Was ist, wenn das alles quatsch ist?

  • Ich will was in die Runde einschmeißen:


    Wenn dem Buddhismus die Reinkarnation, Karma, Überweltliche Bereiche usw abgesprochen werden und eine "reduzierung" erfolgt zur einer "nur" Mitgefühls und der meditativen Versenkungs Lehre mit paar Ethischen Kalender-Sprüchen des Buddha, mutiert dieser neue Buddhismus (Meiner Meinung nach) zur einer "Achtsamkeit-Wellness-Ethik" Floskel. Über die Ethik wurde im Abendland genug geschrieben, dafür brauchen wir nicht Bruchstückhafte Belehrungen eines 2500 Jahre alten Inder, Achtsamkeit wird an jeder Ecke angeboten, dafür brauchen wir auch nicht die Belehrungen Buddhas oder Buddhistischen Traditionen wie des Zen, denn Zazen, kann eigentlich jeder Idiot praktizieren wenn man die Sitzhaltung gelernt hat und die Eigenschaften des "Ich fühle mich wohl, bin glücklich, strotze vor Liebe, Wellness Faktor, kriegt man auch nach einer guten Massagen, Schwimmbad, Sport, Urlaub, Sex, gutem Schlaf oder nen beruhigenden Tee und einem Spaziergang im Wald. Für all das braucht man nicht Buddhismus. Und ich denke, nur wenn der Buddhismus als ein religiöses System akzeptiert und gelebt wird, macht es nur dann SINN von einem Buddhismus zu sprechen der relevant für das 21. Jhr wäre (Im Westen), alles andere, wäre einfach lächerlich und glieche einer Lehre die vergewaltigt wurde von denn Westler um quasi dadurch für sich (Oder eben um nur mit der materialistischen/neodarwinistischen Haltung ein Kompromiss zu schließen).Und ich sage nicht das asiatische Roben, Weihrauch und Statuen eine Rolle hier spielen, es geht nur um die Buddhistische religiöse Philosophie, so wie sie dargelegt wurde. Und um zu meiner Anfangs-Frage zurück zu kehren, finde ich es eben schwer mit dem Religiösen Buddhismus, also dem kompletten Buddhismus, bis zum Schluss mit all seinen "nicht-überprüfbaren" metaphysischen Ideen abzufinden. Und der Buddhismus ist eben eine der, sagen wir mal, Auf dem Boden der Tatsachen ruhende Religion, und selbst hier, gibt es Probleme (Wie man anhand des Forums auch sieht) für denn (Aufgeklärten) Menschen des 21 Jhr.

    Einmal editiert, zuletzt von Stawrogin ()


  • Das Universum umfasst alles...
    Dieses Universum stellen wir uns riesig vor..d.h. aber auch wir denken uns eine Grenze...Die Frage ist dann, was ist hinter dieser Grenze ? Was auch immer ist es dann nicht mehr Universum ? ....Man sagt, dass Universum ist riesig, weil man sich etwas grenzenloses nicht vorstellen kann. Welche Rolle spielt aber vor dem Hintergrund der Grenzenlosigkeit die Größe ? Ob uns etwas groß oder winzig erscheint, hat dann keine Bedeutung, weil es keine Relation gibt.... Das Winzigste was wir uns vorstellen können, ist dann nicht weniger als das Riesigste und das Riesigste nicht mehr als das Winzigste. Alles ist einfach nur grenzenloses Universum.
    Durch unser denken setzen wir Grenzen...groß/klein...gut/ schlecht....bedeutend/ unbedeutend. Auch das ist Universum...Jede Tat ist Universum.... Wann immer auch irgendwo etwas passiert und mag es uns noch so unbedeutend erscheinen, ändert sich damit das Universum. Alles was ist, ist Universum...würde nur eine Winzigkeit fehlen, dann wäre es nicht Universum...was dann wäre ist nur Hypothese,diese aber als solche auch Universum... Die Perspektive ist entscheidend...schränkst du dich ein und setzt deinem Bewusstsein Grenzen...oder ist dein Bewusstsein grenzenlos ?

  • Sherab Yönten:

    Abgesehen von fundamentalistischen säkularen Buddhisten ...


    Was für ein Löwenruf! Als Toleranzbekundung übernehme ich das einmal für eine Woche als meine buddhistische Richtung.


    (Außerdem ist das Buddhaland-Dogma immer noch, alle buddhistischen Weltbilder sind gleichwertig.)

  • Hund:

    ... Und um zu meiner Anfangs-Frage zurück zu kehren, finde ich es eben schwer mit dem Religiösen Buddhismus, also dem kompletten Buddhismus, bis zum Schluss mit all seinen "nicht-überprüfbaren" metaphysischen Ideen abzufinden. Und der Buddhismus ist eben eine der, sagen wir mal, Auf dem Boden der Tatsachen ruhende Religion, und selbst hier, gibt es Probleme (Wie man anhand des Forums auch sieht) für denn (Aufgeklärten) Menschen des 21 Jhr.


    Das ist doch völlig ok, Hund.
    So lange du das für dich akzeptierst und damit leben kannst, dass es für andere evtl. anders ist, ist doch alles ok.
    Wir sind nun mal verschieden.

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • Bei einer angeblich sachlichen Diskussion über Schriften könnte man ja auch mal tatsächlich auf Schriften versuchen einzugehen. Moosgarten hat zb. oben zitiert. Auch in der letzten Widergeburtsdiskussion wurde (so weit ich das sah) nicht auf Textstellen eingegangen. Insofern verstehe ich dann die Aufregung über "die" Lehre nicht.

    Einmal editiert, zuletzt von Spock ()

  • Hund:

    Wenn dem Buddhismus die Reinkarnation, Karma, Überweltliche Bereiche usw abgesprochen werden und eine "reduzierung" erfolgt zur einer "nur" Mitgefühls und der meditativen Versenkungs Lehre mit paar Ethischen Kalender-Sprüchen des Buddha, mutiert dieser neue Buddhismus (Meiner Meinung nach) zur einer "Achtsamkeit-Wellness-Ethik" Floskel. (...)
    Und um zu meiner Anfangs-Frage zurück zu kehren, finde ich es eben schwer mit dem Religiösen Buddhismus, also dem kompletten Buddhismus, bis zum Schluss mit all seinen "nicht-überprüfbaren" metaphysischen Ideen abzufinden.


    Wenn ich Dich richtig verstehe, kannst Du weder den religiösen Buddhismus akzeptieren (wegen der metaphysischen Ideen) noch den säkularen Buddhismus, weil die metaphysischen Ideen fehlen und Dir das dann irgendwie flach und reduziert vorkommt.


