Säkularer Buddhismus im Vergleich

  • Die Vorstellung von Wiedergeburt ist die Vorstellung, die alle Leiden und Befreiungen in eine Zukunft schiebt, die man erst nach dem Sterben hat.

    Wie erschreckend ist das Erwachen, wenn man erkennt, dass Wiedergeburt nach der Bewusstlosigkeit ist und die Zukunft der Leiden und Befreiungen genau nach dem Bewusstlos sein ist.

    Da glaube ich doch lieber an der nach dem Sterben als Hoffnung und Trost anstatt mich jetzt um die Tugenden, den Dharma zu bemühen.

    Menschen haben oft Schwierigkeiten, auf das Wesentliche reduzierte Menschen zu verstehen.

    Ein Mensch, der sich auf das Wesentliche reduziert, hat Schwierigkeiten, sich anderen Menschen verständlich zu machen.

    Ich werde den Weg des mich Reduzierens nicht mehr verlassen, kann ich auch nicht.

    Den gehe ich seit Jahrzehnten.

  • Es könnte aber auch sein, dass diese Vorstellung zu der Schlussfolgerung führt, ich hab ja noch mehrere Leben Zeit, Befreiung zu erlangen oder unter günstigeren Umständen wiedergeboren zu werden.

    Wäre das denn so schlimm? Es wäre vielleicht ein Trost für diejenigen, die sich hierzu nicht in der Lage sehen:

    Um Befreiung zu erlangen muß man die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung überwinden.

    Viele Grüße

    Elliot

  • Von daher bleibt 3. Hier gibt es die Vorstellung, dass säkulare Buddhisten ja glauben müssten das mit den Tod alles Leid vorbei ist, sie also keine oder zu wenig Motivation zur Erlangung von Befreiung haben.

    Das ist nur ne Unterstellung.

    Es ist mir unverständlich, wie jemand auf diese Idee kommt, denn die Befreiung findet bereits während der Lebenszeit statt.


    Jedes "Arbeiten an sich selbst" trägt meistens sogar unmittelbar gute Früchte.


    Wer das aber nicht in Erfahrung bringt, wird das auch nicht wissen und schätzen. Da kann er/sie noch soviel darüber lesen und diskutieren.


    Ich brauche die Bedrohung einer Hölle nicht, ich brauche auch kein Versprechen auf ein noch schöneres nächstes Leben.


    Es lohnt sich immer, den Pfad zu verinnerlichen und umzusetzen.


    _()_Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Im traditionellen Buddhismus ist meines Wissens die Sicht verbreitet, dass man in der Regel sehr sehr viele Leben braucht, um das Erwachen zu erreichen. Das rückt das Ziel in eine wesentlich größere Perspektive und nimmt auch etwas von dem Druck sich in diesem einmaligen Leben bewähren zu müssen. Gleichzeitig wird z.B. im tibetischen Buddhismus betont wie selten und kostbar die Gelegenheit eines menschlichen Lebens ist, um Befreiung zu erlangen, und dass man sich diese Chance zunutze machen sollte.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Im traditionellen Buddhismus ist meines Wissens die Sicht verbreitet, dass man in der Regel sehr sehr viele Leben braucht, um das Erwachen zu erreichen. Das rückt das Ziel in eine wesentlich größere Perspektive und nimmt auch etwas von dem Druck sich in diesem einmaligen Leben bewähren zu müssen. Gleichzeitig wird z.B. im tibetischen Buddhismus betont wie selten und kostbar die Gelegenheit eines menschlichen Lebens ist, um Befreiung zu erlangen, und dass man sich diese Chance zunutze machen sollte.


    Hier ist aus meiner Sicht das Missverständnis, dass Erwachen etwas furchtbar großes sei. Etwas, dass nur unter enormen Anstrengungen, unter der Aufgabe aller guten sinnlichen Erfahrungen, strengster Askese etc. erreichbar sei. Dabei ist Erwachen etwas sehr alltägliches: Mit wachem Bewusstsein die Freiheit über meine Reaktionen. Dies lässt sich im Alltag einfach üben.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Der "Arme" träumt insgeheim immer davon, einst ein weltlich Reicher oder ein Hedonist zu werden, vielleicht praktiziert er deswegen sogar den achtfachen Pfad.

