Daseinsfaktoren

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    Ich bezeichne Dukkha radikaler als eigentliche "Hölle"

    Ein abhängiger Mensch – Dukkha unterworfen – wird zum Spielball der Unbeständigkeit (anicca – Vergehen und Entstehen), denn Dukkha bezeichnet auch den Teil unseres Lebens, das wir für Glück halten, wenn nämlich die Sucht für eine gewisse Zeit gestillt ist. Je stärker die Sucht, desto stärker die Qualen: Tantalos. Daher lehrt der Buddha mit der Erkenntnis der ersten und zweiten edlen Wahrheit Beschaffenheit und Ursachen dieser Abhängigkeit.

    Mit dem achtfachen Pfad gelingt der Weg aus der Abhängigkeit. Wenn die Abhängigkeit abnimmt, nimmt etwas anderes zu: bedingungslose Freude.


    Zitat

    Bei einer späteren Gelegenheit, nachdem ich den Ursprung, das Verschwinden, die Befriedigung, die Gefahr und das Entkommen im Falle der Sinnesvergnügen der Wirklichkeit entsprechend kannte, überwand ich das Begehren nach Sinnesvergnügen, entfernte ich das Fieber nach Sinnesvergnügen, und ich verweile ohne Durst, mit einem Geist, der inneren Frieden hat. Ich sehe andere Wesen, die nicht frei von Sinnesbegierde sind, die vom Begehren nach Sinnesvergnügen verzehrt werden, die vor Fieber nach Sinnesvergnügen brennen, die in Sinnesvergnügen schwelgen, und ich beneide sie nicht, auch ergötze ich mich nicht daran. Warum ist das so? Māgandiya, weil es eine Freude gibt, abseits von Sinnesvergnügen, abseits von unheilsamen Geisteszuständen, welche himmlische Glückseligkeit übertrifft. Da ich mich an jenem erfreue, beneide ich nicht, was geringer ist, auch ergötze ich mich nicht daran.

    Majjhima Nikaya 75, 14


    Durch diese bedingungslose Freude geschieht etwas Außerordentliches: Das ständige Suchen hört auf, das ständige Sich-um-die-eigene-Befindlichkeit-drehen hört auf, plötzlich sind viel mehr Kapazitäten frei. Und das ist tatsächlich so, als würde man eine schwere Last ablegen, oder wäre von Schulden befreit, wäre kein Diener mehr (von der Abhängigkeit fremdbestimmt), sondern frei zu gehen, wohin man möchte, wäre in Sicherheit, und so weiter (-> Dīgha-Nikāya 11, ab 68) Und ein kleiner Teil dieser großen Erleichterung tritt bei jeder überwundenen Abhängigkeit ein. Das ist ein schrittweiser Prozess, bei dem nach und nach Dukkha nachlässt und Sukha zunimmt. Die freien Kapazitäten und dieses bedingungslose Glück führen bei vielen Menschen dazu, dass sie sich weniger um sich selbst drehen und sich mehr um das Wohl anderer bemühen. Sie werden offener, freundlicher, weniger ängstlich, herzlicher, etc...


    Anatta bezeichnet nur den Widerspruch gegen die hinduistische Vorstellung Atta, einer unveränderlichen ewigen Seele. Es sagt aber nicht, dass wir alle seelenlose Automaten sind. Buddha selbst postuliert im Udana das Ungeborene:


    Zitat


    Es gibt, ihr Bhikkhus, ein Nichtgeborenes, Nichtgewordenes, Nichtgeschaffenes, Nichtaufgebautes. Wenn es, Bhikkhus, dieses Nichtgeborene, Nichtgewordene, Nichtgeschaffene, Nichtaufgebaute nicht gäbe, Dann wäre ein Ausweg aus dem Geborenen, Gewordenen, Geschaffenen, Aufgebauten nicht zu erkennen. Da es aber, Bhikkhus, das Nichtgeborene, Nichtgewordene, Nichtgeschaffene, Nichtaufgebaute gibt, Darum ist ein Ausweg aus dem Geborenen, Gewordenen, Geschaffenen, Aufgebauten zu erkennen.