    Auch ich finde einen "Achtsamkeits-Wellness"-Buddhismus mit ein paar ethischen Kalendersprüchen unbefriedigend.
    Aber das ist doch auch gar keine echte Praxis des achtfachen Weges. (So etwas wäre dann auch gar nicht ernsthaft als "säkularer Buddhismus" zu bezeichnen.)


    Da stellst Du Dich selbst unnötigerweise vor zwei radikale Alternativen.


    Du könntest die metaphysischen Ideen vorläufig einfach auf sich beruhen lassen und Dich der Praxis zuwenden. Das ist in jedem Fall mehr als "Wellness" mit Kalendersprüchen. :)

  • Frieden-und-Freude:
    Tychiades:


    Brasington hat ja auch einen ideologischen Überbau für seine Praxis. Auch das label "säkular" ist ein ideologischer Überbau. Praxis und Ideologie (Studium) bedingen sich.


    Ja, jeder hat einen weltanschaulichen Hintergrund. Auch derjenige, der sich weder als "religiös" noch als "säkular" bezeichnet.


    Eine meditative Praxis funktioniert aber unabhängig von dem weltanschaulichen Hintergrund.


    Nein. Sie funktioniert abhängig davon. Und wenn man glaubt, dass ES nicht funktioniert, dann wechselt man z.B. den ideologischen background, vielleicht bastelt man sich selbst einen - oder man wechselt die Praxis, d.h. man sucht sich was anderes. So an Batchelor zu sehen.


    Wenn man aber erkennt, dass man immer eine Art Ideologie oder Weltanschauung hat, dann sieht man dieses Ansichten-Gestrüpp. Und man sieht die Lehre und kann mit dieser Bastelei aufhören.

  • Festus:


    Das ist doch völlig ok, Hund.
    So lange du das für dich akzeptierst und damit leben kannst, dass es für andere evtl. anders ist, ist doch alles ok.
    Wir sind nun mal verschieden.


    Jo, klar, nur will man halt auch darüber hier diskutieren, der Affengeist gibt keine Ruh! (:



    Das ist wohl ein weiser Ratschlag!

  • Sherab Yönten:

    Um nochmal zur Aussage von Monika zurückzukommen: Wenn der Mensch nur das Gehirn "zur Verfügung hätte", dann wäre mit dem Hirntod alles vorbei, was folgt wäre ein "Nichts" (=Materialismus).


    Dein Hirn ist dann tot. Und davon mal abgesehen, dass man weder über Hirn noch Körper verfügen kann - es gibt nach dem Tod keinen, der sagen kann "Ich bin jetzt tot".


    Zitat


    Es gäbe keine Wiedergeburt, kein Karma, das dem physischen Tod nachfolgt. Dieses entspricht aber nicht der buddhistischen Sichtweise, wonach eben ein Teil des Bewusstseins nach dem physischen Tod weiter existiert (ich habe bewusst das Wort "Wiedergeburt" vermieden).


    Was du also Buddhismus hier behauptest, ist eine spezielle Konstruktion, um ein Nachfolgesystem bei den Tibetern zu begründen.

    Zitat


    Das mag eine religiöse Sichtweise (für manche scheint Religion ein Schimpfwort zu sein! ) sein, in diesem Zusammenhang ist die Mehrheit der buddhistischen Schulen nach meiner Auffassung aber nun mal "religiös". Man muss das nicht "glauben", viele Buddhisten glauben jedoch diesen Zusammenhang.


    Deshalb macht es keinen Sinn zu diskutieren, weil man mit Gläubigen da keine gemeinsame Ebene finden kann. Du darfst das ja auch glauben. Ich glaube das nicht.

    Zitat


    Ich persönlich finde es sehr problematisch, andere als "selbstüberhöht" zu kritisieren, die diese Sichtweise haben. Abgesehen von fundamentalistischen säkularen Buddhisten geht die Mehrheit der buddhistischen Schulen (Theravada, Mahayana und Vajrayana) davon aus, dass es nach dem physischen Tod in irgendeiner Form weitergeht, auch wenn es hierfür keine neurowissenschaftlichen "Beweise" gibt.


    Das es irgendwie weiter geht, liegt doch daran, dass es Geburt(en) gibt und damit Leiden. Was also weiter geht ist Leiden. Das hat aber mit Bewusstsein nur insofern was zu tun, also Menschen sich ihres Leidens bewusst sein können und nach dem Sinn fragen. Und diese Frage nach dem Sinn ist der Beginn einer religiösen Ansicht.

  • pamokkha:
    Sherab Yönten:

    Abgesehen von fundamentalistischen säkularen Buddhisten ...


    Was für ein Löwenruf! Als Toleranzbekundung übernehme ich das einmal für eine Woche als meine buddhistische Richtung.


    (Außerdem ist das Buddhaland-Dogma immer noch, alle buddhistischen Weltbilder sind gleichwertig.)


    :lol::like:

    Im erwachten Herzen leuchtet jede Farbe. (Jack Kornfield)

  • Sherab Yönten:
    Monikadie4.:

    Wieso "nur eine Belohnung vom Gehirn"? Mehr haben wir nicht zur Verfügung, meine ich.


    Das Gehirn ist ein Teil des Körpers. Der Buddhismus geht aber schon davon aus, dass das Bewusstsein (Geist) unabhängig ist vom Körper, dafür gibt es einige Indizien in der Nahtoderfahrung. Also haben wir schon "mehr" zur Verfügung wie das Gehirn, auch wenn Gehirn und Bewusstsein sich gegenseitig beeinflussen.


    Hallo Sherab Yönten,
    dieses Gehirn signalisiert, wie wir uns fühlen - also Belohnung, wenn überhaupt, findet genau jetzt statt - und immer wieder jetzt.
    Und das ist nicht wenig, wenn ich dabei an Depression denke, die sich einstellen kann, auch wenn es mir gut zu gehen scheint.
    Alles andere ist reiner Glaube - und der sei natürlich unbenommen.
    _()_ Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • @hund:


    Die buddhistische Lehre ist eben für viele eine hilfreiche Stütze.


    Wenn dir diese Stütze zu viel wird - es gibt asparsayoga - yoga/praxis ohne Stützen. Ist aber dann kein Buddhismus mehr, klar.


    Innerhalb des Buddhismus: Untersuche doch mal die ganzen Koans, falls du das noch nicht gemacht hast. Da wird eben der Fokus auf "das Absurde" gelegt.