    Dann wäre er aber schlecht beraten (MN 75):


    "Das größte Gut ist die Gesundheit,
    Nibbāna ist das größte Glück,
    Der beste Pfad ist der Achtfache,
    Der sicher zum Todlosen führt."

    Viele Grüße

    Elliot

  • Hier war noch eine Frage:

    Warum fixierst Du sich so mechanisch auf die Einteilung Täter/Opler?
    Willst Du leugnen, dass es bei der Entstehung jedes Geistesobjektes (wodurch auch immer) zu der Verknüpfung phassa-vedana-tanha-upadana kommt?

    Wenn ich sie richtig verstehe, dann lautet die Antwort (mit MN 28) 'kommt auf die Situation an':


    "Wenn innerlich der Geist intakt ist, und äußere Geistesobjekte in seine Reichweite kommen, aber keine passende Hinwendung vorhanden ist, dann gibt es kein Erscheinen des zugehörigen Bewußtseinsanteils."


    Oder mit etwas mehr Abstand, und mit Täter und Opfer (MN 25):


    "Man sagt, dieser Bhikkhu habe Māra geblendet, er sei für den Bösen unsichtbar geworden, indem er das Auge Māras seiner Gelegenheit beraubt hat."

    Viele Grüße

    Elliot

  • Wäre das denn so schlimm? Es wäre vielleicht ein Trost für diejenigen, die sich hierzu nicht in der Lage sehen:

    Oder es ist nur ne Ausrede, sich nicht anzustrengen zu müssen.

  • Wäre das denn so schlimm? Es wäre vielleicht ein Trost für diejenigen, die sich hierzu nicht in der Lage sehen:

    Oder es ist nur ne Ausrede, sich nicht anzustrengen zu müssen.

    Lieber Metta,

    wenn ich darf: Die Welt entsteht eigentlich in unserem Kopf, besser gesagt, in unserem eigenen Bewusstsein. Meiner bescheidenen Meinung nach reichen dazu SN 2.26 und AN 4.45 über das Ende der Welt aus, und dann kann man diese Argumentation von Elliot nachvollziehen. Bhikkhu Anālayo hat einmal einen kritischen Artikel verfasst, weil Ñāṇavīra den Arahat so verstanden hatte, als ob er keine Wahrnehmung mehr hätte. Wenn man über die Überwindung der Wahrnehmung spricht, sollte man sich fragen, wie ein Arahat oder ein Heiliger im Alltag funktioniert. Denn er sollte die Phänomene ohne Verzerrungen sehen, in der Leerheit (eher allegorisch) und bestimmt absolut frei von allen Geistesgiften. Und er hat keine innere Identifikation mit den khandha mehr. Und wie sollte das zustande kommen? Rein praktisch gesehen? Deine Antwort?

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Im traditionellen Buddhismus ist meines Wissens die Sicht verbreitet, dass man in der Regel sehr sehr viele Leben braucht, um das Erwachen zu erreichen. Das rückt das Ziel in eine wesentlich größere Perspektive und nimmt auch etwas von dem Druck sich in diesem einmaligen Leben bewähren zu müssen. Gleichzeitig wird z.B. im tibetischen Buddhismus betont wie selten und kostbar die Gelegenheit eines menschlichen Lebens ist, um Befreiung zu erlangen, und dass man sich diese Chance zunutze machen sollte.

    Genau, das ist ein nicht auflösbarer Widerspruch.


  • Ja, ich habe aber vom Normalfall gesprochen, also von mir und dir, und nicht von einem, der diese Kette schon durchbrochen hat.

  • Meiner bescheidenen Meinung nach reichen dazu SN 2.26 und AN 4.45 über das Ende der Welt aus, und dann kann man diese Argumentation von Elliot nachvollziehen.

    Wenn ich darf, ich weiß nicht, welche Argumentation du meinst.
    Solltest du meinen, ein Mensch könne ohne "8fachen Pfad" erwachen, so stimme ich nicht zu, mir ist auch kein "säkularer Buddhist" bekannt, der das tut, der wäre dann ja dann ja gar kein Buddhist.