    Udana 8.3

    Er spricht auch über das Selbst und zwar in Form einer Negation. Bei der Betrachtung der fünf Skandha kommt er zu folgendem Schluss:


    Zitat

    Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.


    Majjhima-Nikāya 22

    Das alles ist nicht das Selbst. Was aber ist das Selbst? Was bleibt, wenn alles Vergängliche, Zusammengesetzte nicht das Selbst ist? Nichts? Reiner, seelenloser Determinismus? Buddha, bzw. die Ordensältere Khemā antwortet folgendermaßen:


    Zitat

    Ebenso nun auch, großer König, ist jede Form, jedes Gefühl, jede Wahrnehmung, jede Gestaltung, jedes Bewußtsein, durch welche man den Vollendeten bezeichnen wollte, vom Vollendeten überwunden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so daß sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln können. Von der Bezeichnung durch Form, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltung, Bewußtsein erlöst ist der Vollendete tief, unermeßlich, unergründlich, gleichwie der große Ozean: Auferstehn, das trifft nicht zu; Nichtauferstehn, das trifft nicht zu; Auferstehn und Nichtauferstehn, das trifft nicht zu; Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn, das trifft nicht zu.


    Samyutta Nikaya 44



    Hier findet sich eine gute Auseinandersetzung mit diesem Thema. (->Klick)

    Und hier noch was – allerdings mehr aus Sicht des Mahayana: (->Klick)

  • Die Daseinsmerkmale (dukkha / anatta / anicca) sind fundamentale Grundpfeiler der Buddhalehre.


    Im "Normalfall" (= vor dem Kontakt mit der Buddhalehre) leugnen wir sie alle drei. Unsere ganze Weltsicht, unser ganzer Alltag besteht 24/7 aus dem Leugnen der Daseinsmerkmale, bzw. aus der Flucht vor ihnen. "Flucht" sowohl wörtlich genommen, als auch, dass wir psychologisch gesehen weglaufen / die Augen zumachen.


    Das ändert sich nicht abrupt mit dem Kontakt zur Buddhalehre. Aber der Grundstein ist gelegt. Es ist ein langer Prozess, WEIL das "Nicht-wahrhaben-Wollen" so tief verwurzelt ist.


    • Offizieller Beitrag

    Es ist ein langer Prozess, WEIL das "Nicht-wahrhaben-Wollen" so tief verwurzelt ist.

    Klar, aber die Angst vor dem "Nicht-wahr-haben-wollen", dem Selbstbetrug führt manchmal auch zu einem übertriebenen Pessimismus, Nihilismus und blinden Glauben an einen umfassenden Determinismus. Die buddhistische Lehre handelt aber davon, wie Menschen frei und glücklich werden können.

  • Es ist ein langer Prozess, WEIL das "Nicht-wahrhaben-Wollen" so tief verwurzelt ist.

    Klar, aber die Angst vor dem "Nicht-wahr-haben-wollen", dem Selbstbetrug führt manchmal auch zu einem übertriebenen Pessimismus, Nihilismus und blinden Glauben an einen umfassenden Determinismus. Die buddhistische Lehre handelt aber davon, wie Menschen frei und glücklich werden können.

    Ja, das sehe ich auch so. Das ist eine (große) Gefahr.


    Nur der letzte Satz: Da besteht die Gefahr, das auch wieder falsch zu verstehen.

    Ich bin in erster Linie (Soto-)Zennie, ich sehe den Satz natürlich etwas problematisch. Frei und "glücklich" zu werden, ist ein Nebeneffekt für mich. Ein kleines Bonusgeschenk.


  • Ich stimme da Schmu zu.

    Im Buddhismus geht es nämlich nicht um Glück, sondern um Frieden. Wenn es also heißt, frei und friedfertig zu sein, dann ist das für mich stimmig.

    :zen:

  • Kein fühlendes Wesen ist in irgendeiner Abhängigkeit, kann es nicht sein, weil alles wechselseitig abhängig ist. Es kann unter bedingten Entstehen nicht leiden, weil alles bedingt entsteht. Das ist die Aussage von anicca.