    Ganz passend: "Hat ein Hund auch eine Buddhanatur?" :grinsen:

  • Spock:

    Bei einer angeblich sachlichen Diskussion über Schriften könnte man ja auch mal tatsächlich auf Schriften versuchen einzugehen. Moosgarten hat zb. oben zitiert. Auch in der letzten Widergeburtsdiskussion wurde (so weit ich das sah) nicht auf Textstellen eingegangen. Insofern verstehe ich dann die Aufregung über "die" Lehre nicht.


    Ehrlich gesagt, ist mir das zu kompliziert. Wenn manche User Textstellen als Link hier einstellen (angeblich um ihre Argumentation zu untermauern) muss ich sie zunächst fragen: "Und was hat der eingestellte Text nun mit dem zu tun, was ich gemeint habe?"


    Tychiades:

    Was du also Buddhismus hier behauptest, ist eine spezielle Konstruktion, um ein Nachfolgesystem bei den Tibetern zu begründen.


    Du spekulierst! Ich habe keine Sekunde daran gedacht!


    Monikadie4.:

    Alles andere ist reiner Glaube - und der sei natürlich unbenommen


    Danke Monika :)

  • Lieber Hund
    Nun,auch Ordinierte haben mitunter Zweifel.
    Es gibt Traditionen in denen das Zölibat vorausgesetzt wird und Traditionen in denen eine Beziehung ,Familie möglich ist.
    Es gibt Ordinierte die hören Musik jeder Fasson und schreiben in Foren.
    Ist das nun ein Massstab?
    Jeder kann für sich selbst entscheiden wie er leben mag.
    Ich habe meinen Weg gefunden meine Widmung zu leben ohne mein Umfeld vor den Kopf zu stossen.
    Ich finde das auch nicht schwierig .
    Man sollte sich keine Illusionen machen.Zeiten des Zweifels kommen immer mal wieder,aber das ist normal und geht vorbei.
    Mit freundlichen Grüßen


  • Da dies ein Forum mit der Überschrift 'Portal für Buddhismus' ist gehe ich davon aus, daß Du mit Deiner Antwort einen metaphysisch-religiöser Überbau im Buddhismus erkennst. Du kannst an meiner 'Richtung' säkularer Buddhismus sehen, daß ich metaphysische Gedanken ablehne.


    Könntest Du etwas zu den von Dir angesprochenen Elementen sagen, bei denen Du bezweifelst, ob sie für wichtige Ziele der Lehre nötig sind?


    Das ist konsequenterweise ein Thema, das mich beschäftigt und sicher sehe ich solche Elemente. Da ich kein Bilderstürmer bin und auch zu den roten Garden nichts tauge ist mein erster Impuls bei solchen Momenten immer eine mögliche historische Erklärung aus den zeitlichen Bedingungen heraus und wenn das nicht weiter bringt der Versuch, diese Elemente rational, säkular zu interpretieren

  • Hund:

    Ich will was in die Runde einschmeißen:
    Wenn dem Buddhismus die Reinkarnation, Karma, Überweltliche Bereiche usw abgesprochen werden und eine "reduzierung" erfolgt zur einer "nur" Mitgefühls und der meditativen Versenkungs Lehre mit paar Ethischen Kalender-Sprüchen des Buddha, mutiert dieser neue Buddhismus (Meiner Meinung nach) zur einer "Achtsamkeit-Wellness-Ethik" Floskel.


    Kann, muß aber nicht.


    Zitat

    Über die Ethik wurde im Abendland genug geschrieben, dafür brauchen wir nicht Bruchstückhafte Belehrungen eines 2500 Jahre alten Inder, Achtsamkeit wird an jeder Ecke angeboten, dafür brauchen wir auch nicht die Belehrungen Buddhas oder Buddhistischen Traditionen


    Vollkommen richtig. Bräuchten wir nicht.
    Leidende Wesen ergreifen aber nun mal jeden Strohhalm. Ich hab nix dagegen, bin ja selber eines. Aber irgendwann sollte es schon mal "Klick" machen, ansonsten ist das einfach nur verschwendete Zeit und ne andere Form von Drogenabhängigkeit.


    Zitat

    Eigenschaften des "Ich fühle mich wohl, bin glücklich, strotze vor Liebe, Wellness Faktor, kriegt man auch nach einer guten Massagen, Schwimmbad, Sport, Urlaub, Sex, gutem Schlaf oder nen beruhigenden Tee und einem Spaziergang im Wald.


    Auch richtig.


    Zitat

    wie des Zen, denn Zazen, kann eigentlich jeder Idiot praktizieren wenn man die Sitzhaltung gelernt hat


    Da würde ich schon mal vorsichtiger sein. Es ist eben auch hier wichtig, mit welcher Intension das gemacht wird - geht es nur um "Ich fühle mich wohl, bin glücklich, strotze vor Liebe", kannste das auch lassen; es bring genau so viel oder wenig, wie Massagen, Schwimmbad, Sport, Urlaub, Sex,usw.

    Zitat

    Und ich denke, nur wenn der Buddhismus als ein religiöses System akzeptiert und gelebt wird, macht es nur dann SINN von einem Buddhismus zu sprechen der relevant für das 21. Jhr wäre (Im Westen), alles andere, wäre einfach lächerlich und glieche einer Lehre die vergewaltigt wurde von denn Westler um quasi dadurch für sich (Oder eben um nur mit der materialistischen/neodarwinistischen Haltung ein Kompromiss zu schließen).Und ich sage nicht das asiatische Roben, Weihrauch und Statuen eine Rolle hier spielen, es geht nur um die Buddhistische religiöse Philosophie, so wie sie dargelegt wurde. Und um zu meiner Anfangs-Frage zurück zu kehren, finde ich es eben schwer mit dem Religiösen Buddhismus, also dem kompletten Buddhismus, bis zum Schluss mit all seinen "nicht-überprüfbaren" metaphysischen Ideen abzufinden. Und der Buddhismus ist eben eine der, sagen wir mal, Auf dem Boden der Tatsachen ruhende Religion, und selbst hier, gibt es Probleme (Wie man anhand des Forums auch sieht) für denn (Aufgeklärten) Menschen des 21 Jhr.


    Um auf meine vorherigen Einlassungen zurückzukommen :) es gibt einfach, wenn man "den kompletten Buddhismus" ausübt, eine Anzahl schwerwiegender systemimmanenter Probleme, darüber sind sich aber die Mehrzahl der Adepten überhaupt nicht klar ist oder wird von ihnen sogar bestritten. Will ich nicht wiederholen.
    Ein weiteres ist das: "den kompletten Buddhismus" gibt es ja mal schon als Einheit überhaupt nicht, sondern nur eine Vielzahl sich teilweise völlig widersprechender religiöser Philosophien und Praktiken.
    Trotzdem wird hier immer wider besserer Kenntnis von "dem Buddhismus" gesprochen, womit eigentlich nur der eigene gemeint ist - auch nichts anderes als Selbstüberhöhung und Vereinnahmung.

