Auschwitz nach vielen Leben Nirvana erreichen werden?


    Nein. "Der Buddhismus" geht davon aus, dass diese Menschen tot sind. Das, was von ihnen als Ursachen und Bedingungen gesetzt wurde, ist nicht "diese Menschen". Es ist allenfalls "andere Menschen".


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Engelbert:

    Steht denen am Ende ihres Daseinskreislaufes Erleuchtung offen? Ist für alle diese Wesen auch Buddhaschaft möglich?


    Sie sind es bereits. Wahrheit benötigt keine Technik und keine Vorstellungskraft.


    Vor 2000 Jahren Jesus
    vor 2600 Jahren Buddha
    vor 5000 Jahren Krishna


    Warum nicht jetzt sofort ? Das ist "allumfassende Liebe" ohne irgendjemanden schlechter zu stellen und auszuschliessen.

  • fotost:

    mmm..Das alles Ursachen und Wirkungen hat ist als Aussage ok.
    Das es deshalb keinen Zufall gibt nicht. Beispiel: Radioaktive Atome sind entstanden und ihr Aufbau ist die Ursache dafür, daß sie irgendwann zerfallen müssen. Für große Mengen davon sind die Zusammenhänge absolut vorhersehbar und nicht zufällig. Wann jedes einzelne Atom zerfällt ist rein zufällig.


    So ganz richtig scheint mir diese Annahme nicht zu sein.
    Wenn für eine große Menge die Zusammenhänge vorhersehbar sind,
    dann heißt das ja, das sie insgesamt auch für die kleinen Teile voraussehbar sind.
    Die Frage ist also nur, warum der genaue Zeitpunkt für ein einzelnes Teilchen
    nicht voraussehbar ist. Und das hat was mit der Vorstellung von Teilchen und der
    Wellennatur der Energie und Raumzeit zu tun. Bein einem "plasmatischen" Zustand"
    in einer "Raumzeit" die gar nicht solcher Vorstellungen wie Teilchen oder Wellen entspricht,
    ist die Frage nach der Vorraussehbarkeit einfach nur obsolet. Wichtig ist es hier nur
    zu wissen, das es sich um Konstrukte, und Modellvorstellungen handelt nach denen diese
    Fragen gar nicht beantwortet werden können. Aber für normale Verhältnisse und der
    ursprünglichen Aussage der Bedingtheit spielt das auch keine Rolle, denn hier sind
    alle Dinge bedingt und haben ihre Ursachen. Hier können wir keine nachvollziehbaren
    und vernünftige Aussagen treffen die über die Kausalität hinaus ginge.
    Wird also eine Frage formuliert, von der der Geist schon vorher wissen kann, daß sie
    über die Bedingtheit hinaus geht und nicht zu beantworten ist, so ist diese Abzuweisen,
    da sie die Grundlagen ignoriert auf der Fragen beantwortbar sind und das hat der Buddha
    auch getan und von der Überwindung des Leidens gesprochen welche er lehre.


    -

  • Zitat
    Zitat

    Engelbert hat geschrieben:
    Steht denen am Ende ihres Daseinskreislaufes Erleuchtung offen? Ist für alle diese Wesen auch Buddhaschaft möglich?


    Sie sind es bereits. Wahrheit benötigt keine Technik und keine Vorstellungskraft.



    Wenn das so ist, und ich nehme an, dass wir uns nicht irren, wenn wir selbst dem Wesen, das einst auch für eine kurz Zeit der Mensch Hitler war, Erleuchtung und Buddhaschaft zuweisen, wieso nehmen dann so viele Buddhisten eine solch leidvolle und verzerrte Perspektive ein? Ist der Dharma denn so wenig wert, dass ihn ein Hitler widerlegen könnte indem dieser oder sein Tun eine Sonderrolle einnähmen?

  • Hallo Engelbert,


    ich mag Dir Antwort geben mit einer angeblich vom Buddha überlieferten Lehrrede.
    Du bist nicht der erste, der sich (solche) Gedanken macht.


    Engelbert:

    Geht der Buddhismus davon aus, dass die getöteten Menschen in Auschwitz nach vielen Leben Nirvana erreichen werden? Was ist mit den KZ-Wächtern und Funktionären des dritten Reichs? Diese kleinen Jungen und Mädchen, bei denen nach der Einschulung sehr viel schief gelaufen ist... Steht denen am Ende ihres Daseinskreislaufes Erleuchtung offen? Ist für alle diese Wesen auch Buddhaschaft möglich?


    Mit meinem ganz, ganz rudimentären Wissen glaube ich das schon! Mit diesem Vertrauen habe ich Zuflucht genommen, nämlich dass es keinen Punkt auf meinem Weg geben kann, an dem die Regeln des Buddhismus, die Möglichkeit zu meiner Erleuchtung, nicht mehr gelten.


    Dies ist Glaube, Meinung, Ansicht.



    Bringen einen Ansicht und Glaube weiter?

    Zitat

    Wenn einer der Vergangenheit anhängt und der Zukunft anhängt, der Vergangenheit und der Zukunft anhängt,
    der Vergangenheit und der Zukunft nachsinnt, über Vergangenheit und Zukunft mancherlei Glauben hervorbringt,
    der ist [...] in ein Netz geraten, verstrickt und verfangen.



    Wie kommt es nun zu den Ansichten die man so hat, zu der Meinung, dem Glauben?
    Über die Sinne (und deren Signalverarbeitung).



    Lösung:

    Zitat

    Indem man aber der Wahrheit gemäß Erkenntnis gewinnt
    über
    das Entstehen und Vergehen der sechs Gebiete des Sinneskontaktes
    (sowie deren Annehmlichkeit und Bitternis),
    gewinnt er eine Erkenntnis, die über alles Glauben weit hinausreicht.


    Quelle: erste Lehrrede im Digha Nikaya, Brahmajala Sutta, Das Netz der Ansichten (am Ende)


    Kurz gesagt: Nicht spekulieren. Meditieren.
    Denn darin, oder daraus hervorgehend, sind die Einsichten möglich.



    Herzliche Grüße