    Kein fühlendes Wesen erkennt Unzulänglichkeit, Unvollkommenheit, aber eben manchmal Mangel doch ganz ohne daran zu leiden. Denn das sind ganz normale Widrigkeiten, weil das Leben eben bedingt und wechselseitig abhängig ist. Die Unzulänglichkeit ermöglicht überhaupt erst Leben. Das ist die Aussage von dukkha.


    Alle Dinge, die Materie sind, sind ohne ein Selbst, ohne Seele, ohne Geist. Weil alles im Grundaufbau Materie ist. Da alle Materie anicca und dukkha ist, sind alle Dinge aus Materie ohne jedes Ich. Das ist die Aussage von anatta.


    Soweit ich weiß, gibt es nur den Menschen, der unter allen drei Daseinsmerkmalen leiden kann, und zwar gleichzeitig.

    Das sind die drei Bindungen:

    Die Suche nach Beständigem, das sich nicht in wechselseitiger Abhängigkeit befindet und nicht bedingt ist durch Bedingungen.

    Die Suche nach Vollkommenem, nach Perfektem, nach dem auf das immer verlass, ist, einen Grundstein. Einer, Der Wahrheit.

    Die Suche nach dem Ich, dem was mein ist, dem Selbst, das sich immer selbst gleich ist und bleibt.


    Der Mensch hat als einziges fühlendes Wesen sich ein Wesen geschaffen, das vollkommen ungebunden ist. Es mag in Objekten sein, ist aber nie das Objekt. Seine Suche könnte ein Ende haben, wenn dieser Gott (Leerheit) sich als reales Wesen zeigen, sprechen, mit Objekten handeln würde. Kann er aber nicht, da er im Glauben nichts mit den Objekten zu tun hat, also kein Objekt ist. Der Glaube an ein Wissen des Gottes stellt sich als eine Illusion heraus, die unbedingt verneint werden muss. Die Symbole, das Rad, das Kreuz, der Mond, die Hostie, der Wein vertreten Gott und man muss nur daran glauben und alles wird gut. Solange der Gottesdienst dauert, ist das auch so.


    Genau das hat Buddha nur seinen engsten Begleitern erklärt, nur darum kann es Befreite geben:

    Es gibt keinen Gott der erscheinen, andauern, vergehen könnte.

    Es gibt keine Befreiung vom wechselseitigem abhängig sein im bedingten Entstehen.

    Es gibt kein Ich, das ich sehen und mit den Daseinsfaktoren (skandha) erkennen kann, aber es gibt Wirkungen dieses Ich's die schon gleich nach dem Erscheinen vergehen.


    All das verwirrt die Menschen, die nicht in der Lehre des Buddha belehrt werden, doch in jeder Rede des Buddha kann jeder es auch heute erkennen. Doch will man das? Nein! Warum nicht? Meins, meins, meins, mehr, mehr, mehr. Um Gottes willen, mehr meins!

  • Thorsten Hallscheidt


    Ok, da steht auch "Glück".


    Da muss man dann vielleicht aber etwas mehr zu sagen. Die Worte "Glück" und "glücklich" werden normalerweise so verwendet, dass ich sie so nicht kommentarlos auf die Buddhalehre anwenden würde.


  • Mir wurde irgendwann klar, dass ich manchmal Dukkha mit Glück verwechselt habe. Und durch meine anhaftung an dieses "Glück", hat sich (mein) Leiden vervielfacht.

    Viele meiner Glücksquellen waren in Wirklichkeit nur eine temporäre Abwesenheit von Leiden.

    Meine Beziehung zu Dukkha hat sich auch verändert.

    Es ist für mich eine Art von Mangel / Unzuverlässigkeit.

    Je nach Situation, war es einmal nur eine Sache, die zum Leben dazu gehörte, und manchmal ein unerträglicher Zustand.


    Durch Sila, Samadhi und Metta konnte ich zwar die Symptome lindern, aber Heilung gab es erst durch den Klarbllick auf die Idee von "Mir und Mein".


    Glück kommt niemals alleine.

    Frieden und Freiheit von diesen Dingen, kommt von der Herzens Kontemplation und dem durchschauen der Ich-Idee.


    Schmu hat (meiner Meinung nach), den Nagel auf den Kopf getroffen.