    Wenn man über die Überwindung der Wahrnehmung spricht, sollte man sich fragen, wie ein Arahat oder ein Heiliger im Alltag funktioniert.

    Man sieht die Dinge ohne Verzerrung, wenn phassa (rückwärts) nicht mehr durch sankhāra bedingt wird, und/oder (vorwärts) nicht mehr durch tanha/upadana kompromitiert werden.

  • Metta, natürlich kann auch ein Mensch erwachen, der die buddhistische Lehre nicht kennt, also dem achtfachen Pfad nicht folgt.


    Es bedarf keines achtfachen Pfades, um befreit zu sein. Denn auch ohne gibt es die Fähigkeit zu erkennen, wie es heilsam ist zu denken, reden und zu handeln.


    Auch ohne den Begriff Meditation kann ich in die Stille gehen. Solche Erfahrungen hatte ich mit 12 Jahren, und ich wusste nichts über die Lehre.


    Ich bin sicher, es gibt mehr "Befreite", "Erwachte" als wir ahnen. Sie sind unsichtbar, sie fallen nicht auf, sie tun sich nicht mehr hervor, sie erfüllen einfach ihre Aufgaben, essen trinken, lieben, schlafen und sterben.


    Einfach Menschen ...

    _()_Monika

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Metta, natürlich kann auch ein Mensch erwachen, der die buddhistische Lehre nicht kennt, also dem achtfachen Pfad nicht folgt.


    Es bedarf keines achtfachen Pfades, um befreit zu sein. Denn auch ohne gibt es die Fähigkeit zu erkennen, wie es heilsam ist zu denken, reden und zu handeln.

    Der 8fache Pfad kann in jeder beliebigen Form (auch nicht-buddhistischer) erscheinen, nur vollständig muss er sein. Die Worte spielen dabei keine Rolle.

  • Wenn ich darf, ich weiß nicht, welche Argumentation du meinst.
    Solltest du meinen, ein Mensch könne ohne "8fachen Pfad" erwachen, so stimme ich nicht zu, mir ist auch kein "säkularer Buddhist" bekannt, der das tut, der wäre dann ja dann ja gar kein Buddhist.

    Hm, ich hatte doch auf das Sutra hingewiesen:


    "

    „Wahrlich, so sage ich, o Freund: Nicht ist man imstande, durch Gehen das Ende der Welt zu erreichen, da, wo es weder Geburt gibt, noch Altern und Sterben, weder Erstehen, noch Abscheiden. Doch nicht kann man, sage ich, o Freund, ohne der Welt Ende erreicht zu haben, dem Leiden ein Ende machen. Das aber verkünde ich, o Freund: In eben diesem klafteftlerhohen, mit Wahrnehmung und Bewusstsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Ende und der zu der Welt Ende führende Pfad.

    Durch Gehen kann man nie gelangen

    bis an das Ende dieser Welt;

    doch ohne dies erreicht zu haben,

    wird man vom Leiden nimmer frei.

    Daher ein weiser Weltenkenner,

    der, heilig, hin zum Ende kam,

    der, still geworden, um das Weltenende weiß,

    verlangt nicht mehr nach dieser Welt und jener.“

    ([SN 2, 26] und AN 4, 45 – Übers.: Ñāṇatiloka Bhikkhu)


    Klar, ohne den Pfad geht es nicht. Keine andere Fragen. Danke. _()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Das aber verkünde ich, o Freund: In eben diesem klafteftlerhohen, mit Wahrnehmung und Bewusstsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Ende und der zu der Welt Ende führende Pfad.

    ja, hab ich gelesen und verstanden.
    Wenn du auf was Bestimmtes hinaus willst oder dich von mir missverstanden fühlst, kipp mir nicht einfach ein Sutta oder Zitat auf den Latz. So reden doch Leute nicht miteinander.

  • So reden doch Leute nicht miteinander.

    Meine Frage war, wie funktioniert die Wahrnehmung von Arahat? Du hast geantwortet.

    Dann brauche ich nicht mehr zu ziterien, danke.