  • fotost:

    Du kannst an meiner 'Richtung' säkularer Buddhismus sehen, daß ich metaphysische Gedanken ablehne.


    Könntest Du etwas zu den von Dir angesprochenen Elementen sagen, bei denen Du bezweifelst, ob sie für wichtige Ziele der Lehre nötig sind?


    Das ist konsequenterweise ein Thema, das mich beschäftigt und sicher sehe ich solche Elemente. Da ich kein Bilderstürmer bin und auch zu den roten Garden nichts tauge ist mein erster Impuls bei solchen Momenten immer eine mögliche historische Erklärung aus den zeitlichen Bedingungen heraus und wenn das nicht weiter bringt der Versuch, diese Elemente rational, säkular zu interpretieren


    Zunächst mal gibt es ja unterschiedliche buddhistische Richtungen mit jeweils verschiedenen metaphysischen Elementen. Die Antwort auf Deine Frage wird also unterschiedlich ausfallen, je nachdem, welche Richtung von "Buddhismus" wir uns anschauen.


    Mein Eindruck ist, dass der Buddha ein Aufklärer war, der es für Zeitverschwendung angesehen hat, über Fragen nachzudenken oder zu diskutieren, die jenseits des Bereichs der Erfahrung liegen. Auch da, wo er metaphysische Begriffe aus dem Brahmanismus übernimmt, scheint er sie jeweils moralisch-pragmatisch umzudeuten.
    (Vielleicht ist es nützlich für Dich, wenn Du Dir die Arbeiten von Richard Gombrich anschaust.)


    Es kann natürlich sein, dass ich mich in der Einschätzung des Buddha als Aufklärer irre. Letztlich bleibt das ebenso hypothetisch wie bei der Diskussion über Sokrates, der ja auch nichts Schriftliches hinterlassen hat. (Und den ich ebenfalls gern als Aufklärer interpretiere.) :)


    Ansonsten: Ich möchte mich gar nicht an den theoretischen Debatten in diesem Forum beteiligen.
    Mir geht es ja gerade um die Praxis.


    Es ist mir auch nicht wichtig, einen "säkularen Buddhismus" theoretisch zu begründen oder zu verbessern. Sondern darauf hinzuweisen, dass es auf die Praxis des achtfachen Pfades ankommt. Also darauf, Sila, Samadhi und Panna zu entwickeln. Vollkommen gleichgültig, wie und wo man sich "weltanschaulich" verortet.


    Sich mit einer "Richtung" zu identifizieren, halte ich bereits für ein Hindernis auf dem achtfachen Pfad. Das gilt vermutlich ebenfalls für den "säkularen Buddhismus".
    Einen großen Teil seiner Energie in solche Diskussionen zu stecken, erscheint kontraproduktiv.


    Wichtig ist mir allein: Die Praxis (der achtfache Pfad) ist ein empirisch prüfbares System der psychischen Entwicklung. Daran kann man sich orientieren.

  • Frieden-und-Freude:

    Ansonsten: Ich möchte mich gar nicht an den theoretischen Debatten in diesem Forum beteiligen.
    Mir geht es ja gerade um die Praxis.


    Die es nicht ohne Theorie gibt. Das bedingt sich ja - Studium und Praxis. Insofern ist auch die Praxis - hier des achtfachen Pfades - in wesentlichen Teilen Religion. Und man identifiziert sich eben als Buddhist mit der buddhistischen Praxis. Und daher ist das auch ein Hindernis.


    Daher sollte man doch erstmal fragen, was denn unter Religion zu verstehen ist. Für mich ist Religion ganz allgemein die Bindung /Identifizierung mit einem Denkmodell über die Welt - d.h. auch über "den Menschen" und damit gehört auch Psychologie in diesen Bereich.

    Zitat


    Wichtig ist mir allein: Die Praxis (der achtfache Pfad) ist ein empirisch prüfbares System der psychischen Entwicklung. Daran kann man sich orientieren.


    Das ist ja der Trugschluss - woran orientiert man sich denn? An einer definierten Messlatte - genannt empirisch überprüfbar - was ist denn Empirie?
    Was letztlich bleibt ist doch die Empfindung (auch als Erfahrung bezeichnet) "ich fühle mich gut" - "es ist ok, was ich mache."
    Das ist eine egozentrische Sicht und insofern eine Ego-Religion, weil man sich an sein Wohl-Empfinden bindet.


    Soweit ich den Erfinder des Buddhismus verstanden habe, geht es nicht um psychische Entwicklung, sondern um Transformation und darum, die Leerheit aller Erscheinungen, also auch des Selbst zu erkennen und damit auch die Leerheit jeder Messlatte, Bindung und Entwicklung.

    • Offizieller Beitrag
    Hund:

    Ich habe gerade eine Doku über denn Buddhismus angeschaut und mich überfiel kurz das "Absurde"... Orange-gekleidete, glatzköpfige Männer die irgendwelche Textlaute murmeln, im Hintergrund das "unendliche" Universum, komplett unerforscht, gewaltig, mortalisch und riesig. Wie Absurd und kleinlich es aussehen mag aus dem Blickpunkt des Universums, irgendwelche Tiere (Menschen) anzuschauen die "Erleuchtet" werden wollen.


    Ich mag das Wort "erleuchtet" gar nicht, weil es so was von "illuminierten Illuminaten" hat. So als würde Befreiung bedeuten, das unendliche Universum irgendwie zu durchdringen und zu verstehen und sich ihm gegenüber Wichtigkeit rauszunehmen.


    Aber es ist ja umgekehrt: So als Tiere/Menschen haben wir ja immer so einen Filter vor Augen - eine total Fehleinschätzung der Dinge - wo wir selber total wichtig sind und alles andere vollkommen unbedeutend. Was ja - da das alle haben - nur eine gewaltige Fehleinschätzung sein kann.


    Für mich bedeutet Befreiung, den "menschlichen Grössenwahn" zu minimieren. Und das mit den Mönchen ist auch nur so eine Minimier-Geschichte: Haare weglassen, Mode weglassen, Besitz weglassen.


    Ich weiss nicht, ob das nur wegen der Exotik so rüber, als solle es was hermachen.