    Jetzt muss ich mir erstmal die anderen Beiträge durchlesen.


    Mögen wir alle Frieden finden!

    • Offizieller Beitrag

    Schmu , Martin_1980


    Vielleicht habt ihr keine Lust, all das zu lesen, was ich oben geschrieben habe, darum hier für euch exklusiv in gebotener Kürze:


    Buddha beschreibt ein Glück, das abseits von Dukkha aufscheint:


  • Gluck, Frieden...Die Lehre..."Dukkha"...

    Verdammt viele Begriffe, um das zu finden, was immer da ist!

    Ich-Nicht-Ich

    Mein-Nichts mein....

    Je mehr meine katze es alles liest, desto mehr es verwirrt sie ...

    Denn die hat es ...Nichts verlassen... nichts gesucht... hatte unter keinen "Sehn-Süchten" gelitten.... genau deswegen sie ist immer frei.

    Genau jetzt!

    Im Dukkha gefangen, mit der maus im Spiel,

    das game läuft weiter, Mit Buddha oder ohne... ihr ist egal,

    mir auch.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    • Offizieller Beitrag

    Je mehr meine katze es alles liest, desto mehr es verwirrt sie ...

    was meinst denn mit "Katze"? Normale Vierbeiner können doch nicht lesen. Von was sprichst du denn?


    Im Dukkha gefangen, mit der maus im Spiel,

    das game läuft weiter, Mit Buddha oder ohne... ihr ist egal,

    mir auch.

    Was meinst du denn damit? Buddha schreibt doch, dass Dukkha von Anhaften an ein Selbst kommt und aufhört, wenn dieses Greifen aufhört. Das Spiel läuft also nicht automatisch weiter.

  • Zitat

    Māgandiya, weil es eine Freude gibt, abseits von Sinnesvergnügen, abseits von unheilsamen Geisteszuständen, welche himmlische Glückseligkeit übertrifft. Da ich mich an jenem erfreue, beneide ich nicht, was geringer ist, auch ergötze ich mich nicht daran. [...]

    Thorsten Hallscheidt

    Und wie du rein persönlich nimmst es wahr?

    Ohne zu viel zu zitieren, das kann ich auch...

    Wie du es spürst, empfindest?

    Aber nichts darauf intellektuel hinweist?

    Zu viele Finger, wie auch zu viele "Gärten"...

    Die Mäuse sind aber identisch.

    Nichts persönlich gemeint, in Diesem Ozean vom Technischen Terminis man verpasst das Leben, wie es IST!

    Ich betrachte es aus Zen-Perspektive, klar.

    Denn mich widert egal welche Lehre an.

    So wie J.Krishnamurti.


    Zitat

    Bloßes Wissen wird zu einer Sucht, einer anderen, subtileren Form der Zerstreuung.



    Ich habe immer wieder betont, dass es keine Rolle spielt, aus welcher Quelle Sie das Wasser schöpfen, solange es rein ist und solange das Wasser den Durst der Menschen löscht.


    Solange die Mäuse da sind, meine katze lebt in Nirvana und stellt keine Fragen....

    :taube:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

    • Offizieller Beitrag

    Und wie du rein persönlich nimmst es wahr?

    Ohne zu viel zu zitieren, das kann ich auch...


    Den einen zu persönlich, den anderen zu weit von der Lehre des Buddha entfernt, den einen zu sehr Zen, den anderen zu sehr Thera... Ich schreibe, was ich denke und belege es durch das, was ich gelesen habe, weil ich Erfahrungen gemacht habe, die in diese Richtung weisen und mir Orientierung geben. Nicht mehr – nicht weniger.

  • was meinst denn mit "Katze"? Normale Vierbeiner können doch nicht lesen. Von was sprichst du denn?

    Doch! wenn die gegen keine AGB verletzt,;).



    wenn dieses Greifen aufhört

    Es giibt doch keinen "Greifen"!

    Denn wie kann man die "Illusion" ---"an-greifen"?

    Anatta, mehr nichts...

    Dann die Lehre...die auch leer ist...

    Klar, vollgespickt mit den Begriffen.

    So man lebt in der Plastik-Realität, mehr nichts.