    Deine Antwort war:


    Man sieht die Dinge ohne Verzerrung, wenn phassa (rückwärts) nicht mehr durch sankhāra bedingt wird, und/oder (vorwärts) nicht mehr durch tanha/upadana kompromitiert werden.

    Das reicht mir absolut aus. LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Das aber verkünde ich, o Freund: In eben diesem klafteftlerhohen, mit Wahrnehmung und Bewusstsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Ende und der zu der Welt Ende führende Pfad.


    Da Buddhas Ziel die Befreiung von Dukkha war - etwas was auf der subjektiven, phänomenologischen Ebene auftaucht - meint er mit Welt natürlich die subjektive, phänomenologische Welt. Und es ist diese Welt die sich eben zu einem nicht unwesentlichen Welt durch Benennung ergibt.


    Da die physikalische Welt für das Unterfangen des Buddhas nicht relevant ist - Dukkha ist nichts Physikalisches, kommt die nicht vor und ist nicht gemeint. Sie Entsteht nicht durch Benennung und vergeht nicht in der Befreiung.


    Zu denken, dass die physikalische Welt bei der Befreiung zu Ende geht oder Erschüttert wird oder dass sie nur durch "Benennung" existiert ist ein Mißverständnis. Man wäre da ja ein wenig wie das kleine Kind das denkt es könne beim Versteckspiel nicht gefunden werden, so lange es die Augen zu hat. Es ist so das "magische Denken" kleiner Kinder. Das kann Buddha meines Erachtens nicht gemeint haben.

  • Da Buddhas Ziel die Befreiung von Dukkha war - etwas was auf der subjektiven, phänomenologischen Ebene auftaucht - meint er mit Welt natürlich die subjektive, phänomenologische Welt. Und es ist diese Welt die sich eben zu einem nicht unwesentlichen Welt durch Benennung ergibt.

    Korrekt, ich sehe es genauso wie Mettiko Bhikkhu und Ñāṇavīra Bhikkhu: Es gibt keine andere 'Welt'.

    Die Welt ("") stellt keine objektive Realität unabhängig von unserer Wahrnehmung dar.

    So die moderne Neurowissenschaft:


    Zitat

    Roth: Also, philosophisch gesprochen können wir natürlich überhaupt keine Gewißheit haben über die Existenz einer Welt außerhalb unseres Kopfes. Wir haben nur die Gewißheit über unsere eigenen Sinnesdaten. Ob diese Sinneseindrücke aus einer äußeren Welt stammen, kann ich nicht unmittelbar überprüfen. Ich kann sie ja nicht anfassen, sondern was mein Gehirn verarbeitet sind immer nur Sinneseindrücke, von druckempfindlichen Tastsensoren in meinen Fingerspitzen etwa. Die Frage kann also nicht sein, ob ich nachweisen kann, daß es eine unabhängige Welt gibt, sondern nur, ob es plausibel ist, von ihrer Existenz auszugehen. Meine Antwort: Es ist sehr wahrscheinlich, daß es eine äußere Welt gibt.


    Das Gehirn weiß wenig von der Wirklichkeit

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Korrekt, ich sehe es genauso wie Mettiko Bhikkhu und Ñāṇavīra Bhikkhu: Es gibt keine andere 'Welt'.

    Die Welt ("") stellt keine objektive Realität unabhängig von unserer Wahrnehmung dar.

    So ist es jedenfalls für alle Nichterwachten. Und in diesem Sinne vergeht "die Welt" (diese Welt) auch für den Erwachten.

  • Im traditionellen Buddhismus ist meines Wissens die Sicht verbreitet, dass man in der Regel sehr sehr viele Leben braucht, um das Erwachen zu erreichen. Das rückt das Ziel in eine wesentlich größere Perspektive und nimmt auch etwas von dem Druck sich in diesem einmaligen Leben bewähren zu müssen. Gleichzeitig wird z.B. im tibetischen Buddhismus betont wie selten und kostbar die Gelegenheit eines menschlichen Lebens ist, um Befreiung zu erlangen, und dass man sich diese Chance zunutze machen sollte.