    Das mit dem "Blickpunkt des Universums" erinnert mich jetzt ein wenig an den Totale Durchblicksstrudel in dem Science-Fiction Klassiker "Per Anhalter durch die Galaxis":


      Der Totale Durchblicksstrudel auf Froschstern B ist die grausamste Seelenfolter, der man ein fühlendes Wesen aussetzen kann. Umgeben ist er von einer 10 Meter grossen Stahlwölbung, die ihn vor den unaufhörlichen, nasskalten Winden schützt.


      Die Wirkung des Totalen Durchblicksstrudels bedient sich der Tatsache, wie gross und unendlich der Weltraum ist und, im Gegensatz dazu, wie unendlich winzig und unbedeutend ein Individuum darin ist. Wenn man in den Strudel gesteckt wird erhält man einen flüchtigen Eindruck in die ganze unvorstellbare Unendlichkeit der Schöpfung, und irgendwo darin sieht man einen winzig kleinen Pfeil, der auf einen mikroskopisch kleinen Punkt gerichtet ist und wo draufsteht: Das bist du.


    Natürlich kann es sein, dass die Idee, man könnte die menschliche Arroganz ganz minimieren "Quatsch" ist.

  • Getreu dem Motto 'Es wurde zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem' möchte auch ich hier noch meine 2 Cents beisteuern. Diese laufen weniger auf die Einführung neuer Gesichtspunkte hinaus als auf eine etwas andere Gewichtung der bereits vorgebrachten.

    Hund:

    Ich habe gerade eine Doku über denn Buddhismus angeschaut und mich überfiel kurz das "Absurde"... Orange-gekleidete, glatzköpfige Männer die irgendwelche Textlaute murmeln, im Hintergrund das "unendliche" Universum, komplett unerforscht, gewaltig, mortalisch und riesig. Wie Absurd und kleinlich es aussehen mag aus dem Blickpunkt des Universums, irgendwelche Tiere (Menschen) anzuschauen die "Erleuchtet" werden wollen.


    Das war nur ein Gedanke, und die Frage ist eigentlich wie der Titel es schon sagt, Was wäre denn eigentlich wenn der Buddhismus, kompletter Unsinn wäre. Es gibt keine Erleuchtung, sondern nur Belohnungen vom Gehirn in Form von Wellen die messbar sind, es gibt kein Samsara und auch kein Entkommen davon. Was, wenn der Buddhismus eigentlich nur Wunschdenken ist, das von einem Archaischen Inder in die Welt gesetzt wurde, der nicht akzeptieren wollte das der Mensch leiden muss, sterben muss und auf sich komplett einsam geworfen ist?


    Ich halte es für hilfreich, bei der Betrachtung jeglicher Philosophie / Weltanschauung / Religion / Ideologie systematisch (um nicht zu sagen: schematisch) vorzugehen und zu prüfen, ob und wie hier die menschlichen Grundfragen behandelt (vielleicht gar beantwortet) werden, wie sie Immanuel Kant so griffig formuliert hat:
    1. Was kann ich wissen?
    2. Was soll ich tun?
    3. Was darf ich hoffen?
    4. Was ist der Mensch?
    Kant hat (meines Erachtens zu Recht) darauf verwiesen, dass die Klärung der ersten Frage die höchste Priorität hat. Nur auf dieser Grundlage lässt sich entscheiden, wie weit Antworten auf die anderen drei Fragen überhaupt Gültigkeit beanspruchen können - anders gesagt: einen Anspruch auf Wahrheit erheben können. Können sie dies nicht, dann sind sie offensichtlich blanke Spekulation und damit ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese Antworten lediglich "Quatsch" (also falsch) sind, ziemlich hoch. Insbesondere gilt dies für die Fragestellungen drei und vier - klassische 'Betätigungsfelder' von Religionen, auch von "buddhistischer Religion".


    Was nun wiederum nicht heißen soll, Buddhismus sei (nur) eine Religion. Es ist gar nicht so einfach, eine allgemeingültige Antwort darauf zu geben, was "Buddhismus" (und, btw., auch was "Religion") eigentlich ist. Das liegt nicht zuletzt daran, dass Buddhismus gerade nicht "eigentlich nur Wunschdenken ist, das von einem archaischen Inder in die Welt gesetzt wurde". Das trifft auch dann nicht zu, wenn wir etwas wertungsfreier aus dem "Wunschdenken" ein "Denken" machen. "Buddhismus" ist etwas, das in unseren Köpfen existiert - und zwar in jedem Kopf irgendwie anders, auf eine sehr individuelle Weise. Wie viel von diesen individuellen "Buddhismen" nun tatsächlich mit den Gedanken eines "archaischen Inders" namens Siddharta Gautama übereinstimmt dürfte sich nicht nur - je nach individuellem / persönlichem "Buddhismus" unterscheiden; tatsächlich ist dies gar nicht zweifelsfrei wissenschaftlich (philologisch) zu bestimmen. Die Antworten, die da - jeweils von der persönlichen Warte her - gegeben werden, fallen daher häufig sehr deutlich eher in die Kategorie der dritten Frage (bei der "hoffen" ohne weiteres durch "glauben" ersetzt werden kann) als in die der ersten. Es ist daher ratsam, Behauptungen der Art, man wüßte besser, was Buddha gelehrt hat als Andere, auf ihren tatsächlichen Gehalt zu reduzieren: da wird zumeist lediglich "besser" geglaubt.


    Schauen wir uns beispielsweise diese Behauptung an:

    Sherab Yönten:

    Der Buddhismus geht aber schon davon aus, dass das Bewusstsein (Geist) unabhängig ist vom Körper

    und prüfen sie im Sinne der ersten, der erkenntnistheoretischen Fragestellung. Wobei wir uns durchaus (auch) des im Westen entwickelten Instrumentariums des Erkenntnisgewinns, hier insbesondere der historisch-kritischen Methode bedienen sollten. Man wird dann finden, dass dieser Gedanke erstmals in der ersten Hälte des 6. nachchristlichen Jahrhunderts nachweisbar ist - formuliert von einem indischen Erkenntnistheoretiker / Logiker namens Dignāga. Man wird auch finden, dass zu diesem Zeitpunkt - über ein Jahrtausend nach der vermutlichen Lebenszeit des "archaischen Inders" - die Rezeption indischen buddhistischen Denkens in Ostasien bereits weitgehend abgeschlossen war und die Entwicklung dort bereits eigene Wege ging, während eine nennenswerte Rezeption in Tibet erst im 8. Jahrhundert einsetzte - und damit, anders als in China, auch diesen durch Dignāga gegeben Impuls mit einschloss. Zumal sich dieser Denkansatz später u.a. auch zur religiösen Begründung der spezifisch tibetischen Herrschaftsideologie ("rule by incarnation") instrumentalisieren ließ. Es liegt mir nun fern, der Auffassung " dass das Bewusstsein (Geist) unabhängig ist vom Körper" zu widersprechen (obgleich es gute Gründe dafür gäbe) - es geht mir vielmehr um den Hinweis, wie sehr wir geneigt sind, unser persönliches (meist durch eine spezielle Überlieferungslinie bedingtes) Verständnis von Buddhismus mit "dem Buddhismus" zu verwechseln. Genauer betrachtet gibt es "den Buddhismus" nicht - das ist ein reines Abstraktum, konstruiert aus gemeinsamen Merkmalen all der unzähligen persönlichen "Buddhismen" unter Ausblendung abweichender Merkmale. Dies akzeptiert, kann man dann auf einer höheren (Abstraktions-)Ebene immer noch darum streiten, welche Merkmale "den Buddhismus" ausmachen und welche nicht. Viel mehr als der Minimalkonsens z.B. des Buddhistischen Bekenntnisses der DBU wird dabei freilich nicht herauskommen.