    Und nutzt die Lehre aus, um das "Floss" nichts zu verlassen.

    Oder man klammert sich an den Finger, und wieder und wieder ihn "zitiert".

    Dann man fühlt dich sehr gemütlch dran, ach, eher heimlich, zu Hause...

    Aber es hat allles mit dem realen Leben nichts zu tun...

    Denn das Haus ist auch nichts mehr als die Illusion...

    Klar , wenn ich es abtippe, es ist real...

    Wie das Klatschen einer Hand.:taube:

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Was aber ist das Selbst? Was bleibt, wenn alles Vergängliche, Zusammengesetzte nicht das Selbst ist? Nichts? Reiner, seelenloser Determinismus? Buddha, bzw. die Ordensältere Khemā antwortet folgendermaßen:


    Zitat

    Ebenso nun auch, großer König, ist jede Form, jedes Gefühl, jede Wahrnehmung, jede Gestaltung, jedes Bewußtsein, durch welche man den Vollendeten bezeichnen wollte, vom Vollendeten überwunden, an der Wurzel abgeschnitten, einem Palmstumpf gleichgemacht worden, so daß sie nicht mehr keimen, nicht mehr sich entwickeln können. Von der Bezeichnung durch Form, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltung, Bewußtsein erlöst ist der Vollendete tief, unermeßlich, unergründlich, gleichwie der große Ozean: Auferstehn, das trifft nicht zu; Nichtauferstehn, das trifft nicht zu; Auferstehn und Nichtauferstehn, das trifft nicht zu; Auferstehn so wenig wie Nichtauferstehn, das trifft nicht zu.


    Samyutta Nikaya 44

    Der Buddha selber antwortet auf eine ähnliche Frage:


    Zitat

    16. "Wenn der Geist eines Bhikkhu so befreit ist, Meister Gotama, wo erscheint er nach dem Tode wieder?"

    "Der Ausdruck 'wiedererscheinen' ist nicht zutreffend, Vaccha."

    "Erscheint er dann nicht wieder, Meister Gotama?"

    "Der Ausdruck 'nicht wiedererscheinen' ist nicht zutreffend, Vaccha."

    "Erscheint er dann sowohl wieder, als er auch nicht wiedererscheint, Meister Gotama?"

    "Der Ausdruck 'sowohl wiedererscheinen, als auch nicht wiedererscheinen' ist nicht zutreffend, Vaccha."

    "Erscheint er dann weder wieder, noch erscheint er nicht wieder, Meister Gotama?"

    "Der Ausdruck 'weder wiedererscheinen, noch nicht wiedererscheinen' ist nicht zutreffend, Vaccha."

    (M.72.)


    Das ist unverständlich:


    Zitat

    Berechtigterweise verursacht es Bestürzung in dir, Vaccha, berechtigterweise verursacht es Verwirrung in dir. Denn dieses Dhamma, Vaccha, ist tiefgründig, schwer zu sehen und schwer zu verstehen, friedvoll und erhaben, durch bloßes Nachdenken nicht zu erlangen, von den Weisen selbst zu erfahren.


    Darüber nachzudenken führt also zu keinem Ergebnis und der Glaube an ein Selbst jenseits der khandha ist ebenso falsch wie der Glaube dass es kein Selbst gäbe. Sogar auf die logischen Widersprüche 'es gibt ein Selbst und gibt doch keines' oder 'weder gibt es ein Selbst noch gibt es keines' soll man sich nicht festlegen. Denn das alles ist...


    Zitat

    ...ein Dickicht von Ansichten, eine Wildnis von Ansichten, eine Verzerrung von Ansichten, ein Wankelmut von Ansichten, eine Fessel von Ansichten. Sie ist von Dukkha umzingelt, von Verdruß, von Verzweiflung und Fieber, und sie führt nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zu Nibbāna.


    Ansichten über ein Selbst sind durch Nachdenken und durch Glauben entstanden und haben viel Uneinigkeit und Streit verursacht, innerhalb und außerhalb des Buddhismus. Da ist der Wunsch etwas Konkretes zu haben, etwas Dingliches oder wenigstens das Gegenteil, ein Nichts. Etwas anzustreben von dem man nichts wissen kann erscheint widersinnig. Kann man es denn erfahren? Dazu müsste es ja ein Selbst geben das es erfährt...