    Da gehört aber auch zur Ehrlichkeit dazu, dass es religiöse Buddhisten gibt in großer Angst davor das nächste Leben als Hungergeist o.ä. zu verbringen. Also ob es nun Druck nimmt oder Druck gibt ist vermutlich eine sehr individuelle Sache.

  • Ja, ich habe aber vom Normalfall gesprochen, also von mir und dir, und nicht von einem, der diese Kette schon durchbrochen hat.

    Dann hatte ich Deine Frage anscheinend doch nicht richtig verstanden.

    Oder es ist nur ne Ausrede, sich nicht anzustrengen zu müssen.

    Das kommt sicher auch auf die eigenen Maßstäbe an, und auch die seiner Umgebung, was das bedeutet:

    Um Befreiung zu erlangen muß man die drei Geistesgifte Gier, Hass und Verblendung überwinden.

    Aber ziemlich sicher reicht dafür der vierfache Pfad des Hedonisten nicht aus. Nimmt man MN 78 als Maßstab, dann braucht es da mindestens einen fünffachen Pfad.

    Genau, das ist ein nicht auflösbarer Widerspruch.

    Worin siehst Du den?

    Viele Grüße

    Elliot

  • Im traditionellen Buddhismus ist meines Wissens die Sicht verbreitet, dass man in der Regel sehr sehr viele Leben braucht, um das Erwachen zu erreichen. Das rückt das Ziel in eine wesentlich größere Perspektive und nimmt auch etwas von dem Druck sich in diesem einmaligen Leben bewähren zu müssen. Gleichzeitig wird z.B. im tibetischen Buddhismus betont wie selten und kostbar die Gelegenheit eines menschlichen Lebens ist, um Befreiung zu erlangen, und dass man sich diese Chance zunutze machen sollte.


    Hier ist aus meiner Sicht das Missverständnis, dass Erwachen etwas furchtbar großes sei. Etwas, dass nur unter enormen Anstrengungen, unter der Aufgabe aller guten sinnlichen Erfahrungen, strengster Askese etc. erreichbar sei. Dabei ist Erwachen etwas sehr alltägliches: Mit wachem Bewusstsein die Freiheit über meine Reaktionen. Dies lässt sich im Alltag einfach üben.

    Ein Streben nach den Qualitäten des Erwachens sollte sicher etwas alltägliches sein. Wir müssen das ja irgendwie in unseren Alltag übersetzen, wenn wir danach streben wollen. In welchem Maße das, was wir in unseren Alltag dann auch tatsächlich erreichen, schon wirklich Erwachen ist, da bin ich mir nicht so sicher.


    Im traditionellen Buddhismus ist meines Wissens die Sicht verbreitet, dass man in der Regel sehr sehr viele Leben braucht, um das Erwachen zu erreichen. Das rückt das Ziel in eine wesentlich größere Perspektive und nimmt auch etwas von dem Druck sich in diesem einmaligen Leben bewähren zu müssen. Gleichzeitig wird z.B. im tibetischen Buddhismus betont wie selten und kostbar die Gelegenheit eines menschlichen Lebens ist, um Befreiung zu erlangen, und dass man sich diese Chance zunutze machen sollte.

    Da gehört aber auch zur Ehrlichkeit dazu, dass es religiöse Buddhisten gibt in großer Angst davor das nächste Leben als Hungergeist o.ä. zu verbringen. Also ob es nun Druck nimmt oder Druck gibt ist vermutlich eine sehr individuelle Sache.

    Ja, Angst und Furcht ist in dieser traditionellen Sicht sicher ein Antrieb für die Zufluchtnahme und die Anstrengung auf dem spirituellen Pfad.


    Es hängt alles mit der nicht stillstellbaren Bewährungsdynamik zusammen, aus der wir Menschen wohl niemals heraus kommen. Die konkrete Form und Ausgestaltung der Bewährungsdynamik ist im traditionellen Buddhismus halt anders als im säkularen. Das wollte ich glaube ich damit sagen.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Erstens müssen Rituale nicht automatisch metaphysische Elemente enthalten und zweitens ist es eine reine Behauptung, dass bei Ritualen per se das Heilsame überwiege. Kannst du dazu irgendwelche Studien vorlegen, aus der Religionspsychologie etwa?