    Doch lassen wir Buddhismus als Religion - d.h. die mit dem Begriff "Buddhismus" verbundenen metaphysischen Spekulationen - vorerst einmal beiseite. Dann lässt sich feststellen, dass gerade in der ältesten Überlieferungsschicht Siddharta Gautama als jemand dargestellt wird, der metaphysische Spekulation nicht nur ablehnt, sondern im Sinne echter Erkenntnis ("Erleuchtung") sogar als kontraproduktiv bezeichnet. Nach dem eingangs angeführten Schema liegt in dieser Überlieferung das Schwergewicht auf Folgendem:


    Zitat

    1. Was kann ich wissen?


    Dies bedeutet (wie bei Kant, wenn auch mit ganz anderem Ansatz) eine Kritik spekulativen Denkens (Erzeugen von "Quatsch"), da dieses notwendig durch die "Geistesgifte" kontaminiert ist. Diese Kritik wiederum ist nur ein Teil einer grundlegenderen Erkenntniskritik, die darauf verweist, dass die Wechselwirkung zwischen Subjekt und Objekt grundsätzlich durch die genannten Geistesgifte geprägt ist. Die Quelle dieser Erkenntnis ist nun wiederum nicht Spekulation, sondern Empirie: sie beruht zum einen auf der intensiven Beobachtung und Kontrolle der genannten Wechselbeziehung (sati / smṛti) und zum anderen auf der wiederholten zeitweiligen Aufhebung der Subjekt-Objekt-Dualität und - damit notwendig verbunden - des Ab- und Aufbaus der Subjekt-Objekt-Wechselbeziehung, die die subjektiven Charakteristiken (anatman, anitya, dukkhata) eben dieser Beziehung im Moment ihres Entstehens bzw. Vergehens verdeutlicht. Verbunden damit (bzw. mit inbegriffen) ist zwangsläufig - um dies hier schon vorweg zu nehmen - eine Beschäftigung mit der vierten Frage

    Zitat

    4. Was ist der Mensch?

    , also ein Arbeiten an der Erkenntnis der Natur des Subjektes des Erkennens.


    Auch, wenn in der Überlieferung darauf verwiesen wird, welche Erkenntnisse mit dieser empfohlenen Methodik des Erkennens zu erlangen sein sollen (im wesentlichen die sog. 'vier edlen Wahrheiten') und was diese Erkenntnis bewirken soll (Lösung des Problems der Leidhaftigkeit der Existenz), so geht es doch vorrangig um die Methodik des Erkennens ("Praxis"). Dass das Ergebnis eines Erkenntnisvorganges zu einem nicht geringen Teil durch die Methode des Erkennens bestimmt ist, darf dabei allerdings nicht vergessen werden. Insofern gilt auch (um auf einen anderen Thread hier anzuspielen): wem sich das Problem der Leidhaftigkeit der Existenz (noch) nicht stellt, für den ist die Methode, eben dieses Problem zu behandeln, nicht gedacht.


    Es ist nun tatsächlich nicht von vorneherein auszuschließen, dass für alle Anderen (d.h. die, die zu einer Lösung des genannten Problems motiviert sind) die angedeuteten Erkenntnisse (die ja im Sinn einer existenziellen Erfahrung, nicht nur einer intellektuellen Einsicht zu verstehen sind) mit der empfohlenen Methode nicht empirisch nachzuvollziehen sind. D.h. dass die verheißenen, auf sprachlich-intellektueller Ebene skizzierten Erkenntnisse, tatsächlich nur "Quatsch" sind. Immerhin wäre auch dies eine Erkenntnis, die sich mit der Methode gewinnen lässt. Das nennt sich Falsifikation.


    Es ist das Problem jeder Methode empirischen Erkenntnisgewinns, dass man sie selbst erst einmal anwenden muss, um die damit evt. zu gewinnenden Erkenntnisse zu verifizieren oder zu falsifizieren. Ansonsten kann man nur glauben - und läuft dabei Gefahr, "Quatsch" zu glauben. Das größere Problem ist jedoch, dass der Glaube im Unterschied zur Erkenntnis keine existentiellen Probleme löst, sondern allenfalls sediert. Bestenfalls führt Glaube im Verbund mit entsprechender Praxis zu Erkenntnis - vorausgesetzt, man hat Glück und glaubt keinen Quatsch. Wie auch immer - eine bessere und zuverlässigere Methode zur Erlangung gültiger Erkenntnisse als die Empirie (im buddhistischen Kontext: Praxis der buddhistischen Lehre, nicht der Glaube daran) ist bislang noch niemandem eingefallen.


    Dass speziell Nagārjuna insbesondere das zentrale Thema der Kritik spekulativen Denkens auf eine Kritik von Sprache und diskursivem Denken als Mittel zur Formulierung von Erkenntnis überhaupt ausdehnte, sei hier nur kurz angerissen. Natürlich widersprach Nagārjuna damit nicht grundsätzlich der Möglichkeit von Erkenntnis - nur der Möglichkeit, Erkenntnis adäquat sprachlich zu formulieren. In diesem Sinn ist die komplette mündliche und schriftliche Überlieferung des Buddhismus "Quatsch". Nagārjuna verwarf allerdings diesen "Quatsch" nicht, sondern verwies auf seinen (lediglich) instrumentellen Charakter. D.h. der Quatsch (nicht zuletzt der von Nagārjuna selbst verzapfte) erfüllt eine Funktion: nämlich die, zu einer Lebenspraxis anzuleiten und zu motivieren, die tatsächliche, existentielle Erkenntnis ermöglicht. Nicht viel anders, als der in diesem Posting hier verzapfte Quatsch.