    Die gegenwärtige Erfahrung ist jedenfalls dukkha und anicca, jeder erfährt Leiden oder Unzufriedenheit sowie die Vergänglichkeit. Der Weg hinaus ist nachvollziehbar und von konkreten Erfahrungen geprägt - das Glück liegt in der Loslösung, nicht im Begehren und Anhaften. Wer oder was ich bin weiß ich nicht, aber was ich nicht bin kann ich wissen, nämlich die khandha. Der Wunsch ohne khandha zu sein ist der Ewigkeitsglaube, der Wunsch ohne khandha nicht zu sein ist der Vernichtungsglaube. Fesseln von Ansichten die sich auf dem Weg zur Befreiung allmählich lockern.

  • Vielleicht solltest du nicht so selektiv, entsprechend deinen Ansichten, zitieren.


    Da steht nämlich auch was anderes:

    Zitat

    "Bei einer späteren Gelegenheit, nachdem ich den Ursprung, das Verschwinden, die Befriedigung, die Gefahr und das Entkommen im Falle der Sinnesvergnügen der Wirklichkeit entsprechend kannte, überwand ich das Begehren nach Sinnesvergnügen, entfernte ich das Fieber nach Sinnesvergnügen, und ich verweile ohne Durst, mit einem Geist, der inneren Frieden hat. Ich sehe andere Wesen, die nicht frei von Sinnesbegierde sind, die vom Begehren nach Sinnesvergnügen verzehrt werden, die vor Fieber nach Sinnesvergnügen brennen, die in Sinnesvergnügen schwelgen, und ich beneide sie nicht, auch ergötze ich mich nicht daran. Warum ist das so? Māgandiya, weil es eine Freude gibt, abseits von Sinnesvergnügen, abseits von unheilsamen Geisteszuständen, welche himmlische Glückseligkeit übertrifft. Da ich mich an jenem erfreue, beneide ich nicht, was geringer ist, auch ergötze ich mich nicht daran."


    In dieser Lehrrede - MN 74 geht es nicht um die Frage von Glück, sondern darum das Verlangen nach Sinnesvergnügen zu überwinden.

    :zen:

  • Guter Haushälter,


    wichtig ist, daß es sich hier nicht um Faktoren handelt, sondern um Vorstellungen: saññā.


    Auch wichtig ist, daß der Erhabene Buddha keine Ansichten über Selbst lehrt, auch nicht auf Fragen wie "sein oder nicht sein", ist da ein Selbst oder nicht, eingeht, sondern den Weg aus dem Leiden lehrt. Kein-Selbst ist ein Extrem, das zu unwohl führt, Selbst daß andere. Man nennt diese Form des Denkens auch "Dukkha-denken" oder Papanca. Doch lehrt er was nicht eines eigen, oder unter Kontrolle ist, jenes, daß man als Anatta betrachten sollte oder ersehen kann.

  • Willkommen @Samana_Johann

    Schön das Du hergefunden hast.🌹


    Erzähl ein wenig von Dir, hier oder dort.

    So freue ich mich auf einen wertvollen Austausch mit Dir🙏

  • Guter Haushälter,


    wichtig ist, daß es sich hier nicht um Faktoren handelt, sondern um Vorstellungen: saññā.


    Auch wichtig ist, daß der Erhabene Buddha keine Ansichten über Selbst lehrt, auch nicht auf Fragen wie "sein oder nicht sein", ist da ein Selbst oder nicht, eingeht, sondern den Weg aus dem Leiden lehrt. Kein-Selbst ist ein Extrem, das zu unwohl führt, Selbst daß andere. Man nennt diese Form des Denkens auch "Dukkha-denken" oder Papanca. Doch lehrt er was nicht eines eigen, oder unter Kontrolle ist, jenes, daß man als Anatta betrachten sollte oder ersehen kann.