    Es stimmt natürlich, dass Rituale nicht zwangsläufig metaphysische Elemente enthalten müssen (wenn es bei religiösen Ritualen auch meistens der Fall ist), aber die Heilsamkeit von Ritualen steht wohl außer Frage:


    Psychologie: Die unheimliche Macht der Rituale - WELT
    Für Geisteswissenschaftler halten sie Gemeinschaften zusammen, für Hirnforscher stiften sie Orientierung im Chaos: Warum wir auf Rituale nicht verzichten…
    www.welt.de


    Rituals in Buddhism – Insight Meditation Center




    Die Gefühle bei der Teilnahme an religiösen Ritualen sind eine Erfahrungssache - wer Rituale als hilfreich erlebt hat, wird sie sicherlich so lange praktizieren, wie nötig, wer sie als überflüssig oder gar hinderlich betrachtet, wird sie meiden. :shrug:


    Habe mal NORBU (KI) befragt, war leider nicht sehr ergiebig:


    Wie bereits erwähnt (# 256), sind Ansprüche und Erwartungen an buddhistische Praktiken individuell verschieden und daher mag doch jeder nach seiner Fasson selig/erleuchtet werden...


    Was mich halt interessiert hätte, ob deine Aussage:

    Gerade weil sB auf unnötigen Ballast verzichtet, führt er eher zur Überwindung von Dukkha als andere Wege, die sich im Dickicht angeblicher Spiritualität verirren.

    empirisch belegt ist.

    Denn dann müsste ja, konsequenterweise, jeder spirituell Suchende, der sich vom Leiden befreien will, zuallererst beim säkularen Buddhismus "Zuflucht nehmen", um keine Zeit zu verschwenden.... :?


    Na also, die KI ist in diesem Punkt sehr verträglich :) - jeder Ansatz hat seine Berechtigung und es wäre eine friedensstiftende Option, die unterschiedlichen Wege nicht gegeneinander auszuspielen - Reformen benötigen sicherlich vor allem jene, die mit den traditionellen Richtungen (aus verschiedensten Gründen) unzufrieden sind.


    Sollte die Zahl derer ansteigen, werden sich im "westlichen Buddhismus" vermutlich irgendwann entsprechende Veränderungen bemerken lassen, z.B. eine Abnahme buddhist. Tempel und Klöster, zugunsten säkularer Begegnungsstätten...


    Was ich wirklich schade fände (und man erkennt bereits Tendenzen hierzu), wäre die Infragestellung (und quasi Entwertung) vieler, wenn nicht der meisten, Lehrreden aus dem Palikanon durch säkulare Buddhisten.

    (Nur die "Rede an die Kalamer" bleibt wohl unangetastet...)


    Es gibt ja immer Varianten, wie man die alten Texte verstehen kann: wörtlich wie der evangelikale Christ seine Bibel, metaphorisch gedeutet auf das Heute zugeschnitten, aus Sicht der Textkritik, die versucht Überlieferungschichten zu identifizieren, um einem authentischen Kern auf die Spur zu kommen. Ich bevorzuge letztere beiden Variante . Aber das muss jeder für sich selbst entscheiden.

    Die Streitpunkte "Wiedergeburt" und "Karma" sollten - von beiden Seiten - möglichst respektvoll diskutiert werden, d.h. es ist auch nicht in Ordnung, wenn z.B. von Dharmalehrern des tibet. Buddhismus verlautbart wird, dass der säkulare Buddhismus "kein Buddhismus" sei, weil er "Wiedergeburt" negiere....


    Möge es jedem Praktizierenden selbst überlassen bleiben, wie er die Lehrreden versteht und ihre Essenz in seine Praxis einfließen lässt.




    Liebe Grüße _()_ :heart: :)

    Loslassen....öffnen... - und alles fügt sich.


    "Wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch." (F. Hölderlin)


    "...In der Aufhebung des Begehrens (tanha) besteht die Aufhebung des Leidens.

    Dieser edle achtfache Pfad aber ist der zur Aufhebung des Leidens führende Weg..."

    (AN.VI.63)