    Zitat

    2. Was soll ich tun?

    Mit dem oben Gesagtem ist die Frage "was soll ich tun?" implizit schon angesprochen bzw. zu einem wesentlichen Teil schon beantwortet: sich um gültige Erkenntnisse bemühen (konkret: Ausübung des 6., 7. und 8. Pfadgliedes). Vor allem ist diese zweite jedoch eine Frage nach einer Ethik, also im Unterschied zum oben Angeführten nach der Ausrichtung persönlichen Handelns und Verhaltens im sozialen Kontext. Zumindest im Buddhismus ist es nicht so, dass dieses Tun (nur) als das Ergebnis (selbst gewonnener oder geglaubter) Erkenntnisse angesehen wird. Das wäre eine einseitige Abhängigkeitsbeziehung, während auch hier eine Beziehung wechselseitigen Bedingens anzunehmen ist. D.h. die Modifikation des Handelns / Verhaltens (von Körper, Geist und Sprache / diskursivem Denken entsprechend den Pfadgliedern 3, 4 und 5) ist nicht nur Anwendung von Erkenntnis, sondern auch Mittel des Erkennens, insofern es den 'Stoff' empirischer Untersuchung im unter 1. genannten Sinn, d.h. die Subjekt-Objekt-Wechselbeziehung, modifiziert. Erkenntnis ist hier ganz wesentlich die Erkenntnis von Unterschieden in Bezug auf kausale Zusammenhänge, die sich durch Verhalten / Handeln / Praxis erzeugen lassen. Genau das ist auch der Punkt, um den es bei karma geht - empirisch beobachtbare Zusammenhänge von Ursache und Wirkung, ohne dass da irgendwelche Spekulationen (die zumindest potentiell "Quatsch" sind) bemüht werden müssen.


    Soweit ist vielleicht schon deutlich geworden, dass speziell "mein Buddhismus" keine Religion ist, sondern ein Regulativ meiner Lebensweise - ein "Yoga". Mehr muss es auch nicht sein. Auch hier genügt Empirie - die konkrete Erfahrung dieser bestimmten Lebensweise im Vergleich zu anderen, mit denen ich ebenfalls Erfahrungen gemacht habe und (deutlich abgeschwächt) die Andere mit anderen Lebensweisen machen. Das soll nun nicht heißen, dass ich völlig ohne "Quatsch" auskomme - zu dieser Lebensweise gehört es, mit Anderen zu kommunizieren und ohne "Quatsch" geht das nicht. Und es gehört auch (immer noch, wenn auch mit abnehmender Tendenz) zu dieser Lebensweise, mittels "Quatsch" Begründungen und Rationalisierungen für sie zu formulieren - nicht nur für Andere, auch für mich selbst. Genau dafür ist der ganze Quatsch ja da - man sollte ihn nur nicht über Gebühr ernst nehmen.


    Kommen wir nun noch abschließend zu

    Zitat

    3. Was darf ich hoffen?

    (nachdem 4. schon oben unter 1. mitbehandelt war). Wie ich schon andeutete, ist "hoffen" nicht mehr als ein dem Zweifel unterworfener Glaube. Die dritte Fragestellung - das hat auch schon Kant deutlich gemacht - zielt nun natürlich speziell auf den Bereich 'Religion', wobei nach meinem Verständnis der buddhistische Begriff Śraddhā deutlich mehr in Richtung 'Hoffnung' geht als in die Richtung eines (bedingungslosen) Glaubens, wie er inbesondere von den monotheistischen Religionen (bzw. Theologen und Geistlichen) als heilsnotwendig gefordert wird. Ich nenne Śraddhā gerne einen "Glauben auf Vorschuss" - einer, der sich bewähren muss und falls er dies nicht tut bedenkenlos gekündigt werden kann. Generell ist 'Religion' als ein der europäischen Geistesgeschichte entstammender (und ihr verhafteter) Begriff nur begrenzt geeignet, diesem geistesgeschichtlichen Kontext fern stehende Erscheinungen wie etwa den Buddhismus zu bezeichnen - in der Regel provoziert das speziell bei Angehörigen der durch diese Geistesgeschichte geprägten Kultur Miss- und Fehlverständnisse.


    Doch davon abgesehen - zweifellos gibt es auch im Buddhismus (bzw. den unzähligen in den Köpfen herumspukenden Buddhismen) jede Menge metaphysischer Spekulationen bzw. "Glaubenswahrheiten". Dass diese - zumindest nach mahayanischer Auffassung, für die der oben genannte Nagārjuna oder auch die Upāya-Doktrin des Lotossutra stehen mag - nicht Aussagen mit einem absoluten Wahrheitswert sind, sondern lediglich (bestenfalls) eine zur Wahrheitserkenntnis hinführende Funktion haben, wird dabei leider häufig übersehen. Nicht zuletzt auch hier im Forum, bei diversen Zänkereien über solche gelegentlich als unverzichtbare Dogmen missverstandenen Spekulationen bzw. "hilfreiche Mittel". Als Beispiel:

    Hund:

    Wenn dem Buddhismus die Reinkarnation, Karma, Überweltliche Bereiche usw abgesprochen werden und eine "reduzierung" erfolgt zur einer "nur" Mitgefühls und der meditativen Versenkungs Lehre mit paar Ethischen Kalender-Sprüchen des Buddha, mutiert dieser neue Buddhismus (Meiner Meinung nach) zur einer "Achtsamkeit-Wellness-Ethik" Floskel.