    Es sind Daseinsmerkmale, ich habe diese irrtümlich als Daseinsfaktoren bezeichnet:

    Zitat

    A.III.137 Die drei Merkmale des Daseins - 4. Uppādā Sutta


    Ob, ihr Mönche, Vollendete erstehen oder ob Vollendete nicht erstehen: eine Tatsache bleibt es, eine feste und notwendige Bedingung des Daseins,

    • daß alle Gebilde vergänglich sind (anicca)
    • daß alle Gebilde dem Leiden unterworfen sind (dukkha)
    • daß alle Dinge ohne ein Selbst (*1) sind (anattā)

    Dies erkennt und durchschaut der Vollendete, und hat er es erkannt und durchschaut, so lehrt er es, zeigt es, macht es bekannt, verkündet es, enthüllt es, legt es auseinander und macht es offenbar,

    • daß alle Gebilde vergänglich sind.
    • daß alle Gebilde dem Leiden unterworfen sind.
    • daß alle Dinge ohne ein Selbst sind.

    Der erhabene Buddha hat diese Merkmale als Merkmale des Daseins gelehrt. Deshalb sind das eben laut Buddha keine Vorstellungen sondern eben Tatsachen und kein Geschwätz (papanca).


    Da laut Buddha alle Gebilde (d.h. auch wir Menschen) der Tatsache des Leidens unterworfen sind, ist es gar nicht möglich dieser Tatsache zu entrinnen.


    Dukkha ist eine Tatsache man kann es nicht überwinden, auf welchem Weg auch immer. Man muss lernen es zu erdulden. Das ist meine eigentliche Aussage, ja sogar meine eigentliche Erkenntnis.
    Würde Buddha Dukkha nicht als Daseinsmerkmal bezeichnet, ja dann wäre es ev. möglich es zum verschwinden zu bringen, als Daseinsmerkmal liegt es nicht in unserer Reichweite.


    Man kann versuchen es zu verdrängen oder zu verleugnen oder sich mit allerlei Riten davon abzulenken, ist von mir aus legitim.

    Die Wahrheit im richtigen Umgang mit Dukkha ist jedoch zu erlernen es erst zu erdulden und sich dann damit abzufinden.


    Das Buddha „Anatta“ als ein mythisches etwas lehren würde, das auch noch nicht unter Kontrolle ( des Geistes oder was auch immer) sein soll, ist mir neu.


    Ich habe Anatta jedenfalls bisher recht gut unter Kontrolle, wie soll ich sonst Satipatthana, Anapanasati oder gar samma samadhi praktizieren ?

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    • Offizieller Beitrag

    Die Wahrheit im richtigen Umgang mit Dukkha ist jedoch zu erlernen es erst zu erdulden und sich dann damit abzufinden.

    Vielleicht verwechselst Du das mit der Kernlehre der Stoa:


    Zitat

    Für den Stoiker als Individuum gilt es, seinen Platz in dieser [kosmologischen] Ordnung zu erkennen und auszufüllen, indem er durch die Einübung emotionaler Selbstbeherrschung sein Los zu akzeptieren lernt und mit Hilfe von Gelassenheit und Seelenruhe (Ataraxie) nach Weisheit strebt. (-> Quelle)


    Buddha hingegen lehrt (mit der dritten und vierten edlen Wahrheit) den Weg, der zur Überwindung der Geistesgifte führt und somit auch zum Ende von Dukkha:


    Zitat

    Aus Gier, Haß und Verblendung, Brahmane, und dadurch überwältigt, wirkt man zum eigenen Schaden, zu des anderen Schaden, zu beiderseitigem Schaden, erleidet man geistigen Schmerz und Trübsal. Sind aber Gier, Haß und Verblendung geschwunden, so wirkt man weder zum eigenen Schaden, noch zu des anderen Schaden, noch zu beiderseitigem Schaden, erleidet man keinen geistigen Schmerz und keine Trübsal. Das, Brahmane, ist das sichtbare Nirvana, das zeitlose, einladende, anregende, jedem Verständigen verständliche.

    Insofern also, Brahmane, der Mönch die restlose Versiegung von Gier, Haß und Verblendung verwirklicht, so gibt es eben das sichtbare Nirvana, das zeitlose, einladende, anregende, jedem Verständigen verständliche.


    Anguttara Nikaya III, 56