    Entkleiden wir diese Aussage einmal ihrer provozierenden Polemik, dann kann man sich schon fragen, wo bei einer Praxis des Mitgefühls - die sich zwangsläufig in der Übung der Pfadglieder 3, 4 und 5 manifestiert, also der praktischen Umsetzung der "ethischen Kalendersprüche Buddhas" - und "meditativer Selbstversenkung", also der Praxis der Pfadglieder 6, 7 und 8, eigentlich das große Defizit sein soll. Sicher, die ersten beiden Pfadglieder sind da nicht erwähnt - aber ohne diese gehen auch die anderen sechs nicht. Nebenbei: das als "Achtsamkeit-Wellness-Ethik" zu diffamieren, zeugt schon (falls es nicht rein provokant gemeint war) von einer recht ungesunden Überheblichkeit. Wobei mir durchaus bewusst ist, dass speziell der Begriff "Achtsamkeit" zu einem Versatzstück im esoterischen Supermarkt degeneriert ist und dort in den unsäglichsten Kontexten (auch solchen mit 'buddhistischem' Anstrich) auftaucht. Trotzdem - wenn man "Wellness" mit (zumindest partieller) Leidfreiheit übersetzt, sehe ich nicht, was an einer Ethik, die zu Achtsamkeit und zu (zumindest partieller) Leidfreiheit führt, auszusetzen bzw. "unbuddhistisch" sein soll. Es kommt immer darauf an, wie sich eine solche "Ethik" in der alltäglichen Praxis einer konkreten Person darstellt. Wer für seine persönliche Praxis den "Quatsch" braucht - z.B. "Reinkarnation, Karma, Überweltliche Bereiche usw." bzw. die Hoffnung darauf oder den Glauben daran, dem sei dies herzlich gegönnt. Um mit Fritz Teufels Worten zu sprechen: Wenn es denn der Wahrheitsfindung dient .... Das heisst nicht, dass die Praxis des derart gläubigen Buddhisten automatisch wert- oder wirkungsvoller, buddhistischer oder unbuddhistischer ist als die desjenigen, der sich nach einer vom gläubigen Buddhisten so titulierten "Achtsamkeit-Wellness-Ethik" richtet. Nur, dass individuell verschiedene Upāya aufgegriffen werden. Das eine ist so Quatsch wie das andere. Entscheidend ist vielmehr: wenn die persönliche Praxis (wie auch immer sie aussehen mag) nur auf "Quatsch" beruht und nicht dazu führt, diesen irgendwann fallen zu lassen, dann läuft da nach meiner Auffassung mit der Praxis etwas schief - dann sind diese Mittel nicht mehr nützlich. Insofern ist der Zweifel daran ein durchaus gesundes Zeichen.


    ()

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Tychiades:


    Was letztlich bleibt ist doch die Empfindung (auch als Erfahrung bezeichnet) "ich fühle mich gut" - "es ist ok, was ich mache."
    Das ist eine egozentrische Sicht und insofern eine Ego-Religion, weil man sich an sein Wohl-Empfinden bindet.


    Soweit ich den Erfinder des Buddhismus verstanden habe, geht es nicht um psychische Entwicklung, sondern um Transformation und darum, die Leerheit aller Erscheinungen, also auch des Selbst zu erkennen und damit auch die Leerheit jeder Messlatte, Bindung und Entwicklung.


    Soweit ich das sehe geht es um geistige Ent-wicklung, die Löslösung aus den Verwicklungen von Gier, Hass und Verblendung. Ein Prozess bei dem das Empfinden eine wichtige Rolle spielt indem es von den Bereichen gewöhnlicher Sinnenfreude allmählich angehoben wird zu innerer Freiheit, Frieden und Erkenntnis. Sogar ist das Loslassen nicht vollständig möglich ohne sozusagen einen höheren Geschmack zu erfahren.
    Das kann niemand für einen anderen machen, aber wer sich im dhamma übt wird zu einer Inspiration für andere und zu einem Vorbild und kann dann andere erst richtig anleiten. Insofern ist das auch kein Egoismus.
    Anattaverwirklichung und nibbana ist erst ganz am Ende einer langen Entwicklung.

  • mukti:
    Tychiades:


    Was letztlich bleibt ist doch die Empfindung (auch als Erfahrung bezeichnet) "ich fühle mich gut" - "es ist ok, was ich mache."
    Das ist eine egozentrische Sicht und insofern eine Ego-Religion, weil man sich an sein Wohl-Empfinden bindet.


    Soweit ich den Erfinder des Buddhismus verstanden habe, geht es nicht um psychische Entwicklung, sondern um Transformation und darum, die Leerheit aller Erscheinungen, also auch des Selbst zu erkennen und damit auch die Leerheit jeder Messlatte, Bindung und Entwicklung.


    Soweit ich das sehe geht es um geistige Ent-wicklung, die Löslösung aus den Verwicklungen von Gier, Hass und Verblendung. Ein Prozess bei dem das Empfinden eine wichtige Rolle spielt indem es von den Bereichen gewöhnlicher Sinnenfreude allmählich angehoben wird zu innerer Freiheit, Frieden und Erkenntnis. Sogar ist das Loslassen nicht vollständig möglich ohne sozusagen einen höheren Geschmack zu erfahren.


    Entwicklung ist was grundlegend anderes als Transformation - und wenn man das Konzept der 8 jhanas betrachtet, so geht es genau um diesen "Bruch" zwischen sinnlich-erfahrbarer Entwicklung und nicht mehr sinnlich-erfahrbarer Transformation. Religion macht aus dem Nicht-Sinnlichen ein Außer-Sinnliches. Bei dem Mystiker Johannes vom Kreuz wird dies aber auch als dunkle Nacht der Sinne und dunkle Nacht des Geistes bezeichnet. Da kann man dann auch nicht mehr von Freude sprechen, aber diese Freude stellt sich dann evtl. ein, wenn dieser Zustand losgelassen wird.
    Es handelt sich dann tatsächlich um eine Umformung insofern als Nicht-Selbst "gesehen" wird, obgleich eben dieser Begriff unangemessen ist. Daher spricht man auch im Zen von Blindheit, wenn es dieses "Sehen" meint.


    Zitat


    Das kann niemand für einen anderen machen, aber wer sich im dhamma übt wird zu einer Inspiration für andere und zu einem Vorbild und kann dann andere erst richtig anleiten. Insofern ist das auch kein Egoismus.


    Ob das dann als Vorbild oder Inspiration wirkt, wage ich zu bezweifeln, denn erstens weiß man, dass es da keine Anleitung gibt, weil wie du ja selbst sagst, es niemand für einen anderen machen, also auch zeigen kann. Wenn der andere nicht das erkennen kann bzw. will, geht das nicht.
    Es ist deshalb kein Egoismus, weil das Ego da nicht mehr vorhanden ist, denn es ist immer das Ego, dass andere anleiten will. Wobei hier das Bedürfnis nach "Wiederholung" eines Erreichten greift. Und auch das war nie im Sinne des Erfinders, denn der wusste ja, dass "alle Wesen befreit sind". Nur, wenn man dann in Kontakt tritt und kommuniziert, dann erscheint automatisch ein Kontakt zwischen unterschiedlichen Erkenntnisebenen oder Daseinsbereichen.

    Einmal editiert, zuletzt von Schroedinger ()

  • Sudhana:

    Getreu dem Motto 'Es wurde zwar schon alles gesagt, aber noch nicht von jedem' möchte auch ich hier noch meine 2 Cents beisteuern.


    Wenn es nur 2 Cents gewesen wären, hätte ich es auch gelesen.
    Meine Güte, warum so lang?
    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)